Beteiligte
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 27. September 2000 wird zurückgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt von der beklagten Ersatzkasse die Erstattung einer Kostenpauschale, die sie für Unterbringung, Pflege und Verpflegung anläßlich der Entbindung von ihrer Tochter am 13. Januar 1998 im Geburtshaus G. entrichtet hat.
Das Geburtshaus ist eine von zwei Hebammen geleitete Einrichtung, in der Schwangere – je nach Wunsch – ohne Übernachtung oder im Rahmen eines mehrtägigen Aufenthalts ihr Kind zur Welt bringen können. Ein Versorgungsvertrag mit der Beklagten besteht nicht. Seit dem 6. August 1998 verfügt das Geburtshaus über eine von dem Thüringer Landesverwaltungsamt erteilte gewerberechtliche Konzession zum Betreiben einer Privatkrankenanstalt.
Die Klägerin hatte am 16. November 1997 eine Vereinbarung mit dem Geburtshaus G. über die Zahlung einer Geburtshauspauschale in Höhe von 590 DM zur Abgeltung der Betreuungsleistungen während der bevorstehenden Entbindung unterzeichnet. Eine erste Rate von 190 DM sollte bei der Anmeldung zur Geburt, die zweite und dritte Rate von jeweils 200 DM sollten bei Einsetzen der Rufbereitschaft drei Wochen vor dem Entbindungstermin bzw zwei Wochen nach der Geburt geleistet werden. Bereits gezahlte Raten sollten auch dann dem Geburtshaus verbleiben, wenn dessen Dienste nicht in Anspruch genommen wurden.
Den vor der Entbindung zunächst mündlich und sodann am 13. Februar 1998 schriftlich gestellten Antrag auf Übernahme der Geburtshauspauschale lehnte die Beklagte ab, weil die Pauschale keine Vertragsleistung der gesetzlichen Krankenkassen und das Geburtshaus keine Vertragseinrichtung sei. Der Anspruch auf Hebammenhilfe nach der einschlägigen Hebammen-Gebührenordnung sei von ihr erfüllt worden(Bescheid vom 27. Februar 1998; Widerspruchsbescheid vom 12. August 1998).
Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) Altenburg hat mit Urteil vom 30. September 1999 den Bescheid aufgehoben und die Beklagte zur Kostenerstattung verurteilt. Nach seiner Ansicht handelt es sich bei dem von Hebammen geleiteten Geburtshaus um eine „andere Einrichtung” iS von § 197 Reichsversicherungsordnung (RVO). Da ihm der Status eines Krankenhauses fehle, benötige es keine Zulassung gemäß § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Der Gesetzgeber habe bei Entbindungseinrichtungen und Geburtshäusern auf eine Angebotssteuerung durch Zulassungsbeschränkungen bewußt verzichtet. Die spätere Erteilung einer Konzession nach § 30 Gewerbeordnung (GewO) belege, daß das Geburtshaus auch die personelle und apparative Mindestausstattung besessen habe, um Schwangere aufzunehmen. Eine stationäre Aufnahme werde für den Anspruch aus § 197 RVO nicht vorausgesetzt. Anders als in der Praxis eines Gynäkologen oder in einer Hebammenpraxis fielen im Geburtshaus wegen der längeren Verweildauer auch bei einer ambulanten Geburt Kosten für Unterkunft und Verpflegung an, die mit den Gebühren für die Hebammenhilfe bei ambulanten Entbindungen nicht abgegolten seien.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen(Urteil vom 27. September 2000). Es hat ausgeführt, aus § 196 RVO ergebe sich kein Anspruch, weil die dort genannten Leistungen der (ambulanten) Hebammenhilfe einschließlich etwaiger Kosten für zeitweilige Unterbringung, Pflege und Verpflegung am Tag der Geburt in den Gebühren nach der Hebammenhilfe-Gebührenverordnung (HebGV) enthalten und daneben nicht gesondert berechnungsfähig seien. § 197 RVO setze eine stationäre Entbindung in einer krankenversicherungsrechtlich zur Leistungserbringung zugelassenen Einrichtung voraus. Daß das Zulassungserfordernis des § 108 SGB V auch für Einrichtungen der Geburtshilfe gelte, ergebe sich aus deren ausdrücklicher Erwähnung in § 107 SGB V sowie aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und aus gesetzessystematischen Erwägungen. Ob im konkreten Fall der Klägerin eine stationäre Entbindung vorgelegen habe, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls habe das Geburtshaus zum Zeitpunkt der Entbindung nicht über die erforderliche Zulassung verfügt. Nachdem die gewerberechtliche Konzession erst im August 1998 erteilt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die Krankenkasse vor diesem Zeitpunkt gar keinen Versorgungsvertrag mit dem Geburtshaus hätte abschließen können.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 197 Satz 1 RVO. Das Gesetz räume der Schwangeren ein Wahlrecht ein, ob sie die Entbindung ambulant oder stationär und ob sie sie zu Hause, in einer Praxis, einem Krankenhaus oder in einer sonstigen Einrichtung, wie einem Geburtshaus, durchführen wolle. § 197 RVO finde nicht nur bei stationärer Entbindung Anwendung; es genüge, daß die Versicherte in die Einrichtung aufgenommen werde, was im Geburtshaus auch bei einer ambulant durchgeführten Entbindung der Fall sei. Für die in der Vorschrift genannten „anderen Einrichtungen” sei der Abschluß eines Versorgungsvertrags nicht erforderlich, da es sich nicht um Krankenhäuser handele und eine Bedarfsplanung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Auch wenn dies anders gesehen werde, könne ihr das Fehlen eines Versorgungsvertrags nicht entgegengehalten werden. Denn das Geburtshaus G. erfülle alle Voraussetzungen für die Kassenzulassung, und ein Vertrag sei nur deshalb bisher nicht zustande gekommen, weil zunächst der Ausgang des laufenden Gerichtsverfahrens abgewartet werden solle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 27. September 2000 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 30. September 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat ihre Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, ihr die an das Geburtshaus G. entrichtete Kostenpauschale aus Mitteln der Krankenversicherung zu erstatten.
Unabhängig von sonstigen Voraussetzungen käme eine Kostenerstattung nur in Betracht, wenn der Klägerin ursprünglich ein Sachleistungsanspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung im Geburtshaus zugestanden hätte. Ein solcher Anspruch wiederum könnte sich nur aus § 197 Satz 1 RVO in der seit 1. Januar 1989 geltenden Fassung ergeben. Danach hat die Versicherte „auch” Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung für sich und ihr Kind, wenn sie zur Entbindung in ein Krankenhaus oder eine andere Einrichtung aufgenommen wird, für die Zeit nach der Entbindung jedoch längstens für sechs Tage. Der Wortlaut(„auch”) nimmt auf § 196 Abs 1 RVO Bezug, der während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung einen Anspruch auf ärztliche Betreuung einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge sowie auf Hebammenhilfe begründet. Daneben gibt § 198 Satz 1 RVO einen Anspruch auf häusliche Pflege, soweit diese wegen Schwangerschaft oder Entbindung erforderlich ist.
Mit der zuletzt genannten Vorschrift läßt sich der Anspruch schon deshalb nicht begründen, weil die Klägerin nicht in einem „Haushalt” betreut wurde. Häusliche Krankenpflege wird nach § 37 Abs 1 Satz 1 SGB V nur im Haushalt des Versicherten oder in seiner Familie gewährt; ob für die häusliche Entbindungspflege noch andere „Haushalte” in Betracht kommen, wie das in der Literatur vertreten wird(Zmarzlik/Zipperer/Viethen, Mutterschutzgesetz, Mutterschaftsleistungen, Bundeserziehungsgeldgesetz,8. Aufl 1999, § 198 RVO RdNr 6; anders BSG SozR 2200 § 199 Nr 3 zu dem 1989 außer Kraft getretenen § 199 Abs 2 RVO; enger wohl auch Meisel/Sowka, Mutterschutz und Erziehungsurlaub, 5. Aufl 1999, § 198 RVO RdNr 5), braucht hier nicht entschieden zu werden. Keinesfalls ist ein Geburtshaus als „Haushalt” iS des Anspruchs auf häusliche Pflege anzusehen, denn es handelt sich nicht um eine wohnungsmäßige familienhafte Wirtschaftsführung in einer auf Dauer angelegten Hausgemeinschaft(vgl nochmals BSG SozR 2200 § 199 Nr 3 S 4).
§ 196 Abs 1 RVO vermag den eingeklagten Anspruch ebenfalls nicht zu begründen, denn dort sind Unterkunft und Verpflegung nicht als mögliche Leistungsinhalte aufgeführt. Eine konkludente Einbeziehung scheitert schon daran, daß § 197 Satz 1 RVO den Anspruch auf Unterkunft und Verpflegung an die „Aufnahme” in ein Krankenhaus oder eine andere Einrichtung knüpft und diese Voraussetzung leer laufen würde, wenn sich der Anspruch bereits aus § 196 Abs 1 RVO ergäbe.
Als einzig denkbare Anspruchsgrundlage bleibt § 197 Satz 1 RVO. Dessen Voraussetzungen hatte das SG mit der Erwägung bejaht, daß Mutter und Kind in Geburtshäusern auch im Falle ambulanter Entbindung eine über den Geburtsvorgang hinausgehende Zeit im Geburtshaus verblieben und dadurch Kosten für Pflege, Verpflegung und Unterkunft anfielen. Auf die Unterscheidung zwischen ambulanter und stationärer Entbindung komme es deshalb im Rahmen dieser Vorschrift nicht an.
Dieser Rechtsauffassung ist bereits das LSG mit Recht entgegengetreten. Sie schließt zu Unrecht aus der Wahlfreiheit der Versicherten zwischen verschiedenen äußeren Formen der Entbindung, daß diese hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen gleich behandelt werden müßten. Das trifft nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Leistungsanspruch im Falle einer stationären Entbindung die besondere Zulassung des Leistungserbringers voraussetzt. Jedenfalls läßt die vom Gesetz verwendete Terminologie keinen Zweifel daran, daß im Bereich der Geburtshilfe wie im gesamten Krankenversicherungsrecht zwischen ambulanter und stationärer Behandlung unterschieden werden muß. § 197 RVO verlangt ebenso wie § 39 Abs 1 SGB V, daß die Versicherte in das Krankenhaus oder die Entbindungseinrichtung „aufgenommen” wird. Außerdem konkretisiert § 197 RVO, wie sich sowohl aus der Überschrift als auch aus der Systematik der Vorschriften über die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft ergibt, die Voraussetzungen des in § 195 Abs 1 Nr 3 RVO eingeräumten Anspruchs auf stationäre Entbindung, wobei dieser Anspruch seinerseits gemäß § 197 Satz 2 RVO an die Stelle des allgemeinen Anspruchs auf (stationäre) Krankenhausbehandlung tritt. Demnach unterscheidet das Gesetz zwischen Entbindungen mit Unterkunft, Pflege und Verpflegung für längstens sechs Tage, wenn die Versicherte in ein Krankenhaus oder eine andere Einrichtung aufgenommen wird(§ 197 RVO), und Entbindungen, die ohne eine solche „Aufnahme” durchgeführt werden. Eine Auslegung, die diese Unterscheidung negiert, entspricht nicht dem Gesetz.
Die Auffassung des SG würde demgegenüber dazu führen, daß bei jeder Entbindung, die außerhalb eines privaten Haushalts stattfindet, die Versicherte so gestellt werden müßte, als sei sie in ein Krankenhaus oder eine andere Einrichtung „aufgenommen”, und es ins Belieben des Leistungserbringers gestellt wäre, ob er der Krankenkasse neben der Vergütung für die Hilfe bei der Geburt Unterbringungs- und Verpflegungskosten in Rechnung stellt. Die Bedeutung der „Aufnahme” zur stationären Betreuung kann sich aber nicht darin erschöpfen, zusätzliche Vergütungsansprüche zu begründen. Da die Aufnahme dadurch gekennzeichnet ist, daß der Patient physisch und organisatorisch in ein spezifisches Versorgungssystem eingegliedert wird(so die Umschreibung in der Begründung zum Entwurf des Gesundheitsstrukturgesetzes, BT-Drucks 12/3608 S 82 zu § 39 SGB V), hat sie eine besondere Verantwortlichkeit der aufnehmenden Einrichtung für das Wohlergehen der Patienten zur Folge, die nicht nur vertraglich begründet ist. Die notwendigen Vorkehrungen zu deren Schutz sucht die Rechtsordnung vielmehr auch dadurch zu treffen, daß nach § 30GewO Einrichtungen, die Patienten gewerbsmäßig zur stationären Behandlung aufnehmen, einer diesbezüglichen Konzession bedürfen. Das in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung verwendete Kriterium zur Abgrenzung der stationären von der ambulanten Behandlung geht ebenso wie im Krankenversicherungsrecht dahin, ob eine physische und organisatorische Eingliederung erfolgt(vgl BVerwGE 70, 201, 203 f = Buchholz 451.20 § 30 GewO Nr 3 S 8 = DVBl 1985, 294 = NJW 1985, 1414).
Dem läßt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß die Betreuung bei einer Entbindung nicht auf den eigentlichen Geburtsvorgang beschränkt werden kann, sondern Vorbereitung und Nachsorge mit einschließt. Insofern mögen sich Entbindungen von zahlreichen anderen Maßnahmen der Krankenbehandlung unterscheiden. Allein die Tatsache, daß eine Behandlung in einer zur stationären Aufnahme geeigneten Einrichtung stattfindet und eine mehr oder weniger zeit- und personalintensive Nachbetreuung mit vorübergehender Unterbringung in der Behandlungseinrichtung erfordert, begründet jedoch auch sonst noch nicht zwangsläufig einen Anspruch auf eine gesonderte Vergütung der Unterkunfts- und Verpflegungs- und sonstigen allgemeinen Betreuungskosten, wie das Beispiel des ambulanten Operierens im Krankenhaus(§ 115b SGB V) zeigt. Vielmehr entsteht ein solcher Anspruch nur, wenn der Patient in die Einrichtung stationär „aufgenommen” wird(vgl § 39 Abs 1 Satz 3, § 107 Abs 1 Nr 4, § 115a Abs 1 SGB V; zu § 40 Abs 2, § 111 Abs 1 SGB V: BSGE 87, 14 = SozR 3-2500 § 40 Nr 3). Da der Anspruch auf Unterkunft und Verpflegung auch in § 197 Satz 1 RVO an die „Aufnahme” geknüpft wird, muß sich dieser Begriff auch dort auf eine (voll-) stationäre Leistung beziehen, denn ohne nähere Anhaltspunkte kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe die generelle Beschränkung von Unterbringungsleistungen auf den stationären Bereich nur für Entbindungen durchbrechen wollen.
Da die Krankenkasse Unterkunft, Pflege und Verpflegung nur bei stationärer Aufnahme schuldet, dürfen zugelassene Leistungserbringer einen eventuell bei nicht stationären Leistungen entstehenden Unterbringungsaufwand neben den Kosten für die eigentliche Maßnahme in der Regel nicht zusätzlich in Rechnung stellen. Insoweit besteht auch kein entsprechender Kostenerstattungsanspruch, denn der Versicherte soll im Kostenerstattungsverfahren nur so gestellt werden wie er bei der entsprechenden Sachleistung stehen würde(BSGE 80, 181, 182 = SozR 3-2500 § 13 Nr 14 S 69 mwN). Im Gebührenrecht für vertragsärztliche Leistungen wird genau definiert, wann Kosten für die Unterbringung und die nichtmedizinische Betreuung des Patienten getrennt berechnet werden dürfen. So sieht der Einheitliche Bewertungsmaßstab für die vertragsärztlichen Leistungen in Nr 63 bis 66 eine besondere Vergütung für die Beobachtung und Betreuung eines Kranken nach den meisten ambulant durchgeführten Operationen während der Aufwach- und/oder Erholungsphase bis zum Eintritt der Transportfähigkeit vor; da schon nicht alle ambulanten Operationen entsprechende Gebühren auslösen, sind sie bei allen anderen Leistungen von vornherein ausgeschlossen, wie sich im übrigen auch aus der Leistungslegende zu Nr 40 ergibt. Danach kann für das krankheitsbedingte Verweilen des Patienten in der Arztpraxis keine eigene Gebühr angesetzt werden, wenn andere abrechnungsfähige Leistungen erbracht werden.
Die Rechtslage nach der HebGV, welche die Abrechnung der Hebammenhilfe der freiberuflichen Hebammen und Entbindungspfleger mit den gesetzlichen Krankenkassen regelt, ist nicht wesentlich anders. Nach § 1 Abs 1, § 2 Abs 1 HebGV werden die abrechnungsfähigen Leistungen im Gebührenverzeichnis abschließend erfaßt. Nach der jeweiligen Leistungslegende zur Gebühren-Nr 13 umfaßt die Gebühr für die Hilfe bei der Entbindung die notwendige Betreuung bis zu zehn(seit 1. Juli 1998 bis zu acht) Stunden vor der Geburt des Kindes und bis zu drei Stunden danach(Gebührenverzeichnisse zu § 2 Abs 1 HebGV in der Fassung vom 7. Oktober 1997, BGBl I 2399, 2403 bzw 2407). Demnach können Leistungen außerhalb des dadurch gezogenen zeitlichen Rahmens nur als „Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden”(Nr 4 oder 5), als „Kardiotokographische Überwachung”(Nr 6) oder als nach Zahl und Umfang in den allgemeinen Bestimmungen vor Nr 22 eingehend geregelter „Besuch nach der Geburt” abgerechnet werden(hier beispielsweise Nr 30 bis 32). Weitergehende Betreuungsleistungen sind bei ambulanten Entbindungen nicht getrennt berechnungsfähig, weil sie im Gebührenverzeichnis nicht genannt sind, so daß sie ebenso wie im vertragsärztlichen Gebührenrecht von den Gebühren für die ausdrücklich aufgeführten Leistungen als erfaßt gelten.
Die dargestellten gebührenrechtlichen Bestimmungen setzen einerseits die gesetzliche Vorgabe um, daß die Krankenkasse Unterkunft und Verpflegung nur im Zusammenhang mit stationären Maßnahmen schuldet, und verbieten andererseits – jedenfalls im Grundsatz – eine getrennte Vergütung für den über die eigentliche Maßnahme hinausgehenden Pflegeaufwand, auch wenn er durch die Art der Maßnahme zwingend geboten ist. Unter diesen Umständen ist eine ambulante Versorgung, bei der Unterbringungskosten entstehen, ein Widerspruch in sich; alle Pflegekosten sind grundsätzlich mit der ambulanten Hauptleistung abgegolten. Der dadurch definierte Sachleistungsanspruch anläßlich einer Entbindung begrenzt auch den Kostenerstattungsanspruch für dabei selbstbeschaffte Unterkunft, Pflege und Verpflegung. Wird die Entbindung ambulant durchgeführt, scheitert die Kostenerstattung an der fehlenden stationären Hauptleistung bzw an der fehlenden Gebührenvorschrift für ergänzenden Betreuungsaufwand, so daß die Abgrenzung zwischen ambulant und stationär entgegen der Auffassung des SG auch bei der Entbindung materiellrechtliche Bedeutung hat. Wenn die Klägerin, wie sie behauptet, ambulant entbunden hat, steht ihr infolgedessen schon deshalb der geltend gemachte Anspruch nicht zu.
Der Anspruch wäre aber auch dann ausgeschlossen, wenn die Klägerin Leistungen auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung in der Art eines stationären Krankenhausaufenthalts bekommen hätte, denn das Geburtshaus hatte nicht die für den Betrieb einer Einrichtung für stationäre Entbindungen iS des § 197 RVO erforderliche gewerberechtliche Konzession. Nach dem schon erwähnten § 30 Abs 1 Satz 1 GewO bedürfen Unternehmer von Privatkranken- und Privatentbindungsanstalten sowie von Privatnervenkliniken einer Konzession der zuständigen Behörde. Wird die Institution ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben, so stellt dies nach § 144 Abs 1 Nr 1 Buchst b GewO eine Ordnungswidrigkeit, unter Umständen sogar eine Straftat dar(vgl § 148 GewO). Außerdem ist die zuständige Behörde in diesem Fall durch § 15 Abs 2 Satz 1 GewO ermächtigt, die Fortsetzung des Betriebs zu verhindern. Die genannten Bestimmungen knüpfen den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit bzw die Befugnis zum behördlichen Einschreiten an das formale Merkmal der fehlenden Erlaubnis und nicht an die materielle Rechtswidrigkeit, so daß das Verbot auch dann greift, wenn der Unternehmer zwar möglicherweise einen Anspruch auf die Konzession hätte, diese aber bisher nicht erteilt ist oder den konkreten Fall nicht erfaßt(vgl zur Gaststättenerlaubnis in Bezug auf eine Spielhalle: BVerwG Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr 2 = DÖV 1983, 734), oder wenn die erteilte Konzession nichtig ist(vgl zur „Peep-Show”: BVerwGE 84, 314 = Buchholz 451.20 § 33a GewO Nr 7 = DVBl 1990, 701). Demnach ist unerheblich, ob das Geburtshaus G. bereits vor der formalen Erteilung der Konzession am 6. August 1998 die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllte. Die Konzessionserteilung stellt einen konstitutiven Verwaltungsakt dar(in diesem Sinne auch BFHE 62, 50, 53 f; 90, 519, 522 zur konzessionsabhängigen Steuerbefreiung).
Das Geburtshaus G. ist erlaubnispflichtig iS von § 30 Abs 1 Satz 1 GewO, soweit es sich um eine Privatentbindungsanstalt handelt. Das Geburtshaus G. ist privat betrieben, da es sowohl privatrechtlich organisiert ist als auch von einer Hebamme als Privatperson geleitet wird. Soweit Schwangere weitergehende Leistungen als die Hebammenhilfe bei der Geburt in Anspruch nehmen können – also insbesondere, um nach der Geburt untergebracht und verpflegt zu werden – fungiert das Geburtshaus als „Entbindungsanstalt” und bedarf der gewerberechtlichen Erlaubnis. Mit Rücksicht auf das Genehmigungsverfahren muß auch davon ausgegangen werden, daß Unterkunft und Verpflegung zum regelmäßigen Leistungsangebot des Geburtshauses gehören sollten und nicht nur außergewöhnliche Sonderfälle betroffen wären, mit denen ein gewerbsmäßiges „Unternehmen” möglicherweise nicht begründet worden wäre. Andere Anhaltspunkte dafür, daß das Geburtshaus ohne die Absicht der Gewinnerzielung und daher nicht gewerbsmäßig betrieben wurde, bestehen nicht.
Zum Begriff der „Privatkrankenanstalt” iS von § 30 Abs 1 Satz 1 GewO hat das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG) ausgeführt, er stehe für ein privat betriebenes Krankenhaus, das zur Durchführung von stationären Krankenbehandlungen bestimmt sei. Diese gingen über eine ambulante Krankenbehandlung deshalb hinaus, weil sie Unterbringungs- und Verpflegungsleistungen einschlössen, die Gegenstand eines besonderen Krankenhausaufnahmevertrags seien und die neben dem Honorar für ärztliche oder ärztlich überwachte Leistungen durch einen gesonderten Pflegesatz entgolten würden(BVerwGE 70, 201, 203 f = Buchholz 451.20 § 30 GewO Nr 3 S 8 = DVBl 1985, 294 = NJW 1985, 1414). Die vom BVerwG für die Erlaubnispflicht herangezogenen Kriterien stimmen mit denjenigen überein, die auch für die Abgrenzung von ambulanter und stationärer Versorgung in der Krankenversicherung gelten, so daß die dortige Beurteilung als stationär gleichzeitig die Anwendbarkeit von § 30 GewO bedeutet(vgl dazu im übrigen den sowohl in § 30 Abs 1 Satz 2 Nr 4 GewO als auch in § 197 Satz 1 RVO verwendeten Begriff der „Aufnahme”).
Die Ausführungen für Krankenhäuser müssen sinngemäß auch für Entbindungsanstalten gelten. In bezug auf den Patienten soll § 30 GewO nach dem vom BVerwG(aaO; anders noch BVerwG Buchholz 451.20 § 30 GewO Nr 1 = DÖV 1967, 495) bestätigten Gesetzeszweck nicht in erster Linie vor den Gefahren einer risikobehafteten ärztlichen Leistung schützen, denn insoweit wäre eine Differenzierung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung nicht verständlich. Vielmehr geht es vor allem um die Abwehr möglicher Nachteile, die sich aus der Eingliederung des Patienten in ein betriebliches Organisationsgefüge ergeben; diese Gefahrensituation ist im Zusammenhang mit einer Unterbringung zu einer Entbindung keine andere als bei einem sonstigen Unterbringungszweck.
Das Geburtshaus G. verfügte demnach zum Zeitpunkt der Entbindung der Klägerin nicht über die erforderliche gewerberechtliche Konzession für eine Kombinationsleistung aus Hebammenhilfe einerseits sowie aus – insbesondere nachfolgender – Unterkunft, Pflege und Verpflegung andererseits. Das schließt einen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf die diesbezügliche Leistung aus. Der Versicherte ist nicht berechtigt, von seiner Krankenkasse eine Leistung zu verlangen, die ein von der Rechtsordnung mißbilligtes Verhalten beinhaltet. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung umfaßt nach § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V, die auch für die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gelten(vgl § 195 Abs 2 Satz 1 RVO), nur solche Leistungen, die für die Behandlung zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Diese Voraussetzungen hat der erkennende Senat im Rahmen der Arzneimittelversorgung als nicht erfüllt angesehen, wenn die Vorschriften des Arzneimittelrechts ein Medikament im Interesse des Gesundheitsschutzes vom Markt ausschließen, weil es ein Mindestmaß an Sicherheit und Unbedenklichkeit nicht gewährleistet, sei es, daß ein Fertigarzneimittel nicht in den Verkehr gebracht werden darf, weil ihm die arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt(vgl BSGE 82, 233, 236 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 17), sei es, daß ein Medikament wegen fehlender Herstellungserlaubnis durch behördliches Verbot vom Verkehr ausgeschlossen ist(vgl BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 7 S 23).
Diese zu arzneimittelrechtlichen Verboten entwickelte Rechtsprechung gilt auch für die Erlaubnisvorbehalte des Gewerberechts, soweit diese ebenso wie das Krankenversicherungsrecht Zwecke des Gesundheitsschutzes verfolgen. Denn es würde zu einem unerträglichen Wertungswiderspruch führen, eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung entgegen einem der Gesunderhaltung der Bevölkerung dienenden Verbot anzunehmen(vgl BSG aaO). Aus den Versagungsgründen vor allem des § 30 Abs 1 Satz 2 Nr 1a und 2 GewO ergibt sich, daß dies auch auf die Konzessionspflicht für Privatkranken- bzw Privatentbindungsanstalten zutrifft. Danach muß eine ausreichende medizinische und pflegerische Versorgung der Patienten gewährleistet sein (vgl Nr 1a) und die baulichen und die sonstigen technischen Einrichtungen müssen den gesundheitspolizeilichen Anforderungen genügen (vgl Nr 2). Dabei spielt ua die Einhaltung der einschlägigen Hygiene-Vorschriften eine Rolle, um der Infektion von Patienten vorzubeugen(vgl Tettinger/Wank, GewO 6. Aufl 1999, § 30 RdNr 48 unter Berufung auf Neft, BayVBl 1996, 40, 43). Die Krankenkassen können nicht verpflichtet sein, die Kosten für einen stationären Aufenthalt in einer Einrichtung zu übernehmen, die der vom Gesetz im Interesse einer ordnungsgemäßen Versorgung des Patienten angeordneten gewerberechtlichen Überprüfung nicht unterzogen wurde(ähnlich im Privatversicherungsrecht: OLG Köln, VersR 2001, 221 mwN).
Der von der Klägerin geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch besteht weder bei einer ambulanten noch bei einer stationären Entbindung. Es braucht daher nicht geklärt zu werden, welche tatsächlichen Umstände im konkreten Fall für oder gegen eine „Aufnahme” iS von § 197 Satz 1 RVO sprechen, die einen über die Hebammenhilfe hinausgehenden Anspruch begründen könnte, und ob dieser eine krankenversicherungsrechtliche Zulassung des Geburtshauses voraussetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen