Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 11.06.1992) |
SG Itzehoe (Urteil vom 11.07.1991) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. Juni 1992 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 11. Juli 1991 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Versicherungsnummer, die auf einem Geburtsdatum von 1927 aufbaut. Der Kläger, der laut meldebehördlichem Eintrag in seinem Heimatland Türkei 1931 geboren war, kam 1971 nach Deutschland und erhielt nach Aufnahme einer Beschäftigung von der Beklagten die Versicherungsnummer 26 041131 E002 zugeteilt. 1985 erwirkte er in der Türkei ein Urteil, das sein Geburtsdatum auf den 4. November 1927 festsetzte. Die Änderung wurde im dortigen Meldebogen des Standesamtes vermerkt. Nachdem er dies der Beklagten mitgeteilt hatte, erteilte die Beklagte ihm zusammen mit dem Versicherungslauf vom 12. August 1986 die neue Versicherungsnummer 26 041127 E006. Unter dem 15. Februar 1988 teilte sie ihm mit, der in der Türkei erfolgten Rückdatierung des Geburtsjahres werde nicht gefolgt. Die Umstände deuteten darauf hin, daß der Kläger die Änderung mit dem Ziel einer versicherungsrechtlichen Manipulation erwirkt habe. Unter dem 2. März 1988 erteilte sie ihm nunmehr die Versicherungsnummer 26 041131 E024. Den Widerspruch des Klägers wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 1988).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11. Juli 1991). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts, die Bescheide der Beklagten vom 15. Februar 1988 und 2. März 1988 sowie den Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 1988 aufgehoben. Es hat im wesentlichen ausgeführt: Die Rechtslage nach türkischem Personenstandsrecht gelte im Grundsatz auch für die deutsche Rentenversicherung (Urteil vom 11. Juni 1992).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 1 Abs 5 der Verordnung über die Vergabe und Zusammensetzung der Versicherungsnummer vom 7. Dezember 1987 – BGBl I S 2532 (VNrV).
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 11. Juli 1991 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die durch Zulassung statthafte Revision ist begründet.
Auf die Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Itzehoe vom 11. Juli 1991, das die Klage abgewiesen hat, ist zurückzuweisen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte dem Kläger wieder eine Versicherungsnummer erteilt hat, die auf der Grundlage eines Geburtsdatums im Jahre 1931 beruht.
Wie der Senat mit den Urteilen vom 13. und 14. Oktober 1992 (5 RJ 16/92 und 5 RJ 24/92) entschieden hat, begründet die Änderung des Geburtsdatums eines Ausländers in den Personenstandsunterlagen seines Heimatlandes keinen Anspruch auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit dem geänderten Geburtsdatum. Aufgabe und Sinn der Versicherungsnummer besteht allein in ihrer Ordnungsfunktion. Sie dient lediglich dazu, die personenbezogene Zuordnung der Daten für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe zu ermöglichen (§ 147 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch). Eine über diese Ordnungsfunktion hinausgehende Bedeutung hat die Versicherungsnummer nicht. Die Beklagte durfte deshalb die Versicherungsnummer des Klägers iS der Erstvergabe gemäß § 1 Abs 5 Satz 2 VNrV abermals berichtigen. Das in der Türkei durch Urteil festgesetzte Geburtsdatum steht dem nicht entgegen, weil der erkennende Senat in den genannten Urteilen abweichend von der Auffassung des LSG entschieden hat, daß die Rechtslage nach türkischem Personenstandsrecht für deutsche Versicherungsträger nicht bindend ist. Vielmehr ist danach richtiges Geburtsdatum für die Versicherungsnummer stets und auf Dauer das von dem Versicherungsträger bei der (ersten) Vergabe der Versicherungsnummer zugrunde gelegte Geburtsdatum, wenn dieses den im damaligen Zeitpunkt von dem Versicherten gemachten Angaben entspricht und mit den von ihm damals vorgelegten ausländischen Urkunden übereinstimmt. Richtig in diesem Sinne war also das zuerst angenommene Geburtsdatum und nicht das bei der danach am 12. August 1986 vergebenen (zweiten) Versicherungsnummer zugrunde gelegte Geburtsdatum.
Da letzteres unrichtig ist, hat die Beklagte dem Kläger gemäß § 1 Abs 5 Satz 2 VNrV zutreffend eine neue Versicherungsnummer mit dem ursprünglich vom Kläger angegebenen Geburtsdatum erteilt. Insoweit beinhaltet die genannte Vorschrift eine lex specialis gegenüber den §§ 44, 45 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X). Es kann deshalb offen bleiben, ob die Erteilung einer Versicherungsnummer im Hinblick auf deren bloße Ordnungsfunktion überhaupt einen, den Versicherten belastenden oder begünstigenden, Verwaltungsakt darstellt und ob gegebenenfalls für dessen Änderung die besonderen Voraussetzungen der §§ 44, 45 SGB X vorliegen müßten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen