Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Die Klägerin ist bei der beklagten Ersatzkasse (ErsK) krankenversichert. Sie trägt aufgrund medizinischer Indikation Kontaktlinsen. Zunächst war sie mit sogenannten weichen Kontaktlinsen versorgt. Im Dezember 1991 erfolgte eine Umstellung auf hoch-gasdurchlässige harte Kontaktlinsen. Zur Pflege der Kontaktlinsen benötigt die Klägerin Mittel zur Desinfektion, Neutralisierung und Proteinentfernung. Derartige Mittel (damals: Oxysept und Ultrazyme) wurden der Klägerin im Januar 1989 von ihrem Augenarzt vorbehaltlich der Genehmigung durch die Krankenkasse (KK) rezeptiert. Mit der Begründung, Kosten für Pflegemittel könnten nach § 33 Abs. 3 Satz 4 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch (SGB V) für Zeiten nach dessen Inkrafttreten zum 1. Januar 1989 nicht mehr übernommen werden, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 11. Oktober 1989; Widerspruchsbescheid vom 7. November 1989).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, die Kosten der Reinigungsmittel zu übernehmen (Urteil vom 5. Februar 1990). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. Januar 1993, ZAP EN-Nr 531/93).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 33 Abs. 3 Satz 4 SGB V. Dieser beziehe sich entgegen der Auffassung des LSG nicht auf den vorstehenden Satz 1, der die medizinisch notwendigen Kontaktlinsen betrifft.
Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des LSG aufzuheben und das Urteil des SG wieder herzustellen. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Beide Beteiligte haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
II
Die Revision der Klägerin war zurückzuweisen. Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Für das Begehren der Klägerin hat das LSG allerdings zu Unrecht die Feststellungsklage (§ 55 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und nicht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage als die richtige Klageart angesehen. Insoweit reicht indes eine Klarstellung in den Urteilsgründen aus.
1. Die Klägerin begehrt Erstattung der Kosten für die zur Desinfektion, Neutralisierung und Proteinentfernung ihrer Kontaktlinsen ab 1. Januar 1989 benötigten Mittel, die sie sich aufgrund eines Privatrezeptes ihres Kassenarztes (Ab 1. Januar 1993: Vertragsarztes) selbst beschafft hat, nachdem die Beklagte die Gewährung dieser Leistung abgelehnt hatte (Zum Kostenerstattungsanspruch im Falle unberechtigter Leistungsablehnung vgl. § 13 Abs. 3 SGB V i.d.F. durch Gesetz vom 21. Dezember 1992 [BGBl. I, 2266], früher Abs. 2). Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG), die vor dem SG zutreffend erhoben wurde (vgl. BSG Urteil vom 30. September 1993 - 4 RK 1/92 -). Die Klägerin ist zwar in der Berufungsinstanz ohne Änderung ihres Klagezieles zu einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 55 SGG) übergegangen. Gleichwohl war über die für ihr Begehren richtige Klageart zu entscheiden, da das Gericht über die erhobenen Ansprüche ohne Bindung an die Fassung der Anträge entscheidet (§ 123 SGG).
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung nicht zu. Die Beklagte hat den Antrag auf Gewährung der Sachleistung zu Recht abgelehnt. § 33 Abs. 3 Satz 4 SGB V schließt bei der Versorgung mit Kontaktlinsen für die hier streitige Zeit ab dem 1. Januar 1989 die von der Klägerin erworbenen Mittel als Pflegemittel von der Leistungspflicht der KK aus.
3. Die von der Beklagten als Sachleistung abgelehnten "Mittel zur Desinfektion, Neutralisierung und Proteinentfernung" bei Kontaktlinsen sind Pflegemittel i.S. des § 33 Abs. 3 Satz 4 SGB V.
Die Revision meint, der Ausschluß der Pflegemittel beziehe sich nicht auf Mittel, die erforderlich sind, um die Einsatzfähigkeit des Hilfsmittels zu erhalten, sondern nur auf nicht notwendige Pflegemittel. Welcher Anwendungsbereich dann für die Regelung verbleibt und welche Mittel positiv mit der Bezeichnung Pflegemittel ausgeschlossen werden, wird von der Revision aber nicht dargelegt.
Die vom LSG gehörte Sachverständige hat als Beispiel für ein nicht notwendiges Pflegemittel nur die Benetzungsflüssigkeit genannt, die das Einsetzen der Linse erleichtert, das Fremdkörpergefühl herabsetzt und die Gleitfähigkeit stärkt, soweit die Benetzungsflüssigkeit nicht medizinisch indiziert sei, etwa bei Mangel an Tränenflüssigkeit. Soweit eine Benetzungsflüssigkeit medizinisch nicht indiziert ist, war schon nach dem vor dem 1. Januar 1989 geltenden Recht deren Gewährung als Sachleistung ausgeschlossen. Die medizinisch nicht indizierte Benetzungsflüssigkeit gehört schon nach dem Grundsatz nicht zur Leistungspflicht der KKn, daß die Leistungen wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht übersteigen dürfen (§ 182 Abs. 2 RVO, nunmehr § 12 Abs. 1 SGB V). Damit kommt für die Ausschlußklausel ein Anwendungsbereich nur hinsichtlich der notwendigen Pflegemittel in Betracht.
Der Ausdruck Pflegemittel wurde schon vor dem Erlaß des SGB V in bezug auf Kontaktlinsen gebraucht. Nach Abschnitt D Nr. 4.4 der vom Bundesausschuß der Ärzte und KKn beschlossenen Richtlinien über die Verordnung von Heilmitteln und Hilfsmitteln in der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien) in der bei Erlaß des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) geltenden Fassung durch Beschluß vom 27. März 1986 (Banz Nr. 60a) konnten Reinigungs- und Pflegemittel sowie medizinisch indizierte Benetzungsflüssigkeiten nur für die nach Nr. 4.1 verordneten Kontaktlinsen verordnet werden. Auch in dieser Regelung bezieht sich der Begriff Pflegemittel auf Mittel, die notwendig sind, um die Kontaktlinsen in einem gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten.
Nach dem vom LSG eingeholten Sachverständigengutachten werden die angebotenen Kontaktlinsenflüssigkeiten und Tabletten zu den vorgenannten Zwecken allgemein unter dem Oberbegriff Pflegemittel zusammengefaßt. Das entspricht auch dem Sprachgebrauch in den von der Klägerin vorgelegten Prospekten und Beipackzetteln. Nach Ansicht der vom LSG gehörten Sachverständigen sollte allerdings besser unterschieden werden zwischen nicht notwendigen Pflegemitteln und notwendigen (Pflege) Mitteln, die dann als Wartungs-/Gebraucherhaltungsmittel zu bezeichnen wären. Die streitigen Mittel seien alle notwendige Wartungs-/Gebraucherhaltungsmittel, also notwendige Pflegemittel im letztgenannten Sinne.
Der Auslegung, daß der Gesetzgeber die Mittel zur Desinfektion, Neutralisierung und Proteinentfernung als Pflegemittel bezeichnet, steht nicht entgegen, daß diese Mittel vor 1989 in der Rechtssprache zur Leistungspflicht der Krankenversicherung und zum Beihilferecht der Beamten überwiegend anderes bezeichnet wurden, wobei die jeweils gewählte Bezeichnung stärker auf die dienende Zugehörigkeit zum Hilfsmittel (Kontaktlinse) hinweist als das beim Begriff Pflegemittel der Fall ist. Die Reinigungs-, Benetzungs- und Aufbewahrungsflüssigkeiten werden in einer Äußerung der Spitzenverbände der KKn aus dem Jahre 1982 als Zubehör zu den verordneten Kontaktlinsen angesehen (ErsK 1982, 256) und in einer Äußerung der Spitzenverbände aus dem Jahre 1979 heißt es, Kontaktlinsenlösungen, die der Aufbewahrung und Desinfektion von Kontaktlinsen dienen, teilen, soweit sie bei medizinisch indizierten Kontaktlinsen übernommen werden können, als unselbständige Nebenleistung das rechtliche Schicksal der Hauptleistung (vgl. BSG vom 21. Juli 1976 - 5 RKnU 5/76 = USK 7699), d.h. daß auch für Kontaktlinsenlösungen die Entrichtung eines Kostenanteils nach RVO § 182a entfällt (ErsK 1979, 525).
Im Beihilferecht wurden die Mittel den Betriebsmitteln (OVG DÖD 1984, 178) beziehungsweise den Aufwendungen für den Betrieb und die laufende Unterhaltung (VGH DÖD 1984, 274) zugeordnet. Was den Gesetzgeber veranlaßt hat, keinen der vorgenannten Begriffe zu verwenden, mag dahinstehen. Es findet sich jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber mit dem Begriff Pflegemittel etwas anderes als die erforderlichen Flüssigkeiten und Tabletten gemeint haben könnte.
Es fehlt auch jeder Anhalt dafür, daß der Gesetzgeber diese Mittel nur bei der Anwendung auf harte Kontaktlinsen als Pflegemittel bezeichnen wollte, wie dies das SG angenommen hat. Die genannten Mittel sind sowohl bei harten als auch bei weichen Kontaktlinsen notwendig, um diese in einem einsatzfähigen Zustand zu halten und die Gefahr von Entzündungen auszuschließen. Davon ist das LSG nach dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen im Anschluß an die Aussage der gehörten Sachverständigen ausgegangen.
Auch die streitbetroffenen Mittel zur Proteinentfernung sind als Pflegemittel anzusehen, obgleich die Verwaltungspraxis nach dem Vorbringen der Beklagten eine Grundreinigung durch den Augenoptiker (Intensivreinigung) als Dienstleistung gewährt, und zwar bei weichen Kontaktlinsen alle 4 bis 6 Wochen, bei harten Kontaktlinsen alle 3 Monate (vgl. hierzu DOK 1990, 46). Insoweit hat der Senat zugunsten der Klägerin unterstellt, daß die Mittel zur Proteinentfernung dieser Grundreinigung dienen. Bei den nicht notwendigen Kontaktlinsen schließt der Ausschluß der Pflegemittel nicht nur die Verordnung der zur Intensivreinigung erforderlichen Mittel, sondern auch die Gewährung der Intensivreinigung als Dienstleistung aus. Der Leistungsausschluß in Satz 4 gilt für die nicht notwendigen und die notwendigen Kontaktlinsen in gleicher Weise, was noch näher zu begründen ist. Ob die Verwaltungspraxis dem Ausschluß der Pflegemittel zuwiderläuft und deshalb rechtswidrig ist (verneinend wohl Zipperer in Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, SGB V Gesetzliche Krankenversicherung, § 33 Rdnr. 27; Höfler, Kasseler Kommentar, SGB V § 33 Rdnr. 54), kann hier dahinstehen. Der Ausschluß der Pflegemittel verbietet es jedenfalls, anstelle der Intensivreinigung die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.
4. Der Leistungsausschluß für Pflegemittel im Satz 4 (des § 33 Abs. 3 SGB V) bezieht sich nicht nur auf die im vorstehenden Satz 3 geregelten medizinisch nicht indizierten Kontaktlinsen, sondern auch auf die in den Sätzen 1 und 2 geregelten medizinisch indizierten Kontaktlinsen (LSG Schleswig-Holstein NZS 1992, 102 = Meso B 280/55; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, SGB V § 33 Rdnr. 28). Dementsprechend heißt es in Abschnitt E Nr. 59.4 der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien in der Fassung durch Beschluß vom 17. Juni 1992 (BAnz Beilage 1992, Nr. 183b, 5 = DÄ 1992, C1881 = WzS 1992, 333) ohne Einschränkung auf den Bereich der nicht notwendigen Kontaktlinsen: Reinigungs- und Pflegemittel können nicht verordnet werden. Die für diese Auslegung sprechenden Gründe haben das Übergewicht, auch wenn für die von der Klägerin und vom SG vertretene Gegenansicht ebenfalls gewichtige Gründe sprechen.
Der in Satz 4 angeordnete Leistungsausschluß für Pflegemittel bezieht sich zweifelsfrei auf die in Satz 3 geregelten nicht medizinisch indizierten Kontaktlinsen. Der ausdrückliche Leistungsausschluß dient insoweit lediglich der Klarstellung. Die für nicht medizinisch indizierte Kontaktlinsen in Satz 3 angeordnete Kostenbegrenzung auf die Kosten einer Brille gilt für die gesamten Kosten der Kontaktlinse einschließlich erforderlicher Nebenleistungen oder Instandsetzungsmittel, die zur Hauptleistung zu rechnen sind. Damit bleibt für eine Erstattung der Pflegemittel kein Raum. Ein nur auf den Bereich der nicht medizinisch indizierten Kontaktlinsen eingeschränkter Leistungsausschluß macht deshalb keinen Sinn. Erst die Anwendung auf die in Satz 1 geregelten medizinisch notwendigen Kontaktlinsen ergibt einen echten über eine Klarstellung hinausgehenden Leistungsausschluß.
Das legt die Folgerung nahe, der Leistungsausschluß beziehe sich sogar vorrangig auf die in Satz 1 geregelten medizinischen notwendigen Kontaktlinsen und er ergebe gerade in diesem Anwendungsbereich einen Sinn. Wenn der Gesetzgeber nur den Satz 3 und die dort geregelten medizinisch nicht notwendigen Kontaktlinsen als Anwendungsbereich vor Augen gehabt und insoweit nur eine Klarstellung hätte bewirken wollen, dann hätte er in Satz 3 die Kosten der Kontaktlinsen "einschließlich der Kosten der Pflegemittel" auf die Kosten einer Brille begrenzt. Diese nach dem Gesetzeswortlaut und nach Sinn und Zweck der Regelung vorgenommene Auslegung scheint jeden Auslegungszweifel zu beseitigen. Die Argumentation erweist sich in Ansehung der Gesetzesmaterialien gleichwohl als brüchig. Die Vorschrift war im Regierungsentwurf (BT-Drucks 11/2483), dort § 33 Abs. 4, wie folgt gefaßt:
" (4) Zu den Kosten von Kontaktlinsen zahlt die Krankenkasse als Zuschuß höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen."
Der Versicherte wurde mit der Kostenbegrenzung stets, also auch für den Fall der medizinisch indizierten Kontaktlinse, auf eine Brille als ausreichendes Hilfsmittel verwiesen. Die für Pflegemittel angefügte Regelung diente im Regierungsentwurf lediglich der Klarstellung, daß die Leistungspflicht der KK hinsichtlich der Anschaffung einschließlich der Folgekosten von Kontaktlinsen auf das Maß des Notwendigen nach Maßgabe der Kosten einer Brille beschränkt wurde. Die Vorschrift hatte nicht den Sinn, notwendige Teilkosten auszusondern, etwa unter dem Gesichtspunkt der Bagatellkosten oder einer zumutbaren Eigenleistung. Es ist deswegen nicht verwunderlich, daß die Regierungsbegründung nichts dazu ergibt, in welcher Höhe Kosten für Pflegemittel anfallen und wie sich diese zu den Kosten der Kontaktlinse selbst verhalten.
Die Gesetzesmaterialien geben keinen Aufschluß darüber, ob der Ausschuß die notwendigen Kontaktlinsen einschließlich der Pflegemittel übernehmen wollte, oder ob er nur die Anschaffung übernehmen und es hinsichtlich der Pflegemittel beim Leistungsausschluß belassen wollte. Die Änderung geht auf die nachfolgende Empfehlung des Rechtsausschusses zurück (BT-Drucks 11/3480 S. 13) :
"1. Bei medizinischer Notwendigkeit sollten Kontaktlinsen aus sozialstaatlichen Gründen möglicherweise gewährt werden.
2. Der Begriff der medizinischen Notwendigkeit sollte aber eng gefaßt werden."
Diese Anregung läßt ebenso wie die vom Ausschuß gegebene Einzelbegründung offen, ob nur die Anschaffung oder auch die Pflegemittel in die Leistungspflicht einbezogen werden sollten. Die Einzelbegründung lautet (BT-Drucks 11/3480 S. 52 zu § 33) : "Die Änderung schränkt den Anspruch auf Kontaktlinsen auf die Fälle ein, in denen sie medizinisch zwingend erforderlich sind. Wie schon bisher legt der Bundesausschuß der Ärzte und KKn den Indikationenkatalog für die Verordnung von Kontaktlinsen fest. Der Versicherte erhält einen Zuschuß für zur Höhe der Kosten einer Brille, wenn er statt der Brille Kontaktlinsen wählt; dabei ist der für die Brille festgelegte Festbetrag zu berücksichtigen."
Der beschlossene Gesetzeswortlaut spricht für den Ausschluß der Pflegekosten. Hätte der Ausschuß für die notwendigen Kontaktlinsen in den Sätzen 1 und 2 eine abschließende und von den Sätzen 3 und 4 losgelöste Regelung gewollt, so hätte er entweder die Sätze 1 und 2 sowie die Sätze 3 und 4 jeweils in einem eigenen Absatz anordnen oder er hätte die Sätze 3 und 4 in einem Satz als zwei Halbsätze zusammenfassen müssen. Das wiegt schwerer als die Überlegung, daß bei dieser Auslegung mit der vom Ausschuß beschlossenen Änderung der Ausschluß der Pflegekosten von einer Klarstellungsvorschrift in eine echte Ausschlußregelung umgemünzt wird, die mehr als die Hälfte der Kosten von Kontaktlinsen betrifft. Das LSG hat allerdings zu den monatlichen Kosten der Pflegemittel keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Die Klägerin hat die ihr entstandenen Kosten auf 45 DM monatlich in ihrem Widerspruchsvorbringen beziffert. Die vom LSG gehörte Sachverständige hat die monatlichen Kosten auf 40 bis 50 DM angegeben. Die Beklagte hat vor dem LSG die Vergütung der Optiker für eine Intensivreinigung mit 25 DM angegeben. Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin monatliche Kosten von 40 bis 50 DM. Vergleicht man die für drei Jahre entstehenden Kosten von 1440 bis 1800 DM mit den Anschaffungskosten, so wird deutlich, daß in den Pflegekosten der Schwerpunkt der durch Kontaktlinsen verursachten Kosten liegt. Damit bleibt die vom Ausschuß beschlossene Regelung hinter der Rechtslage nach der RVO zurück, wie in der Ausschußbegründung angegeben, aber vorrangig wegen der ausgeschlossenen Pflegekosten, was in der Begründung nicht erwähnt wird, und weniger wegen der strengeren Anforderungen an die medizinische Indikation, die vom Ausschuß herausgestellt werden. Das verleiht der Schlußfolgerung erhebliches Gewicht, wenn der Ausschuß bei den notwendigen Kontaktlinsen die Pflegekosten wirklich hätte ausschließen wollen, dann wäre der Umfang dieser Kosten und damit verbunden die Frage nach einem Überforderungsschutz in der Ausschußbegründung erörtert worden. Gleichwohl überwiegen die für einen Leistungsausschluß sprechenden Gründe in einem solchen Maße, daß für eine Anwendung der Auslegungsregel des § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch (SGB I) kein Raum bleibt. Nach dieser Vorschrift sind die nachfolgenden sozialen Rechte bei der Auslegung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs zu beachten; dabei ist sicherzustellen, daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Würden für beide Auslegungen annähernd gleichgewichtige Gründe sprechen, so wären die Pflegemittel einzubeziehen, da dies der Verwirklichung des sozialen Rechts auf die notwendigen Maßnahmen zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB I) dient.
§ 33 Abs. 3 SGB V verstößt auch in der leistungseinschränkenden Auslegung nicht gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Grundgesetz (GG). Die Revision meint allerdings, die Pflegekosten notwendiger Kontaktlinsen seien ebenso zu behandeln wie die Futterkosten eines Blindenhundes, die nach der Rechtsprechung in die Leistungspflicht der KKn fallen (BSGE 51, 206, 208 = SozR 2200 § 182b Nr. 19). Im Sinne einer solchen Gleichbehandlung ist allerdings im Beihilferecht dem Anspruch auf Berücksichtigung der Pflegekosten für Kontaktlinsen entgegengehalten worden, daß die Beihilfevorschriften die Futterkosten für einen Blindenhund ausdrücklich als nicht beihilfefähig bezeichneten und eine Auslegung der für Kontaktlinsen geltenden Regelung in dem Sinne, daß die Pflegemittel beihilfefähig wären, den Gleichheitssatz verletze, weil es keinen sachlich einleuchtenden Grund für eine insoweit unterschiedliche Regelung gebe (VGH Mannheim, DÖD 1984, 274, 275). Über die damit verneinte Frage, ob die Pflegemittel für Kontaktlinsen für den Versicherten günstiger als die Futterkosten geregelt werden dürfen, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Denn die Pflegemittel werden hier für den Versicherten ungünstiger als die Futterkosten geregelt.
Das SGB V unterscheidet bei den Nebenkosten von Hilfsmitteln dreifach: Bei Kontaktlinsen sind die Pflegemittel unabhängig vom Abgabepreis von der Leistungspflicht ausgenommen. Bei Hörgeräten sind nach § 2 Nr. 11 der Verordnung über Hilfsmittel von geringem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis in der gesetzlichen Krankenversicherung (GeTherapNHMAbgPrV) vom 13. Dezember 1989 (BGBl. I 1989, 2237) von der Versorgung ausgeschlossen: Energieversorgung bei Hörgeräten für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Im übrigen sind Hilfsmittel in gebrauchsfähigem Zustand zur Verfügung zu stellen (§ 33 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Der Ausschluß der Pflegemittel bei Kontaktlinsen kann weder mit einem nur geringen therapeutischen Nutzen begründet werden, weil sie ihren Zweck voll erfüllen, noch in Ansehung der Aufwendungen von 1440 bis 1800 DM für drei Jahre mit einem geringem Abgabepreis (vgl. hierzu die Milchpumpen-Entscheidung BSG Urteil vom 28. September 1993 - 1 RK 37/92 -). Kontaktlinsen weisen indes in zweifacher Hinsicht im Vergleich zu anderen Hilfsmitteln Besonderheiten auf, die nach ihrem Gewicht den streitigen Ausschluß der Pflegemittel rechtfertigen.
Einmal ist zu beobachten, daß Versicherte, die eine Brille, aber keine Kontaktlinsen benötigen, tatsächlich oft Kontaktlinsen tragen. Dieser Tatbestand kommt so häufig vor, daß der Gesetzgeber für ihn in § 33 Abs. 3 Satz 3 SGB V eine Sonderregelung getroffen hat. In diesen Fällen erfolgt die Anschaffung der im Vergleich zu Brillen teureren Kontaktlinsen aus Gründen der praktischeren Handhabung. Dieser Grund wirkt auch dann verstärkend auf die Anschaffung von Kontaktlinsen hin, wenn diese medizinisch zwingend erforderlich sind. Deswegen stellt sich auch im Falle zwingender Notwendigkeit die Frage, ob der Versicherte hypothetisch die Kontaktlinsen nicht auch dann gewählt hätte, wenn seine Fehlsichtigkeit mit einer Brille zumutbar auszugleichen wäre. Insoweit ist auf die gesetzliche Regelung hinzuweisen, daß Gebrauchsgegenstände des täglicheren Lebens nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch dann keine Hilfsmittel sind, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, oder eine Behinderung auszugleichen. Auch bei solchen Gebrauchsgegenständen drängt sich die Frage auf, ob der Kranke sich diese hypothetisch nicht auch dann beschafft hätte, wenn die Erkrankung hinweggedacht wird, weil sie auch von Gesunden benutzt werden. Das rückt die Kontaktlinsen hinsichtlich der aufgezeigten Kausalitätsbetrachtung in die Nähe der Hilfsmittel, die als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der KKn ausgenommen sind, und rechtfertigt den Ausschluß der Pflegemittel.
Kontaktlinsen unterscheiden sich von den übrigen Hilfsmitteln auch hinsichtlich des Grades ihrer Notwendigkeit. Schon die Formulierung des Gesetzes - "in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen" - weist darauf hin, daß der Gesetzgeber den praktizierten medizinischen Anwendungsbereich der Kontaktlinsen nicht insgesamt als notwendig ansieht. Auch im Maß der Notwendigkeit besteht ein Unterschied zu anderen oft elementar notwendigen Hilfsmitteln. Insoweit ist auf Parallelen zum Zahnersatz hinzuweisen. Der hier dem Versicherten verbleibende Eigenanteil ist ebenfalls im Zusammenhang damit zu sehen, daß der Zahnersatz im Vergleich mit anderen Leistungen der KKn nicht als elementar notwendig angesehen wird. Ferner ist zu berücksichtigen, daß der Versicherte wegen der praktischeren Handhabung der Kontaktlinsen geneigt ist, den Kassenarzt schon in Zweifelsfällen zur Verordnung von Kontaktlinsen zu veranlassen. Der Ausschluß der Pflegemittel ist geeignet, dem entgegenzuwirken.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.3/1 RK 11/93
BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen