Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Kindererziehung in Polen bei einem Elternteil, der nicht nach dem FRG berechtigt ist. Verfassungsmäßigkeit. sozialgerichtliches Verfahren. notwendige Beiladung des Vaters bei Streit um Kindererziehungszeiten für die Mutter
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem deutsch-polnischen Abkommensrecht von 1975 bestimmt das polnische Rentenrecht darüber, ob und in welchem Umfang in Polen zurückgelegte Zeiten in der deutschen Rentenversicherung anerkannt werden (Bestätigung von BSG vom 12.8.1982 - 11 RA 58/81 = BSGE 54, 51 = SozR 6710 Art 4 Nr 3).
2. Bei Versicherten, die in Polen beschäftigt waren und dort zeitgleich ein Kind erzogen haben, werden nur dann sowohl Pflichtbeitragszeiten wegen Beschäftigung als auch Kindererziehungszeiten anerkannt (additive Berücksichtigung), wenn die dortige Kindererziehung einer Kindererziehung in Deutschland im Rechtssinn gleichsteht.
3. Das ist in aller Regel nur bei Vertriebenen und Flüchtlingen im Sinn des Fremdrentengesetzes der Fall.
Orientierungssatz
1. Es verletzt auch nicht Art 3 Abs 1 GG, dass additiv keine Kindererziehungszeit in der deutschen Rentenversicherung für eine Zeit entsteht, in der nicht zu dem in § 1 FRG bezeichneten Personenkreis gehörende Versicherte, deren Rente sich nach dem deutsch-polnischen Abkommensrecht von 1975 bestimmt, in Polen beschäftigt waren und dort zeitgleich ein Kind erzogen haben.
2. Wird in einem Rechtsstreit, in dessen Rahmen eine Mutter die Anerkennung (zusätzlicher) Kindererziehungszeiten begehrt, der eigentlich notwendig beizuladende Vater durch den Ausgang des Revisionsverfahrens unter keinem Gesichtspunkt benachteiligt, ist die Nachholung der zuvor in der Vorinstanz unterbliebenen notwendigen Beiladung des Vaters im Revisionsverfahren verzichtbar.
Normenkette
RV/UVAbk POL Art. 4 Abs. 1-2, 3 S. 2; RV/UVAbkPOLG Art. 2 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1997-12-16, Abs. 2 S. 1 Fassung: 1997-12-16, S. 2 Fassung: 1997-12-16, S. 3 Fassung: 1997-12-16; SozSichAbk POL Art. 27 Abs. 2; SGB VI § 56 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2002-02-19, S. 2 Nr. 2 Fassung: 2002-02-19, Abs. 3 S. 1 Fassung: 2002-02-19, § 249 Abs. 1 Fassung: 2002-02-19; FRG §§ 1, 28b; SGG § 75 Abs. 2 Alt. 1, § 168 S. 2; EGV 883/2004 Art. 8 Abs. 1; EGV 883/2004 Anh 2; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. November 2020 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Zugunstenverfahren, für sie weitere Kindererziehungszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung anzuerkennen.
Die 1946 in der Volksrepublik Polen geborene Klägerin erzog dort zwei Töchter, die 1971 bzw1979 geboren waren. Nach Geburt der älteren Tochter C war die Klägerin zunächst nicht berufstätig. Am 1.8.1972 nahm sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung als angestellte X auf, für die Beiträge zur polnischen gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Sie übte diese Beschäftigung bis zum 14.1.1974 aus. In der Folgezeit wechselten sich unbezahlter Urlaub zur Kindererziehung und Beschäftigungszeiten ab. Am 25.10.1983 reiste die Klägerin unter Aufgabe ihres polnischen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie unterhält seitdem durchgehend einen Wohnsitz in den alten Bundesländern. Zu dem in § 1 Fremdrentengesetz (FRG) bezeichneten Personenkreis gehört die Klägerin nicht.
Die Klägerin bezieht seit dem 1.10.2011 eine Regelaltersrente von der Beklagten (Bescheid vom 23.8.2011). Diese berechnete die Rente in Anwendung des deutsch-polnischen Abkommens über Renten- und Unfallversicherung vom 9.10.1975 (im Folgenden: DPSVA 1975) und erkannte bezogen auf die Tochter C sieben Monate Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung vom 1.1.1972 bis zum 31.7.1972 an. Für den Zeitraum vom 1.8.1972 bis zum 31.12.1972 berücksichtigte sie ausschließlich Pflichtbeitragszeiten wegen Beschäftigung.
In der Folgezeit berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin neu unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 1,0 Entgeltpunkten nach § 307d SGB VI (sog Mütterrente) wegen der Erziehung der jüngeren Tochter (Bescheid vom 9.8.2014). Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch begehrte die Klägerin einen Zuschlag an Entgeltpunkten auch wegen der Erziehung der Tochter C. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück. Bezüglich der Tochter C fehle es an einer für den zwölften Monat nach der Geburt, mithin für Dezember 1972, angerechneten Kindererziehungszeit (Widerspruchsbescheid vom 4.2.2015). Die Klägerin nahm ihre dagegen erhobene Klage zurück, nachdem die Beklagte sich zur Berücksichtigung eines Zuschlags an Entgeltpunkten nach § 307d SGB VI wegen der Erziehung der Tochter C verpflichtet hatte, wenn sich im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X herausstelle, dass eine Kindererziehungszeit auch im Dezember 1972 zu berücksichtigen sei.
Bereits am 17.11.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine entsprechende Überprüfung des Rentenbescheids vom 23.8.2011. Die Beklagte lehnte eine Korrektur ab (Bescheid vom 19.10.2015; Widerspruchsbescheid vom 3.5.2016). Das SG hat der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.5.2016 verurteilt, den Rentenbescheid vom 23.8.2011 dahin zu ändern, dass weitere Beitragszeiten für die in Polen zurückgelegten Zeiten der Kindererziehung in Ansehung der Tochter C zusätzlich zu den Zeiten der Beschäftigung anerkannt werden (Urteil vom 28.2.2018). Auf die von der Beklagten dagegen angestrengte Berufung hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.11.2020). Die Beklagte habe bei Erlass des Rentenbescheids vom 23.8.2011 das Recht nicht unrichtig angewandt. Die in Polen erfolgte Kindererziehung sei ausschließlich nach dem DPSVA 1975 zu berücksichtigen. Danach seien im streitbefangenen Zeitraum keine Kindererziehungszeiten anzuerkennen. Die Klägerin sei in diesem Zeitraum sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen; nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung könne allein ein Zeitraum einer Nichtberufstätigkeit als Kindererziehungszeit berücksichtigt werden. In Ermangelung einer Kindererziehungszeit nach polnischem Recht bestehe auch keine Überschneidung von Zeiten iS des Art 2 Abs 2 Satz 2 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 (im Folgenden: ZustimmG 1976). Hierzu komme es nur, wenn gleichzeitig eine Abkommenszeit und eine nach dem FRG anzuerkennende Kindererziehungszeit vorlägen.
Die Klägerin rügt mit ihrer vom BSG zugelassenen Revision (Beschluss vom 22.3.2021 - B 13 R 3/21 B) ua eine Verletzung des Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976, des DPSVA 1975 und des Art 3 Abs 1 GG. Bei der gebotenen völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 müsse es auch außerhalb des Kreises der FRG-Berechtigten zu einer additiven Bewertung von Abkommens- und Kindererziehungszeiten kommen, wenn Versicherte in der Volksrepublik Polen ein Kind erzogen haben und aus der Erziehung, wäre sie in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt worden, eine Kindererziehungszeit nach deutschem Recht erwachsen wäre. Mit der vom LSG vorgenommenen Auslegung würden zudem deutsche Staatsangehörige ungerechtfertigt gegenüber Zuwanderern mit ausschließlich polnischer Staatsangehörigkeit bevorzugt. Es bestehe auch kein sachlicher Grund, bei der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nach der Vertriebenen- oder Aussiedlereigenschaft zu differenzieren. Die im Herkunftsland geleistete Kindererziehung sei unabhängig von einer Berechtigung nach dem FRG anerkennenswert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. November 2020 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28. Februar 2018 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
A. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des BSG ist der 5. Senat für die Rechtssache zuständig, nachdem der ursprünglich damit befasste 13. Senat durch Erlass des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24.6.2021 (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 130 Abs 1 Satz 2 GVG) geschlossen worden ist.
B. Die Revision bleibt ohne Erfolg. Die nach Zulassung statthafte Revision (§ 160 Abs 1 SGG) ist zulässig erhoben und genügt den Anforderungen an eine formgerechte Begründung iS des § 164 Abs 2 Satz 1 und Satz 3 SGG (vgl dazu BSG Beschluss vom 13.6.2018 - GS 1/17 - BSGE 127, 133 = SozR 4-1500 § 164 Nr 9). Sie ist jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
I. Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung ist neben der Berufungsentscheidung der Überprüfungsbescheid vom 19.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.5.2016. Damit lehnte die Beklagte die von der Klägerin begehrte Änderung des bindend gewordenen (§ 77 SGG) Rentenbescheids vom 23.8.2011 und Neufeststellung ihrer Regelaltersrente unter Berücksichtigung weiterer Kindererziehungszeiten vom 1.8.1972 bis zum 31.12.1972 ab.
II. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG), gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). Einer Sachentscheidung des Senats steht auch nicht entgegen, dass eine Beiladung des Vaters von C unterblieben ist.
Zwar ist in einem Rechtsstreit um die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei einem Elternteil grundsätzlich der andere Elternteil notwendig beizuladen nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG (stRspr; vgl BSG Urteil vom 27.6.1990 - 5 RJ 6/90 - SozR 3-1500 § 75 Nr 3 S 6; BSG Urteil vom 29.10.2002 - B 4 RA 6/02 R - SozR 3-2600 § 71 Nr 3 S 31; aus jüngerer Zeit zB BSG Beschluss vom 25.2.2020 - B 13 R 284/18 B - juris RdNr 9). Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung ist ein im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensverstoß (stRspr; vgl zB BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 22/10 R - juris RdNr 18 mwN), der, wenn die Beiladung nicht im Revisionsverfahren nach § 168 Satz 2 SGG nachgeholt wird, regelmäßig zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung führt. Eine unterbliebene notwendige Beiladung zieht jedoch dann keine Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung nach sich, wenn sich im Revisionsverfahren ergibt, dass die Klage in jedem Fall abgewiesen werden muss (vgl grundlegend BSG Urteil vom 18.1.1990 - 4 RA 4/89 - BSGE 66, 144, 146 = SozR 3-5795 § 6 Nr 1 S 3; BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 56/05 R - BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 20; BSG Urteil vom 23.2.2011 - B 11 AL 15/10 R - SozR 4-3250 § 51 Nr 2 RdNr 15). So ist es hier. Wie sogleich auszuführen ist, besteht kein Anspruch der Klägerin auf eine höhere Rente unter Berücksichtigung der streitbefangenen Kindererziehungszeiten, sodass der beizuladende Vater von C durch den Verfahrensausgang unter keinem Gesichtspunkt benachteiligt wird. Verzichtbar ist deswegen auch eine Nachholung der Beiladung im Revisionsverfahren (vgl hierzu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 168 RdNr 3d mwN).
III. Zutreffend hat das LSG auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Der angefochtene Überprüfungsbescheid vom 19.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.5.2016 ist rechtmäßig. Die Beklagte lehnte darin zu Recht eine Korrektur des Rentenbescheids vom 23.8.2011 im Zugunstenverfahren ab.
Als einzige Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch kommt § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit ua dann zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt worden ist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Das ist hier nicht der Fall. Die Beklagte wandte bei Erlass des Rentenbescheids vom 23.8.2011 das Recht nicht unrichtig an, indem sie keine Kindererziehungszeiten vom 1.8.1972 bis zum 31.12.1972 berücksichtigte. Die von der Klägerin in diesem Zeitraum in Polen geleistete Kindererziehung ist nicht als gesonderte rentenrechtliche Zeit zusätzlich zu der bereits anerkannten Beitragszeit anzuerkennen.
1.a) Welche von der Klägerin in Polen zurückgelegten Zeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden, richtet sich vorrangig nach dem über- und zwischenstaatlichen Recht (§ 30 Abs 2 SGB I). Zur Anwendung kommt hier Art 4 DPSVA 1975 "Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung" vom 9.10.1975 (BGBl 1976 II 396 - im Folgenden: DPSVA 1975), das durch Art 1 Satz 1 "Gesetz zu dem Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst der Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975" vom 12.3.1976 (BGBl II 393 - im Folgenden: ZustimmG 1976) in innerstaatliches Recht transformiert worden und am 1.5.1976 in Kraft getreten ist, iVm Art 2 Abs 1 Satz 1 des ZustimmG 1976, hier anwendbar idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1999) vom 16.12.1997 (BGBl I 2998).
aa) Die Klägerin hatte ab dem Zeitpunkt ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Oktober 1983 eine Anwartschaft auf Rentenleistungen ausschließlich gegenüber dem deutschen Rentenversicherungsträger nach den für diesen geltenden Rentenversicherungsvorschriften. Das ergibt sich aus Art 4 DPSVA 1975, wonach entsprechend dem Eingliederungsprinzip (vgl hierzu zB BSG Urteil vom 27.6.2019 - B 5 R 36/17 R - SozR 4-6715 Art 27 Nr 1 RdNr 15; BSG Urteil vom 20.1.2021 - B 13 R 2/20 R - SozR 4-6715 Art 27 Nr 2 RdNr 10) Renten aus der Rentenversicherung vom Versicherungsträger des Wohnsitzstaates nach den für diesen Träger geltenden Vorschriften gewährt werden (Abs 1). Solange er im Wohnsitzstaat wohnen bleibt, hat der Rentenberechtigte grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Versicherungsträger des anderen Staates (Abs 3 Satz 2). Auf die Klägerin trifft dies zu, die ausgehend von den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) mit ihrer Übersiedlung einen Wohnsitz im Bundesgebiet begründet und seitdem ununterbrochen beibehalten hat.
bb) Im Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten galten die Bestimmungen des DPSVA 1975 weiter, nachdem das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 8.12.1990 (BGBl II 1991, 743 - im Folgenden: Abk Polen SozSich) durch Art 1 Satz 1 "Gesetz zu dem Abkommen vom 8. Dezember 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen" vom 18.6.1991 (BGBl II 741) in innerstaatliches Recht transformiert worden und zum 1.10.1991 in Kraft getreten war. Hierdurch wurde das DPSVA 1975 nicht ausnahmslos verdrängt (vgl BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - juris RdNr 15). Nach Art 27 Abs 2 Satz 1 iVm Satz 2 Halbsatz 1 Abk Polen SozSich galten die Bestimmungen des DPSVA 1975 vielmehr weiterhin für die Rentenversicherungsansprüche von Personen, die vor dem 1.1.1991 aufgrund des DPSVA 1975 in einem Vertragsstaat Ansprüche und Anwartschaften erworben hatten, solange sie auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaats beibehielten. Die Rentenversicherungsansprüche der Klägerin fielen in den Anwendungsbereich dieser Übergangsbestimmung. Ausgehend von den bindenden Feststellungen des LSG hatte die Klägerin bereits vor dem 1.1.1991 aufgrund des DPSVA 1975 Anwartschaften in der Bundesrepublik Deutschland erworben und behielt ihren Wohnsitz im Bundesgebiet auch nach dem 31.12.1990 bei.
cc) An dieser Rechtslage hat sich mit dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union zum 1.5.2004 nichts geändert. Zwar ist seitdem auch für die sozialrechtliche Koordinierung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen grundsätzlich EU-Recht zugrunde zu legen. Das war anfänglich die Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl L 149 vom 5.7.1971, S 2) unter dem Titel und in der Fassung, die sie durch Art 20 iVm Anhang II Nr 2 "Freizügigkeit" Abschn A "Soziale Sicherheit" Nr 1 Buchst h)i)xxv) der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (vom 16.4.2003, ABl L 236 vom 23.9.2003; S 33, vgl auch EU-Beitrittsgesetz vom 18.9.2003, BGBl II 1408 iVm Anlageband 1 S 158) erhalten hatte (im Folgenden: VO 1408/71). Diese wurde zum 1.5.2010 durch die Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl L 166 vom 30.4.2004 - im Folgenden: VO 883/2004) abgelöst. Beide Verordnungen sehen jedoch die weitere Anwendbarkeit der Bestimmungen des DPSVA 1975 unter gewissen Voraussetzungen vor, die im Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erfüllt sind.
(1) Die VO 1408/71 trat im Rahmen ihres Geltungsbereichs nur an die Stelle der zwischen den Mitgliedstaaten bislang geltenden Abkommen, soweit die Verordnung nichts anderes bestimmte (Art 6 Buchst a der VO 1408/71). Weiterhin anwendbar blieben ua die im Anhang III der Verordnung aufgeführten Bestimmungen der Abkommen über soziale Sicherheit (Art 7 Abs 2 Buchst c der VO 1408/71). Dort ist unter der Überschrift "Bestimmungen aus Abkommen über soziale Sicherheit, die ungeachtet des Artikels 6 der Verordnung weiterhin anzuwenden sind … (Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe c … der Verordnung)" in Ziff 84 "Deutschland - Polen" unter Buchst a das DPSVA 1975 "unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens vom 8. Dezember 1990 über soziale Sicherheit festgelegten Bedingungen" aufgeführt. Diese Bedingungen sind im Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erfüllt, denn die Rentenversicherungsansprüche der Klägerin unterfielen, wie ausgeführt, den Übergangsbestimmungen in Art 27 Abs 2 Abk Polen SozSich.
(2) Die VO 883/2004 ist im Rahmen ihres Geltungsbereichs zwar an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abkommen über die soziale Sicherheit getreten (Art 8 Abs 1 Satz 1 der VO 883/2004) und hat damit auch das DPSVA 1975 und das Abk Polen SozSich ersetzt (vgl BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - juris RdNr 17). Einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit, die wie die beiden genannten deutsch-polnischen Abkommen von den (späteren) Mitgliedstaaten vor dem Beginn der Anwendung der Verordnung 883/2004 geschlossen wurden, gelten jedoch fort, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist (Art 8 Abs 1 Satz 2 der VO 883/2004). Um weiterhin Anwendung zu finden, müssen diese Bestimmungen zudem in Anhang II der Verordnung aufgeführt sein (Art 8 Abs 1 Satz 3 der VO 883/2004). Beides ist hier zu bejahen.
Bezogen auf die Rentenansprüche der Klägerin ist die formelle Voraussetzung für eine Fortgeltung des DPSVA 1975 erfüllt. In Anhang II der VO 883/2004 ist unter der Überschrift "Bestimmungen von Abkommen, die weiter in Kraft bleiben und gegebenenfalls auf die Personen beschränkt sind, für die diese Bestimmungen gelten (Artikel 8 Absatz 1)" im Abschnitt "Deutschland - Polen" unter Buchst a das DPSVA 1975 "unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 festgelegten Bedingungen (Beibehaltung des Rechtsstatus auf der Grundlage des Abkommens von 1975 der Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet Deutschlands oder Polens genommen hatten und weiterhin dort ansässig sind)" aufgeführt. Die Klägerin erfüllt wegen ihres im Bundesgebiet genommenen und beibehaltenen Wohnsitzes, wie ausgeführt, diese Bedingungen.
Auch die materiellen Voraussetzungen einer Fortgeltung des DPSVA 1975 sind gegeben. Dabei sind lediglich "einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit" iS des Art 8 Abs 1 Satz 2 der VO 883/2004 betroffen, weil dieses Vertragswerk kein umfassendes Abkommen über soziale Sicherheit darstellt, sondern sich auf Regelungen zur Renten- und Unfallversicherung beschränkt (vgl BSG Urteil vom 10.7.2012 - B 13 R 17/11 R - BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 34; BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - juris RdNr 19 ff). Die Fortgeltung des DPSVA 1975 für Personen, die wie die Klägerin vor dem 1.1.1991 eingereist sind, (spätestens) bis zum 30.6.1991 ihren "Wohnort" in Deutschland oder Polen hatten und auch weiterhin dort ansässig sind, ergibt sich zudem ungeachtet der Frage, ob dies für die Betroffenen günstiger ist, jedenfalls aus den besonderen historischen Umständen. Diese haben Deutschland und Polen veranlasst, zur Bewältigung der als Folge des Zweiten Weltkriegs entstandenen Lage im Jahr 1975 hinsichtlich der rentenrechtlichen Ansprüche der in Deutschland oder Polen lebenden Bürger das Eingliederungsprinzip zugrunde zu legen und auch nach den Umwälzungen im Jahr 1990 für diejenigen Personen beizubehalten, die bereits vor dem Stichtag 1.1.1991 in einem der beiden Länder wohnten, solange sie dort ansässig bleiben und damit dem Einkommens- und Preisniveau dieses Landes unterliegen (vgl BSG Urteil vom 10.7.2012 - B 13 R 17/11 R - BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 35, 51; BSG Urteil vom 27.6.2019 - B 5 R 36/17 R - SozR 4-6715 Art 27 Nr 1 RdNr 18 mwN). Die Fortgeltung des DPSVA 1975 ist schließlich "zeitlich begrenzt" iS des Art 8 Abs 1 Satz 2 der VO 883/2004, denn die Bestimmungen des Abkommens finden nur so lange an Stelle der europarechtlichen Koordinierungsregelungen Anwendung, wie die davon betroffenen Personen ihren bisherigen Wohnort in Deutschland oder Polen beibehalten. Sobald diese von der Freizügigkeit Gebrauch machen und ihren Wohnort in ein anderes Land verlegen, werden die allgemeinen Regelungen des Leistungsexports auch für sie wirksam (vgl BSG Urteil vom 10.7.2012 - B 13 R 17/11 R - BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 36; BSG Urteil vom 27.6.2019 - B 5 R 36/17 R - SozR 4-6715 Art 27 Nr 1 RdNr 19).
b. Nach den Bestimmungen des DPSVA 1975, die demnach bei Erlass des Rentenbescheids vom 23.8.2011 im Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten weiterhin zur Anwendung kamen, sind keine Kindererziehungszeiten für den streitbefangenen Zeitraum anzuerkennen. Nach Art 4 Abs 2 DPSVA 1975 iVm Art 2 Abs 1 Satz 1 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999 sind bei Berechtigten, die, wie die Klägerin, weiterhin in den alten Bundesländern wohnen, Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des FRG und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) vom 25.2.1960 (BGBl I 93) zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 2.10.1990 wohnt. Über die Anrechnungsfähigkeit der in Polen zurückgelegten Zeiten in der deutschen Rentenversicherung bestimmt mithin das polnische Rentenrecht (vgl BSG Urteil vom 12.8.1982 - 11 RA 58/81 - BSGE 54, 51, 52 = SozR 6710 Art 4 Nr 3 S 3). Ausgehend von den bindenden Feststellungen des LSG scheidet nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung eine Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für den streitbefangenen Zeitraum aus.
Nach den Feststellungen des LSG übte die Klägerin im Zeitraum vom 1.8.1972 bis zum 31.12.1972 eine versicherungspflichtige Beschäftigung als angestellte X aus, für die Beiträge zur polnischen gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Wie das LSG weiter festgestellt hat, werden nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung nur Zeiten als Kindererziehungszeiten berücksichtigt, in denen keine versicherungspflichtige Berufstätigkeit ausgeübt wird. Diese Feststellungen, die von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden sind, sind für den Senat bindend. Auch die von den Tatsacheninstanzen zum ausländischen Recht getroffenen Feststellungen, die darauf beruhende Rechtsauslegung und die daraus für das ausländische Recht gezogenen Schlussfolgerungen sind grundsätzlich unverändert der Entscheidung über die Revision zugrunde zu legen, denn es handelt sich insoweit nicht um revisibles Recht iS des § 162 SGG (vgl zB BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 4/15 R - juris RdNr 23 mwN; BSG Urteil vom 8.12.2022 - B 7/14 AS 11/21 R - juris RdNr 16 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).
c) Die von der Klägerin begehrte Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für den streitbefangenen Zeitraum ergibt sich auch nicht aus Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999. Nach Art 2 Abs 2 des genannten Gesetzes werden, soweit sich Zeiten nach Abs 1 der Vorschrift mit Zeiten überschneiden, die nach deutschem Recht zu berücksichtigen sind, die erstgenannten Zeiten berücksichtigt; dies gilt nicht für Zeiten, für die Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind (Satz 1). Beim Überschneiden von Zeiten nach Abs 1 der Vorschrift mit Zeiten der Kindererziehung sind beide Zeiten zu berücksichtigen (Satz 2). Überschneiden sich zwei Zeiten der Kindererziehung, ist nur die Zeit nach Abs 1 der Vorschrift anzurechnen (Satz 3). Es fehlt hier schon an einer Überschneidung von Zeiten iS des Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999.
aa) Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999 erfasst nur Fallgestaltungen, in denen sich in Polen zurückgelegte Zeiten, die nach dem DPSVA 1975 iVm Art 2 Abs 1 ZustimmG 1976 in der jeweils anwendbaren Fassung anzuerkennen sind (sog Abkommenszeiten), mit Kindererziehungszeiten überschneiden, die nach den deutschen Vorschriften zu berücksichtigen sind, vor allem nach dem FRG. Das ergibt eine insbesondere am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung.
(1) Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Wortlaut der Norm insoweit offen ist. Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999 nimmt auf "Zeiten der Kindererziehung" Bezug und weist diese, anders als der vorhergehende Satz, nicht ausdrücklich als Zeiten aus, die "nach deutschem Recht zu berücksichtigen sind".
(2) Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999 steht indes in einem engen Regelungszusammenhang mit den übrigen Sätzen des Abs 2. Satz 1 formuliert die Grundregel für die Behandlung von Abkommenszeiten, die sich mit nach deutschem Recht zu berücksichtigenden Versicherungszeiten überschneiden. Überschneiden sich Abkommenszeiten mit in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten, werden ausschließlich die deutschen Versicherungszeiten berücksichtigt (Halbsatz 2). In allen anderen Überschneidungsfällen werden hingegen ausschließlich die Abkommenszeiten berücksichtigt (Halbsatz 1, vgl auch die Entwurfsbegründung zum ZustimmG 1976, BT-Drucks 7/4310 S 6 zu Art 2). Satz 2 enthält hierzu eine Ausnahme (additive Berücksichtigung beider Zeiten), Satz 3 eine Rückausnahme (ausschließliche Berücksichtigung der Abkommenszeiten entsprechend Satz 1 Halbsatz 1). Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis der Sätze 1 und 2 legt es nahe, dass sich das in Satz 1 ausdrücklich genannte Attribut "die nach deutschem Recht zu berücksichtigen sind" auch auf die in Satz 2 in Bezug genommenen Kindererziehungszeiten bezieht.
(3) Ein solches Verständnis entspricht schließlich dem Sinn und Zweck der Vorschrift unter Würdigung ihrer Entstehungsgeschichte.
Die Sätze 2 und 3 wurden dem Art 2 Abs 2 ZustimmG 1976 mW zum 1.7.1998 durch Art 20 des RRG 1999 angefügt. Regelungsanlass war die ebenfalls durch das RRG 1999 mW zum 1.7.1998 bewirkte grundlegende Neubewertung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Beim Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten mit zeitgleichen Beitragszeiten sollten nunmehr beide Zeiten bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze angerechnet werden (additive Bewertung, vgl § 70 Abs 2 Satz 2 SGB VI idF des RRG 1999, die Regelung findet sich an gleicher Stelle im neu bekannt gemachten SGB VI in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung ≪BGBl I 754≫; vgl auch die Entwurfsbegründung zum RRG 1999, BT-Drucks 13/8011 S 51, 57 zu Allgemeiner Teil, Abschn III. 4, sowie zu Besonderer Teil zu Art 1 Nr 31). Die Verbesserung sollte sich auch auf die Bewertung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung auswirken (vgl § 71 Abs 3 Satz 1 SGB VI idF des RRG 1999, die Regelung findet sich heute in § 71 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI; vgl auch die Entwurfsbegründung zum RRG 1999, BT-Drucks 13/8011 S 57 zu Art 1 Nr 32 Buchst b).
Um eine additive Bewertung von Kindererziehungs- und Beitragszeiten in den Fällen sicherzustellen, in denen nach dem FRG anzuerkennende Kindererziehungszeiten und zeitgleich Beitragszeiten im Herkunftsgebiet zurückgelegt werden, wurde der bisherige § 28b Abs 2 FRG gestrichen (durch Art 12 Nr 3 Buchst a RRG 1999, vgl die Entwurfsbegründung zum RRG 1999 in BT-Drucks 13/8011 S 75 zu Art 12 Nr 2 RRG 1999-E). Dort war zuvor geregelt gewesen, dass die nach § 28b Abs 1 FRG anzurechnenden Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, die mit einer anderen anrechenbaren Zeit zusammenfielen (zB einer im Herkunftsgebiet zurückgelegten Beitragszeit), für jeden Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte erhielten. Nunmehr sollte die Bewertung der FRG-Kindererziehungszeiten über den Verweis in § 14 FRG anhand der allgemeinen Vorschriften erfolgen, dh nach Maßgabe der neuen Regelungen zur additiven Bewertung von Kindererziehungs- und zeitgleichen Beitragszeiten in § 70 Abs 2 Satz 2 SGB VI (vgl zu den Einzelheiten Polster, DRV 1998, 97, 98 f).
Als weitere Folgeänderung wurden Art 2 Abs 2 ZustimmG 1976 die Sätze 2 und 3 angefügt. Ohne diese weitere Gesetzesänderung hätten beim Zusammentreffen von FRG-Kindererziehungszeiten und im Herkunftsland zurückgelegten Beitragszeiten gemäß der heute in Satz 1 enthaltenen Grundregel ausschließlich die FRG-Kindererziehungszeiten berücksichtigt werden können, denn diese wäre als Beitragszeit einzugliedern gewesen (vgl die Entwurfsbegründung zum RRG 1999, BT-Drucks 13/8011 S 79). Versicherte mit FRG-Kindererziehungszeiten hätten dadurch gegenüber den übrigen Versicherten benachteiligt werden können. Die Regelung in Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 sollte sicherstellen, dass auch in dieser Konstellation entsprechend der innerstaatlichen Rechtslage die Kindererziehungszeiten und die zeitgleich zurückgelegten Abkommenszeiten aufgrund Beschäftigung additiv bewertet werden (vgl die Entwurfsbegründung zum RRG 1999, BT-Drucks 13/8011 S 79).
Dass es bei der Änderung von Art 2 Abs 2 ZustimmG 1976 vor allem darum ging, eine Schlechterstellung von FRG-Berechtigten gegenüber anderen Versicherten zu vermeiden, zeigt im Übrigen der Inkrafttretenszeitpunkt. Während das RRG 1999 allgemein zum 1.1.1999 in Kraft trat (vgl Art 33 Abs 1 RRG 1999), wurde die Änderung von Art 2 Abs 2 ZustimmG 1976 wie diejenige von § 28b FRG bereits zum 1.7.1998 bewirkt (vgl Art 33 Abs 12 RRG 1999).
bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen des so zu verstehenden Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999 sind im streitbefangenen Zeitraum nicht erfüllt. Die Klägerin legte in diesem Zeitraum zusätzlich zu den nach dem DPSVA 1975 iVm Art 2 Abs 1 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999 einzugliedernden - von der Beklagten bereits anerkannten - Abkommenszeiten keine nach den deutschen Vorschriften zu berücksichtigenden Kindererziehungszeiten zurück.
(1) In Betracht käme hierfür einzig § 56 Abs 1 Satz 1 iVm § 249 Abs 1 SGB VI idF der Neubekanntmachung vom 19.2.2002 (BGBl I 754 - im Folgenden: SGB VI aF), die bei Rentenbeginn (§ 306 Abs 1 SGB VI) am 1.10.2011 galt. Danach sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes, die nach § 249 Abs 1 SGB VI aF für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind zwölf Monate nach Ablauf des Monats der Geburt endeten. Nach § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI setzt die Anrechnung einer Kindererziehungszeit für einen Elternteil voraus, dass die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik erfolgt ist (§ 56 Abs 3 Satz 1 SGB VI) oder einer solchen gleichsteht. Hieran fehlt es.
Die Erziehung der Tochter C auf polnischem Staatsgebiet steht einer Erziehung im Bundesgebiet nicht gleich. Auf § 28b Satz 1 FRG, wonach die Erziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung im Geltungsbereich des SGB gleichsteht, kann sich die Klägerin von vornherein nicht berufen. Das FRG findet auf sie keine Anwendung. Nach den bindenden Feststellungen des LSG gehört sie nicht zu dem in § 1 FRG bezeichneten Personenkreis. Andere Gleichstellungstatbestände kommen nicht in Betracht.
Dass für die Klägerin eine Berufung auf § 28b Satz 1 FRG von vornherein ausscheidet, wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass nach Art 2 Abs 1 Satz 1 ZustimmG 1976 die Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Rentenfeststellung "in Anwendung" des FRG und des FANG zu berücksichtigen sind. Der Verweis auf das Fremdrentenrecht bewirkt lediglich, dass die nach Abkommensrecht einzugliedernden Zeiten nach Maßgabe der dortigen Regelungen festgestellt werden. So werden etwa entsprechend § 15 Abs 1 Satz 1 FRG die nach Abkommensrecht zu berücksichtigenden Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstellt (vgl hierzu BSG Urteil vom 20.1.2021 - B 13 R 2/20 R - SozR 4-6715 Art 27 Nr 2 RdNr 10). Den Versicherten kommt, um ein anderes Beispiel zu nennen, die Beweiserleichterung des § 4 Abs 1 FRG zugute (vgl hierzu BSG Urteil vom 12.11.2003 - B 8 KN 2/03 R - SozR 4-5050 § 22 Nr 3 RdNr 32).
(2) Soweit die Klägerin vertritt, rentenrechtlich zu berücksichtigende Zeiten der Kindererziehung iS des Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999 lägen immer schon dann vor, wenn ein Kind tatsächlich erzogen worden sei, findet diese Auffassung im deutsch-polnischen Abkommensrecht keine Stütze. Die Vorschrift regelt schon nach ihrem Wortlaut lediglich, welche von mehreren rentenrechtlichen Zeiten im Überschneidungsfall zu berücksichtigen sind. Sie lässt sich nicht heranziehen, um ansonsten nicht vorgesehene Kindererziehungszeiten zu generieren. Wie bereits dargelegt, ist zunächst nach polnischem innerstaatlichen Recht zu entscheiden, ob in Polen zurückgelegte Zeiten iS des Art 4 Abs 2 des DPSVA 1975 die Qualität von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder gleichgestellten Zeiten haben und damit bei der Rentenberechnung nach deutschem Recht relevant sind (s oben unter III.1.b). Zeiten, denen das polnische Recht diese Qualität nicht beimisst, werden nur unter den Voraussetzungen des deutschen innerstaatlichen Rechts bei der Rentenberechnung berücksichtigt (vgl BSG Urteil vom 1.2.2000 - B 8 KN 4/98 R - juris RdNr 20 mwN und unter Hinweis auf die Entwurfsbegründung zum ZustimmG 1976 in BT-Drucks 7/4310 S 6). In Bezug auf die streitbefangenen Zeiten sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt (s oben unter III.1.c)bb)(1)).
2. Die von der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum geleistete Kindererziehung, die somit nach dem vorrangig heranzuziehenden zwischenstaatlichen Recht nicht in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen ist, findet ebenso wenig nach den deutschen Vorschriften Berücksichtigung. Insbesondere handelt es sich wie ausgeführt nicht um eine Kindererziehungszeit nach § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 249 Abs 1 SGB VI aF (s oben unter III.1.c)bb)(1)).
3. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) ist nicht verletzt. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für Belastungen und Begünstigungen. Dabei verwehrt Art 3 Abs 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung (vgl BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 RdNr 121; BVerfG Beschluss vom 23.6.2015 - 1 BvL 13, 14/11 - 139, 285 RdNr 70 mwN; speziell zur Alterssicherung BVerfG Beschluss vom 9.12.2003 - 1 BvR 558/99 - BVerfGE 109, 96, 123 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2, RdNr 69 mwN). Ebenso wenig ist er gehalten, Ungleiches unter allen Umständen ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (stRspr; vgl aus jüngster Zeit ua BVerfG Beschluss vom 7.4.2022 - 1 BvL 3/18 ua - zur Veröffentlichung in BVerfGE 161 vorgesehen - juris RdNr 239). Es liegt keine sachwidrige Ungleichbehandlung darin, dass aus der von der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum geleisteten Erziehung der Tochter C keine Kindererziehungszeit in der deutschen Rentenversicherung erwächst.
a) In Bezug auf Art 2 Abs 2 Satz 2 ZustimmG 1976 idF des RRG 1999 fehlt es bereits an einer Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen von Versicherten. Die darin enthaltene Regelung behandelt alle Versicherten gleich. Ein Überschneidungsfall, bei dem beide Zeiten additiv bewertet werden, liegt stets vor, wenn ein Versicherter eine Abkommenszeit und zeitgleich eine nach deutschem Recht zu berücksichtigende Kindererziehungszeit zurückgelegt hat.
b) Ebenso wenig differenziert die Regelung in § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI anhand personenbezogener Merkmale. Erfolgt die Erziehung, wie hier, im Ausland, liegt eine Kindererziehungszeit immer dann vor, wenn die dortige Erziehung einer solchen auf dem Gebiet der Bundesrepublik gleichsteht.
c) Was die Klägerin im Kern begehrt, ist eine Gleichbehandlung mit Versicherten, auf die das FRG Anwendung findet und bei denen nach § 28b Satz 1 FRG eine im jeweiligen Herkunftsgebiet geleistete Erziehung einer Erziehung im Inland gleichsteht. Der Gesetzgeber ist indes nicht gehalten gewesen, aus Gründen des Verfassungsrechts eine entsprechende Regelung für alle Versicherten mit in Polen erbrachter Erziehungsleistung vorzusehen oder zumindest für diejenigen, auf deren Rentenanwartschaften und -ansprüche das DPSVA 1975 Anwendung findet. Der Gesetzgeber durfte zwischen dem Personenkreis des FRG und der Gruppe der übrigen Versicherten mit in Polen geleisteter Kindererziehung unterscheiden. Differenzierungsmerkmal ist dabei nicht die Staatsangehörigkeit. Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI iVm § 28b Satz 1 FRG setzt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit voraus, wie sich aus den Regelungen in § 1 Buchst a, d und e FRG ergibt. Die Differenzierung rechtfertigt sich als Ausdruck der besonderen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Personen, deren Lebensgrundlagen durch den Zweiten Weltkrieg erschüttert worden waren.
aa) Der Personenkreis des § 1 FRG ist im Sinne einer Kriegsfolgenbereinigung abgegrenzt worden. Vorläufer des FRG war das zum 1.4.1952 in Kraft getretene "Gesetz über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Land Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung (Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz)" vom 7.8.1953 (BGBl I 848). Ziel war eine Vereinheitlichung der bisherigen landes- und zonenrechtlichen Regelungen für alle Fälle, in denen Versicherte und Anspruchsberechtigte durch den Zusammenbruch des Deutschen Reiches und die Teilung Deutschlands Einbußen in ihren Sozialversicherungsrechten erlitten hatten (vgl die Entwurfsbegründung zum Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz, BT-Drucks 1/4201 S 14 zu A. Allgemeines). Die Sonderregelungen waren daher auf Vertriebene und andere Personen zugeschnitten, die Ansprüche oder Anwartschaften aus Versicherungsverhältnissen bei nicht mehr bestehenden, stillgelegten oder außerhalb des Bundesgebiets befindlichen Trägern der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung erworben hatten (vgl die Entwurfsbegründung zum Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz, BT-Drucks 1/4201 S 14 f zu B. zu Abschn I).
Durch Art 1 FANG wurde das Gesetz mW zum 1.1.1959 neu gefasst und in FRG umbenannt. Auch nach dieser Neuordnung blieb der berechtigte Personenkreis begrenzt. Der persönliche Anwendungsbereich des FRG umfasste weiterhin (nur) Vertriebene und Flüchtlinge, die Ansprüche oder Anwartschaften gegen den ursprünglichen Versicherungsträger nicht geltend machen können (vgl die Entwurfsbegründung des FANG, BT-Drucks 3/1109 S 35 zu A. Allgemeiner Teil).
Nach der Wiedervereinigung wurde durch das "Gesetz zur Bereinigung von Kriegsfolgengesetzen (Kriegsfolgenbereinigungsgesetz- KfbG)" vom 21.12.1992 (BGBl I 2094) mW zum 1.1.1993 der nach § 1 Buchst a FRG berechtigte Personenkreis auf Spätaussiedler iS des zugleich geänderten § 4 Bundesvertriebenengesetz erweitert. Dies war von dem Gedanken getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland weiterhin eine besondere Verantwortung für die deutschen Staatsangehörigen und deutschen Volkszugehörigen ua in der Republik Polen trug, deren Lebensgrundlagen während und infolge des Zweiten Weltkrieges durch gewaltsame Umsiedlung, Vertreibungsmaßnahmen, Zerstreuung und Unterdrückung derart erschüttert worden waren, dass die Folgen auch durch die inzwischen erfolgten Strukturumwandlungen ua in der Republik Polen noch andauerten (vgl die Entwurfsbegründung zum KfbG, BT-Drucks 12/3212 S 19 zu A. Allgemeiner Teil).
bb) Mit § 28b FRG, der mW zum 1.1.1986 durch das "Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz - HEZG)" vom 11.7.1985 (BGBl I 1450) eingefügt worden ist, sollte sichergestellt werden, dass bei dem in § 1 FRG bezeichneten Personenkreis die Erziehung eines Kindes im Herkunftsgebiet genauso behandelt wird wie die Erziehung eines Kindes im Inland (vgl die Entwurfsbegründung zum HEZG in BT-Drucks 10/2677 S 49 f zu Art 12). Folgerichtig sind diese Zeiten von Anfang an nicht nach dem FRG bewertet worden, sondern nach den Vorschriften, die für eine Erziehung im Inland gelten (vgl BSG Urteil vom 12.2.2009 - B 5 R 39/06 R - BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6, RdNr 30; BSG Urteil vom 8.8.1990 - 1 RA 81/88 - BSGE 67, 171, 174 f = SozR 3-5050 § 15 Nr 2 S 5 f, jeweils auch dazu, dass sich dies ungünstig für die FRG-Berechtigten auswirken kann).
cc) Der Gesetzgeber hat den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten, indem er diese Sonderregelung auf den Personenkreis des § 1 FRG beschränkte. Im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches stand die Bundesrepublik vor sozialen Aufgaben, die nach Art und Ausmaß ohne Parallele waren (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 1.9.2005 - 1 BvR 361/99 - BVerfGK 6, 171 RdNr 17). Vor diesem Hintergrund besteht ein weit bemessener Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn Regelungen zur Beseitigung der beim Zusammenbruch des Deutschen Reiches vorhandenen Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand und zur Beseitigung sonstiger Kriegsfolgelasten betroffen sind (vgl BSG Urteil vom 23.6.1999 - B 5 RJ 44/98 R - SozR 3-5050 § 1 Nr 4, juris RdNr 21 unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 12.11.1996 - 1 BvL 4/88 - BVerfGE 95, 143, 155 mwN). Im Übrigen besteht selbst ungeachtet der besonderen historischen Bedingungen, unter denen das FRG entstanden und fortentwickelt worden ist, ein besonders großer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei aus Bundesmitteln zum sozialen Ausgleich gewährten Leistungen wie den Kindererziehungszeiten (stRspr; vgl zuletzt BSG Urteil vom 21.10.2021 - B 5 R 28/21 R - BSGE 133, 64 = SozR 4-2600 § 56 Nr 11, RdNr 34 mwN; vgl auch BVerfG ≪Kammer≫ Nichtannahmebeschluss vom 11.1.2016 - 1 BvR 1687/14 - juris RdNr 12 mwN). Dieser ist hier nicht überschritten.
dd) Der Gesetzgeber ist auch nicht gehalten gewesen, eine § 28b FRG vergleichbare Regelung für Versicherte vorzusehen, deren Ansprüche und Anwartschaften sich vorrangig nach dem DPSVA 1975 richten, weil dieses Abkommen ebenso wie das FRG dem Eingliederungsprinzip verpflichtet sei. Die Anwendung des in Art 4 DPSVA 1975 verankerten Eingliederungsprinzips führt lediglich dazu, dass die Ansprüche gegen den Versicherungsträger im anderen Staat - hier in Polen - durch Ansprüche gegen den inländischen Versicherungsträger - hier die Beklagte - ersetzt werden (vgl Poletzky/LVA Berlin, Sozialversicherungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Polen, 2. Aufl 1990, S 33 zu 6.2.1). Soweit keine Ansprüche gegen den polnischen Versicherungsträger bestehen, wie in Bezug auf die streitbefangene Kindererziehung, scheidet eine Eingliederung in das System der deutschen Rentenversicherung von vornherein aus.
Im Übrigen hat sich das FRG in Teilen vom Eingliederungsprinzip gelöst. Das Eingliederungsprinzip war in den 1960er Jahren zur Leitidee des Fremdrentenrechts geworden, wie sich vor allem an der Neufassung des FRG durch das Gesetz zur Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts und zur Anpassung der Berliner Rentenversicherung an die Vorschriften des FANG ablesen lässt (vgl BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvL 11/06 ua - BVerfGE 126, 369, 371; vgl zur Ablösung des vorherigen Entschädigungsgedanken durch das Prinzip der Eingliederung auch die Entwurfsbegründung des FANG, BT-Drucks 3/1109 S 35 zu A. Allgemeiner Teil). Die politischen Umwälzungen in den Staaten Ost- und Südosteuropas Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre veranlassten den Gesetzgeber allerdings zuerst zu einer Einschränkung und sodann zu einer Abkehr vom Eingliederungsprinzip (vgl BVerfG aaO). Es ist daher verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass selbst die durch das FRG gewährten Begünstigungen für den Personenkreis des § 1 FRG keine volle Gleichstellung mit denjenigen bewirken, die ihr gesamtes Versicherungsleben in der Bundesrepublik Deutschland verbracht haben (vgl BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvL 11/06 ua - BVerfGE 126, 369, 398 mwN).
Fundstellen
NZS 2024, 195 |
SGb 2023, 370 |
SGb 2024, 110 |
Breith. 2024, 326 |