Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Hinzuverdienstgrenze. Anrechenbare Einkünfte aus Landwirtschaft. Pachteinnahmen. Arbeitseinkommen
Leitsatz (redaktionell)
- Bei Pachteinnahmen handelt es sich um “Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit”, die nach § 96a Abs. 1 SGB VI für die Prüfung der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen heranzuziehen sind. Da § 96a Abs. 1 SGB VI keine nähere Bestimmung darüber enthält, welche Einnahmen als “Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit” zu werten sind, eine solche Definition jedoch in § 15 SGB IV enthalten ist, ist für die nähere Bestimmung dieses Begriffs auf § 15 SGB IV zurückzugreifen, der über § 1 SGB IV auch für die Rentenversicherung gilt.
- Die Bewertung von “Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit” als Hinzuverdienst setzt nicht voraus, dass eine eigene (selbstständige) Tätigkeit noch ausgeübt wird. Gegen eine solche Auslegung spricht die gesetzliche Entwicklung bei der Einführung von Hinzuverdienstgrenzen für die Renten wegen Erwerbsminderung. Die sprachliche Übernahme der Textpassage “aus einer selbstständigen Tätigkeit” aus § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV in § 96a SGB VI kann nur so verstanden werden, dass mit § 96a SGB VI ausdrücklich auf die allgemeine Norm des § 15 SGB IV verwiesen werden sollte.
Normenkette
SGB VI § 44 Abs. 5 a.F., § 96a a.F., § 313 Abs. 1, 7, § 1; SGB IV § 15
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. August 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Kläger bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) wegen anrechenbarer Einnahmen aus landwirtschaftlichem Betrieb zu leisten ist.
Der 1943 geborene Kläger war als landwirtschaftlicher Unternehmer zunächst im eigenen Betrieb tätig. Er schloss am 20. November 2000 mit seinem Sohn M.… S.… einen Pachtvertrag, wonach er diesem seinen Betrieb ab 30. November 2000 für neun Jahre und elf Monate überließ. Es wurde ein jährlicher Pachtzins von DM 30.000,--, fällig zum 1. November eines jeden Jahres und erstmals im Jahre 2001, vereinbart. Laut Pachtvertrag waren das vom Kläger genutzte Wohnhaus, der an seine Ehefrau verpachtete Hofladen sowie ein an seine Tochter vermietetes Hausgrundstück von der Verpachtung ausgenommen. Nach dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 erzielte der Kläger in diesem Jahr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von DM 70.335,--.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 21. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2001 antragsgemäß Rente wegen EU ab 1. Dezember 2000. Gleichzeitig lehnte sie jedoch die Zahlung von Rentenbeginn an wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens des Klägers mit folgender Begründung ab: Die vom Kläger erzielten Pachteinnahmen seien als Arbeitseinkommen zu werten, weil sie bei der Feststellung der Einkommensteuer als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bewertet würden. Der vereinbarte Pachtzins von DM 30.000,-- sei auf die Pachtzeit von jeweils 1. November bis 31. Oktober des Folgejahres aufzuteilen. Es sei ein monatlicher Durchschnittsverdienst von DM 2.500,-- zugrunde zu legen. Damit überschreite der Kläger die jeweiligen Hinzuverdienstgrenzen.
Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Beklagte unter Abänderung der angegriffenen Bescheide verurteilt, “dem Kläger Rente wegen EU ohne Anrechnung der Einnahmen aus Verpachtung als Hinzuverdienst iS von § 96a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zu gewähren”. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 13. August 2003). Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
Die Einkünfte des Klägers, die er durch die Verpachtung seines landwirtschaftlichen Betriebes erhalte, seien nicht als Hinzuverdienst nach § 96a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf seine Rente wegen EU zu werten, weil diese Einnahmen nicht als Arbeitseinkommen anzusehen seien. Zwar bestimme sich der Begriff des “Arbeitseinkommens” nach der allgemeinen Vorschrift des § 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Unzutreffend sei jedoch die Ansicht der Beklagten, dass im Rahmen von § 96a SGB VI bei steuerrechtlichem Vorhandensein von Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit stets auch vom Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen sei. Vielmehr sei im Rahmen von § 96a SGB VI bei steuerlichem Vorliegen von Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit zusätzlich erforderlich, dass eine selbstständige Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt werde. Dies sei bei bloßer Erzielung von Pachtzinsen für einen landwirtschaftlichen Betrieb – wie vorliegend – nicht der Fall.
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) habe in seinem Urteil vom 27. Januar 1999 (SozR 3-2400 § 15 Nr 6) den Begriff des “Arbeitseinkommens” iS von § 15 SGB IV im Zusammenhang mit einer möglichen Anrechnung steuerrechtlicher Gewinne auf Hinterbliebenenrenten näher konkretisiert. In der bis 31. Dezember 1994 geltenden Fassung des § 15 SGB IV habe die Rechtsprechung des BSG keine uneingeschränkte Anknüpfung an das Einkommensteuerrecht gesehen; erfasst worden seien nach der Rechtsprechung vielmehr nur alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten. Durch die Neufassung des § 15 SGB IV mit Wirkung ab 1. Januar 1995 sei dieser Rechtsprechung nicht die Grundlage entzogen worden. Die Gesetzesmaterialien zur Neuregelung des § 15 SGB IV bestätigten zwar, dass diese Vorschrift zur Höhe des Arbeitseinkommens auf die steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften Bezug nehme. Die Frage nach der Höhe des Arbeitseinkommens setze jedoch voraus, dass dem Grunde nach überhaupt Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielt würden. § 15 SGB IV könne aber nicht entnommen werden, dass die steuerrechtliche Qualifizierung bestimmter Einkünfte auch darüber entscheide, ob im Sinne dieser Vorschrift von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass das Einkommensteuerrecht den Begriff des “Arbeitseinkommens” nicht kenne. Im Rahmen der Anrechnung steuerrechtlicher Gewinne auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 96a SGB VI könne für die Auslegung des § 15 SGB IV nichts anderes als im Rahmen der Anrechnung steuerrechtlicher Gewinne auf Hinterbliebenenrenten gelten. So sei § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV nF nicht etwa gegenstandslos. Mit der in dieser Vorschrift gewollten Parallelität mit dem Steuerrecht sei gleichwohl nicht gemeint, dass eine selbstständige Tätigkeit fingiert werde, wenn steuerrechtlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft anfielen.
Auch Systematik und Entstehungsgeschichte des § 96a SGB VI änderten nichts an dem Erfordernis einer tatsächlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit für die Anrechnung von Arbeitseinkommen als Hinzuverdienst. Dies ergebe sich bereits aus der Auslegung des § 15 SGB IV nF. Es deute nichts darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 15 SGB IV den Zugang zu Renten wegen EU habe erschweren wollen. Nichts anderes folge schließlich aus § 27a Abs 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). § 27a ALG begünstige vielmehr allein erwerbsunfähige Land- und Forstwirte, die trotz ihrer Erwerbseinschränkungen durch Einsatz ihrer Arbeitskraft noch land- bzw forstwirtschaftliches Einkommen zu ihrer Rente hinzuerzielten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Diese rügt sinngemäß eine Verletzung des § 96a Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI idF des Gesetzes vom 15. Dezember 1995 sowie eine unrichtige Anwendung des § 15 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IV idF des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995). Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus:
Zu Unrecht habe sich das Berufungsgericht auf die Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 27. Januar 1999 (SozR 3-2400 § 15 Nr 6) berufen. Diese Entscheidung lasse sich nicht auf die Anrechnungsvorschrift des § 96a SGB VI in Bezug auf Versichertenrenten übertragen. Denn dort habe eine Witwe Einkommen aus einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung zwischen einer KG und ihrem (später) verstorbenen Ehemann, der persönlich haftender Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft (als KG) gewesen sei, erzielt. Vielmehr sei hier das Urteil des 10. Senats des BSG vom 27. August 1998 (B 10 LW 8/97 R, veröffentlicht in JURIS) entsprechend anzuwenden. Danach sei im Falle einer vollständigen Verpachtung eines steuerrechtlich nicht aufgegebenen landwirtschaftlichen Unternehmens eine Anrechnung des erzielten Erlöses erforderlich. Allein mit dem im angefochtenen Bescheid berücksichtigten Bruttopachtzins von monatlich DM 2.500,-- würden aber vorliegend bereits alle Hinzuverdienstgrenzen überschritten.
Die Fälle der Betriebsverpachtung unterschieden sich im Übrigen von der Fallgestaltung, die dem og Urteil des 4. Senats des BSG zugrunde gelegen hätten, auch aus einkommensteuerrechtlicher Sicht erheblich. Maßgeblich dafür, dass der Verpächter eines Betriebs weiterhin Gewinneinkünfte erziele, solange er die Betriebsaufgabe nicht erklärt habe, sei die für ihn oder seinen Rechtsnachfolger gegebene Möglichkeit, den Betrieb nach Pachtende wieder fortzuführen. Demgegenüber habe die Klägerin in dem vom 4. Senat entschiedenen Einzelfall überhaupt keine Tätigkeit ausgeübt; die ihr zufließenden Gewinnanteile seien lediglich als Einkünfte der ehemaligen selbstständigen Tätigkeit des Verstorbenen erfasst worden.
Bei § 27a ALG habe das Berufungsgericht offenbar übersehen, dass eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem ALG nur gewährt werden könne, wenn das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben worden sei. Die Herausnahme des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft aus dem anrechenbaren Hinzuverdienst, wie sie in § 27a ALG in Abweichung von § 96a SGB VI vorgesehen sei, liefe also leer, wenn die Einkünfte aus einem verpachteten, steuerrechtlich aber noch nicht aufgegebenen Betrieb nicht zuvor als Arbeitseinkommen zu werten wären.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. August 2003 sowie das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29. Oktober 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes). Es fehlen Feststellungen des LSG zu Art, Höhe und Dauer der Einkünfte des Klägers aus seiner Landwirtschaft. Von den nachzuholenden Feststellungen hängt ab, ob die dem Kläger dem Grunde nach bewilligte Rente wegen EU zumindest als Teilrente zu leisten ist.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist § 44 Abs 5 iVm § 96a SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, weil die Rente wegen EU bereits für einen vor diesem Stichtag liegenden Zeitraum gewährt worden ist. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen EU dem Grunde nach ist von der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Bescheid anerkannt worden. Durch das Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB VI-ÄndG) vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1824), in Kraft getreten am 1. Januar 1996 (im Folgenden: SGB VI aF), wurde dem § 44 SGB VI ein Abs 5 angefügt. Danach ist die Rente wegen EU unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs 2 Nr 2 SGB VI in Höhe der Rente wegen BU zu leisten, wenn bei weiterhin vorliegender EU die Hinzuverdienstgrenze des § 96a Abs 2 Nr 1 SGB VI überschritten wird. Nach § 96a Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI aF (ebenfalls eingefügt mit dem SGB VI-ÄndG vom 15. Dezember 1995) wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit im Monat die in Abs 2 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Verdienstgrenzen nach Abs 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Die späteren Änderungen des Gesetzes wirken sich vorliegend auf den Leistungsanspruch des Klägers nicht aus. Insbesondere die Änderung des § 96a Abs 1 Satz 2 SGB VI durch das Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetz (HZvNG) vom 21. Juni 2002 (BGBl I 2167), durch das der Anwendungsbereich dieser Vorschrift mit dem Zusatz “oder vergleichbaren Einkommen” erweitert worden ist, ist auf den Rentenanspruch des Klägers nicht anzuwenden, weil § 313 Abs 7 SGB VI – ebenfalls eingefügt durch das HZvNG vom 21. Juni 2002 – bestimmt, dass dieses “vergleichbare Einkommen” bis zum 31. Dezember 2007 nicht als Hinzuverdienst gilt, wenn am 31. Dezember 2002 Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bestand (vgl hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl, § 313 RdNr 11; Gürtner in Kasseler Komm, § 313 SGB VI RdNr 17). Auf den weiterhin bestehenden Anspruch des Klägers auf Rente wegen EU gemäß § 44 SGB VI aF wurden nach Aufhebung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) die Hinzuverdienstregelungen des § 96a SGB VI der neuen Rechtslage mit Wirkung vom 1. Januar 2001 angepasst. Gleichzeitig wurde mit § 313 Abs 1 SGB VI bestimmt, dass § 96a SGB VI nF unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des Abs 3 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Regelungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Rente wegen BU und die Regelungen zur Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Rente wegen EU entsprechend gelten, wenn am 31. Dezember 2000 Anspruch auf Rente wegen BU, EU oder für Bergleute bestand (§ 313 Abs 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 20. Dezember 2000, BGBl I 1827; vgl ohne Verfasser MittBayerLVA 2003, 578, 579).
Aufgrund dieser Rechtslage ist der Anspruch des Klägers auf Leistung der dem Grunde nach zugesprochenen Rente wegen EU allein davon abhängig, ob er durch Arbeitseinkommen die Hinzuverdienstgrenzen so weit überschreitet, dass die Beklagte zur tatsächlichen Leistung nicht verpflichtet ist und dem Kläger lediglich eine so genannte Nullrente zusteht.
Das LSG hat zwar festgestellt, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum seit Rentenbeginn Einnahmen aus seiner Landwirtschaft hatte, es hat aber keine genauen Feststellungen zu deren Art, Höhe und Dauer getroffen, weil diese Einnahmen seiner Auffassung nach nicht als anrechenbares Arbeitseinkommen anzusehen seien.
Entgegen der Auffassung des LSG handelt es sich bei diesen Pachteinnahmen um “Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit”, die nach § 96a Abs 1 SGB VI für die Prüfung der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen heranzuziehen sind (vgl im Einzelnen Senatsurteil vom selben Tage – B 13 RJ 13/04 R –, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Da § 96a Abs 1 SGB VI keine nähere Bestimmung darüber enthält, welche Einnahmen als “Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit” zu werten sind, eine solche Definition jedoch in § 15 SGB IV enthalten ist, ist für die nähere Bestimmung dieses Begriffs auf § 15 SGB IV zurückzugreifen, der über § 1 SGB IV auch für die Rentenversicherung gilt.
Maßgeblich ist hier die ab 1. Januar 1995 geltende Fassung des § 15 SGB IV idF des ASRG 1995 (Art 3 Nr 2 ASRG 1995). Mit dieser Neufassung wurde unter Beibehaltung des bisherigen § 15 Satz 1 SGB IV der bisherige § 15 Satz 2 SGB IV durch den neuen Abs 1 Satz 2 (“Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist”) ersetzt und ein – hier nicht weiter interessierender – Abs 2 angefügt. Bereits nach dem Wortlaut des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV ist anzunehmen, dass die steuerrechtliche Zuordnung nicht nur für die Höhe des als Arbeitseinkommen zu wertenden Einkommens, sondern auch für die Bewertung von Einkommen als Arbeitseinkommen (aus selbstständiger Tätigkeit) maßgeblich sein soll.
Für diese am Wortlaut orientierte Auslegung spricht auch die Begründung im Gesetzentwurf (BT-Drucks 12/5700, S 92 zu Art 3 Nr 2), wonach die ersatzlose Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV aF aus Gründen der Praktikabilität erfolgte. Für die Bestimmung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, soll nunmehr allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit “eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird” (BT-Drucks aaO).
Damit stehen Wortlaut und Gesetzesbegründung in vollem Einklang miteinander und lassen für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des “Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit” neben dem steuerrechtlichen Begriff der Gewinneinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit keinen Raum, dh auch die Grundentscheidung, ob überhaupt eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, wird nicht mehr von den Sozialleistungsträgern getroffen. Ungeachtet dessen, dass das Einkommensteuerrecht den Begriff des Arbeitseinkommens nicht kennt, soll damit nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzesbegründung für die Frage, ob Einkommen aus selbstständiger Arbeit erzielt wird, das in der Terminologie des SGB als Arbeitseinkommen bezeichnet wird, allein das Steuerrecht maßgebend sein, um den Sozialleistungsträgern eine eigenständige und mitunter schwierige Prüfung der Zuordnung und Ermittlung der Höhe von Arbeitseinkommen zu ersparen.
Entgegen der Auffassung des LSG setzt die Bewertung von “Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit” als Hinzuverdienst nicht voraus, dass eine eigene (selbstständige) Tätigkeit noch ausgeübt wird. Gegen eine solche Auslegung spricht die gesetzliche Entwicklung bei der Einführung von Hinzuverdienstgrenzen für die Renten wegen Erwerbsminderung. Die sprachliche Übernahme der Textpassage “aus einer selbstständigen Tätigkeit” aus § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV in § 96a SGB VI kann nur so verstanden werden, dass mit § 96a SGB VI – wie auch mit § 34 SGB VI – ausdrücklich auf die allgemeine Norm des § 15 SGB IV verwiesen werden sollte.
Mit dieser Entscheidung weicht der erkennende Senat nicht von dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 27. Januar 1999 (SozR 3-2400 § 15 Nr 6) ab. Das LSG hat die Entscheidung dahingehend missverstanden, dass die Wertung “Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit” iS des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV nF die Ausübung einer eigenständigen Tätigkeit und damit den Einsatz eigener Arbeit voraussetze (so auch LSG Nordrhein-Westfalen vom 13. August 2003 – L 8 RJ 156/02 –; vgl auch BSG Urteil vom 25. Februar 2004 – B 5 RJ 56/02 R – demnächst veröffentlicht in SozR 4-2400 § 15 Nr 4 mwN). Der Entscheidung des 4. Senats des BSG lag jedoch ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde. Zum einen war die Anrechnung von Arbeitseinkommen auf einen Hinterbliebenenrentenanspruch gemäß § 97 SGB VI iVm § 18a SGB IV streitig und zum anderen handelte es sich bei den Einkünften der dortigen Klägerin nicht um steuerrechtliche Einkünfte aus vorausgegangener Tätigkeit in der eigenen Land- und Forstwirtschaft nach § 13 Einkommensteuergesetz (EStG), sondern um Ersatz- und Nachfolgeeinkünfte iS des § 24 Nr 1 bis 3 EStG, die der dortigen Klägerin als Rechtsnachfolgerin zugeflossen waren und denen vom 4. Senat des BSG der Sache nach eine Art Unterhaltsfunktion beigemessen wurde. Indes ist dem Urteil des 4. Senats nicht zu entnehmen, dass dieser entgegen dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung anderer Senate die grundsätzliche Anlehnung des Begriffs des “Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit” an die steuerrechtliche Bewertung aufgegeben hätte (so auch BSG Urteil vom 25. Februar 2004 – aaO).
In welchem Zeitraum und in welcher Höhe beim Kläger ggf tatsächlich geflossenes Arbeitseinkommen in dem vorgenannten Sinn auf die Rente wegen EU anzurechnen ist, kann vom erkennenden Senat nicht abschließend entschieden werden, weil das LSG – aufgrund seines Rechtsstandpunkts, dass Pachteinnahmen aus Land- und Forstwirtschaft beim Kläger nicht als Arbeitseinkommen anzurechnen seien – keine ausreichenden Feststellungen hierzu getroffen hat.
Das LSG hat nur festgestellt, dass der Kläger im November 2000 mit seinem Sohn einen Pachtvertrag für eine Pachtzeit von neun Jahren und elf Monaten geschlossen hat, wonach ein jährlicher Pachtzins vom DM 30.000,--, fällig zum 1. November eines jeden Jahres und erstmals im Jahre 2001, zu zahlen ist. Außerdem hat es festgestellt, dass der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von DM 70.335,-- ausweist.
Diese Feststellungen zur Höhe und Dauer der Einkünfte des Klägers sind unzureichend. Ihnen ist nicht zu entnehmen, ob die Einnahmen aus dem Pachtvertrag tatsächlich regelmäßig geflossen sind oder ob die Verpachtung an den Sohn “nur auf dem Papier” bestanden hat. Soweit die Einkünfte konkret zugeflossen sind, fehlen weiter genaue Feststellungen des LSG, wie hoch die Pachteinnahmen des Klägers seit Beginn der Rentengewährung waren. Soweit das LSG auf den Einkommensteuerbescheid für 2001 Bezug genommen hat, hat das Berufungsgericht es unterlassen, den Widerspruch in der Höhe der dort genannten Einkünfte aus Landwirtschaft zu den sich evtl aus dem Pachtvertrag ergebenden Einnahmen aufzuklären. Der Einkommensteuerbescheid bezieht sich hinsichtlich der dort ausgewiesenen höheren Einnahmen auf das Wirtschaftsjahr 2000/2001, dh vom 1. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2001. Aufzuklären ist, ob und in welcher Höhe die dort aufgeführten Einnahmen ggf noch Einkünfte aus der vor der Verpachtung liegenden eigenen Tätigkeit des Klägers in der Landwirtschaft enthalten.
Weiter wird das LSG der Frage nachzugehen haben, ob der Kläger neben den Einkünften aus Verpachtung seines Hofes weitere Einnahmen erzielt hat; Anzeichen hierfür lassen sich den Feststellungen des LSG entnehmen, die Ehefrau des Klägers habe einen Hofladen betrieben und hierfür ebenfalls Pacht an den Kläger gezahlt. Für die Ehefrau sind im Einkommensteuerbescheid 2001 erhebliche Minuseinnahmen aus Gewerbebetrieb ausgewiesen (über DM 10.000,--), die im Zusammenhang mit dem Hofladen stehen und darauf hinweisen könnten, dass die Pachtbelastung ebenfalls nicht unerheblich gewesen ist.
Schließlich ist aufzuklären, ob die Feststellungen für das Jahr 2001 hinsichtlich der Höhe auch für Zeiten danach weiteren Bestand gehabt haben. Entscheidungserheblich ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (13. August 2003). Das LSG hätte daher – und dies wird es bezogen auf die aktuell durchzuführende mündliche Verhandlung nachzuholen haben – entsprechende Erklärungen oder Unterlagen beiziehen müssen, wonach zumindest auch für das Wirtschaftsjahr 2002/2003 die Einkommenssituation geklärt worden wäre. Das Berufungsgericht wird hierbei ferner der Frage nachgehen müssen, ob der Kläger nach Abschluss des Pachtvertrages in dem maßgeblichen Folgezeitraum eine Betriebabgabeerklärung (steuerrechtlich) abgegeben hat, dh ob bei ihm überhaupt noch Arbeitseinkommen angefallen ist.
Der Senat ist an einer abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits gehindert, weil bei Zugrundelegung allein der Pachteinnahmen – soweit die Angaben aus dem Pachtvertrag als verbindlich unterstellt werden – nicht auszuschließen ist, dass der Kläger jedenfalls ab Mitte des Jahres 2003 Anspruch zumindest auf eine Teilrente haben könnte. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob der Jahresbetrag der Pachteinnahmen von DM 30.000,-- durch 12 Monate geteilt wird oder ob – wegen des zweimonatigen zulässigen Überschreitens des monatlichen Grenzbetrages – der Divisor 14 zugrunde zu legen ist, wie dies zT in der Literatur vertreten wird (vgl zB Brähler in GK-SGB VI, § 96a RdNr 97). Da vorliegend die Einnahmesituation des Klägers nicht geklärt ist und möglicherweise weitere Einkünfte zu berücksichtigen sein werden, kann offen bleiben, ob es im vorliegenden Rechtsstreit auf die Klärung dieser Rechtsfrage ankommen wird.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen