Krankenhauspflegeentlastungsgesetz vom Bundestag beschlossen
Mit dem ersten Krankenhausgesetz setzen wir wichtige Signale. Nicht mehr ökonomischer Zwang, sondern medizinische Notwendigkeit soll künftig in den Kliniken über die Behandlung entscheiden. Kinderkliniken und Geburtshilfestationen werden zuerst entlastet. Patientinnen und Patienten sollen sich darauf verlassen können, dass sie zu jeder Zeit durch qualifiziertes Personal behandelt und betreut werden und dass sie nur im Krankenhaus übernachten müssen, wenn es wirklich nötig ist. Behandlungen sollen auch im Krankenhaus vermehrt ambulant gemacht werden können. Das entlastet die Pflege und verhindert Komplikationen. Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach
Krankenhauspflegeentlastungsgesetz: Die Gesetzesinhalte im Einzelnen:
Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus
Mit dem Gesetz soll die Situation der Pflege in den Krankenhäusern mittelfristig verbessert werden. Hierzu werden Idealbesetzungen für die Stationen errechnet und durchgesetzt. Dazu wird ein Instrument zur Personalbemessung (PPR 2.0) eingesetzt, das im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege von allen Beteiligten entwickelt wurde.
Die Einführung der PPR 2.0 erfolgt in drei Stufen:
Am 1.1.2023 startet die Erprobungsphase mit einem Praxistest. Die Testphase erfolgt in einer repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern.
Auf dieser Basis werden in einer Rechtsverordnung den Krankenhäusern Vorgaben für die Personalbemessung gemacht.
Ab 2025 wird die Personalbemessung dann scharf gestellt und sanktioniert.
Krankenhaustagesbehandlung und spezielle sektorengleiche Vergütung
Nicht jede stationäre Behandlung erfordert auch eine Übernachtung des Patienten oder der Patientin im Krankenhaus. Um Krankenhauspersonal stärker zu entlasten und Patientinnen und Patienten, die dies wollen, die Übernachtung in vertrauter Umgebung zu ermöglichen, wird daher eine Krankenhaustagesbehandlung eingeführt. Die Entscheidung hierüber treffen Ärzte und Patient/in im gegenseitigen Einvernehmen. Um diese Ziele zu erreichen, sollen die Dokumentationsanforderungen bei der tagesstationären Behandlung auf das erforderliche Mindestmaß begrenzt werden.
Ob eine Behandlung stationär oder ambulant erfolgt, war in der Vergangenheit häufig eine Kostenfrage. Die unterschiedliche Vergütung von stationär erbrachten Leistungen (Fallpauschalen) und ambulanter Behandlung (EBM) führte dazu, dass Behandlungen stationär erfolgten, die auch ohne eine Unterbringung im Krankenhaus möglich waren. Um für Patienten nicht notwendige Übernachtungen im Krankenhaus zu vermeiden, wird für bestimmte Behandlungen eine sektorengleiche Vergütung eingeführt. Diese Vergütung liegt zwischen dem ambulanten (EBM) und stationären Niveau (DRG). Bis zum 31.3.2023 sollen Krankenkassen und Krankenhäuser gemeinsam einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen sowie eine entsprechende Vergütung festlegen.
Förderung für Geburtshilfe und Pädiatrie
Um Geburtshilfeabteilungen in Krankenhäusern zu unterstützen, erhalten die Bundesländer zusätzliche finanzielle Mittel nach Königsteiner Schlüssel. Bei der Festlegung der konkreten Höhe je Krankenhausstandort sind die Vorhaltung einer Fachabteilung für Pädiatrie, einer Fachabteilung für Neonatologie ein bestimmter Anteil vaginaler Geburten, die Geburtenzahl sowie die Möglichkeit der Durchführung des berufspraktischen Teils des Hebammenstudiums zu berücksichtigen. Damit soll eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfestandorten aufrechterhalten werden. Hierfür stehen für die Jahre 2023 und 2024 jeweils 120 Mio Euro zur Verfügung.
Für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen wird das vor der Pandemie im Jahr 2019 erbrachte Erlösvolumen weitgehend unabhängig von den tatsächlich erbrachten Leistungen garantiert. Zur Vermeidung von Fehlanreizen muss aber ein Krankenhaus Abschläge hinnehmen, wenn es für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen weniger als 80 Prozent des Erlösvolumens von 2019 erzielt. Das Erlösvolumen von 2019 wird zudem bis in die Gegenwart fortgeschrieben und jeweils für das Jahr 2023 und 2024 zusätzlich um 300 Mio. Euro aufgestockt - insgesamt also um 600 Mio. Euro. Durch die Garantie des Erlösvolumens wird erreicht, dass die Versorgung von Kindern und Jugendlichen gegenüber der leistungsorientierten Logik des Fallpauschalensystems abgesichert ist. Besondere Einrichtungen können für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen einen Zuschlag abrechnen. Die Mittel sind zweckgebunden für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen.
Zur Finanzierung der zusätzlichen Mittel für die Geburtshilfe und die Pädiatrie werden für die Jahre 2023 und 2024 jeweils rund 380 Mio. Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds entnommen. Darüber hinaus beteiligt sich u.a. auch die Private Krankenversicherung an der Finanzierung.
Sichere Hebammenversorgung
Ab dem Jahr 2025 werden die Personalkosten von Hebammen vollständig im Pflegebudget berücksichtigt. Damit werden die anfallenden Personalkosten von Hebammen für Betreuung von Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen vollständig refinanziert und die Beschäftigung von Hebammen in den Kreißsälen einer unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen gleichgestellt.
Weitere Regelungen für den Krankenhausbereich
Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf im Krankenhausbereich insbesondere folgende Regelungen vor:
- Die Budgetverhandlungen für Krankenhäuser werden beschleunigt. So werden Fristen für verschiedene Verfahrensschritte und ein automatisches Tätigwerden der Schiedsstelle vorgegeben.
- Weiterentwickelt werden auch die Strukturprüfung bei Krankenhäusern durch die Medizinischen Dienste, das Verfahren zur Übermittlung von Daten der Krankenhäuser an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) sowie das Antragsverfahren für den Krankenhauszukunftsfonds.
- Die Liquiditätssituation der Krankenhäuser wird verbessert, indem der vorläufige Pflegeentgeltwert angehoben wird.
- Telemedizinische Leistungen werden gefördert, indem Entgelte für eine sachgerechte Vergütung vereinbart werden.
- Das Hygieneförderprogramm wird als Infektiologieförderprogramm weitergeführt und um drei Jahre verlängert, sodass die personelle Ausstattung in der Infektiologie finanziell unterstützt wird.
- Es wird gewährleistet, dass die Kosten von Ausbildungen in der Pflegehilfe und -assistenz am Krankenhaus rechtssicher finanziert werden.
Digitale Gesundheitsversorgung
Das Gesetz enthält zudem Regelungen zur Verbesserung der digitalen Anwendungen im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung. Dabei geht es insbesondere darum, die Nutzerfreundlichkeit zu stärken und die Verbreitung zu erhöhen. So werden Verordnungsdaten im Versorgungsprozess nutzbar gemacht oder einfache Identifizierungsverfahren in den Apotheken ermöglicht. Zugleich werden Hürden abgebaut, die derzeit aufgrund von Beschränkungen durch Anbieter und Hersteller informationstechnischer Systeme im Rahmen der Telematikinfrastruktur bestehen.
Weitere Regelungen
- Zur Verbesserung der Versorgungssituation für von Long-COVID-Betroffene hat der Gemeinsame Bundesausschuss Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung zu treffen.
- Die paritätische Beteiligung von Frauen in den Vorständen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Bundesvereinigungen wird gestärkt.
- Es werden Ausnahmen für Immunglobuline menschlicher Herkunft vom erweiterten Preismoratorium vorgesehen.
- Sowohl mit der Aussetzung der monatlichen Zuführungen zum Pflegevorsorgefonds und Bereitstellung der Mittel in einer Jahresrate im Dezember 2023 als auch mit der Verlängerung der Möglichkeit des Bundes zur Erstattung pandemiebedingter Kosten um ein Jahr werden Regelungen zur kurzfristigen Stabilisierung der Finanzsituation der sozialen Pflegeversicherung geschaffen.
- Der Auftrag des Sachverständigenrats Gesundheit wird explizit um den Bereich Pflege ergänzt und der Gutachten-Rhythmus flexibilisiert, um die wissenschaftliche Politikberatung in Zukunft zeitnäher und passgenauer zu gestalten.
- Luftrettungsdienste werden in den direkten Vertriebsweg für Blutkonserven einbezogen und können unmittelbar durch die Blutspendedienste beliefert werden. Dies soll zu einer Verbesserung der Notfall-Versorgung von Patientinnen und Patienten beitragen.
Das Gesetz wird noch vom Bundesrat beraten und tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
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