Beteiligte
Deutsche Angestellten Krankenkasse |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. August 1997 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15. April 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist die Beitragspflicht in der Krankenversicherung.
Die Klägerin war 1989 als Beschäftigte versicherungspflichtig und Mitglied der beklagten Krankenkasse. Nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahre 1989 bezog sie Erziehungsgeld (Erzg) bis zum 1. März 1990. Aufgrund einer bei ihrer Arbeitgeberin bestehenden Betriebsvereinbarung nahm sie anschließend unbezahlten Urlaub bis zum 30. Juni 1993. Sie blieb nach dem Ende des Bezugs von Erzg freiwilliges Mitglied der Beklagten. In der freiwilligen Versicherung wurden die Beiträge unter Berücksichtigung der Einkünfte ihres Ehemannes festgesetzt. Im Zeitpunkt der beabsichtigten Arbeitsaufnahme am 1. Juli 1993 war die Klägerin erneut schwanger. Das Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 2 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) bestand seit dem 21. Juni 1993. Das zweite Kind wurde am 20. August 1993 geboren. Die Beklagte zahlte der Klägerin Mutterschaftsgeld. Die Klägerin nahm nach dem Ende der Mutterschutzfrist (15. Oktober 1993) die Arbeit nicht wieder auf, sondern Erziehungsurlaub in Anspruch. Die Beklagte sah die Klägerin weiterhin als freiwillig versichertes Mitglied an. Die Klägerin zahlte Beiträge in der für freiwillige Mitglieder geltenden Höhe.
Später machte die Klägerin geltend, die Beklagte habe von ihr seit der Geburt ihres Kindes im Jahr 1993 zu Unrecht Beiträge erhoben. Mit dem vorgesehenen Wiederbeginn der Arbeit am 1. Juli 1993 sei erneut eine Pflichtmitgliedschaft eingetreten. Diese sei beitragsfrei gewesen und habe so bis zum Ende des Erziehungsurlaubs fortbestanden. Die Beklagte lehnte eine Beitragsfreiheit mit Bescheid vom 25. September 1995 und Widerspruchsbescheid vom 29. November 1995 ab.
Die Klägerin hat Klage erhoben, die Feststellung der beitragsfreien Versicherung vom 21. August 1993 bis zum Ende des Erziehungsurlaubs und die Erstattung der gezahlten Beiträge beantragt. Das Sozialgericht (SG) hat der Klage mit Urteil vom 15. April 1996 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 26. August 1997 das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei seit 1990 freiwilliges Mitglied der Beklagten und zum 1. Juli 1993 nicht wieder versicherungspflichtig geworden. Sie habe ihre Beschäftigung nicht, wie mit ihrem Arbeitgeber vereinbart, am 1. Juli 1993 wieder aufgenommen, weil seit dem 21. Juni 1993 das Beschäftigungsverbot bestanden habe. In die versicherungspflichtige Beschäftigung trete nicht ein, wer wegen Arbeitsunfähigkeit die Arbeit nicht aufnehme. Gleiches gelte, wenn die Arbeitsaufnahme am Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 2 MuSchG scheitere. Es gebe keinen Grund, die krankheits- und schwangerschaftsbedingte Nichtaufnahme der Arbeit unterschiedlich zu behandeln. Die Schutzzwecke des MuSchG seien nicht berührt, wenn es um die Frage gehe, ob eine Mitgliedschaft aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zustande gekommen sei. Da allein durch eine Gehaltsfortzahlung der Arbeitgeberin oder den Bezug von Mutterschaftsgeld eine Pflichtmitgliedschaft nicht begründet werde, könne dahinstehen, ob die Klägerin tatsächlich, wie sie vorgetragen habe, vom 1. Juli 1993 bis zur Geburt Gehalt bezogen habe oder nicht nur, was eine Bescheinigung der Arbeitgeberin vermuten lasse, den Zuschuß zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG, das ihr die Beklagte vom 21. Juni bis 15. Oktober 1993 gewährt habe.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 186 Abs 1 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Das LSG habe zu Unrecht angenommen, daß sie am 1. Juli 1993 nicht wieder in die Beschäftigung eingetreten sei. Das Arbeitsverhältnis habe während ihres ersten Erziehungsurlaubs fortbestanden. Sie habe ihre Arbeit am 1. Juli 1993 wegen des Beschäftigungsverbots nicht aufnehmen können. Die vom LSG vorgenommene Ausdehnung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf diesen Sachverhalt führe zu einer Benachteiligung von schwangeren gegenüber nicht schwangeren Frauen und gegenüber männlichen Beschäftigten. Dies sei mit dem Grundgesetz (GG) nicht vereinbar.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 26. August 1997 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 15. April 1996 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
