Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme als Zuschuß oder Darlehen. Darlegung der Ermessensgesichtspunkte
Leitsatz (amtlich)
1. Ob Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme als Zuschuß oder Darlehen zu gewähren sind, stellt § 53 Abs 1 S 2 AFG (ausgenommen S 1 Nr 4 und Nr 6) in das Ermessen der Bundesanstalt für Arbeit, ohne die Gewährung als Zuschuß für den Regelfall vorzusehen.
2. Die Beschränkung des Zuschusses bei der Überbrückungsbeihilfe (§ 53 Abs 1 S 1 Nr 5 AFG) auf Härtefälle durch § 19 Abs 3 FdAAnO 1982 hält sich im Rahmen der Ermächtigung des § 53 Abs 4 AFG.
3. Die Bundesanstalt für Arbeit muß in ihrem Bescheid erkennen lassen, von welchen Maßstäben sie bei ihrer Ermessensausübung ausgeht und wieso sie vorgetragene Belastungen nicht berücksichtigt. Das Bruttoarbeitsentgelt ist kein geeigneter Maßstab.
Normenkette
AFG § 53 Abs 1 S 1 Nr 5; AFG § 53 Abs 1 S 2; AFG § 53 Abs 4; FdAAnO § 19 Abs 3 Fassung: 1982-03-16; AFG § 53 Abs 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger die als Darlehen bewilligte Überbrückungsbeihilfe (ÜB) nach § 53 Abs 1 Nr 5 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) als Zuschuß zu gewähren ist. In den letzten Jahren gestaltete sich sein Berufsleben wie folgt:
Bis März 1981: Zusatzausbildung 30. März 1981 bis 30. April 1981: arbeitslos/Arbeitslosengeld(Alg-)bezug 1. Mai 1981 bis 31. Mai 1982: Tätigkeit als Sozialarbeiter 1. Juni 1982 bis 31. Juli 1982: arbeitslos/Alg-Bezug 1. August 1982 bis 31. Dezember 1982: Tätigkeit als Sozialarbeiter 1. Januar 1983 bis 30. September 1983: arbeitslos/Alg-Bezug bis 1. Oktober 1983 bis 30. September 1984: Arbeitsbeschaffungsmaßnahme/Sozialarbeiter 1. Oktober 1984 bis 31. August 1985: arbeitslos/Alg-Bezug bis 29. Januar 1985, dann Alhi 1. September 1985: Aufnahme einer Tätigkeit als Sozialarbeiter, für die Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme (FdA) beantragt wurden.
Als Einkommen des Klägers in der neuen Tätigkeit wurden zunächst netto 1.693,57 DM bescheinigt, später 1.497,76 DM. Seit 16. November 1982 war er verheiratet. Die Ehefrau ist Lehrerin. Die Eheleute lebten seit Anfang Dezember 1983 getrennt. Zur Zeit der Antragstellung lief ein Scheidungsverfahren. Die Ehe wurde am 14. Januar 1986 geschieden. Seinem am 3. Oktober 1982 geborenen Sohn zahlt der Kläger Unterhalt.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger ÜB für das am 1. September 1985 beginnende Arbeitsverhältnis in Höhe von 1.340,-- DM als Darlehen. Für die Rückzahlung wurden monatliche Raten in Höhe von 50,-- DM ab November 1985 festgesetzt (Bescheid vom 23. August 1985). Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. November 1985).
Die auf Gewährung der ÜB als Zuschuß gerichtete Klage hatte Erfolg (Urteil des Sozialgerichts -SG- Berlin vom 5. Dezember 1986). Das SG hat § 19 Abs 3 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme (FdAAnO) idF der 7. Änderungsanordnung vom 16. März 1982, der bestimmt, daß die ÜB als Darlehen und nur in Härtefällen als Zuschuß zu gewähren sei, als rechtsunwirksam angesehen, weil § 53 AFG den Zuschuß als Regelleistung und die Darlehensgewährung als Ausnahme vorsehe. Davon dürfe der Anordnungsgeber nicht abweichen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 28. April 1989). § 19 Abs 3 FdAAnO sei zwar von der Ermächtigung des § 53 Abs 4 AFG nicht gedeckt; es sei aber § 3 FdAAnO anzuwenden, wonach eine zuschußweise Gewährung von Leistungen nur dort in Betracht komme, wo der Leistungszweck nicht auch anders zu erreichen sei. Dies stehe mit § 53 Abs 1 Satz 2 AFG in Einklang. Die Beklagte habe ermessensfehlerfrei im Hinblick auf das Einkommen des Klägers eine ratenweise Rückzahlung für zumutbar gehalten. Dieses Nachschieben von Gründen sei zulässig, weil es den Verwaltungsakt in seinem Ausspruch und Wesen nicht verändere und den Kläger in seiner Rechtsverteidigung nicht beeinträchtige.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, § 19 FdAAnO schließe als die speziellere Norm die Anwendung von § 3 FdAAnO aus. Dies habe das LSG verkannt; im übrigen müsse auch im Rahmen dieser Vorschrift beachtet werden, daß das Gesetz als Regelfall den Zuschuß und nur für Ausnahmefälle das Darlehen vorsehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß auch § 19 Abs 3 FdAAnO dem Gesetz entspreche. Hier sei das Darlehen die Regelleistung, weil das ÜB dem Berechtigten für einen Zeitraum zufließe, in dem er Arbeitsentgelt verdiene, also letztlich doppeltes Einkommen beziehen würde. Ein Zuschuß komme unter solchen Voraussetzungen nur in besonderen Härtefällen in Betracht.
Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) entschieden wird.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des Klägers war das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Beklagte bei der Neubescheidung der Rechtsauffassung des Revisionsurteils zu folgen hat.
Nach § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 5 AFG, der gemäß § 242i Abs 6 AFG in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung hier weiter anzuwenden ist, kann die Beklagte für arbeitslose und von der Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohte Arbeitsuchende zur Förderung der Arbeitsaufnahme ÜB bis zur Dauer von zwei Monaten gewähren. Nach Satz 2 der Bestimmung kann anstelle dieser Leistung auch ein Darlehen gewährt werden. Allerdings darf gemäß § 53 Abs 3 AFG eine Leistung nach Abs 1 nur gewährt werden, soweit die Arbeitsuchenden die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können.
Die vom Kläger begehrte ÜB setzt also, wie das LSG zutreffend dargelegt hat, voraus, daß der Arbeitslose die Kosten seines Lebensunterhalts für die Zeit nach der Arbeitsaufnahme nicht selbst aufbringen kann (§ 53 Abs 3 AFG). Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn er nicht in der Lage ist, diese Kosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Eine Darlehensaufnahme ist in der Regel nicht zuzumuten, weil die beitragsfinanzierte Versicherungsleistung nach § 53 Abs 1 AFG erforderlichenfalls auch die Gewährung eines zinslosen Darlehens durch die Beklagte zum Gegenstand hat. Dem Arbeitslosen sollen in der Regel gerade die Kosten einer privaten Darlehensaufnahme erspart werden.
Die Vorschrift über die Subsidiarität der Leistungen (§ 53 Abs 3 AFG) betrifft aber nur das "Ob", nicht hingegen die Art der Leistung. Diese richtet sich nach § 53 Abs 1 AFG. Insoweit kann der erkennende Senat den Vorinstanzen nicht dahin folgen, daß dort als Regelleistung der Zuschuß und nur für besondere Fälle die Darlehensgewährung in Betracht komme. Ein Vorrang der einen oder anderen Leistungsart ist nicht erkennbar.
Die Regelung in § 53 Abs 2 Satz 2 AFG, daß die Leistung auch als Darlehen gewährt werden kann, läßt keinen Maßstab erkennen, an dem die Entscheidung für die eine oder andere Form auszurichten wäre. Insbesondere kann nicht - wie das LSG meint - daraus ein Rangverhältnis der Leistungen im Sinne eines grundsätzlichen Vorranges der Zuschußgewährung gefolgert werden. Vielmehr zeigt der Gesetzgeber mit der in Satz 2 erwähnten Darlehensgewährung nur eine alternative Möglichkeit auf, ohne damit ein Rangverhältnis festzulegen. Es bleibt der Bundesanstalt für Arbeit (BA) überlassen, diese Maßstäbe durch Anordnung nach § 53 Abs 4 AFG, in Ermessensrichtlinien oder durch Ermessensausübung im Einzelfall zu setzen.
Die geschichtliche Entwicklung der Vorschrift läßt ebenfalls keine gesetzliche Rangfolge erkennen. Das AVAVG vom 23. Dezember 1956 (BGBl I S 1018; in Kraft getreten am 1. April 1957) enthielt in den §§ 130 ff eine der heutigen Regelung weitgehend ähnliche Gestaltung der Leistungen zur Arbeitsaufnahme. In § 130 Abs 1 Nr 5 AVAVG waren ÜB vorgesehen; sie konnten gemäß § 130 Abs 3 AVAVG "als Zuschuß oder Darlehen" gewährt werden. In den dazu gemäß § 138 AVAVG ergangenen Richtlinien zur Förderung der Arbeitsaufnahme vom 10. Juni 1963 idF vom 31. Oktober 1967 (ANBA 1968, 1) wurde in den Ziffern 36 - 38 für die ÜB geregelt, daß sie sich nach der Dauer des zu überbrückenden Zeitraums und den im Antrag näher bezeichneten Aufwendungen richte. Im übrigen wurden Höchstgrenzen für Darlehen und Zuschüsse festgelegt. Daraus folgt, daß beide nebeneinander in Betracht kamen.
Die Neuregelung im AFG vom 25. Juli 1969 (BGBl I S 582), die insoweit auch heute noch gilt, hat in Kenntnis dieser Richtlinien zwar eine im Aufbau veränderte Regelung getroffen, im übrigen aber gleichermaßen Zuschuß und Darlehen nebeneinander erwähnt. Die Regelung des Darlehens in Satz 2 erklärt sich zwanglos daraus, daß der Gesetzgeber - anders als im AVAVG - für einzelne Leistungen allein den Zuschuß vorschreiben wollte, so daß die Erwähnung auch der Darlehensgewährung in § 53 Abs 1 Satz 1 AFG sprachlich schwierig und mißverständlich hätte sein können. Demgemäß wird in den Gesetzesmaterialien zu § 53 Abs 1 AFG (§ 56 Abs 1 des Entwurfs) ausgeführt, die Vorschrift entspreche "(redaktionell überarbeitet)" der Vorgängervorschrift des § 130 Abs 1 AVAVG.
Auch der Vergleich mit parallelen Regelungen im Rahmen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) führt nicht zu einer anderen Rechtsfolge. Solche Regelungen finden sich in §§ 15a, 15b, 26, 27 Abs 2 und 89 BSHG. In der Praxis ist der Grundsatz herrschend, daß ein Darlehen ausreicht, wenn der Hilfeempfänger in der Lage ist, dies in absehbarer Zeit in angemessenen Raten zurückzuzahlen (vgl OVG Bremen FEVS 35, 48; Schellhorn/Jirasek/Seipp, Kommentar zum BSHG, 13. Aufl, § 15b RdNr 16).
Der Gesetzgeber hat mit seiner Entscheidung, die Abgrenzung zwischen Zuschuß und Darlehen offen zu lassen, auch nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise eine Rechtsetzungsbefugnis aufgegeben. Art 80 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz gilt hier nicht. Auch der daraus abzuleitende Gedanke, daß der Gesetzgeber gegenüber einer Selbstverwaltung nicht darauf verzichten darf, erkennbare Regelungsstrukturen zu schaffen, ist nicht verletzt. Dieser Grundsatz schließt nämlich die Möglichkeit nicht aus, Regelungen zu schaffen, die eine flexible Ermessensgestaltung ermöglichen. Nach der bisherigen Rechtsprechung kann dem Selbstverwaltungsträger insoweit ein weiter Spielraum gelassen werden. Die Beschreibung der Leistungen nach Gegenständen, Mitteln und Zwecken ist ausreichend (vgl dazu BVerfG SozR 5850 § 1 Nr 12 S 22; BVerfG SozR 4495 Allg Nr 1; BSG SozR 5850 § 1 Nr 2).
Ist somit § 53 Abs 1 AFG eine Regelung, die gleichermaßen die Gewährung eines Zuschusses und eines Darlehens zuläßt, so fällt die Aufgabe der Konkretisierung der BA zu. Neben der gesetzlich zugewiesenen Aufgabe, Mindest- und Höchstgrenzen festzusetzen, obliegt es ihr, für die Durchführung Kriterien aufzuzeigen, nach denen die Zumutbarkeit der Rückzahlung in Raten beurteilt wird und nach denen sich dementsprechend die Entscheidung richtet, ob ein Zuschuß oder Darlehen zu gewähren ist.
Die Anordnung in der hier maßgeblichen Fassung vom 16. März 1982 (ANBA 1982, 541) enthält für die ÜB in § 19 Abs 3 die Regelung, daß sie als Darlehen zu gewähren ist und (nur) in Härtefällen als Zuschuß gewährt werden kann. Gegen diese Eingrenzung bestehen keine Bedenken, da es sich hier nicht um den Ersatz zusätzlicher Aufwendungen handelt, sondern um eine Vorleistung auf erst später fälliges Arbeitsentgelt. Die gesetzliche Regelung erlaubt es zwar dennoch nicht, die Gewährung eines Zuschusses völlig auszuschließen (wie dies in dem hier noch nicht anwendbaren § 9 Abs 3 FdAAnO idF vom 19. Mai 1989 - ANBA S 997 - geschehen ist). Es muß die Möglichkeit verbleiben, bei besonders belasteten Arbeitnehmern mit niedrigem Einkommen die Wiederaufnahme der Arbeit durch einen Zuschuß zu erleichtern. Der Zuschuß darf aber auf Fälle beschränkt werden, in denen dem Arbeitnehmer eine Rückzahlung besonders schwer fällt. Demgemäß sieht die Anordnung im Rahmen der allgemeinen Vorschriften in § 3 FdAAnO eine Zuschußgewährung dann vor, wenn nach dem Leistungszweck nur ein Zuschuß erfolgversprechend ist, oder wenn die Rückzahlung eines Darlehens unzumutbar oder mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Weitere Maßstäbe enthält die Anordnung aber nicht. Insoweit verlagert sich die gesamte Ermessensbetätigung auf den Einzelfall. Bei der Einzelfallentscheidung muß deshalb stärker noch als in anderen Bereichen, in denen im Gesetz verwertbare Vorgaben vorhanden sind, zum Ausdruck gebracht werden, von welchen Maßstäben für die Entscheidung zwischen Zuschuß und Darlehen ausgegangen wird, welches Mindesteinkommen dem Antragsteller verbleiben muß und warum die vorgetragenen sonstigen Belastungen für die Entscheidung keine Rolle spielen sollen; insbesondere muß deutlich sein, welche sonstigen Belastungen dabei berücksichtigt werden und welche nicht. Es müssen dazu ausreichende Ermittlungen vorgenommen und die Abwägung der für und gegen einen Zuschuß sprechenden Überlegungen erkennbar sein. Der Senat verkennt nicht die damit verbundenen erheblichen Belastungen des Sachbearbeiters bei der Entscheidung im Einzelfall. Diese sind indes durch die BA selbst hervorgerufen worden, indem sie darauf verzichtet hat, in der Anordnung weitere Maßstäbe zu setzen (vgl auch die Urteile des erkennenden Senats vom 9. August 1990 - 11 RAr 81/89 und 123/88 -).
Im Grundsatz wird dies auch von der Beklagten nicht verkannt. Nachdem durch das - hier nicht maßgebliche - AFG-Änderungsgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) die Regelung des § 53 Abs 1 Nr 5 AFG dahin abgeändert worden ist, daß nunmehr ÜB "bis zur Dauer von einem Monat in besonderen Härtefällen" gewährt werden kann, enthält die Anordnung idF vom 19. Mai 1989 (ANBA 1989, 979) für die ÜB eine allgemeine Definition des Härtefalls (§ 9 Abs 2 FdAAnO). Nach den dazu ergangenen Durchführungsanweisungen der BA ist bei Arbeitslosen, die bis zur Arbeitsaufnahme Alg, Alhi oder andere lebensunterhaltsichernde Leistungen nach dem AFG beziehen, im Einzelfall zu prüfen, ob ein besonderer Härtefall vorliegt. Dabei sind die Dauer der bisherigen Arbeitslosigkeit, die Höhe der bisher bezogenen Leistungen und die familiären Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen. Außerdem ist zu beachten, daß die Leistungen 14tägig nachträglich ausgezahlt werden (vgl 1.9.21 der Durchführungsanweisungen, abgedruckt im Handbuch der Arbeitsvermittlung/Arbeitsberatung). Die Ermessensbetätigung ist also auch dort ausdrücklich auf den Einzelfall bezogen. Dies bedeutet, daß die Beklagte die Maßstäbe und die Würdigung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers bei ihrer Einzelfallentscheidung zum Ausdruck bringen muß.
An der sonach gebotenen Darlegung der Maßstäbe und Würdigung der vorgetragenen Einwände fehlt es im vorliegenden Fall.
Der Kläger hat als besondere Belastung den Unterhalt für sein Kind in Höhe von monatlich 300,00 DM, die Rückzahlungsverpflichtung aus einem BaföG-Darlehen mit monatlich 80,00 DM und die Scheidungskosten von insgesamt 2.060,51 DM angegeben.
Wie bereits in den Richtlinien zum AVAVG deutlich gemacht worden ist, wäre demnach im Rahmen der Ermessensausübung hier zu erörtern gewesen, welche Bedeutung den einzelnen Belastungen zukommt, inwieweit sie Vorrang haben oder nicht berücksichtigt werden können und aus welchen Gründen so entschieden wird. Zu entscheiden war ferner darüber, welche Bedeutung dem bisherigen, von viel Arbeitslosigkeit gekennzeichneten Berufsleben des Klägers (zuletzt vor Antragstellung 11 Monate) für die Frage beizumessen ist, ob dem Kläger ein Zuschuß oder Darlehen zu gewähren ist.
Auch die Verneinung eines Härtefalles muß im einzelnen behandelt werden.
Die formelhaften Wendungen des Widerspruchsbescheides reichen hierfür nicht aus, weil sie keinerlei Maßstab erkennen lassen. Es heißt dort nur:
"Das Fehlen von Ersparnissen aufgrund einer längeren Arbeitslosigkeit kann einen Härtefall nicht begründen, da die Rückzahlung des Darlehens aus den laufenden Gehaltszahlungen bzw Gehaltsnachzahlungen erfolgen kann. Die vorgetragenen Belastungen rechtfertigen im Hinblick auf das nunmehr erzielte Bruttoentgelt (2.666,66 DM) nicht die Annahme einer finanziellen Härte".
Soweit die Beklagte vom Bruttoarbeitsentgelt ausgeht, wählt sie einen ungeeigneten Maßstab, da der Lebensunterhalt lediglich vom Nettoeinkommen bestritten werden kann. Sie geht also von einem höheren Einkommen aus, als dem Kläger tatsächlich zur Verfügung steht. Der weitere Satz, daß die Belastungen die Annahme einer finanziellen Härte nicht rechtfertigen, enthält keine nachvollziehbare Begründung; es fehlt eine Darlegung, wieso die angegebenen Belastungen nicht berücksichtigt wurden oder für das Vorliegen einer Härte nicht ausreichen.
Wegen dieser fehlerhaften Ermessensausübung, die jedenfalls in der unzureichenden Darlegung der Ermessensgesichtspunkte liegt und insbesondere die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, welche Gesichtspunkte wie gewichtet werden und warum, vermissen läßt, konnten die angefochtenen Bescheide keinen Bestand haben.
Die Beklagte wird nunmehr neu über den Antrag zu entscheiden haben und dabei in nachvollziehbarer Weise die Maßstäbe aufführen müssen, nach denen sie entscheidet, ob ein Zuschuß oder Darlehen zu gewähren ist. Sie wird dabei zu jedem Einwand des Klägers begründen müssen, weshalb er seinen Antrag nicht zu stützen vermag.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen