Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Versicherungspflicht. Ehegatte eines Landwirts. Nichtmitarbeit. Verfassungsmäßigkeit. Vereinbarung mit Gemeinschaftsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die Versicherungspflicht des Ehegatten eines Landwirts (§ 1 Abs 3 ALG) besteht unabhängig davon, ob der Ehegatte in der Landwirtschaft mitarbeitet oder nicht.
Dies ist jedenfalls dann nicht verfassungswidrig, wenn der Ehegatte aus landwirtschaftsspezifischen Gründen in ähnlichem Maße an einer Erwerbstätigkeit außerhalb der Landwirtschaft gehindert ist, als würde er im Betrieb mitarbeiten.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
ALG § 1 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1995-12-15, § 85 Abs. 3a Fassung: 1995-12-15, § 3 Abs. 1; GG Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; EWGRL 7/79; WGRL 613/96
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25. Juli 1996 aufgehoben und die Klagen abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist vor allem streitig, ob Regelungen des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) verfassungsmäßig sind, soweit sie die Klägerin der Versicherungspflicht nach diesem Gesetz unterwerfen.
Die am 1. Januar 1963 geborene Klägerin ist seit 30. August 1986 die Ehefrau des Nebenerwerbslandwirts M. F. … (M. F.), der mit Wirkung ab 1. Dezember 1985 von der Beitragspflicht nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) befreit worden war. Nach der Geburt des dritten Kindes im Jahre 1990 war die Klägerin nicht mehr rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren eingereichten Versicherungsverlauf der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 31. März 1995, der Zeiten bis März 1991 umfaßt, war sie insgesamt 87 Monate versicherungspflichtig beschäftigt; daneben sind 36 Pflichtbeiträge für Kindererziehung verzeichnet. Das von M. F. neben seiner abhängigen Beschäftigung als Verwaltungsangestellter betriebene landwirtschaftliche Unternehmen umfaßt 1,1611 ha Forst und 18,5254 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche, wovon 50 vH als Streuobstwiesen, 5 ha zum Ackerbau und die restliche Fläche als Mähwiesen zur Heugewinnung genutzt werden; neben ca 20 Stück Rindvieh, davon sechs Mutterkühen, werden Schafe und Hühner gehalten. Der Wirtschaftswert des extensiv bewirtschafteten Betriebs betrug zum 1. Juli 1994 DM 27.179,–. Er wird ausschließlich von M. F. und dessen Vater bewirtschaftet; die Klägerin versorgt vier Kinder (geboren 1986, 1988, 1989 und 1993) sowie den eigenen und den Haushalt ihrer auf dem Anwesen lebenden Schwiegereltern. Nach Angaben der Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren ist ihre Schwiegermutter überwiegend bettlägerig und kann ihren Haushalt nicht selbst versorgen. Nach dem Einkommensteuerbescheid 1994 hat M. F. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von ca DM 66.500,– erzielt; daneben weist der Bescheid einen Verlust von ca DM 2.500,– aus Land- und Forstwirtschaft aus.
Für die Zeit ab 1. Januar 1995 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin fest (Bescheid vom „Datum des Poststempels”). Den hiergegen am 22. Februar 1995 erhobenen und mit einem Verfassungsverstoß begründeten Widerspruch wies sie zurück: Der Ehegatte eines landwirtschaftlichen Unternehmers sei nach der zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Vorschrift des § 1 Abs 3 ALG versicherungspflichtig, eine Unvereinbarkeit dieser Rechtsnorm mit dem Grundgesetz (GG) sei nicht ersichtlich (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 1995).
Das Sozialgericht Koblenz (SG) hat den die Versicherungspflicht feststellenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 1995 aufgehoben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei weder als Landwirtin noch als mitarbeitende Familienangehörige iS von § 1 Abs 1 ALG versicherungspflichtig. § 1 Abs 3 Satz 1 ALG müsse in dem Sinne verfassungskonform ausgelegt werden, daß die Pflichtversicherung der Landwirtsehegatten von deren Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb abhänge (Urteil vom 25. Juli 1996, Beschluß über die Zulassung der Revision vom 2. Oktober 1996).
Mit der unter Zustimmung der Klägerin eingelegten Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 1 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 3 Satz 1 ALG. Der vom SG gefundenen verfassungskonformen Auslegung stehe nicht nur der eindeutige Gesetzeswortlaut, sondern auch die Intention des Gesetzgebers entgegen. Ziel des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG 1995) sei es gewesen, eine eigenständige Sicherung der Bäuerinnen einzuführen. Dessen Verwirklichung liefe es zuwider, den Eintritt der Versicherungspflicht von der tatsächlichen, auf Dauer nicht zu überprüfenden Mitarbeit und damit von der Disposition der Ehegatten abhängig zu machen. Unabhängig davon fehle es an einem Verfassungsverstoß.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25. Juli 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt – unter weiterer Darlegung –
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen,
- ihr den nachträglichen Abschluß einer sie von der Versicherungspflicht befreienden Lebensversicherung zu gestatten und
- sie wegen Erziehung ihrer vier Kinder sowie der Pflege eines Pflegebedürftigen von der Versicherungspflicht zu befreien.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet; die im Revisionsverfahren von der Klägerin hilfsweise erhobene Klage ist unzulässig.
Die Beklagte hat die Versicherungspflicht der Klägerin für die Zeit ab 1. Januar 1995 zu Recht festgestellt (1). Die gegenteilige Ansicht des SG hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, so daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Anfechtungsklage abzuweisen war. Auch die während des Revisionsverfahrens mit den Hilfsanträgen zu 1. und 2. erhobene Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg; sie ist unzulässig (2).
(1) Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides beurteilt sich nach § 1 ALG in der ab 1. Januar 1995 gültigen Fassung des ASRG-ÄndG vom 15. Dezember 1995 (BGBl I, 1814). Nach Abs 1 Nr 1 dieser Vorschrift sind Landwirte versicherungspflichtig. Landwirt ist, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße gemäß Abs 5 erreicht (Abs 2 Satz 1). Unternehmer ist, wer seine berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (Abs 2 Satz 2). Darüber hinaus gilt als Landwirt der Ehegatte eines Landwirts nach Abs 2, wenn beide Ehegatten nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht erwerbsunfähig unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage ist (Abs 3 Satz 1). Auf der Grundlage dieser Bestimmungen ist die Beklagte zu Recht von der Versicherungspflicht der Klägerin für die Zeit ab 1. Januar 1995 ausgegangen. Denn nach den (in der Sprungrevision) unangreifbaren und damit den Senat bindenden (§ 161 Abs 4, § 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) Feststellungen des SG lebt die nicht erwerbsunfähige Klägerin in ehelicher Gemeinschaft mit M. F., der neben seiner Tätigkeit als Verwaltungsangestellter ein landwirtschaftliches, die Mindestgröße übersteigendes Unternehmen betreibt, nach seinen eigenen Bekundungen in der Absicht der nachhaltigen Gewinnerzielung.
Die Klägerin ist nicht kraft Gesetzes versicherungsfrei. Nach § 2 ALG idF des ASRG-ÄndG sind Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige, die das 18. Lebensjahr noch nicht oder das 65. Lebensjahr bereits vollendet haben (Nr 1a) oder bei Beginn der Versicherung die Wartezeit nach § 13 Abs 1 Nr 3 für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht mehr erfüllen können (Nr 1b) oder die eine Rente unter Berücksichtigung von § 21 Abs 6 ALG beziehen (Nr 2), versicherungsfrei. Diese Voraussetzungen sind bei der am 1. Januar 1963 geborenen Klägerin nicht erfüllt. Auch die Übergangsregelung des § 85 Abs 1 Satz 1 ALG, wonach Personen, die am 31. Dezember 1994 als Landwirte oder mitarbeitende Familienangehörige von der Beitragspflicht in der Altershilfe für Landwirte befreit oder kraft Gesetzes beitragsfrei waren, in dieser Tätigkeit versicherungsfrei bleiben, findet keine Anwendung. Diese Vorschrift gilt kraft ausdrücklicher Regelung nicht für den Ehegatten eines Landwirts, der am 31. Dezember 1994 nur deshalb nicht beitragspflichtig war, weil der Landwirt das Unternehmen der Landwirtschaft überwiegend geleitet hat; er gilt als Landwirt nach § 1 Abs 3 ALG (§ 85 Abs 1 Satz 3 ALG).
Entgegen der Meinung des SG ist unerheblich für die hiernach bestehende Versicherungspflicht der Klägerin, daß sie im landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemannes nicht mitarbeitet. Eine entsprechende Voraussetzung enthält der Wortlaut des § 1 Abs 3 ALG nicht. Sie ist auch vom Gesetzgeber nicht gewollt. Im Gegenteil begründet § 1 Abs 3 Satz 1 ALG gerade eine Fiktion „Der Ehegatte eines Landwirts … gilt als Landwirt …”), für deren Eintritt weitere Voraussetzungen nicht vorgesehen sind. Dies bestätigt auch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 12/5700, S 69, zu § 1 Abs 3 ALG: „Der Ehegatte eines Unternehmers wird im Wege einer Fiktion wie ein selbständig tätiger Landwirt versichert. Dies gilt nur dann nicht, wenn beide Ehegatten dauern getrennt leben oder sie … erklären, daß sie beide das Unternehmen gemeinsam betreiben.”).
Nichts anderes ergibt sich aus den Ausschußprotokollen (s zB Deutscher Bundestag/ Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, Wortprotokoll der 106. Sitzung am 18. Dezember 1993, S 106/56, Sachverständiger Prof. Dr. Hagedorn: „Es ist erst einmal nicht so, daß die Anwartschaften nach dem Entwurf auf Erwerbstätigkeit beruhen. Sie beruhen allein auf dem Status, Ehegatte des bisher versicherten landwirtschaftlichen Unternehmers zu sein. Es ist nicht gewährleistet, daß sie im Betrieb mitgearbeitet haben. De facto wird es häufig so sein.”). In dem dem Ausschuß vorliegenden Gutachten „Eigenständige soziale Sicherung der Bäuerin und finanzielle Stabilisierung des agrarsozialen Sicherungssystems” der Sachverständigen Mehl und Hagedorn (Unterlagen zur öffentlichen Anhörung am 18. Dezember 1993, Ausschuß-Drucks 12/1087, S 136, 145) wurde als Alternativlösung vorgeschlagen, daß „die Versicherungspflicht der Bäuerin an ihre konkrete Mitarbeit im Unternehmen anknüpfen könnte.” Dieser Anregung wurde jedoch nicht gefolgt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin und des SG ist § 1 Abs 3 Satz 1 ALG in dieser Auslegung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Grundrechte der Klägerin sind nach der Überzeugung des Senats nicht verletzt (a bis c). Kein Raum ist daher für die Frage, ob eine von der Auffassung des Senats abweichende verfassungskonforme Auslegung geboten oder ob nach Art 100 Abs 1 GG das Verfahren mit dem Ziel auszusetzen ist, die Frage der Vereinbarkeit der Regelung mit dem GG dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung vorzulegen. Auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gemäß Art 177 des Vertrages zur Gründung der EG (EGV) wegen Zweifeln an der Auslegung europäischen Rechts kommt nicht in Betracht (d).
(a) Durch die Begründung der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte ist das Eigentum (Art 14 Abs 1 Satz 1 GG) der Klägerin nicht berührt. Das betreffende Grundrecht schützt nicht das Vermögen als solches gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten und Zwangsbeiträgen (so zur Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Altershilfe bereits BVerfGE vom 31. Mai 1988, BVerfGE 78, 232, 243). Ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie kommt nur dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen, dh eine erdrosselnde Wirkung ausüben. Demgemäß könnte durch eine Auferlegung von Zwangsbeiträgen Art 14 Abs 1 GG allenfalls dann verletzt sein, wenn die Beiträge über jedes Maß ansteigen würden. Ein derartig krasser Fall ist jedoch durch die Auferlegung einer Beitragslast von ca DM 300,–/Monat nicht gegeben, zumal versicherungspflichtige Landwirte nach § 32 ALG einen Anspruch auf Beitragszuschuß haben, wenn bestimmte Einkommensgrenzen unterschritten werden.
(b) Prüfungsmaßstab ist jedoch die in Art 2 Abs 1 GG geschützte wirtschaftliche Handlungsfreiheit. Auch dieses Grundrecht ist im Falle der Klägerin nicht verletzt. Ihre Beitragsbelastung ist verhältnismäßig. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt zunächst, daß eine Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und erforderlich ist; sie ist geeignet, wenn der gewünschte Erfolg mit ihrer Hilfe gefördert werden kann, und erforderlich, wenn der Gesetzgeber dazu kein anderes, den Betroffenen weniger belastendes Mittel hätte wählen können (aa). Ferner darf der mit der Maßnahme verbundene Eingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen (bb).
(aa) Maßnahme in diesem Sinn ist die zum 1. Januar 1995 eingeführte Versicherungspflicht der Klägerin als eines – unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage nicht erwerbsunfähigen – nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten eines Landwirts nach § 1 Abs 3 Satz 1 ALG (eingeführt durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung ≪ASRG 1995≫ vom 29. Juli 1994, BGBl I 1890).
Hiermit verfolgte der Gesetzgeber den Zweck, die Rechtsstellung der Bäuerin durch Einführung einer eigenständigen Sicherung zu verbessern (BT-Drucks 12/5700, Vorblatt I, S 62 f). Er ging dabei davon aus, daß die tiefgreifenden strukturellen Veränderungen in der Landwirtschaft den Ehegatten landwirtschaftlicher Unternehmer eine immer verantwortungsvollere und tragendere Rolle im bäuerlichen Familienbetrieb zugewiesen hätten (aaO S 62). Auch aus den Wortmeldungen zur zweiten und dritten Lesung des ASRG im Bundestag wird deutlich, daß der Anteil der Bäuerinnen an der landwirtschaftlichen Arbeit Motiv für die Einbeziehung in die Versicherungspflicht war. So betonte MdB Heinrich, F.D.P. (Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 12/228, S 19735): „Ganz wichtig ist für uns die eigenständige Sicherung der Bäuerinnen; denn gerade die Bäuerinnen sind es, die in unseren Betrieben die unverzichtbare Arbeit leisten, die in vielen Fällen das tragende Element in den Betrieben sind. Denen haben wir letztendlich einmal Rechnung getragen.” Entsprechend formulierte Horst Günther, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (aaO S 19741): „Der unentbehrlichen Mitarbeit der Bäuerin wird dadurch Rechnung getragen, daß sie künftig wie ihr Ehemann in der Alterssicherung der Landwirte beitragspflichtig und damit natürlich auch leistungsberechtigt wird.”
Es leuchtet unmittelbar ein, daß ein besonderes soziales Alterssicherungsbedürfnis für die im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeitenden Bäuerinnen besteht, die landwirtschaftliche Arbeiten verrichten. Sie werden durch jene Mitarbeit gehindert, einer außerlandwirtschaftlichen (abhängigen) Erwerbstätigkeit nachzugehen, aufgrund derer sie eine eigenständige Alterssicherung in Form einer Rentenanwartschaft aufbauen können.
Die außerlandwirtschaftlichen Erwerbschancen für Ehefrauen von Landwirten werden jedoch nicht nur dann beeinträchtigt, wenn sie im landwirtschaftlichen Betrieb selbst mitarbeiten. Vielmehr muß als sozial schützenswerte Mitarbeit in der Landwirtschaft – im weiteren Sinne – jedenfalls auch die für landwirtschaftliche Verhältnisse typische (Mit-) Versorgung der älteren Generation, also der Altenteiler, gerechnet werden: In fast 80 % aller Hofübergabeverträge wird vereinbart, daß die Altenteiler Anspruch auf „Wart und Pflege” oä haben (vgl zB Millich, Der Pflegefall des Altenteilers unter besonderer Berücksichtigung des Sozialhilferechts, Diss Tübingen 1989, S 36, 57 mwN). Entfallen die entsprechenden Tätigkeiten, wie wohl in aller Regel, auf die Ehefrau des Landwirts, erschweren sie es ihr ebenfalls, eine Erwerbstätigkeit außer Hause aufzunehmen. In dieser Hinsicht ist auch die Klägerin belastet; dies hat das SG ausdrücklich festgestellt: Sie versorgt neben dem eigenen Haushalt noch den der auf dem Hof lebenden Schwiegereltern (im Schriftsatz der Klägerin vom 15. Oktober 1995 wird geschildert, daß die beiden Altenteiler, damals 78 und 77 Jahre, versorgungsbedürftig seien: „Die 77-jährige Oma ist seit ca 2,5 Jahren überwiegend bettlägerig und kann ihren separaten Haushalt nicht mehr selbst versorgen …. Die Arbeiten, die ≪die Klägerin≫ hier noch übernimmt, sollen im folgenden … aufgeführt werden: Kochen, laufende Arbeiten der Haushaltsführung, Putzen und Reinigen der Altenteilswohnung, Einkaufen und alle Besorgungen, Begleitung zum Arztbesuch, wöchentliches Baden der behinderten Schwiegermutter”).
Auf dieser Grundlage aber ist die Einbeziehung auch der Klägerin in die Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte geeignet und erforderlich, um den geschilderten Gesetzeszweck zu verwirklichen. Auf Gesichtspunkte der Pauschalierung und Typisierung kommt es hier insoweit ebensowenig an wie auf das bei jedem öffentlich-rechtlichen Sicherungssystem bestehende Interesse an der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft (BVerfG vom 9. Februar 1977, BVerfGE 44, 70 zur Krankenversicherung der Landwirte).
(bb) Die Einbeziehung in die Versicherungspflicht ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne, also für die Klägerin zumutbar. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, daß der Einheitsbeitrag (1995: DM 291,–/Monat ≪§ 114 Abs 1 ALG≫, 1996: DM 311,–/Monat ≪§ 2 Abs 1 Beitragssatzverordnung -BSV- 1996, BGBl 1995 I 1584≫, 1997: DM 328,–/Monat ≪§ 2 Abs 1 BSV 1997, BGBl 1996 I 2085≫, 1998: DM 335,–/Monat ≪§ 2 Abs 1 BSV 1998, BGBl 1997 I 3219≫) dann durch den Beitragszuschuß nach den §§ 32, 33 ALG teilweise aufgefangen wird, wenn der Grenzwert (jährliches Einkommen von DM 40.000,–) nicht überschritten wird.
Hiervon dürfte auch die Klägerin profitieren: Nach den sich aus den Akten ergebenden Zahlen schlagen für das Jahr 1994 (Einkommensteuerbescheid vom 18. September 1995) Einkünfte des Ehemanns der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit von ca DM 66.500,– zu Buche. Für den landwirtschaftlichen Betrieb weist der Einkommensteuerbescheid einen Verlust von ca DM 2.500,– aus, der nach Angaben der Klägerin im Revisionsverfahren aufgrund einer Einnahmen-Ausgaben-Überschuß-Rechnung (§ 4 Abs 3 Einkommensteuergesetz ≪EStG≫) ermittelt wurde. Damit aber wäre nach § 32 Abs 1, 2, 3 ALG von einem jährlichen Einkommen der Klägerin in Höhe von ca DM 33.250,– auszugehen. Ihr stünde damit nach den Verhältnissen des Jahres 1995 ein Beitragszuschuß von DM 65,–/Monat zu, so daß sie damals nur 78 % des vollen Beitrags (DM 226,– statt DM 291,–/Monat) zu entrichten gehabt hätte (§ 33 Abs 1 iVm Anl 1 ALG).
Geht man von diesen Werten aus, kann ausgeschlossen werden, daß die Beiträge zur Beklagten die Familie der Klägerin unter das Sozialhilfeniveau drücken, wenn auch mögliche Schwierigkeiten der Finanzierung nicht ausgeschlossen werden können. Nichts anderes gilt für den Fall, daß die Klägerin den vollen Beitrag zahlen müßte.
Es darf darüber hinaus für die Frage der Zumutbarkeit der Belastung nicht übersehen werden, daß die der Klägerin auferlegten Pflichtbeiträge nicht lediglich eine finanzielle Belastung bedeuten, sondern daß aus ihnen auch Leistungsansprüche erwachsen. Zwar ist die Mitgliedschaft in der Alterssicherung der Landwirte nicht vorteilhafter als in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Beitrag zur Alterssicherung der Landwirte wird dahin bemessen, daß er 80 % des Beitrags erreicht, der in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten für eine vergleichbare Leistung zu zahlen wäre (zu § 68 ALG vgl BT-Drucks 12/7599 S 12). Der Abschlag von 20 % stellt jedoch nach der Gesetzesbegründung keine besondere Begünstigung dar, sondern erklärt sich aus dem geringeren Leistungsspektrum in der Versicherung der Landwirte verglichen mit der gesetzlichen Rentenversicherung (zB Abgabe des Unternehmens als zusätzliche Leistungsvoraussetzung); ob er noch gerechtfertigt ist, soll späterer Überprüfung unterliegen (BT-Drucks aaO). Festzuhalten bleibt jedoch, daß damit die pflichtversicherten Ehefrauen von Landwirten für ihre Beiträge keine geringere „Rendite” erzielen als freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Klägerin muß zudem nicht befürchten, Beiträge entrichten zu müssen, aus denen – mangels Erfüllung von Wartezeiten – keine Leistungsansprüche folgen können. Denn auf die Wartezeiten in der Alterssicherung der Landwirte werden ihre in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Pflichtversicherungszeiten angerechnet (§ 17 Abs 1 Nr 1 GAL idF des ASRG-ÄndG).
Ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip liegt auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer unzumutbaren Überversicherung (vgl Bundesverwaltungsgericht ≪BVerwG≫ vom 29. Januar 1991, BVerwGE 87, 324, 330 mwN) vor. Dabei sieht der Senat durchaus die Belastung der Klägerin: Aus dem Arbeitsentgelt ihres Ehemanns werden einerseits bereits Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt, die (vgl die Witwenrente, augenfällig durch den Versorgungsausgleich) ua auch zur Absicherung der Klägerin bestimmt sind. Und andererseits wird jenes Arbeitsentgelt zusätzlich insofern belastend zur Bemessung der Beiträge der Klägerin zur Alterssicherung der Landwirte herangezogen, als sich ihr Anspruch auf Beitragszuschuß auch hiernach bestimmt. Denn allein auf der Grundlage des Einkommens aus dem landwirtschaftlichen Unternehmen hätte der Klägerin der Beitragszuschuß nach § 33 Abs 1 ALG in Höhe von 80 % des Beitrags zugestanden.
Hierin kann jedoch eine Verfassungswidrigkeit nicht gesehen werden. Zum einen entspricht die absolute Höhe des monatlichen Beitrages in der Alterssicherung der Landwirte von DM 291,– für das Jahr 1995 nicht dem vollen Arbeitsentgelt des Ehemannes als Bemessungsgrundlage und auch noch nicht einmal der nach § 32 Abs 2 Satz 1 ALG für die Berechnung des Beitragszuschusses heranzuziehenden Hälfte. Denn freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von DM 291,–/Monat für das Jahr 1995 (so wie als voller Beitrag zur landwirtschaftlichen Alterssicherung zu entrichten) entsprechen bei einem Beitragssatz von 18,6 % (§ 1 BSV 1995, BGBl I 1994, 3438) einem jährlichen Entgelt von nur DM 18.774,–. Nur in dieser Höhe dient das Arbeitsentgelt des Ehemannes der Klägerin als Bemessungsgrundlage ihres Beitrages, und zwar auch nur für den Fall, daß ihr nicht noch zusätzlich wegen eines zu geringen Jahreseinkommens beider Ehegatten ein Beitragszuschuß zusteht. Zum anderen stellt die Leistung des Beitragszuschusses nichts anderes dar als eine staatliche Subvention ertragsschwächerer landwirtschaftlicher Betriebe, führt sie doch dazu, daß derselbe Versicherungsschutz mit niedrigeren Beiträgen erlangt wird. Beurteilt man die zusätzliche Belastung des Jahreseinkommens der Landwirtseheleute unter Berücksichtigung der aufgezeigten Einschränkungen, kann der Senat keine verfassungswidrige unzumutbare Überversicherung erkennen. Insbesondere kann es nicht als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn die Subventionierung durch einen Beitragszuschuß einkommensabhängig gestaltet ist und nicht nur das Einkommen aus der Landwirtschaft, sondern auch das außerlandwirtschaftliche Einkommen berücksichtigt. Aufgrund der Einkommensgrenzen des Zuschusses werden Härten aufgefangen; diese Leistung steht nach § 32 Abs 1 und 2 ALG Ehepaaren mit einem jährlichen Gesamteinkommen von immerhin bis zu DM 80.000,– zu. Auch die Klägerin dürfte (s oben) einen entsprechenden Anspruch haben. Bei einem Einkommen aus dem landwirtschaftlichen Unternehmen bis zu DM 16.000,– ohne weiteres außerlandwirtschaftliches Einkommen hätte zwar die Ehefrau eines Landwirts, die gemäß § 1 Abs 3 Satz 1 ALG als Landwirt gilt, im Jahre 1995 einen Beitragszuschuß in Höhe von DM 233,– erhalten und somit nur DM 58,–/Monat an Beiträgen zu entrichten gehabt (s. Anlage 1 zu § 33 Abs 1 ALG). Aber nach Maßgabe der Werte des Einkommenssteuerbescheides 1994 hat die Klägerin im Jahre 1995 unter Berücksichtigung des auf sie entfallenden Anteils des Einkommens ihres Ehemannes auch nur DM 226,–/Monat statt des vollen Beitrages von DM 291,–/Monat zu zahlen (s Anlage 1 zu § 33 Abs 1 ALG).
(c) Die Einbeziehung der Klägerin in die Pflichtversicherung zur Alterssicherung der Landwirte widerspricht auch nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG ergeben sich insoweit für den Gesetzgeber je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl BVerfG vom 26. Januar 1993, BVerfGE 88, 87, 96; vom 8. Juni 1993, BVerfGE 89, 15, 22; vom 10. Januar 1995, BVerfGE 91, 389, 401). Da der Grundsatz, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Eine Differenzierung ist hier im allgemeinen verfassungsrechtlich nur dann nicht zu beanstanden, wenn für sie Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl BVerfG vom 7. Oktober 1980, BVerfGE 55, 72, 88; vom 26. Januar 1993, BVerfGE 88, 87, 96 f; vom 10. Januar 1995, BVerfGE 91, 389, 401).
Es bestehen jedoch nach diesen Maßstäben angemessene Gründe dafür, daß die Klägerin anders als die unverheiratete Partnerin eines Landwirts (aa), die Ehefrau eines selbständigen Handwerkers (bb) oder die eines (nur) versicherungspflichtig Beschäftigten (cc) und auch anders als ihr Ehemann (dd) unter den Voraussetzungen des vorliegenden Falles eigene Pflichtbeiträge zu einer gesetzlichen Alterssicherung zu entrichten hat. Auch daraus, daß die Klägerin als Ehefrau eines Landwirts ohne – unmittelbare – Mitarbeit in diesem landwirtschaftlichen Betrieb ebenso Pflichtmitglied der landwirtschaftlichen Alterssicherung ist wie die Ehefrau eines Landwirts, die in der Landwirtschaft unmittelbar mitarbeitet (ee), läßt sich kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz herleiten. Ebensowenig liegt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darin, daß die Klägerin als Ehefrau eines Nebenerwerbslandwirts, dessen landwirtschaftlicher Betrieb den Wirtschaftswert von DM 20.000,– überschreitet, zur Pflichtversicherung in der landwirtschaftlichen Alterssicherung herangezogen wird, während es bei einem niedrigeren Wirtschaftswert eine Befreiungsmöglichkeit gibt (§ 85 Abs 3a ALG idF des ASRG-ÄndG) (ff).
(aa) Soweit die zu prüfende Regelung zwischen der Ehefrau eines Landwirts und der unverheirateten Partnerin oder Lebensgefährtin eines Landwirts differenziert, liegt kein Gleichheitsverstoß vor. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Grundrechts nach Art 6 Abs 1 GG, das Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung unterstellt. Es ist von Verfassungs wegen nicht verboten, an das Bestehen einer Ehe auch für den einzelnen nachteilige Folgen anzuknüpfen. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft darf zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlich nachteiliger Rechtsfolgen genommen werden, sofern sich für eine Differenzierung zu Lasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses einleuchtende Sachgründe finden lassen und eine Diskriminierung der Ehe ausscheidet (BVerfG vom 3. Juni 1987, BVerfGE 75, 361, 366 mwN; vgl auch BVerfG, Kammer-Beschluß vom 15. November 1995 – 1 BvR 1675/91, NVwZ 1995, 370).
Gerade die Ehe aber ist – im Gegensatz zu einer eheähnlichen Gemeinschaft und stärker als diese – eine auf Dauer angelegte Gemeinschaft auch in wirtschaftlicher Hinsicht; hieraus können sich auch Folgen auf Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit ergeben (vgl § 1356 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch: „Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.”). Dann aber ist es sachgerecht, die Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte auf die familienrechtliche Bindung der Ehe mit einem Landwirt abzustellen und nicht etwa auf das Bestehen einer nichtehelichen Gemeinschaft.
(bb) Im Vergleich von Landwirtsehefrauen einer- und Handwerkerehefrauen andererseits kann ebenfalls keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gesehen werden. Selbst wenn Ehegatten von Handwerkern in gleichem – oder gar höherem – Maße wie Ehegatten von Landwirten einer eigenständigen Alterssicherung bedürften, ist der Gesetzgeber wegen des unzureichenden Versicherungsschutzes eines bestimmten Personenkreises nicht gehindert, den sozialen Schutz eines anderen Personenkreises zu verwirklichen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Gesetzgeber im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte erstmals einen Ansatz zur Regelung einer eigenständigen sozialen Sicherung der Ehefrau unternommen hat und er nicht verpflichtet sein kann, neue Regelungsmodelle sofort überall und allumfassend einzuführen.
(cc) Entsprechend ist der Gesetzgeber berechtigt, zwischen der Ehefrau eines Landwirts (und sei er als Nebenerwerbslandwirt von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterssicherung befreit) und der eines (nur) versicherungspflichtig Beschäftigten zu unterscheiden. Hier gilt entsprechend, was soeben zu Ehegatten von Handwerkern gesagt wurde; selbst bei gleicher sozialer Schutzbedürftigkeit beider Personengruppen besteht keine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Schutz der neu eingeführten Pflichtversicherung sofort auch auf Ehegatten versicherungspflichtig Beschäftigter auszudehnen.
(dd) Das ALG behandelt Nebenerwerbslandwirte einerseits und ihre nicht außerhalb der Landwirtschaft erwerbstätigen Ehegatten andererseits insoweit unterschiedlich, als er die Ehegatten nicht an der Befreiungsmöglichkeit für außerhalb der Landwirtschaft mehr als nur geringfügig Beschäftigte oder Tätige (§ 3 Abs 1 Nr 1 ALG) teilhaben läßt. Hieraus lassen sich jedoch nach Maßgabe des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes ebenfalls keine Bedenken ableiten. Denn zum einen kann es nur als angemessen bezeichnet werden, wenn bei einem Nebenerwerbslandwirts-Ehepaar nur derjenige in der Alterssicherung nicht versicherungspflichtig ist, der über eine eigene Absicherung (aufgrund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft) verfügt. Zum anderen ist die Befreiungsmöglichkeit für den Nebenerwerbslandwirt derartig großzügig (bei mehr als nur geringfügiger Beschäftigung oder Tätigkeit) angesetzt, daß jedenfalls aus dem zumindest erzielten außerlandwirtschaftlichen Einkommen noch nicht einmal eine ausreichende Alterssicherung für eine Person erwirtschaftet werden kann. Dann aber muß auch von Verfassungs wegen die mit diesem Einkommen verbundene Befreiungsmöglichkeit nicht für mehr als eine Person gelten.
(ee) Weiterhin liegt im Falle der Klägerin kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG darin, daß die Versicherungspflicht der Landwirtsehegatten nach § 1 Abs 3 ALG nicht darauf abstellt, ob diese im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeiten oder nicht.
Der vorliegende Fall nötigt nicht zur generellen Entscheidung, ob auch für alle nicht in der Landwirtschaft mitarbeitenden Ehegatten eines Landwirts die Einbeziehung in die Pflichtversicherung zur Alterssicherung der Landwirte verfassungsmäßig unbedenklich ist. Denn wie oben aufgezeigt arbeitet die Klägerin jedenfalls insoweit – im weiteren Sinne – in der Landwirtschaft ihres Ehemannes mit, als sie die Altenteiler betreut. Damit aber ist sie ebenso sozial schutzbedürftig, als würde sie mit dem entsprechenden Arbeitsaufwand landwirtschaftliche Arbeiten verrichten. Auch die Betreuung von Altenteilern ist landwirtschaftstypisch und rechtfertigt von daher die Gleichbehandlung der Klägerin mit jenem Personenkreis.
Darüber hinaus sei auf folgende Überlegungen hingewiesen: Ginge man davon aus, daß Motiv für die Einbeziehung des Ehegatten des Landwirts nach § 1 Abs 3 ALG die Mitarbeit der Bäuerin in der Landwirtschaft war, so könnte es in der Tat verfassungsrechtlich bedenklich sein, wenn man hierdurch auch eine beträchtliche Anzahl von Landwirtsehefrauen zwangsweise in die landwirtschaftliche Alterssicherung einbezöge, die keine landwirtschaftlichen Tätigkeiten verrichten.
Das vorhandene Zahlenmaterial könnte den Schluß nahelegen, daß etwa ein Viertel aller Ehefrauen eines Landwirts in dessen landwirtschaftlichem Unternehmen nicht mitarbeiten. Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, daß nach dem Agrarbericht 1990 zur Zeit der Arbeitskräfteerhebung 1988 nur 76 % der Bäuerinnen in den landwirtschaftlichen Betrieben tätig waren (vgl BR-Drucks 95/90 S 52 Nr 80), 24 % also nicht mitarbeiteten. Die hiervon abweichenden Zahlenangaben im Agrarbericht 1991 (BR-Drucks 80/91 S 52 Nr 75), wonach nur 4 % der Landwirtsehegatten nicht im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeiteten, können demgegenüber von vornherein nicht als verläßlich betrachtet werden; sie beruhen auf einer Untersuchung (Claupein/Günter, Die Lebens- und Arbeitssituation von Bäuerinnen, Schriftenreihe des BMELF, Heft 398 S 16), die ihr Zahlenmaterial aus einer Befragung von Mitgliedern der Landfrauenverbände gewonnen hat, also eines Personenkreises, bei dem von vornherein ein besonderes Engagement in der Landwirtschaft unterstellt werden kann.
Es erschiene unter den Gesichtspunkten von Typisierung und Pauschalierung als verfassungsmäßig kaum vertretbar, etwa ein Viertel „Nichtbetroffener” in eine belastende gesetzliche Regelung einzubeziehen (vgl – für das Gebührenrecht – die Rechtsprechungs-Übersicht im Urteil des BVerwG vom 28. März 1995, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr 75 = DÖV 1995, 826 mwN; das BVerwG hat lediglich einmal einen „Ausnahmewert” von 20 % deshalb zugelassen, da sich hieraus nur eine 10%ige Gebührenmehrbelastung ergab: BVerwG vom 16. September 1981, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr 45 S 11, 14). Etwas anders läßt sich auch nicht aus der Entscheidung des BVerfG zur Berücksichtigung der Kirchensteuer als „gewöhnlich anfallender Abzug” bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes herleiten (BVerfG vom 23. März 1994, BVerfGE 90, 226). Denn das BVerfG hat dort nicht im Rahmen des Art 3 Abs 1 GG eine Typisierung unbeanstandet gelassen, nur weil (noch) die überwiegende Mehrzahl korrekt behandelt wurde (s zum Gleichheitssatz die Ausführungen aaO S 239 f). Es hat vielmehr lediglich im Rahmen des „rechtsstaatlichen Gebotes der Rechtsklarheit” ausgeführt, dieses sei verletzt, wenn sich der Gesetzgeber zu seiner grundsätzlichen Entscheidung, bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes an den Nettolohn anzuknüpfen, in Widerspruch setze. Das sei dann der Fall, wenn er Abzüge berücksichtige, die nicht mehr „gewöhnlich” seien, also nicht mehr eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern träfen. Die „überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer” hat das BVerfG im übrigen auch in diesem Zusammenhang nur deshalb als maßgebend angesehen, weil der Kirchensteuerabzug bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes „nicht sehr stark ins Gewicht fällt” (aaO S 238; 2 % des Arbeitslosengeldes: aaO S 228 f), was bei der hier in Frage stehenden Beitragslast jedenfalls nicht mehr der Fall ist.
Der sich aus dem Agrarbericht 1990 ergebende „Ausnahme-Prozentsatz” von 24 % ist jedoch zu relativieren. Zu prüfen wäre zunächst, ob als „Mitarbeit in der Landwirtschaft” – korrekterweise – nicht nur die körperliche Mithilfe bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten gewertet wurde, sondern zB auch die Verrichtung in der Landwirtschaft anfallender sonstiger Tätigkeiten (Büroarbeiten, Buchhaltung, Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten, Aufsicht über Arbeitskräfte, Entgegennahme von Lieferungen usw). Selbst wenn sich der genannte Prozentsatz auch nach diesem Maßstab als zutreffend erwiese, ist ferner davon auszugehen, daß in jenen 24 % auch eine hohe Anzahl solcher Landwirtsehefrauen enthalten ist, die sich bereits nach § 3 ALG auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen können, etwa weil sie ein mehr als geringfügiges außerlandwirtschaftliches Arbeitsentgelt beziehen (nach § 3 Abs 1 Nr 1 ALG), Kinder von bis zu drei Jahren erziehen (Nr 2 aaO) oder Pflegeperson sind (Nr 3 aaO). Hinzu kommt der wiederum wahrscheinlich nicht unerhebliche Anteil jener Ehefrauen von Landwirten, die – wie die Klägerin – zwar nicht im engeren Sinne im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeiten, jedoch in ähnlicher Weise dadurch sozial schutzbedürftig sind, daß sie Altenteiler versorgen und betreuen.
Daneben wäre zu diskutieren, inwieweit weitere Erschwernisse der Ehegatten von Landwirten ebenfalls zu einer sozialen Schutzbedürftigkeit im hier diskutierten Sinne führen; ob also zB bereits folgende Umstände die Einbeziehung in die Alterssicherung der Landwirte rechtfertigen: Hindernisse, die einer außerhäuslichen Betreuung von Kindern im Wege stehen, oder die Unmöglichkeit des Umzugs an einen Ort, an dem beide Ehegatten ohne Schwierigkeiten einen angemessenen Arbeitsplatz finden können, weil sie an das landwirtschaftliche Unternehmen gebunden sind.
Ginge man aber hiervon aus, so läge es durchaus nahe, daß uU nur ein sehr geringer Anteil auch jener Ehefrauen von Landwirten ohne „Mitarbeit im Betrieb” – und ohne Befreiungsmöglichkeit nach § 3 Abs 1 ALG – nicht von den geschilderten Nachteilen betroffen ist. Die Einbeziehung einer solch kleinen Gruppe in die Versicherungspflicht könnte dann aber in der Tat durch Gesichtspunkte der Pauschalierung und Typisierung gerechtfertigt sein.
(ff) Schließlich wird die Klägerin anders behandelt, als wiese der landwirtschaftliche Betrieb ihres Ehemanns einen Wirtschaftswert von höchstens DM 20.000,– auf; dann nämlich bestünde für sie die Befreiungsmöglichkeit nach § 85 Abs 3a Satz 1 Nr 2 ALG.
Insofern ist zunächst festzuhalten, daß allein aus der Bestimmung dieses Grenzwerts mit DM 20.000,– ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG nicht hergeleitet werden kann. Ähnlich wie bei Stichtagsregelungen ist es dem Gesetzgeber durch Art 3 Abs 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Einkommens- oder Wertgrenzen einzuführen. Insbesondere verstößt es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn die Wahl der einschlägigen Grenze am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist (vgl BVerfG vom 7. Juli 1992, BVerfGE 87, 1). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Der Befreiungstatbestand nach § 85 Abs 3a ALG (idF des ASRG-ÄndG vom 15. Dezember 1995) ermöglicht dem Ehegatten eines Landwirts, sich von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterssicherung befreien zu lassen, wenn der Landwirt
- am 31. Dezember 1994 nicht beitragspflichtig war,
- er im Jahre 1994 Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als DM 40.000,– erzielt hat, und
- der Wirtschaftswert des Unternehmens der Landwirtschaft nach den betrieblichen Verhältnissen am 1. Januar 1995 DM 20.000,– nicht überschritt.
Die hierin geregelte Befreiungsmöglichkeit orientiert sich damit an zwei gegenläufigen Grenzen: der Untergrenze von DM 40.000,– hinsichtlich des außerlandwirtschaftlichen Einkommens des Landwirts sowie der Obergrenze von DM 20.000,– hinsichtlich des Wirtschaftswerts des landwirtschaftlichen Unternehmens.
Dies ist jedoch durch die Zielsetzung dieser Befreiungsvorschrift gerechtfertigt: Der Gesetzgeber wollte hiermit die Situation solcher Eheleute erfassen, bei denen der Ehemann nur einen relativ kleinen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet, jedoch regelmäßig erhebliches außerlandwirtschaftliches Erwerbseinkommen erzielt, das dazu führt, daß kein Zuschuß zum Einheitsbeitrag der Alterssicherung gezahlt wird (Wirth, BArbBl 4/1996, S 5, 6). Dann aber kann es nicht als sachwidrig angesehen werden, wenn hinsichtlich des außerlandwirtschaftlichen Einkommens eine Unter-, hinsichtlich des Wirtschaftswerts aber eine Obergrenze besteht.
Zum anderen aber kann die Wirtschaftswertgrenze auch als verfassungsrechtlich legitime „Zumutbarkeitsgrenze” verstanden werden: Je größer das landwirtschaftliche Unternehmen eines Nebenerwerbslandwirts ist, desto eher ist es gerechtfertigt, die Eheleute zusätzlich mit den Pflichtbeiträgen zur landwirtschaftlichen Alterssicherung für die nicht außerhalb der Landwirtschaft erwerbstätige Ehefrau zu belasten.
(d) Der Senat sieht keine Veranlassung, zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts eine Vorabentscheidung des EuGH gemäß Art 177 EGV einzuholen, um über die Vereinbarkeit des § 1 Abs 3 Satz 1 ALG mit europäischem Recht befinden zu können. Die nationale Regelung steht insbesondere in Einklang mit den Richtlinien des Rates (aa) zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (EWGRL 79/7) vom 19. Dezember 1978 (Abl EG Nr L 6/24) und (bb) zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit – auch in der Landwirtschaft – ausüben, sowie über den Mutterschutz (EWGRL 86/613) vom 11. Dezember 1986 (Abl EG Nr L 359/56).
(aa) Die EWGRL 79/7 ist auf die Erwerbsbevölkerung anwendbar (Art 2 EWGRL 79/7). Schon deshalb ist fraglich, ob sie überhaupt Einfluß auf die Regelung der Versicherungspflicht Nicht-Erwerbstätiger – in der Form in der Landwirtschaft nicht unmittelbar mitarbeitender Ehegatten – haben kann. Dies kann jedoch offenbleiben. Denn die Regelungen jener Richtlinie stehen einer solchen Versicherung zweifelsfrei nicht entgegen.
Nach Art 4 Abs 1 EWGRL 79/7 beinhaltet der Grundsatz der Gleichbehandlung den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- und Familienstand, und zwar im besonderen betreffend den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen, die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge sowie die Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen, schließlich die Bedingungen betreffend Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Leistungen. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn die in einer Rechtsnorm geregelte Begünstigung oder Benachteiligung an ein bestimmtes Geschlecht anknüpft. Demgegenüber ist nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH eine mittelbare Diskriminierung anzunehmen, wenn das neutral formulierte nationale Recht ohne rechtfertigenden Grund wesentlich mehr Mitglieder des einen als des anderen Geschlechts nachteilig behandelt (vgl EuGH vom 1. Februar 1996, EuGHE I 1996, 179, 203 mwN = SozR 3-6083 Art 4 Nr 13). Da die gesetzliche Fiktion des § 1 Abs 3 Satz 1 ALG für jeden Ehegatten gilt, scheidet eine unmittelbare Diskriminierung aus. Es ist aber davon auszugehen, daß ein landwirtschaftliches Unternehmen in der Regel vom Ehemann betrieben wird und die Fiktion daher häufiger bei den Ehefrauen zum Tragen kommt. Gleichwohl ist hiermit keine mittelbare Diskriminierung verbunden, denn die Ehegattenversicherung ist sozialpolitisch gerechtfertigt.
Der EuGH hat bereits wiederholt entschieden, daß die Mitgliedstaaten für die Sozialpolitik zuständig sind und insoweit über einen weiten Entscheidungsspielraum verfügen. Eine Regelung im Bereich der sozialen Sicherheit, die für ein Geschlecht eine besondere Belastung bedeute, ist daher gerechtfertigt, sofern sie einem berechtigten Ziel der Sozialpolitik dient und hierfür geeignet und erforderlich ist (vgl EuGH aaO). Die Ehegattenversicherung dient der Umsetzung der eigenständigen Absicherung von Bäuerinnen. Der Abbau eines sozialen Schutzdefizites ist ein berechtigtes Ziel der Sozialpolitik. Dabei war der Gesetzgeber aufgrund seines Ermessensspielraumes auch befugt, die Fiktion unabhängig von einer tatsächlichen Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb eintreten zu lassen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zu Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG verwiesen werden.
(bb) Auch die EWGRL 86/613 steht der Ehegattenversicherung in der Landwirtschaft nicht entgegen. Diese Richtlinie betrifft ua die Ehegatten selbständiger Erwerbstätiger, die weder als abhängig Beschäftigte noch als Gesellschafter gelten und zu den Bedingungen des einzelstaatlichen Rechts gewöhnlich an der Tätigkeit des selbständigen Erwerbstätigen beteiligt sind, indem sie dieselben Arbeiten oder damit verbundene Arbeiten ausführen (Art 2 Buchstabe b). Der auch hier niedergelegte Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet, daß keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, vor allem nicht im Hinblick auf den Ehe- oder Familienstand, erfolgen darf (Art 3). Zur Verwirklichung dieses Grundsatzes werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die ua zur Schaffung eines freiwilligen Zugangs zu Systemen der sozialen Sicherheit erforderlich sind (Art 6): „Besteht in einem Mitgliedstaat für selbständige Erwerbstätige ein auf Beitragsleistungen beruhendes System der sozialen Sicherheit, so ergreift dieser Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, damit die in Art 2 Buchstabe b genannten Ehegatten, wenn sie nicht über das System der sozialen Sicherheit des selbständigen Erwerbstätigen gesichert sind, freiwillig gegen entsprechende Beitragsleistung einem System der sozialen Sicherheit beitreten können.” Dieser Forderung läuft § 1 Abs 3 Satz 1 ALG nicht zuwider. Denn nach dieser Vorschrift sind die Ehegatten von Landwirten gerade bereits „über das System der sozialen Sicherheit des selbständig Erwerbstätigen gesichert”, das in Deutschland grundsätzlich für selbständige Landwirte gilt. Infolgedessen kommt es (entgegen Voigt, SdL 1996, 213, 216) auch nicht darauf an, ob Art 2 Buchstabe b EWGRL 86/613 voraussetzt, daß die darin angesprochenen Ehegatten von Selbständigen in deren Betrieb mitarbeiten.
(2) Soweit die Klägerin in der Revisionsinstanz Hilfsanträge gestellt hat, liegt hierin eine unzulässige Klageänderung. Darüber hinaus ist die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage selbst unzulässig. Die Klägerin begehrt insoweit, die Beklagte zu verpflichten, ihr den nachträglichen Abschluß eines zur Befreiung von der Versicherungspflicht berechtigenden Lebensversicherungsvertrages zu gestatten und sie wegen der Erziehung ihrer vier Kinder sowie der Pflege eines Pflegebedürftigen von der Versicherungspflicht zu befreien.
Die Klägerin hat sich im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht gewandt. Während des Widerspruchsverfahrens hatte sie den ihr überlassenen Formularantrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht unausgefüllt und mit dem Vermerk, daß ein Befreiungsantrag wegen Kindererziehung nicht gestellt werde, an die Beklagte zurückgesandt. Erst im Revisionsverfahren hat sie mit Schriftsatz vom 23. April 1997 ihr Klagebegehren um die Hilfsanträge zu 1. und 2. erweitert. Die Erhebung eines weiteren prozessualen Anspruchs ist als Klageänderung iS von § 99 Abs 1 SGG zu werten (vgl BSG vom 22. Mai 1974, BSGE 37, 245, 247), die im Revisionsverfahren unzulässig ist (§ 168 Satz 1 SGG). Dem steht auch nicht § 99 Abs 3 Nr 2 SGG entgegen. Abgesehen davon, daß es nach dieser Vorschrift nur dann nicht als eine Änderung der Klage anzusehen ist, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, berechtigt die Rechtsnorm nicht zur Erweiterung des Klagebegehrens (vgl BSG vom 7. September 1962, BSGE 18, 12, 14).
Zudem ist die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage selbst unzulässig, da nicht statthaft. Gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 3 SGG kann durch Klage die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Mangels eines von der Klägerin gestellten Antrags auf Befreiung von der Versicherungspflicht hat die Beklagte den Erlaß eines entsprechenden Verwaltungsakts weder abgelehnt noch unterlassen. Die Ablehnung ist auch nicht in der mit dem angefochtenen Feststellungsbescheid getroffenen Verfügung enthalten. Fehlt es wie hier an der von § 3 bzw § 85 Abs 3 bis 5 ALG geforderten Antragstellung, ist die Beklagte von vornherein nicht berechtigt, über die Befreiung zu entscheiden. Zudem konnte sie davon ausgehen, daß die Klägerin eine Befreiung nicht mehr anstrebte, hatte diese doch im Verfahren über den Widerspruch gegen den hier streitigen Bescheid die Stellung eines Befreiungsantrags wegen Kindererziehung ausdrücklich abgelehnt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE 81, 294 |
BSGE, 294 |
FamRZ 1998, 1105 |
SozR 3-5868 § 1, Nr.1 |