Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. zuständiger Unfallversicherungsträger. nicht monostrukturelles Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Aufnahmebescheid. vorkonstitutionelles Recht. Bundesratsbeschluss. Ministerialerlass. Ausführungsbestimmungen. Fortgeltung. Gesetzesvorbehalt. Auffangzuständigkeit. Katasterstetigkeit. Transparenz. allgemeiner Gleichheitssatz
Leitsatz (amtlich)
Zuständiger Unfallversicherungsträger für die nicht monostrukturellen Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung ist die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft.
Normenkette
SGB VII § 219 Abs. 1 S. 2; RVO § 646; UVNG Art. 4 § 11; SGB VII § 122 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 123 Abs. 1, Art. 129 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger für die Klägerin ist.
Die Klägerin, die ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, wurde mit Wirkung zum 1. April 1996 in das Unternehmerverzeichnis der Beklagten eingetragen. Ein an sie am 25. April 1997 abgesandter Aufnahmebescheid der Beklagten ist der Klägerin nach ihren Angaben nicht zugegangen.
Mit Schreiben vom 8. November 1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Bezugnahme auf ein von ihr eingereichtes Gutachten von Prof. Dr. S… vom 24. November 1998 die Überweisung an “die zuständige Fachberufgenossenschaft”. Dies lehnte die Beklagte ab, weil die Feststellung ihrer Zuständigkeit von Anfang an richtig gewesen sei (Bescheid vom 10. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2000).
Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat die Berufsgenossenschaft (BG) für Feinmechanik und Elektrotechnik als die von der Klägerin für zuständig gehaltene neue BG beigeladen und die auf Überweisung an die Beigeladene gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 5. Februar 2001). Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Klägerin ihren Klagantrag auf die Feststellung, dass sie nicht Mitglied der Beklagten sei, umgestellt, und das ursprüngliche Überweisungsbegehren nur noch hilfsweise verfolgt. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 11. Mai 2004). Die Klägerin habe – unabhängig von der Frage, ob ihr ein Mitgliedsschein oder Aufnahmebescheid zugegangen sei – keinen Anspruch auf die Feststellung, nicht Mitglied der Beklagten zu sein. Denn die Zwangszugehörigkeit des Unternehmens zur zuständigen BG werde durch die Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeiten begründet und beginne kraft Gesetzes. Die Beklagte sei der zuständige Unfallversicherungsträger für die Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Zwar enthielten weder das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) noch die Reichsversicherungsordnung (RVO) eine eigenständige Regelung hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit der gewerblichen BGen. Nach Art 4 § 11 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (UVNG) sei jedoch jeder Träger der Unfallversicherung für die Unternehmen zuständig geblieben, für die er bisher zuständig gewesen sei. In dem weiter geltenden Beschluss des Bundesrates vom 22. Mai 1885 sei der Gewerbezweig der Arbeitnehmerüberlassung noch nicht aufgeführt. Durch den Erlass des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 16. März 1942 und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des Reichsversicherungsamtes (RVA) vom 22. April 1942 sei aber der “Genossenschaft für Reichsgesetzliche Unfallversicherung (BG 68)”, der heutigen Beklagten, die Zuständigkeit für alle überwiegend büromäßig betriebenen Unternehmen sowie eine Auffangzuständigkeit übertragen worden. Diese Zuständigkeitsregeln seien von den Unfallversicherungsträgern weiterhin praktiziert und vom Bundesgesetzgeber in dessen Willen übernommen worden. Sei eine bestimmte Unternehmensart noch nicht ausdrücklich einer BG zugeordnet, so sei das betreffende Unternehmen in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften derjenigen BG zuzuweisen, der es nach Art und Gegenstand am nächsten stehe.
Für die Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung seien nicht die Tätigkeiten der “entliehenen” Arbeitnehmer im “entleihenden” Betrieb, sondern das überwiegend verwaltende Betreiben des Verleihgeschäfts kennzeichnend; dies sei eine die Zuständigkeit der Beklagten begründende überwiegend büromäßige Tätigkeit. Auch der Gesichtspunkt der Unfall- und Krankheitsprävention spreche für die Zuständigkeit der Beklagten. Soweit die Leiharbeitnehmer den zusätzlichen spezifischen Gefährdungen im Entleihbetrieb ausgesetzt seien, seien auch dessen Unfallverhütungsvorschriften anzuwenden. Der im Gutachten von Prof. Dr. S… vertretenen Auffassung, nach der die Zuordnung der Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in die Zuständigkeit der Beklagten wegen mangelnder Gewährleistung der fachspezifischen Unfallverhütung rechtswidrig sei, könne der Senat nicht folgen. Selbst wenn für sog monostrukturelle Unternehmen, die Arbeitnehmer ausschließlich an Unternehmen einer einzigen BG verliehen, die Zuständigkeit dieser Fach-BG anzunehmen wäre, ergäbe sich hier nichts anderes, weil eine solche Betriebsweise wegen der Verweigerung entsprechender Angaben durch die Klägerin nicht feststellbar sei. Auch der hilfsweise geltend gemachte Überweisungsanspruch sei nicht gegeben.
Mit der – vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen – Revision rügt die Klägerin zunächst die Verletzung von Verfassungsrecht. Die angefochtene Entscheidung verletze das Rechtsstaatsgebot des Art 20 Abs 3 iVm Art 2 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Auch die Zuständigkeitsbestimmung des Unfallversicherungsträgers stehe als belastender Eingriff unter dem Vorbehalt des Gesetzes; es fehle aber an einer gesetzlichen Grundlage für die Zuweisung. Diese könne auch nicht durch analoge Anwendung der § 122 SGB VII, § 646 Abs 2 RVO, Art 4 § 11 UVNG und des Bundesratsbeschlusses vom 22. Mai 1885 geschaffen werden; zudem fänden sich für die vom LSG genannten Kriterien der Zuweisung nicht im Bundesratsbeschluss benannter Unternehmen in den genannten Rechtsquellen keine Anhaltspunkte.
Darüber hinaus verstoße die Zuständigkeit der Beklagten für die Klägerin gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG). Denn ein erheblicher Teil der Zeitarbeitsunternehmen sei von Fach-BGen erfasst, weil sie als Ausgliederungen von Fachbetrieben weiterhin der ursprünglichen BG angehörten und dort gegenüber der Klägerin durch niedrigere Beiträge begünstigt würden.
Die angefochtene Entscheidung verletze weiter einfaches materielles Recht, nämlich § 646 Abs 2 RVO, den Bundesratsbeschluss vom 21. Mai 1885, § 122 Abs 2 SGB VII und Art 4 § 11 UVNG. Denn auch eine analoge Anwendung dieser Regelungen, wie sie das LSG vorgenommen habe, führe nicht zur Zuständigkeit der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des BSG sei bei nicht aufgeführten Gewerbezweigen diejenige BG zuständig, welche die zweckmäßigste Unfall- und Krankheitsverhütung gewährleiste. Die vom LSG herangezogenen Tätigkeiten und Arbeitsverfahren (Akquisition von Aufträgen, Einstellung und Entlassung von Leiharbeitnehmern sowie Planung, Lenkung, Koordinierung und Abrechnung von deren Einsatz) seien aber unerheblich, weil sie im arbeitszeitlichen Vergleich nur einen Bruchteil der Arbeitszeit der “verliehenen” Arbeitnehmer umfassten. Diese würden vornehmlich in den Bereich der Haustechnik (Elektrik) “verliehen”, sodass die Beigeladene statt der Beklagten zuständig sei.
Schließlich rügt die Klägerin die Verletzung formellen Rechts. Das LSG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es angenommen habe, dass in Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen die verwaltende, büromäßige Tätigkeit im Vergleich zu Tätigkeiten im Kundeneinsatz überwiege, ohne ihr hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie hätte sonst Beweis für die Tatsache angeboten, dass die Arbeitszeit der nicht “verliehenen” Arbeitnehmer in jedem Zeitarbeitsunternehmen nur einen Bruchteil der Gesamtarbeitszeit betrage.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 2004 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 5. Februar 2001 aufzuheben und festzustellen, dass sie nicht Mitglied der Beklagten ist,
hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2000 zu verpflichten, sie an die beigeladene Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik zu überweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage sei unzulässig, weil sie insoweit durch die Möglichkeit der Überweisung nach § 136 SGB VII verdrängt werde. Der Mitgliedsschein sei der Klägerin mit einem Brief, der auch andere Unterlagen enthalten und dessen Empfang sie auch bestätigt habe, zugesandt worden. Die Verfahrensrüge der Klägerin gehe ins Leere, weil das LSG seine Entscheidung nicht auf die benannte Tatsache gestützt, sondern lediglich ausgeführt habe, dass ein Verleihunternehmen durch den “Verleih” und die hierauf gerichtete Tätigkeit gekennzeichnet sei.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung zu Recht zurückgewiesen, weil sie – die Klägerin – Mitglied der Beklagten ist.
Mit ihrem Antrag, festzustellen, dass sie nicht Mitglied der Beklagten ist, begehrt die Klägerin die Feststellung des Nichtbestehens eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses. Ihre Klage ist als negative Feststellungsklage gemäß § 55 Abs 1 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann dem nicht mit dem Hinweis auf die Subsidiarität dieser Klageart entgegengetreten werden. Auf die Möglichkeit einer Verpflichtungsklage auf Überweisung an eine andere BG kann die Klägerin nicht verwiesen werden. Abgesehen davon, dass die Überweisung von anderen materiellen Voraussetzungen abhängt, ist die Feststellung der nicht vorliegenden Mitgliedschaft – infolge angenommener Unwirksamkeit der die Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung anordnenden Normen – auf ein anderes, weiter gehendes Klageziel gerichtet.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Eine Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten lässt sich allerdings nicht schon mit dem formellen Gesichtspunkt der Erteilung eines bindenden Aufnahmebescheides begründen. Da das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der in den Unterlagen der Beklagten befindliche Aufnahmebescheid der Klägerin zugegangen und damit wirksam geworden ist, kann auch der Senat diese Frage nicht entscheiden. Es kommt darauf jedoch nicht an, weil sich das Mitgliedschaftsverhältnis aus dem Gesetz ergibt.
Die Bestimmung der Zuständigkeit richtet sich in entsprechender Anwendung des § 219 Abs 1 Satz 2 SGB VII noch nach den Vorschriften des außer Kraft getretenen Dritten Buches der RVO, soweit sich das Feststellungsinteresse der Klägerin auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des SGB VII, nämlich ab dem 1. April 1996, erstreckt. Für den Zeitraum ab 1. Januar 1997 sind die Vorschriften des SGB VII anzuwenden.
Die Beklagte war am 1. April 1996 der für das Unternehmen der Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger. Das LSG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Zugehörigkeit bereits durch die Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin begründet wurde, weil die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu dem für ihn zuständigen Unfallversicherungsträger kraft Gesetzes eintritt. Eines gesonderten, konstitutiv wirkenden Verwaltungsaktes bedarf es hierfür nicht; der Aufnahmebescheid besitzt insoweit nur deklaratorische Wirkung (BSGE 32, 218 = SozR Nr 1 zu § 655 RVO).
Offen kann bleiben, ob sich die Zuständigkeit der Beklagten als Unfallversicherungsträger für die Klägerin bereits aus der Anlage 1 zu § 646 RVO ergibt; hier ist unter Nr 31 die Beklagte als Träger der Unfallversicherung unter der Bezeichnung “BG der Banken, Versicherungen, Verwaltungen, freien Berufe und besonderer Unternehmen – Verwaltungs-BG” aufgeführt, woraus der Kreis der einschlägigen Gewerbezweige bereits zu entnehmen sein könnte. Denn die Zuständigkeit folgt jedenfalls aus Art 4 § 11 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 (BGBl I 241), wonach jeder Träger der Unfallversicherung für die Unternehmen zuständig bleibt, für die er bisher zuständig war, solange eine nach § 646 Abs 2 RVO erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt. Da der Verordnungsgeber indes von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht hat, bestimmt sich die Zuständigkeit nach dem Beschluss des Bundesrates vom 21. Mai 1885 (AN 1885, 143), dem vom RVA aufgestellten alphabetischen Verzeichnis “der Gewerbezweige nach ihrer berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit” und den vom RVA vorgenommenen Fortschreibungen (AN 1885, 254; AN 1886, 134; AN 1903; 404, AN 1906, 477; Handbuch der Unfallversicherung, Bd III, 1910, S 1 ff), insbesondere aber nach dem – hier einschlägigen – Erlass des RAM vom 16. März 1942 (AN 1942, II 201) und den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942 (AN 1942, II 287).
Diese Bestimmungen gelten als vorkonstitutionelles Recht weiter (stRspr des Senats seit Urteil vom 26. Juli 1963 – 2 RU 95/61 = SozR Nr 4 zu RAM-Erl ≪Gemeindl UV≫ Allg; BSGE 39, 112, 113 = SozR 2200 § 646 Nr 1; BSGE 71, 85, 86 = SozR 3-2200 § 646 Nr 1; SozR 3-2200 § 664 Nr 2). Denn nach Art 123 Abs 1 GG gilt Recht aus der Zeit vor dem (ersten) Zusammentritt des Deutschen Bundestages (7. September 1949) fort, soweit es dem GG nicht widerspricht. Unter “Recht” sind hier Rechtssätze jeder Art und jeden Ranges aus jeder Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestags zu verstehen, also nicht nur förmliche Gesetze, sondern auch zB Rechtsverordnungen, Satzungen und Gewohnheitsrecht (vgl BVerfGE 34, 293, 303; Maunz/Dürig, GG, Stand Februar 2005, Art 123 RdNr 6; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 10. Aufl 2004, Art 123 RdNr 2; Schulze in Sachs, GG, 3. Aufl 2003, Art 123 RdNr 5). Bei Erlass und Ausführungsbestimmungen handelt es sich um allgemeine (abstrakt-generelle) Rechtssätze, nicht lediglich um Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen. Allgemeinverfügungen regeln einen konkreten Einzelfall unter genereller Kennzeichnung der Adressaten (vgl BSGE 51, 260, 261 = SozR 2200 § 730 Nr 2). Die Zuständigkeitsbestimmungen, die hier durch Erlass und Ausführungsbestimmungen getroffen wurden, sind indes abstrakt (bezogen auf den geregelten Sachverhalt) und generell (bezogen auf den Empfängerkreis), weil sie eine Vielzahl von Gewerbezweigen zu BGen zuordnen und alle – auch künftig entstehende – Unternehmen, die der Pflichtversicherung unterworfen sind, betreffen. Diese Bestimmungen sind auch nicht als – lediglich intern wirkende Z Verwaltungsvorschriften, die nicht unter Art 123 Abs 1 GG fallen (vgl Maunz/Dürig, aaO, RdNr 6; OVG Münster, Urteil vom 27. April 1955 – III A 421/52 = OVGE 9, 267, 271), ergangen. Sie entfalten vielmehr Außenwirkung, weil durch sie die Genossenschaft für reichsgesetzliche Unfallversicherung (BG 68), die heutige Beklagte, als Körperschaft des öffentlichen Rechts grundlegend umgestaltet und ihr ein neuer Kreis von Gewerbezweigen zugeordnet wird, woraus sich für die BG, die ihr zugeordneten Unternehmen und die Versicherten geänderte Rechte und Pflichten ergeben.
Erlass und Ausführungsbestimmungen gelten fort, weil sie nicht dem GG widersprechen. Denn unter “Widersprechen” iS des Art 123 Abs 1 GG ist nur der materielle – inhaltliche – Widerspruch zum GG, insbesondere zu den Grundrechten und den tragenden Verfassungsprinzipien, nicht der formelle Widerspruch zu verstehen (BVerfGE 12, 341, 347; BVerfGE 78, 179, 192; Maunz/Dürig, aaO, RdNr 9; Stettner in Dreier, GG, 2000, Art 123, RdNr 20; Schulze in Sachs, aaO, RdNr 10 f; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, aaO, RdNr 5; Langrock in Umbach/Clemens, GG, 2002, Art 123, RdNr 5 f; Wolff in von Mangoldt, GG, 5. Aufl 2005, Art 123 RdNr 31 f). Prüfungsmaßstab für das Zustandekommen des jeweiligen Rechtssatzes ist mithin nicht das GG, sondern die im Zeitpunkt des Erlasses geltenden Rechtsgrundsätze; ob die Rechtsvorschrift im Hinblick auf Form und Verfahren noch unter dem GG ergehen könnte, ist unbeachtlich (BVerfGE 6, 389, 414 f; Stettner in Dreier, aaO, RdNr 13; Schulze in Sachs, aaO, RdNr 11; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, aaO, RdNr 7; Langrock in Umbach/Clemens, aaO, RdNr 4; Wolff in v Mangoldt, aaO, RdNr 32; Jarass/Pieroth, GG, 8. Aufl 2006, Art 123 RdNr 9).
Danach sind die hier maßgeblichen Rechtssätze formell rechtmäßig. Die Fachminister, hier also der RAM, übernahmen spätestens mit der Aufhebung des dem Bundesrat im Jahre 1919 nachfolgenden Reichsrates gemäß § 2 Abs 2 des Gesetzes über die Aufhebung des Reichsrats vom 14. Februar 1934 (RGBl I 89) die Kompetenzen des alten Bundesrates (Friehe, AöR 109, 76, 81), der wiederum durch § 15 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 (RGBl I 69) zur Regelung der Zuständigkeiten der BGen ermächtigt war. Durch Art 3 § 1 des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9. März 1942 (RGBl I 107) wurde der RAM ermächtigt, zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Dieser ermächtigte wiederum in seinem Erlass vom 16. März 1942 (AN 1942, II 201) unter Bezugnahme auf diese Ermächtigung das RVA, “Näheres, insbesondere auch über die Abgrenzung der Zuständigkeit von Versicherungsträgern” zu bestimmen (Nr 10 aaO). Das RVA bestimmte aufgrund dieser Ermächtigung unter dem 22. April 1942 (AN 1942, 287), dass die Berufsgenossenschaft 68 ua “auch zuständig für die Versicherten a) in allen überwiegend büromäßig betriebenen Unternehmen” und “e) in Unternehmen, für welche die Zuständigkeit eines anderen Versicherungsträgers nicht gegeben ist”, sein sollte.
Die genannten Vorschriften stehen materiell-rechtlich nicht im Widerspruch zum GG. Weder der Erlass des RAM vom 16. März 1942 (aaO) noch die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942 (aaO) widersprechen inhaltlich dem GG, insbesondere weder dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes (Art 20 Abs 3 GG iVm Art 2 Abs 1 GG) noch dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG).
Die Regelungen genügen dem Vorbehalt des Gesetzes. Zwar bedarf es im Bereich jenseits der reinen Leistungsverwaltung zur Regelung der Zuständigkeit von Behörden eines materiellen Gesetzes, um diesem Erfordernis Genüge zu tun (vgl BVerfGE 2, 307, 316 ff; BVerfGE 8, 155, 166 f); zumindest sind die wesentlichen Grundzüge zu bestimmen (vgl BVerfGE 40, 237, 250). Für vorkonstitutionelles Recht gilt dieser Grundsatz jedoch nur eingeschränkt, weil dieses nach Art 123 Abs 1 GG unabhängig von seinem Rang und seiner formellen Rechtmäßigkeit weitergelten soll und selbst vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht dem Gesetzesvorbehalt grundsätzlich genügt (vgl BVerfGE 34, 293, 303; BVerfGE 54, 224, 234). Allerdings kann auch eine vorkonstitutionelle Regelung gegen den Vorbehalt des Gesetzes verstoßen, wenn sie zu schwerwiegenden Grundrechtseingriffen wie Freiheitsentzug oder Verbot der Berufsausübung ermächtigt und die Ermächtigungsgrundlage, auf der sie beruht, nach Art 129 Abs 3 GG erloschen ist (vgl BVerfGE 78, 179, 198 f). Denn Zweck der Weitergeltung vorkonstitutionellen Rechts und des darin enthaltenen Verzichts auf Eingriffsgrundlagen, die den grundgesetzlichen Anforderungen entsprechen, war die Vermeidung regelloser Zustände; mittlerweile hatte der Gesetzgeber aber genügend Zeit, rechtsstaatlichen Erfordernissen Rechnung zu tragen (BVerfGE aaO). Eine solche Konstellation ist hier indes nicht gegeben.
Zum einen ist die Ermächtigung für die beiden Erlasse nicht schon nach Art 129 Abs 3 GG außer Kraft getreten. Ermächtigungen erloschen danach nur insoweit, als sie zu ihrer Änderung, Ergänzung oder zum Erlass von Rechtsvorschriften an Stelle von Gesetzen ermächtigten. Hiermit sind gesetzesvertretende und – erweiternde Ermächtigungen gemeint (BVerfGE 2, 307, 329; Stettner in Dreier, aaO, Art 129 RdNr 15). Die Zuständigkeitsbestimmungen beruhen aber nicht auf der Ergänzungsermächtigung des Art 3 § 1 des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung, sondern auf dessen Durchführungsermächtigung. Dies ergibt sich nicht nur aus der jeweiligen Überschrift der beiden Bestimmungen (“Durchführung des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung; hier: Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften”), sondern insbesondere aus ihrem Inhalt: Denn Ergänzungsermächtigungen erlauben die Erweiterung der eigenen Rechtsetzungsbefugnisse (Schulze in Sachs, aaO, Art 129 RdNr 10), während Durchführungsermächtigungen lediglich zu Regelungen innerhalb des vom Gesetz gezogenen Rahmens ermächtigen (BVerfGE 78, 179, 198; Wolff in von Mangoldt, aaO, Art 129 RdNr 29), wobei der Begriff “Durchführung” nach dem damaligen Rechtsverständnis weit auszulegen ist (BVerfGE 25, 216, 225). Die beiden Bestimmungen regeln ausschließlich die sachliche Zuständigkeit von Unfallversicherungsträgern und dazugehörige Verfahrensbestimmungen, also lediglich die Ausführung gesetzlich bereits geregelter Kompetenzen.
Zum Anderen haben die Zuständigkeitsregelungen keine schwerwiegenden Grundrechtseingriffe zur Folge. Denn sie regeln nicht die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung an sich, sondern nur die Mitgliedschaft in einer bestimmten BG statt in einer anderen. Die Bestimmung der Zuständigkeit ist folglich neutral und greift nur hinsichtlich ihrer mittelbaren Folgen in den Rechtskreis der Unternehmer ein. Mittelbare Folgen der Zuständigkeit eines bestimmten Unfallversicherungsträgers sind die Geltung der von BG zu BG möglicherweise verschiedenen Unfallverhütungsvorschriften und Präventionsprogramme sowie die Maßgeblichkeit der für diesen Träger geltenden Beitragsberechnungsgrundlagen.
Der Erlass des RAM vom 16. März 1942 und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942 verstoßen auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, der Differenzierungen aus sachgerechten Erwägungen erlaubt, wobei jede vernünftige Erwägung in Betracht kommt (vgl BVerfGE 4, 1, 7; 103, 242, 258; Jarass/Pieroth, GG, Art 3 RdNr 15 mwN). Die in den beiden Vorschriften getroffenen Regelungen beruhen auf sachlichen Gründen. Denn die hier geregelte Zuordnung von Unternehmen und versicherten Personen zu Unfallversicherungsträgern knüpft – bis auf die Auffangzuständigkeit der Beklagten – an die Art und den Gegenstand der Unternehmen und damit an Umstände an, durch welche die den Gegenstand der Versicherung bildenden Gefahren und Schadensrisiken maßgeblich bestimmt werden. Dies ist seit jeher Kriterium der Zuordnung von Unternehmen zu Unfallversicherungsträgern und angesichts des die gesetzliche Unfallversicherung bestimmenden Präventionsgedankens auch sachgerecht (vgl BSGE 39, 112, 113 ff mwN). Aber auch die nicht an Gewerbegefahren anknüpfende Auffangzuständigkeit nach Nr 2 Buchst e) der Ausführungsbestimmungen ist grundsätzlich sachgerecht, weil sie die Entstehung neuer Gewerbezweige berücksichtigt und es ermöglicht, dass diese Gewerbezweige ohne – ggf langwierige – Änderung der gesetzlichen Regelungen einer BG sogleich eindeutig zugeordnet werden können und insoweit nicht ein unerwünschter regelungsfreier Raum entsteht.
Die Festlegung einer Auffangzuständigkeit der Beklagten vermag allerdings die gebotene Regelung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeiten durch eine in § 122 Abs 1 Satz 1 SGB VII vorgesehene Rechtsverordnung, die auch schon in § 646 Abs 2 RVO in der Fassung durch das UVNG vom 30. April 1963 – also mittlerweile seit über 40 Jahren – vorgesehen war, nicht auf Dauer zu ersetzen. Als Grundlage für die Zuordnung von Unternehmen kann sie nur in Ausnahmefällen dienen, in denen sich wie bei den Zeitarbeitsfirmen wegen des besonderen Geschäftsgegenstandes einer Unternehmensart eine anderweitige sachliche Zuständigkeit im System der gewerblichen BGen nicht sinnvoll begründen lässt. Der Rahmen einer sachgerechten Gliederung nach Branchen und Gewerbezweigen wäre gesprengt, wenn die Beklagte wegen des Festhaltens an überkommenen, vielfach als nicht mehr zeitgemäß empfundenen Strukturen zum Sammelbecken für unterschiedliche neue Tätigkeitsbereiche würde, die untereinander keine wesentlichen Gemeinsamkeiten hätten (s dazu Steinmeyer/Rürup, Gutachten zur Neuorganisation der gesetzlichen Unfallversicherung, Münster und Darmstadt März 2006, S 108, 116 ff).
Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die Beklagte der für die Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger ist. Zwar sind Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung weder in den Beschlüssen des Bundesrates und seinen vom RVA vorgenommenen Fortschreibungen noch im Erlass des RAM vom 16. März 1942 oder den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942 aufgeführt und einer bestimmten BG oder ihren Rechtsnachfolgern zugeordnet. Dies entsprach dem damaligen Stand des Berufs- und Erwerbslebens. Ist aber ein Gewerbezweig in diesen Zuständigkeitsbestimmungen noch nicht ausdrücklich einer BG zugeordnet, so ist das umstrittene Unternehmen – wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 39, 112, 113 ff = SozR 2200 § 646 Nr 1) – in entsprechender Anwendung der bezeichneten Vorschriften derjenigen BG zuzuweisen, der es nach Art und Gegenstand am nächsten steht. Als geeigneten Maßstab dafür hat der Senat es angesehen, bei welcher BG die für das betreffende Unternehmen zweckmäßigste Unfall- und Krankheitsverhütung gewährleistet wird. Das dabei in Betracht kommende Arbeitsverfahren und die benutzten Betriebseinrichtungen hängen häufig, aber nicht immer, von der Art des Werkstoffes ab, sodass dieser unter Umständen mitbestimmend sein kann. Unabhängig sind sie durchweg von dem Verwendungszweck des Erzeugnisses; dieser ist nur ausnahmsweise dann ausschlaggebend, wenn in Betrieben verschiedener BGen etwa gleiche oder ähnliche Arbeitsverfahren, Betriebseinrichtungen und Werkstoffe vorkommen (BSGE 39, 112, 113 = SozR aaO; BSGE 71, 85, 86 = SozR 3-2200 § 646 Nr 1; Urteil des Senats vom 5. Juli 2005 – B 2 U 32/03 R –, = BSGE 95, 47, 57 = SozR 4-2700 § 157 Nr 2).
Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin ein nicht “monostrukturelles” Unternehmen, dh sie verleiht Arbeitnehmer nicht nur in einen bestimmten, sondern in verschiedene Gewerbezweige. Sofern nicht schon auf die verwaltende Tätigkeit der Klägerin als wirtschaftlichen Zweck des Unternehmens abzustellen ist (so Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Stand Februar 2003, Kennziffer 270, S 26; Spellbrink in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 2 Unfallversicherungsrecht, § 24 RdNr 45 Fn 79; Noack SozVers 1973, 41; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl, § 648 RVO, Anm 10; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. November 1999 – L 15 B 21/99 U = Breith 2000, 136, 139; LSG Hamburg, Urteil vom 3. April 2002 – L 3 U 14/01 = HVBG-Info 2002, 2021, 2023; aA Sächsisches LSG, Urteil vom 7. März 2001 – L 2 U 151/99 = Breith 2002, 791, 793 f; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. September 2005 – L 6 U 38/02 –; Bertram SGb 1999, 679, 681 f; Stolz in: Plagemann, Anwaltshandbuch Sozialrecht, § 24 RdNr 56), sondern auf den Einsatz der verliehenen Arbeitnehmer, kommt nach den og Maßstäben keine BG in Betracht; dies führt zur Auffangzuständigkeit der Beklagten nach Nr 2 Buchst e) der Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22. April 1942. Denn durch die Tätigkeit der verliehenen Arbeitnehmer in verschiedenen Gewerbezweigen ist eine Zuordnung zu einem bestimmten Gewerbezweig und infolgedessen zu einer bestimmten BG ausgeschlossen. Die Leiharbeitnehmer sind in ihrer Tätigkeit unterschiedlichsten Gewerbegefahren ausgesetzt, die keiner BG allumfassend zugeordnet werden können. Eine sachgerechte Prävention kann in solchen Fällen nur durch die Anwendung der im Entleihbetrieb geltenden Unfallverhütungsvorschriften – neben denen des für den Verleiher zuständigen Unfallversicherungsträgers – nach den §§ 708 Abs 3, 648 RVO bzw §§ 16, 17 SGB VII (vgl Leube SGb 2000, 205 f) und durch ergänzende Maßnahmen (vgl Marc/Merz BG 2004, 555) gewährleistet werden.
Darüber hinaus widerspräche die Zuordnung eines Zeitarbeitunternehmens zu einer Fach-BG – beispielsweise nach dem überwiegenden Gewerbezweig – dem seit jeher im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannten Grundsatz der Katasterstetigkeit (vgl hierzu BSGE 15, 282, 288 f; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1985 – 2 RU 57/84 = SGb 1986, 338, 339; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd III, 9. Aufl, S 513 ff; Ricke, Zuständigkeitsrecht der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Seiten 126 ff mwN). Denn der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung ist der flexible, nicht auf einen Gewerbezweig fixierte Arbeitseinsatz immanent; die Branche, in die Arbeitnehmer “verliehen” werden, kann schneller gewechselt werden, als dies bei einem anderen Unternehmen möglich ist. Dies liegt einmal daran, dass das vorwiegende “Produktionsmittel” des Zeitarbeitsgewerbes der “verliehene” Arbeitnehmer ist, der flexibler eingesetzt werden kann als Maschinen und andere sächliche Produktionsmittel. Diese Flexibilität, die einen ständigen Wechsel des Unfallversicherungsträgers zur Folge hätte und nicht mit dem Grundsatz der Katasterstetigkeit in Einklang zu bringen wäre, gilt ganz besonders für solche Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung, die nicht auf eine bestimmte Branche spezialisiert sind und deren “Verleihspektrum” sich umso mehr nach den nachfragenden Auftraggebern richtet.
Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts im Hinblick auf ihren Vortrag, die Arbeitszeit der nicht verliehenen Arbeitnehmer betrage in jedem Zeitarbeitsunternehmen nur einen Bruchteil der Gesamtarbeitszeit, ist unzulässig, weil sie keinen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Denn nach den obigen Ausführungen ist es nicht entscheidungserheblich, ob in Zeitarbeitsunternehmen typischerweise überwiegend verwaltend gearbeitet wird oder nicht.
Auch die Rüge der – den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verletzenden – ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der von Anfang an als Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung konzipierten und damit der Beklagten angehörenden Unternehmen mit Zeitarbeitsunternehmen, die als Ausgliederungen von Fachbetrieben weiterhin der ursprünglichen BG angehörten, ist nicht stichhaltig. Denn eine Ungleichbehandlung findet nur dort statt, wo mit der Ausgliederung kein grundlegender Strukturwandel des Betriebes einhergeht, also ein reiner Betriebsübergang ohne Änderung der wirtschaftlichen Zweckrichtung stattgefunden hat. Nur dann verbleibt das Unternehmen bei der ursprünglichen BG, weil es sich weiterhin um das zuvor erfasste Unternehmen handelt (BSG SozR 3-2200 § 664 Nr 2, S 5 f) und allein eine Veränderung in der Person des Unternehmers auf die sachliche Zugehörigkeit keinen Einfluss hat (BSG, Urteil vom 31. Mai 1988 – 2 RU 62/87 = BG 1989, 38, 39 = NZA 1989, 77). In diesen Fällen besteht aber zwischen der Klägerin und diesen Betrieben der Unterschied, dass letztere bereits als Teil der Fachbetriebe einer BG angehörten und sich keine Änderungen in der wirtschaftlichen Zweckrichtung, zB durch “Verleih” von Arbeitnehmern in fachfremde Gewerbe, ergeben hat. Liegt jedoch in der Ausgliederung ein in solchen Fällen eher zu vermutender grundlegender Strukturwandel, der eine Überweisung des Unternehmens (Unternehmensteiles) nach § 667 Abs 1 RVO (bzw nunmehr § 136 Abs 1 Satz 4 SGB VII) nahe legt, besteht die Mitgliedschaft des neuen Unternehmens bei der ursprünglichen BG nicht weiter, was zur (anfänglichen) Zuständigkeit des für das neue Unternehmen sachlich zuständigen Unfallversicherungsträgers führt (BSG SozR 3-2200 § 664 Nr 2 S 6). Dann aber ist ein ausgegliederter Unternehmensteil ebenso wie die Klägerin der Beklagten zuzuordnen. Beide Unternehmen sind dann gleich zu behandeln und werden allenfalls wegen bestandskräftiger fehlerhafter Aufnahmebescheide und des in § 136 Abs 2 SGB VII zum Ausdruck gekommenen Grundsatzes der Katasterstetigkeit ungleich behandelt, worauf sich die Klägerin aber nicht berufen kann, weil selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Gesetzesanwendung noch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz begründet (BVerfGE 4, 1, 7; BVerfGE 75, 329, 347).
Für den Zeitraum ab In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 sind die Zuständigkeitsregelungen des SGB VII anzuwenden. Hierdurch ergibt sich im Ergebnis kein Unterschied zum vorangegangenen Zeitraum. Nach § 122 Abs 2 SGB VII, der der Vorgängervorschrift des § 646 Abs 2 RVO entspricht, bleibt jede BG für diejenigen Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war, solange eine nach § 122 Abs 1 SGB VII erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt. Da der Verordnungsgeber auch unter der Geltung des SGB VII bisher eine solche Verordnung noch nicht erlassen hat, gelten die obigen Ausführungen zur Rechtslage nach der RVO entsprechend.
Soweit sich die Klägerin mit ihrem negativen Feststellungsantrag gegen ihre Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt wendet, hat dies ebenfalls keinen Erfolg. Denn die Einbeziehung der in Deutschland ansässigen Unternehmen in die gesetzliche Unfallversicherung und die damit einhergehende Mitgliedschaft in einer BG oder einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft als Träger dieser Versicherung (§§ 114 ff, 121 ff SGB VII) verstößt weder gegen europäisches Recht noch gegen das GG (BSGE 91, 263 = SozR 4-2700 § 150 Nr 1, jeweils RdNr 6 ff; BSG Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 34/05 R –).
Auch der – für den Fall einer bindenden Aufnahme der Klägerin in das Unternehmerverzeichnis der Beklagten gestellte – Hilfsantrag auf Überweisung an die Beigeladene, der in die Zukunft gerichtet ist und sich somit nach den Vorschriften des SGB VII richtet, ist unbegründet. Denn keine der Voraussetzungen des § 136 Abs 1 Satz 4 SGB VII ist erfüllt: Weder war – wie bereits ausgeführt – die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten für die Klägerin von Anfang an unrichtig noch ist nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG eine wesentliche Änderung im Sinne von § 136 Abs 2 Satz 2 SGB VII eingetreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung, die im vorliegenden Fall noch anzuwenden war, weil die Klage vor dem SG vor dem 1. Januar 2002 rechtshängig geworden ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24).
Fundstellen
Haufe-Index 1587037 |
NWB 2006, 2162 |
NZS 2007, 325 |
AUR 2006, 255 |
SJ 2007, 41 |