In die Beschäftigung sei nicht eingetreten, wer die vereinbarte Arbeit wegen Arbeitsunfähigkeit nicht aufgenommen habe. Nichts anderes gelte, wenn eine Schwangere wegen des Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG nicht mit der Arbeit begonnen habe. Ob eine Arbeitsaufnahme tatsächlich vorgesehen gewesen sei, sei nicht erheblich und somit nicht beweisbedürftig gewesen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe zwar mit Urteil vom 30. Juni 1998 festgestellt, daß eine Frau gegenüber einem Mann aus Gründen einer Schwangerschaft nicht benachteiligt werden dürfe. Sie, die Beklagte, habe aufgrund von Ermittlungen aber festgestellt, daß der Klägerin für die Zeit vom 2. Dezember 1990 bis 30. Juni 1993 unbezahlter Sonderurlaub gewährt worden sei. Die Klägerin sei gebeten worden, spätestens sechs Monate vor Ablauf des Urlaubs mitzuteilen, ob sie ihre Beschäftigung wiederaufnehmen wolle. Eine solche Erklärung sei bei der Arbeitgeberin nicht aktenkundig. Eine geplante Beschäftigungsaufnahme sei nicht dokumentiert. Darüber hinaus bestehe Versicherungspflicht nur bei einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt. Arbeitsentgelt habe die Klägerin von ihrem Arbeitgeber nicht erhalten. Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG seien kein Arbeitsentgelt.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat zu Unrecht der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Das SG hat zutreffend den angefochtenen Bescheid aufgehoben, die Beitragsfreiheit der Klägerin seit dem 21. August 1993 festgestellt und die Beklagte zur Erstattung der gezahlten Beiträge verurteilt.
Angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 25. September 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 1995. Damit hat es die Beklagte abgelehnt, die Mitgliedschaft der Klägerin nach der Geburt ihres zweiten Kindes (20. August 1993) beitragsfrei zu führen und bereits gezahlte Beiträge zu erstatten.
Die Ablehnung der Beitragsfreiheit durch die Beklagte ist rechtswidrig. Um diese Beitragsfreiheit wird für die Zeit nach der Geburt des zweiten Kindes am 20. August 1993 gestritten. In dieser Zeit bis zum Ende des Erziehungsurlaubs war die Mitgliedschaft der Klägerin mangels beitragspflichtiger Einnahmen beitragsfrei. Eine Beitragsforderung konnte für diese Zeit nicht mehr auf eine freiwillige Versicherung und damit auf § 240 SGB V gestützt werden. Die freiwillige Mitgliedschaft hatte mit dem 30. Juni 1993 geendet, weil am 1. Juli 1993 eine Pflichtmitgliedschaft wiederbegonnen hatte (vgl § 191 Nr 2 SGB V). Dieses führte nach § 39 Abs 2 des Sozialgesetzbuchs – Verwaltungsverfahren (SGB X) zu einer Erledigung der Bescheide, die vor und nach Juli 1993 über die Beitragshöhe für die vermeintlich freiwillige Versicherung der Klägerin ergangen waren. Einer Anfechtung und Aufhebung dieser Bescheide bedurfte es daher nicht.
Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin aufgrund einer Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) begann am 1. Juli 1993 erneut, nachdem sie unmittelbar vorher während eines unbezahlten Urlaubs nicht bestanden hatte. Maßgebend für den Wiederbeginn war im wesentlichen, daß die Klägerin für diesen Tag die Wiederaufnahme der Arbeit mit ihrer Arbeitgeberin vereinbart hatte, die Arbeit jedoch wegen des Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 2 MuSchG nicht wieder aufgenommen werden durfte. Das ist vom LSG für das Revisionsgericht bindend festgestellt worden (vgl § 163 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Diese Bindung besteht auch an Feststellungen, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht notwendig waren (vgl BSGE 73, 195, 196 = SozR 3-4100 § 249e Nr 3 S 26). Das neue tatsächliche Vorbringen der Beklagten, die Wiederaufnahme der Arbeit sei nach nunmehr von ihr eingeholten Erkundigungen bei der Arbeitgeberin nicht vereinbart gewesen, ist unbeachtlich. Eine Verfahrensrüge hat die Beklagte nicht erhoben.
Die Pflichtmitgliedschaft Beschäftigter begann nach § 186 Abs 1 SGB V in der hier noch anzuwendenden Fassung des Art 1 des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) mit dem Tag des Eintritts in die Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des BSG war dazu regelmäßig die tatsächliche Aufnahme der Arbeit erforderlich. Das galt auch, wenn innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses unbezahlter Urlaub genommen worden und die Wiederaufnahme der Arbeit zum vereinbarten Zeitpunkt an Arbeitsunfähigkeit gescheitert war (Urteile des erkennenden 12. Senats vom 15. Dezember 1994 - 12 RK 17/92 in BSGE 75, 278 = SozR 3-2500 § 186 Nr 2 und - 12 RK 7/93 in BSG SozR 3-2500 § 186 Nr 3). Ebenso war es, wenn die Arbeit nach Ende eines Erziehungsurlaubs wegen Arbeitsunfähigkeit nicht wieder aufgenommen wurde (Urteil des 1. Senats vom 8. August 1995 - 1 RK 28/94 in USK 9524). Das Erfordernis der tatsächlichen Arbeitsaufnahme wurde mit dem Versicherungsprinzip begründet. Dazu, daß die Versicherung in der Regel erst mit der Arbeitsaufnahme beginne und erst danach bei Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Krankengeld begründen könne, stehe es in Widerspruch, eine Versicherung entstehen zu lassen, wenn die Arbeitsaufnahme an der Arbeitsunfähigkeit scheitere (BSGE 75, 278, 281 = SozR 3-2500 § 186 Nr 2 S 6). In seinem späteren Urteil vom 14. Dezember 1997 (BSGE 81, 231 = SozR 3-2500 § 5 Nr 37) hat der Senat dann zwar entschieden, daß die Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs seit Inkrafttreten des SGB V nicht mehr anzuwenden ist. Auch dabei hat er aber ausgeführt, daß Arbeitsfähigkeit in der Regel Grundlage der Beschäftigung und der Beschäftigungsversicherung sei und dem Entstehen der Beschäftigungsversicherung trotz Arbeitsunfähigkeit Grenzen gesetzt seien, weil der Eintritt in die Beschäftigung verlangt werde und darunter regelmäßig die Aufnahme der vereinbarten Arbeit zu verstehen sei (vgl BSGE 81, 231, 238 = SozR 3-2500 § 5 Nr 37 S 144). Allerdings ist anschließend durch Art 3 Nr 3 des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 6. April 1998 (BGBl I 688) in § 186 Abs 1 SGB V „die Beschäftigung” durch „das Beschäftigungsverhältnis” ersetzt worden. Nach der Begründung soll dieses klarstellen, daß eine Mitgliedschaft auch dann zustande kommt, wenn der Arbeitnehmer zu Beginn des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung von der Arbeitsleistung freigestellt ist und daher die Beschäftigung erst zu einem späteren Zeitpunkt aufnimmt. Die Mitgliedschaft beginne in diesem Fall mit dem Tag, an dem das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis beginne. Die Vorschrift bewirke darüber hinaus, daß eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung – ebenso wie die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung – auch dann beginne, wenn die Beschäftigung wegen einer Erkrankung nicht zu dem im Arbeitsvertrag vorgesehenen Zeitpunkt aufgenommen werden könne, sofern der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts habe. Diese Klarstellung sei auch nach den Urteilen des BSG vom 15. Dezember 1994 - 12 RK 17/92; 12 RK 7/93 - und vom 8. August 1995 - 1 RK 28/94 - erforderlich geworden (vgl BT-Drucks 13/9818 S 13). Die Änderung ist am 1. Januar 1998 in Kraft getreten (Art 12 des Gesetzes) und hier noch nicht anzuwenden. Schon aus diesem Grunde ist hier nicht zu entscheiden, ob die Pflichtmitgliedschaft in den genannten Fällen stets oder nur bei Entgeltfortzahlung beginnt.
Der Senat hatte vor dieser Gesetzesänderung offengelassen, ob der Beginn der Beschäftigungsversicherung nach § 186 Abs 1 SGB V aF auch ausgeschlossen ist, wenn die Arbeitsaufnahme durch ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 2 MuSchG verhindert wird (SozR 3-2500 § 186 Nr 3 S 14). Er entscheidet nunmehr, daß jedenfalls bei Sachverhalten wie hier, in denen ein Arbeitsverhältnis schon vor der geplanten Wiederaufnahme der Arbeit bestanden hat und diese dann durch das Beschäftigungsverbot verhindert worden ist, die Mitgliedschaft nach § 186 Abs 1 SGB V aF im Zeitpunkt der vorgesehenen Arbeitsaufnahme begann. Diese Auslegung des innerstaatlichen Rechts ist unter Beachtung der europäischen Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen geboten.
Für das Sozialrecht ist die Richtlinie 79/7/EWG zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der Sozialen Sicherheit vom 19. Dezember 1978 (ABl Nr L 6/24) maßgebend. Sie kennzeichnet in Art 4 Abs 1 den Grundsatz der Gleichbehandlung als „den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im besonderen betreffend den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen” sowie „die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge”. Der EuGH hat mehrfach entschieden, daß Art 4 der Richtlinie 79/7/EWG hinreichend genau ist, um von einem Einzelnen in Anspruch genommen und durch die Gerichte angewandt zu werden. Die Vorschrift schließt die Anwendung aller mit diesem Artikel unvereinbaren Vorschriften aus (vgl EuGHE 1986, 3855; 1987, 1463 und 2877 = SozR 6083 Art 4 Nrn 2, 3 und 5). Geht es wie hier um die Auslegung einer nationalen Vorschrift, so muß das „nationale Gericht … seine Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie ausrichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art 189 Abs 3 EWG-Vertrag nachzukommen” (EuGHE 1994, 1657 RdNr 10 mwN). Eine Auslegung, die Arbeitnehmerinnen wie die Klägerin von der Beschäftigungsversicherung ausschließen würde, wäre mit Art 4 der Richtlinie 79/7/EWG unvereinbar. In § 186 Abs 1 SGB V aF wurde mit dem Eintritt in die Beschäftigung als Voraussetzung für den Beginn der Mitgliedschaft eine Bedingung für den Zugang zu einem System der Sozialen Sicherheit geregelt. Würde der Beginn der Mitgliedschaft und damit der Zugang zum System wegen eines Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG ausgeschlossen, so läge darin eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Dieses Beschäftigungsverbot ist Folge der Schwangerschaft und trifft daher nur Frauen. Der EuGH hat für diese Richtlinie allerdings noch nicht entschieden, daß eine Benachteiligung wegen der Schwangerschaft eine unmittelbare Diskriminierung darstellt. Dieses ist jedoch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 76/207/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen vom 9. Februar 1976 (ABl Nr L 39/40) nicht zweifelhaft. Nach Art 2 Abs 1 dieser Richtlinie besagt der Grundsatz der Gleichbehandlung, daß keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts erfolgen darf. Hierzu hat der EuGH entschieden, daß es eine verbotene unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts darstellt, wenn eine Arbeitnehmerin wegen der Schwangerschaft oder aus einem im wesentlichen auf der Schwangerschaft beruhenden Grund entlassen wird (Urteil vom 30. Juni 1998, Rechtssache C-394/96). Ein solcher Grund liegt vor, wenn die Arbeitnehmerin entlassen wird, weil sie nicht gearbeitet hat und dies auf einem Beschäftigungsverbot oder Arbeitsunfähigkeit wegen der Schwangerschaft beruht (zur Bedeutung des Diskriminierungsverbots bei Nachteilen, die durch eine Schwangerschaft bedingt sind, im übrigen EuGHE 1990, 3941; 1994, 1657 und 3567). Der erkennende Senat hat keinen Zweifel daran, daß auch für den Geltungsbereich der Richtlinie 79/7/EWG eine verbotene unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts gegeben ist, wenn die sozialrechtliche Position einer Arbeitnehmerin bei den in Art 4 dieser Richtlinie genannten Sachverhalten deshalb schlechter ist, weil sie einen Tatbestand nur wegen ihrer Schwangerschaft nicht verwirklichen kann. Das träfe im vorliegenden Zusammenhang zu, wenn die Mitgliedschaft nur deshalb nicht beginnen würde, weil die Arbeit wegen eines Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG nicht aufgenommen werden darf.
Die unterschiedlichen Rechtsfolgen, die hiernach jedenfalls nach dem bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Rechtszustand bei Nichtaufnahme der Arbeit wegen Arbeitsunfähigkeit einerseits und wegen eines Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG andererseits für den Beginn der Mitgliedschaft galten, verstießen nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der EuGH sieht aufgrund des Verbots der unmittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts die Ungleichbehandlung von Fehlzeiten im Arbeitsverhältnis als gerechtfertigt an, je nachdem, ob sie auf einer Schwangerschaft oder einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit beruhen. Dies ist auch ein hinreichender Grund, der eine Ungleichbehandlung dieser Sachverhalte bei der Anwendung des § 186 Abs 1 SGB V aF rechtfertigt.
Die Diskriminierung wegen des Geschlechts beim Zugang zur Versicherung kann hier nicht deshalb verneint werden, weil bereits eine freiwillige Versicherung bestand und lediglich der Beginn einer Pflichtmitgliedschaft ausgeschlossen werden sollte. Da das Beitragsrecht für versicherungspflichtige Mitglieder in der Beschäftigungsversicherung günstiger ist als das Beitragsrecht für freiwillige Mitglieder, würde eine Verweisung der Klägerin auf die freiwillige Versicherung gegen Art 4 Abs 1 der Richtlinie 79/7/EWG verstoßen, der auch eine Diskriminierung bei der Beitragspflicht und der Berechnung der Beiträge untersagt.
Die Klägerin ist auch in eine entgeltliche Beschäftigung eingetreten. Sie hat seit dem vorgesehenen Beginn der Arbeitsaufnahme Entgelt oder mit dem Mutterschaftsgeld und dem Zuschuß ihrer Arbeitgeberin dazu Leistungen erhalten, die für den Zugang zur Versicherung wie Entgelt zu behandeln sind. Der Senat konnte mit dem LSG offenlassen, ob die Klägerin wie von ihr vorgetragen vom 1. Juli bis zum 20. August 1993 Arbeitsentgelt erhalten hat oder ob die Arbeitgeberin für diese Zeit nur den Zuschuß zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG geleistet hat. Bei Bezug von Arbeitsentgelt war die Entgeltlichkeit der Beschäftigung gegeben. Jedenfalls hatte die Klägerin, wenn sie keinen Entgeltanspruch hatte, einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil das während des unbezahlten Urlaubs ruhende Arbeitsverhältnis ein Arbeitsverhältnis iS dieser Vorschrift war (vgl BSG SozR 3-2200 § 200 Nr 1). Die Beklagte hat dementsprechend auch Mutterschaftsgeld gezahlt. Zwar sind weder das Mutterschaftsgeld selbst noch der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld, den der Arbeitgeber nach § 14 Abs 2 MuSchG zu zahlen hat, Arbeitsentgelt (vgl für den Zuschuß § 2 Abs 2 der Arbeitsentgeltverordung vom 18. Dezember 1984 ≪BGBl I 1642≫). Dementsprechend ist das Mutterschaftsgeld grundsätzlich nur mitgliedschaftserhaltend (§ 192 Abs 1 Nr 2 SGB V) und nicht mitgliedschaftsbegründend. Dieses kann jedoch unter Berücksichtigung der Richtlinie 79/7/EWG nicht für den Zugang zur Pflichtversicherung gelten. Würde man hier die Aufnahme einer entgeltlichen Beschäftigung verneinen, weil keine Leistungen gewährt werden, die Arbeitsentgelt iS des Gesetzes sind, obwohl sie das beitragspflichtige Arbeitsentgelt ersetzen sollen, so würde dies in gleicher Weise eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts beim Zugang zur Versicherung bedeuten wie der Ausschluß der Versicherung wegen Nichtaufnahme der Arbeit aufgrund des Beschäftigungsverbots. Der Senat kann offenlassen, ob der Beginn der Beschäftigungsversicherung eintritt, wenn die vorgesehene Arbeitsaufnahme wegen eines Beschäftigungsverbotes scheitert, kein Entgelt gezahlt wird und auch ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 1 RVO und den Arbeitgeberzuschuß nach § 14 MuSchG nicht besteht, weil die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind.
Die Pflichtversicherung der Klägerin, die nach § 186 Abs 1 SGB V aF begründet wurde, blieb seit dem 21. August 1993 nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V während des Bezugs von Mutterschaftsgeld und darüber hinaus bis zum Ende des Erziehungsurlaubs erhalten. In dieser Zeit hatte die Klägerin als Pflichtmitglied keine Beiträge zu entrichten. Beitragspflichtig wären nur Einkünfte aus den in § 226 Abs 1 SGB V genannten Einnahmearten gewesen. Derartige Einkünfte hatte die Klägerin nicht. Die Beklagte hat in der freiwilligen Versicherung der Klägerin nur die Einnahmen ihres Ehemannes zugrunde gelegt, die in der Pflichtversicherung nicht zur Beitragsbemessung heranzuziehen sind. Der Erstattung der in der freiwilligen Versicherung zu Unrecht entrichteten Beiträge für die Zeit ab 21. August 1993 steht eine Leistungserbringung durch die Beklagte nicht entgegen, weil in der Pflichtversicherung Beitragsfreiheit bestand (§ 26 Abs 2 des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung ≪SGB IV≫).
Hiernach erwies sich die Revision der Klägerin als begründet. Deshalb war das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 186 |
FA 1999, 136 |
NZA 1999, 416 |
SGb 1999, 129 |
SGb 1999, 520 |
KVuSR 2000, 192 |
SozSi 1999, 374 |