Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeberücksichtigungszeit. häusliche Pflege. Rehabilitationseinrichtung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Berücksichtigungszeit wegen Pflege setzt eine Pflege in häuslicher Umgebung voraus.
2. Häusliche Pflege liegt innerhalb einer Einrichtung nur vor, wenn der Aufenthalt des Pflegebedürftigen vom Zweck her auf die Begründung eines eigenen Haushalts gerichtet ist. Daran mangelt es in einer Rehabilitationseinrichtung, so daß keine häusliche Pflege vorliegt, wenn ein Angehöriger des Pflegebedürftigen sich an der stationären Pflege beteiligt.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
SGB VI § 249b S. 1 Nr. 1, § 279e Abs. 1, § 3 S. 1 Nr. 1a
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. November 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die Klägerin von der Beklagten die Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege für die Monate Juli 1992 bis einschließlich Juli 1993 verlangen kann.
Der Ehemann der Klägerin erlitt im Juni 1991 eine Gehirnblutung und wurde wegen der Folgen dieser Erkrankung ab 22. Oktober 1991 im Rehabilitationszentrum B. … behandelt. Die Klägerin, die bis Ende November 1991 ganztägig erwerbstätig war, reduzierte ihre Erwerbstätigkeit ab Dezember 1991 auf 20 Stunden wöchentlich und hielt sich seit der Aufnahme ihres Ehemannes in das Therapiezentrum dort fast täglich auf. Sie betreute ihren Ehemann und unterstützte pflegerisch die erforderliche Behandlung. Nach einer Bescheinigung des Therapiezentrums hatte die häufige Anwesenheit eine positive Auswirkung auf die Hirnleistung ihres Ehemannes. Die Fahrkosten sowie der Nettoverdienstausfall der Klägerin wurden von der zuständigen Krankenkasse erstattet. Ab 3. August 1993 pflegte die Klägerin ihren Ehemann zu Hause. Von diesem Zeitpunkt an merkte die Beklagte Berücksichtigungszeiten wegen Pflege vor (Bescheid vom 25. August 1993). Dagegen lehnte sie den Antrag der Klägerin auf Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege für die Zeit ab Dezember 1991 ab (Bescheid vom 29. Oktober 1992; Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1993).
Klage und Berufung hinsichtlich der streitig gebliebenen Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege für die Monate Juli 1992 bis einschließlich Juli 1993 sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Augsburg vom 24. Januar 1996; Urteil des Bayerischen LSG vom 13. November 1996). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, daß die Vormerkung einer Berücksichtigungszeit wegen Pflege nicht in Betracht komme, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum keine häusliche Pflege geleistet habe. Der maßgebliche Tatbestand einer Berücksichtigungszeit wegen Pflege ergebe sich mit Wirkung ab 1. April 1995 aus den §§ 249b, 279e SGB VI, die durch Art 5 Nrn 18, 20, 68 Abs 2 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (PflegeVG) vom 26. Mai 1994 die bisherigen Regelungen in den §§ 57 Abs 2, 177 SGB VI ohne inhaltliche Änderung abgelöst hätten. Die häusliche Pflege sei, ausgehend vom Gesetzeswortlaut, grundsätzlich im Gegensatz zur stationären Pflege zu sehen. Der Gesetzgeber habe die Absicht gehabt, der häuslichen Pflege den Vorrang vor der stationären Pflege einzuräumen, wie es sich auch aus § 3 SGB VI ergebe. „Häuslich” sei deshalb stets in bezug auf einen Haushalt zu sehen, wobei es sich nicht um den eigenen Haushalt des Pflegebedürftigen handeln müsse. Vielmehr könne der Pflegebedürftige auch in dem Haushalt der pflegenden Person oder dem eines Dritten Aufnahme gefunden haben. Der Begriff „Haushalt” sei dabei weit auszulegen, so daß es sich auch um den persönlichen Bereich innerhalb einer größeren Einheit wie zB einem Altenwohnheim handeln könne (BT-Drucks 12/5262, S 112). Erforderlich sei allerdings, daß der Pflegebedürftige sich in einer solchen Einrichtung einen eigenen Hausstand einrichte und sich dort selbst versorge. Dagegen sei die von der Klägerin geleistete Betreuung ihres Ehemannes im Therapiezentrum Teil der stationären Krankenhausbehandlung gewesen. Da der Gesetzgeber gerade die häusliche Pflege habe regeln wollen, komme auch eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 249b SGB VI nicht in Betracht.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 249b SGB VI) und trägt im wesentlichen vor: Das LSG habe den Begriff der häuslichen Pflege verneint, obwohl es ausgeführt habe, daß hiermit nicht nur der Haushalt in einer Privatwohnung, sondern auch der persönliche Bereich innerhalb einer größeren Einrichtung gemeint sein könne. Abzugrenzen sei die Pflege außerhalb der Familienwohnung lediglich gegenüber der Pflege in einem Krankenhaus und der in einem Pflegeheim. Das Therapiezentrum B. … sei jedoch eine Rehabilitationseinrichtung, welche das Konzept verfolge, die Angehörigen des Patienten in die Behandlung zu integrieren, und durch diese Einbindung einen größeren Therapieerfolg verzeichne. Darüber hinaus sei die Klägerin auf die Aufgaben der späteren häuslichen Pflege vorbereitet worden.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. November 1996 und des Sozialgerichts Augsburg vom 24. Januar 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. (richtig: 29.) Oktober 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
bei der Klägerin Berücksichtigungszeiten wegen Pflege für die Zeit von Juli 1992 bis einschließlich Juli 1993 vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1993 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege.
Das Begehren der Klägerin scheitert nicht bereits an einem fehlenden Rechtsschutzinteresse. Zwar hat die Klägerin aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung von wöchentlich 20 Stunden im streitigen Zeitraum Beitragszeiten zurückgelegt, so daß mit der daneben begehrten Vormerkung von Berücksichtigungszeiten möglicherweise kein die spätere Rente steigernder Vorteil verbunden ist (§ 70 Abs 1, § 71 Abs 3 Satz 1 SGB VI in der bis 30. Juni 1998 geltenden Fassung). Dieser Umstand steht dem Vormerkungsverfahren aber nicht entgegen, weil dieses (nur) die verbindliche Feststellung von rentenrechtlich relevanten Tatsachen beinhaltet, ohne hierbei eine Aussage über deren Bewertung bei einer später eventuell zu beanspruchenden Rente zu treffen (§ 149 Abs 5 Satz 3 SGB VI).
In der Sache selbst kann die Klägerin jedoch nicht durchdringen. Gemäß § 149 Abs 1 und Abs 5 Satz 1 SGB VI hat der zuständige Rentenversicherungsträger die Daten, die für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und Erbringung von Leistungen einschließlich der Rentenauskunft erforderlich sind, in einem Versicherungskonto zu speichern und nach deren Klärung durch Bescheid verbindlich festzustellen. Zu den Daten gehören ua die rentenrechtlichen Zeiten (§ 54 Abs 1 SGB VI), hier eine Berücksichtigungszeit wegen Pflege (§ 54 Abs 1 Nr 3 SGB VI iVm § 249b Satz 1 Nr 1 SGB VI). Die Voraussetzungen einer solchen rentenrechtlichen Zeit liegen jedoch nicht vor. Die Klägerin hat im streitigen Zeitraum keine Pflege in „häuslicher” Umgebung bzw „häusliche” Pflege geleistet.
Nach § 249b Satz 1 Nr 1 SGB VI sind Berücksichtigungszeiten „auch Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Pflegebedürftigen in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1995”, solange die Pflegeperson ua wegen der Pflege berechtigt war, Beiträge zu zahlen oder die Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge zu beantragen. Das letztgenannte Antragsrecht ist in § 279e SGB VI geregelt. Nach dessen Abs 1 gelten freiwillige Beiträge von Pflegepersonen für Zeiten der in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1995 ausgeübten „nicht erwerbsmäßigen häuslichen” Pflege unter näher beschriebenen Voraussetzungen als Pflichtbeiträge. Darüber hinaus regelt in allgemeiner Fassung § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI, daß Versicherungspflicht für Personen in der Zeit besteht, „in der sie einen Pflegebedürftigen … nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen) …”. § 249b SGB VI wurde zwar – wie auch § 3 Satz 1 Nr 1a und § 279e SGB VI – erst mit Wirkung vom 1. April 1995 durch das PflegeVG (BGBl I S 1014) eingeführt. Die Vorschrift ist aber gleichwohl im vorliegenden Fall maßgebend, weil sie die im Zeitpunkt der Antragstellung und streitigen Pflege geltenden Regelungen abgelöst hat und ausdrücklich für den Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1995 Anwendung finden soll. Da hiermit keine inhaltliche Änderung gegenüber dem bis zur Aufhebung des § 177 SGB VI vorhandenen Rechtszustand verbunden ist, ergibt sich für die Klägerin keine unzulässige rückwirkende Belastung (BSG Urteil vom 18. Juli 1996 – 4 RA 25/95 – SozR 3-2600 § 249b Nr 1).
Allerdings ist das Tatbestandsmerkmal einer Pflege in „häuslicher” Umgebung oder „häuslichen” Pflege in § 249b Satz 1 Nr 1 SGB VI nicht ausdrücklich genannt, sondern nur in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI bzw § 279e Abs 1 SGB VI aufgeführt. Die Auslegung der Vorschrift ergibt aber, daß auch bei ihr eine Pflege in „häuslicher” Umgebung oder „häusliche” Pflege erforderlich ist. Da diese Vorschrift ua die Berechtigung zur Beitragszahlung oder Beantragung einer Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge verlangt, knüpft sie in ihrem Regelungsgehalt an § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI und § 279e Abs 1 SGB VI an, in denen die genannten Begriffe als Tatbestandsmerkmal enthalten sind. Berücksichtigt man zusätzlich, daß § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI in der Klammerdefinition das Wort „häuslich” weggelassen hat, also eine der sprachlichen Fassung des § 249b Satz 1 Nr 1 SGB VI gleichartig kurze Formulierung verwendet, ist es gerechtfertigt, ebenfalls für § 249b Satz 1 Nr 1 SGB VI als Voraussetzung für die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten eine Pflege in „häuslicher” Umgebung oder „häusliche” Pflege zu verlangen (so auch Niesel in Kasseler Komm, Stand: Januar 1998, § 249b SGB VI RdNr 8; Boecken in Wannagat, SGB-Komm, Stand: Juli 1997, § 249b SGB VI RdNr 5).
Zu diesem Ergebnis führen auch rechtssystematische Erwägungen: Für den Begriff der häuslichen Pflege wird in anderen Zweigen der Sozialversicherung zwischen häuslicher und stationärer Pflege unterschieden. In der Krankenversicherung regelt § 37 SGB V die häusliche Krankenpflege im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie, die von der stationären Krankenhausbehandlung abgegrenzt ist (§ 39 SGB V). Vor Einführung des PflegeVG leistete die gesetzliche Krankenversicherung im Falle der Schwerpflegebedürftigkeit Versicherten in ihrem Haushalt oder dem ihrer Familie häusliche Pflegehilfe (§ 53 f SGB V, aufgehoben durch Art 4 Nrn 3 und 4 PflegeVG – BGBl I S 1014). Die häusliche Pflegehilfe bezweckte damals bereits die Entlastung der Krankenhäuser von Fehlbelegungen durch Pflegefälle (BT-Drucks 11/2237, S 182). Deshalb setzten die §§ 53, 55 SGB V ausdrücklich den Aufenthalt des Pflegebedürftigen im häuslichen Bereich voraus. Das PflegeVG, das für Fälle ohne Behandlungsbedürftigkeit (vgl § 14 SGB XI) seit dem 1. Januar 1996 Leistungen bei Pflege im häuslichen Bereich gewährt und Leistungen bei stationärer Pflege unterscheidet (§ 1 Abs 5 und § 4 Abs 2 Satz 2 SGB XI), greift ebenfalls den Häuslichkeitsbegriff auf. So sind gemäß § 19 Satz 1 SGB XI Pflegepersonen iS des Gesetzes jene, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen iS des § 14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Nach der Legaldefinition des § 36 Abs 1 SGB XI liegt häusliche Pflege vor, wenn Pflegebedürftige in ihrem Haushalt oder in einem anderen Haushalt, in dem sie aufgenommen werden, gepflegt werden. Gesetzgeberisches Ziel war es, der häuslichen Pflege den Vorrang vor der stationären Unterbringung zu geben, um den Pflegebedürftigen ein Leben in vertrauter Umgebung zu ermöglichen (BT-Drucks 12/5262, S 111). Da der Begriff einer stationären Pflege im SGB VI keine eigenständige Bedeutung hat, kann § 249b SGB VI auch im Gesamtzusammenhang mit den Vorschriften des SGB V und SGB XI nur so verstanden werden, daß die Anerkennung einer Berücksichtigungszeit wegen Pflege die „häusliche” Pflege voraussetzt.
Nach den Feststellungen des LSG, die nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen und somit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), hat die Klägerin im streitigen Zeitraum für ihren Ehemann keine „häusliche” Pflege geleistet. Der Begriff der „häuslichen” Pflege wird im SGB VI nicht definiert. In der Krankenversicherung wurde der Begriff der „häuslichen” Pflege, solange die §§ 53 ff SGB V noch in Kraft waren, weit ausgelegt. Für die „häusliche” Pflege wurde darauf abgestellt, ob der Pflegebedürftige in seiner „Wohnung” eine hauswirtschaftliche Versorgung erhielt. Dies wurde auch bejaht, wenn der Pflegebedürftige sich außerhalb einer eigenen Wohnung aufhielt, in einer sog Altenwohnung oder einem Altenwohnheim wohnte und sich dort hauswirtschaftlich teilweise selbst versorgte. Verneint wurde eine „häusliche” Pflege, wenn der Pflegebedürftige in einem Altenpflegeheim oder einem Altenheim untergebracht war, weil er dort voll versorgt wurde (Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen, DOK 1991, 53, 54; Vay in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand: Dezember 1997, § 37 SGB V RdNr 3; Maschmann, SGb 1993, 453, 459 und NZS 1993, 153, 158; Allemeyer, ZfSH/SGB 1995, 181, 184; Töns, BKK 1986, 273, 275). Im Bereich der Pflegeversicherung wird häusliche Pflege nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Pflegebedürftige in einem Altenheim, Altenwohnheim, Wohnheim für Behinderte oder einer vergleichbaren Wohneinrichtung wohnt (BT-Drucks 12/5262, S 112). Der Häuslichkeitsbegriff hat dort eine Erweiterung vom strengen Wortlaut des § 36 Abs 1 SGB XI her gefunden und dient vor allem der Abgrenzung zur (voll-)stationären Pflege, dh der Unterbringung des Pflegebedürftigen in einer Pflegeeinrichtung nach § 71 Abs 2 SGB XI (Leitherer in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 4, Pflegeversicherungsrecht, 1997, § 16 RdNr 14). Zur Abgrenzung wird verlangt, daß dem Pflegebedürftigen in einer Einrichtung außerhalb seiner eigenen Wohnung ein gewisses Maß an eigenverantwortlicher Lebensführung bei den lebensnotwendigen Verrichtungen wie Ernährung, Körperpflege oder Schlaf verbleibt (Mrozynski, SGb 1995, 105, 110) oder er zumindest die Möglichkeit hat, seinen Haushalt selbst zu führen, dh nach dem Heimvertrag nicht verpflichtet ist, sämtliche Leistungen (insbesondere hauswirtschaftliche Versorgung, Verpflegung und Pflegeleistungen) ausschließlich von der Einrichtung in Anspruch zu nehmen. Wenn der Pflegebedürftige allerdings verpflichtet ist, alle Versorgungsleistungen der (stationären) Einrichtung in Anspruch zu nehmen, ist eine eigene Haushaltsführung ausgeschlossen (Neumann in Schulin, aaO, § 20 RdNr 18; Udsching, SGB XI/Soziale Pflegeversicherung, 1995, § 36 RdNr 4).
Ebenso wie bei den Voraussetzungen einer „häuslichen” Pflege im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung kommt es nach der Auffassung des Senats auch für die Erfüllung der Voraussetzung einer „häuslichen” Pflege iS von § 249b Abs 1 Nr 1 SGB VI nicht entscheidend auf die äußeren Umstände des Aufenthaltes wie beispielsweise die Art der Unterbringung oder das Wohnen in eigenen Einrichtungsgegenständen an. Der Senat hält es allerdings nicht für allein entscheidend, ob der Pflegebedürftige in einer stationären Einrichtung tatsächlich eine sog Rundumversorgung genießt oder rechtlich die Möglichkeit hat, zum Haushalt gehörende Verrichtungen selbst zu erledigen oder deren Erledigung durch Hilfe von außen zu organisieren. Maßgeblich ist vielmehr jedenfalls für den Bereich der Rentenversicherung vor allem auch die Zweckrichtung des Aufenthaltes in der Einrichtung oder anders ausgedrückt: die Tendenz, die mit dem dortigen Aufenthalt verbunden ist. Nur wenn unter diesen Gesichtspunkten verständigerweise von der Begründung eines eigenen Haushalts gesprochen werden kann, kann die darin erhaltene Pflege als „häusliche” Pflege gewertet werden. Im vorliegenden Falle hat das LSG bindend festgestellt, daß der Ehemann der Klägerin sich zur stationären Behandlung in einem Rehabilitationszentrum (Therapiezentrum) befunden hat. Bei diesem Aufenthalt handelte es sich um eine Maßnahme zur Wiedererlangung der Gesundheit, die von der Klägerin – nur – pflegerisch unterstützt wurde. Der Ehemann der Klägerin war nach § 107 Abs 2 SGB V in eine Rehabilitationseinrichtung aufgenommen worden und erhielt dort stationäre Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung (§ 40 Abs 2 SGB V), während der Klägerin als Gegenleistung für ihren Pflegeanteil folgerichtig von der Krankenversicherung die Fahrtkosten von ihrem Wohnort zum Therapiezentrum und der Verdienstausfall erstattet wurden. Die auf den von der Krankenversicherung gemäß § 27 Abs 1 SGB V erfaßten Gesundungszweck gerichtete Maßnahme war von Anfang an lediglich auf eine vorübergehende Zeit angelegt, an deren Ende der Ehemann der Klägerin wieder „nach Hause” entlassen werden sollte. Entsprechend § 5 SGB XI war dieser Aufenthalt darauf gerichtet, als vorrangige Maßnahme einer stationären Krankenbehandlung und Rehabilitation die spätere Pflegebedürftigkeit möglichst zu vermeiden. Von daher gesehen sollte in dem Therapiezentrum – wie in einem Krankenhaus – auch kein Haushalt des Ehemannes begründet werden. Somit unterschied sich der von der Klägerin geleistete Pflegeanteil wesentlich sowohl von der Pflege eines Pflegebedürftigen im eigentlichen Sinne als auch von einer Pflege im „häuslichen” Bereich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
NZS 1999, 36 |
SGb 1998, 362 |
SGb 1999, 469 |
SozR 3-2600 § 249b, Nr. 2 |