Beteiligte
Betriebskrankenkasse des Landes Berlin |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 28. März 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Mit ihrer Revision wendet sich die beklagte Krankenkasse (KK) gegen ihre Verurteilung durch das Landessozialgericht (LSG), dem klagenden Klinikträger weitere 1.123,18 DM nebst 3,95 % Zinsen seit dem 27. Dezember 1999 für die Behandlung einer Versicherten in einem Krankenhaus des Klägers zu zahlen. Die 1931 geborene Versicherte war am 10. November 1999 aufgrund einer Verordnung ihrer behandelnden Internistin wegen akuter Nierenentzündung, Bluthochdrucks sowie koronarer Herzkrankheit stationär aufgenommen worden. Mit der Aufnahmeanzeige vom gleichen Tage teilte das Krankenhaus der beklagten Aufnahme, Aufnahmegrund, Diagnose sowie voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung (14 Tage) mit und beantragte die Kostenübernahme für die stationäre Behandlung der Versicherten. Mit Formularerklärung vom 19. November 1999 übernahm die Beklagte die Kosten bis zum 16. November 1999. Die Versicherte wurde wegen rezidivierender Fieberschübe, ausgeprägter dysurischer Beschwerden sowie Pollakisurie sonographisch, röntgenologisch, durch Urin-Status-Kontrollen, Laborkontrollen, ein EKG sowie eine Fahrradergometrie untersucht und nach Einleitung einer medikamentösen Therapie am 19. November 1999 in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Ohne einen Verlängerungsantrag gestellt zu haben, übersandte das Krankenhaus der Beklagten eine Rechnung für die gesamte Behandlungszeit über 5.172,31 DM; die Beklagte bezahlte davon lediglich 4.049,13 DM für die Behandlungszeit bis zum 16. November 1999 und wies den Kläger mit Schreiben vom 17. Dezember 1999 darauf hin, daß eine darüber hinausgehende Kostenübernahme nur bei Nachweis der medizinischen Notwendigkeit der stationären Weiterbehandlung möglich sei.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger 1.123,18 DM nebst 3,95 % Zinsen seit dem 27. Dezember 1999 zu zahlen (Urteil vom 18. August 2000). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte einen Kurzbericht über die stationäre Behandlung angefordert (Schreiben vom 12. Oktober 2000) und den mit Schreiben vom 2. November 2000 übersandten Bericht sowie den Entlassungsbericht des Krankenhauses einem bei ihr beschäftigten ärztlichen Gutachter vorgelegt, der aufgrund aller dokumentierten Untersuchungen und Befunde eine stationäre Behandlung bis zum 16. November 1999 für ausreichend gehalten hat. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28. März 2001).
Das LSG hat ausgeführt, der Zahlungsanspruch des Klägers sei nicht auf den Zeitraum begrenzt, für den die Beklagte eine Kostenübernahme erklärt habe. Maßgebend sei allein, ob die Krankenhausbehandlung für den in Rechnung gestellten Zeitraum erforderlich gewesen sei; die Kostenübernahmeerklärung habe dagegen keine konstitutive Wirkung. Die Beklagte könne – als zahlungspflichtige KK – gegen die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall Einwendungen vorbringen und den Zahlungsanspruch des Krankenhauses damit zu Fall bringen. Hierbei müsse sie sich jedoch an die Regelungen des Berliner Rahmenvertrages zur Überprüfung der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung halten. Generelle Kürzungen aufgrund statistischer Erhebungen überlanger Verweildauern seien unzulässig. Die von der Beklagten herangezogenen Statistiken könnten lediglich den Anstoß für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung des betroffenen Krankenhauses bieten. Es sei nicht Sache der Sozialgerichte, im Nachhinein die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall festzustellen. Nur wenn die Beteiligten die vereinbarten Regeln zur medizinischen Aufklärung eingehalten hätten und der Sachverhalt nach Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zwischen diesem und den behandelnden Krankenhausärzten streitig bleibe oder sich dem Gericht Zweifel an der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen geradezu aufdrängten, sei das Gericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts durch Einholung eines Sachverständigengutachtens verpflichtet. Es könne nicht außer Betracht bleiben, daß durch medizinische Überprüfungsmaßnahmen nicht unerhebliche Kosten entstünden, die bei einer Verlagerung der medizinischen Aufklärung auf die Sozialgerichte diesen aufgebürdet würden. Im Hinblick auf das Verhalten der Beklagten sei es auch nicht geboten, den Beteiligten eine Nachholung des vertraglichen Prüfungsverfahrens aufzugeben. Angesichts der vorliegenden Unterlagen habe das Gericht keinen Zweifel an der Notwendigkeit der Behandlungsdauer. Für eine weitere Ermittlung von Amts wegen böte auch die Stellungnahme des beratenden Arztes der Beklagten keinen Anlaß.
Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Beklagte unter Bezugnahme auf § 39 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm den §§ 106, 109 und 112 SGB V eine Verletzung des Gebots der Wirtschaftlichkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die KK sei nach den Berliner Krankenhausverträgen berechtigt, die Kostenübernahme auch rückwirkend zu befristen. Ob eine kürzere Krankenhausbehandlung bei einem Patienten, der inzwischen entlassen sei, zu dem gleichen Erfolg geführt hätte, lasse sich nachträglich kaum noch feststellen. Aufgrund von umfangreichen statistischen Erhebungen mit einer Toleranzgrenze von 10 % und nach einer Vorwarnung sämtlicher Berliner Krankenhäuser habe sie, die Beklagte, notgedrungen zum Mittel der befristeten Kostenübernahmeerklärung gegriffen. Das Krankenhaus des Klägers weise eine überhöhte Verweildauern auf. Damit sei es Sache des Krankenhauses, die Notwendigkeit einer weiteren Behandlung jeweils zu begründen. Die Beklagte rügt als Verfahrensfehler, das LSG habe zu Unrecht eine weitere Sachaufklärung abgelehnt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es, soweit eine Kostenzusage der KK nicht vorliege, allein auf die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung an. Das LSG habe sich mit der Bejahung dieser Notwendigkeit medizinische Sachkunde angemaßt.
Die Beklagte beantragt,
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
1. Der Senat hat mit Urteil vom 17. Mai 2000 (B 3 KR 33/99 R, BSGE 86, 166, 167 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) entschieden, daß die auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichtete Klage eines Krankenhauses gegen eine KK als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig ist; denn es geht um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (zur Entstehung des Vertragsverhältnisses, insbesondere bei sog Plankrankenhäusern, vgl auch BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4).
2. Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Vergütungsanspruches, dessen Höhe rechnerisch nicht angegriffen wird, ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Vertrag über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 1. November 1994 idF der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Dezember 1997 (nachfolgend: Krankenhausbehandlungsvertrag – KBV) sowie dem Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung zwischen der Berliner Krankenhausgesellschaft eV und den Landesverbänden der KKn (nachfolgend: Krankenhausüberprüfungsvertrag – KÜV). Die Beteiligten sind jeweils Mitglieder dieser Verbände. Beide Verträge, in denen ua Voraussetzungen und Modalitäten der Zahlungspflicht der KKn geregelt sind, sind auf der Grundlage von § 112 Abs 2 SGB V geschlossen worden, der zur Sicherstellung der gesetzesentsprechenden Krankenhausbehandlung den Abschluß von Rahmenverträgen auf Landesebene vorsieht. Die Zahlungsverpflichtung der KK entsteht, wie der Senat ebenfalls bereits im Urteil vom 17. Mai 2000 (aaO) entschieden hat, unabhängig von einer Kostenzusage der KK unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die KK ist bei einem zugelassenen Krankenhaus iS des § 108 SGB V als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen (so auch BSGE 78, 154, 156 = SozR 3-2500 § 39 Nr 3), sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der Krankenhausarzt. Eine Zahlungspflicht der KK für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstellt.
Die Kostenübernahmeerklärung hat für den Zahlungsanspruch des Krankenhauses dagegen keine konstitutive Bedeutung in dem Sinne, daß davon die Zahlungspflicht der KK abhängt. Das LSG hat zu Recht deutlich gemacht, daß der Streit der Beteiligten über die Frage, ob die Beklagte nach den Rahmenverträgen berechtigt war, Kostenübernahmeerklärungen zu befristen, auf den Zahlungsanspruch des Klägers keinen Einfluß hat. Die Kostenübernahmeerklärung hat lediglich eine beweisrechtliche Funktion, falls sie abgegeben wird und den Behandlungszeitraum abdeckt. Das war hier nicht der Fall. Insoweit ist es auch unerheblich, wenn die KK die Kostenübernahmeerklärung dem Krankenhaus erst zuleitet, nachdem der befristete Zeitraum bereits abgelaufen ist, wie dies vorliegend und in den meisten Streitverfahren der Beteiligten, die in der Revisionsinstanz anhängig sind, der Fall ist, oder wenn der nach dem Zugang der Kostenübernahmeerklärung bis zum Ablauf der Befristung verbleibende Zeitraum (in einem Fall: zwei Tage) so knapp bemessen ist, daß für ein Verlängerungsverfahren, wie im Krankenhausbehandlungsvertrag vereinbart (dort § 6 Nr 6 bis 8), kein Raum bleibt. In jedem Fall kommt es auf die objektive Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung für die von einer Kostenübernahmeerklärung nicht abgedeckte Zeitspanne an. Soweit die Beklagte die Kostenübernahme – wie hier – auf einen Zeitraum befristet hat, der bei Zugang der Erklärung im Krankenhaus bereits abgelaufen war, verfehlt sie allerdings den eigentlichen Sinn der Kostenübernahmeerklärung, Klarheit für die weitere Behandlung zu schaffen. In der Erklärung ist in diesen Fällen lediglich die deklaratorische Anerkennung ihrer Leistungspflicht für die Behandlung in dem abgelaufenen „befristeten” Zeitraum zu sehen, die weitere Einwendungen gegen die Zahlungspflicht insoweit endgültig ausschließt.
Das Fehlen einer Kostenübernahmeerklärung in Bezug auf die hier streitige Behandlungszeit hat aber nicht zur Folge, daß der Kläger entsprechend dem allgemeinen Beweisgrundsatz, daß derjenige, der ein Recht beansprucht, die entsprechenden Voraussetzungen beweisen muß, das Vorliegen weiterer Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nachweisen muß und die Gerichte gehalten sind, die entsprechenden Tatsachen zu ermitteln. Diese Folgen träten nur dann ein, wenn die Beklagte das Verfahren eingehalten hätte, das in den nach § 112 Abs 2 SGB V abgeschlossenen Rahmenverträgen hierfür vereinbart worden ist, oder wenn der Kläger durch sein Verhalten die Durchführung des vereinbarten Verfahrens unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert hätte. Für eine derartige Annahme sind keine Anhaltspunkte zu erkennen, und auch die Beklagte beruft sich nicht darauf, der Kläger habe eine vertragsgemäße Behandlung ihrer Einwände unmöglich gemacht.
Die Beklagte berühmt sich vielmehr des Rechts, die fehlende Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall wegen allgemeiner statistischer Auffälligkeiten geltend machen zu können. Aus der Tatsache, daß die Verweildauern des Klägers den Durchschnitt der Berliner Krankenhäuser bzw den bundesweiten Durchschnitt erheblich überstiegen, ergebe sich die Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers. Für ein derartiges Vorgehen liefern weder das Gesetz noch die maßgebenden Rahmenverträge eine Grundlage. Die Regelungen des Vertragsarztrechts zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung (§ 106 SGB V) enthalten keine allgemeinen Grundsätze, die auch im Bereich der stationären Versorgung eine Honorarkürzung auf der Grundlage von statistischen Auffälligkeiten zuließen. Zudem hat die Beklagte weder deutlich gemacht, von welchen statistischen Grundlagen sie im einzelnen ausgeht, noch, daß sie tatsächlich im Einzelfall die Rechnung nach statistisch errechneten Maßstäben, zB prozentual, kürzt. Für die Behandlungsdauer von nur sieben Tagen gab sie zunächst überhaupt keine Begründung ab. Da es sich nicht um einen sog Standardfall handelte, für den es allgemeine Erfahrungswerte über die erforderliche Behandlungsdauer geben könnte, war die Rechnungskürzung in keiner Weise nachvollziehbar. Sie war in dieser Form kein taugliches Mittel, einer allgemein vermuteten Unwirtschaftlichkeit im Krankhaus des Klägers zu begegnen.
Der Gesetzgeber hat zur allgemeinen Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung ein anderes Verfahren vorgesehen, worauf das LSG bereits zutreffend hingewiesen hat. Nach § 113 Abs 1 SGB V können die Landesverbände der KKn nur gemeinsam mit den Ersatzkassen und den privaten Krankenversicherungsunternehmen die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung eines zugelassenen Krankenhauses durch einvernehmlich mit dem Krankenhausträger bestellte Prüfer untersuchen lassen. Bei fehlender Einigung über die Person des Prüfers kann die Landesschiedsstelle die Auswahl treffen. Hierbei festgestellte Unwirtschaftlichkeiten sind bei der nachfolgenden Pflegesatzfestsetzung zu berücksichtigen, können also zu einer Verringerung des Budgets führen; sie können in besonderen Fällen auch zur Kündigung des Versorgungsvertrages nach § 110 SGB V berechtigen (§ 113 Abs 3 SGB V).
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß das Gesetz damit die generelle Prüfung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit eines zugelassenen Krankenhauses abschließend geregelt hat und daneben unwirtschaftliches Verhalten eines Krankenhauses von der KK allein nach Maßgabe der auf der Grundlage von § 112 Abs 2 SGB V geschlossenen Rahmenverträge geltend gemacht werden muß; das sind die Vereinbarungen der Vertragspartner des Berliner KÜV, die ein abgestuftes Verfahren unter frühzeitiger Einschaltung des MDK vorsehen und damit auch der gesetzlichen Verpflichtung der KKn Rechnung tragen, bei der Prüfung von Krankheitsverläufen eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen (§§ 275 Abs 1 Nr 1, 276 Abs 4 SGB V).
Danach sind Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung medizinisch zu beurteilende Fragen (§ 1 Abs 3 KÜV), die im Regelfall noch während der stationären Behandlung zu überprüfen sind (§ 1 Abs 4 KÜV). Die KK muß bei Zweifeln an der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung vom Krankenhaus einen Kurzbericht anfordern, der der KK innerhalb einer Woche nach Zugang der Anforderung zuzusenden ist (§ 2 Abs 1 KÜV). Für den Fall, daß dies nicht ausreicht, um die Zweifel der Kasse auszuräumen, ist eine Prüfung durch den MDK im Zusammenwirken mit dem behandelnden Krankenhausarzt vorgesehen; auch dies soll in der Regel während des stationären Aufenthalts erfolgen (§ 2 Abs 4 KÜV), einschließlich einer erforderlich werdenden Untersuchung im Krankenhaus (§ 2 Abs 5 KÜV). Der MDK muß Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit des Krankenhausaufenthaltes zunächst mit dem Krankenhausarzt erörtern und das Ergebnis in einer Stellungnahme festhalten. Das vereinbarte Kontrollverfahren gilt auch für nachträgliche Überprüfungen (§ 2 Abs 8 KÜV).
Die KK hat hier zunächst die Anforderung eines Kurzberichtes unterlassen und dies erst 11 Monate später, während des Berufungsverfahrens, nachgeholt. Das ist damit zu erklären, daß es ihr wegen ihrer grundsätzlichen Einstellung auf die Frage der Behandlungsnotwendigkeit und -dauer im Einzelfall jedenfalls zunächst nicht ankam. Das Krankenhaus hat es auch nicht anders verstanden. Selbst wenn man aber in der Befristung der Kostenübernahmeerklärung konkludent eine Aufforderung zum Kurzbericht sähe, fehlte es jedenfalls zunächst an der Angabe des Anlasses für die Überprüfung des Behandlungsfalls, wie dies § 2 Abs 1 Satz 2 KÜV fordert. Nur bei vertragsgemäßem Vorgehen der Beklagten wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, der Beklagten einen Kurzbericht zukommen zu lassen, um diese in den Stand zu versetzen, den Umfang ihrer Leistungspflicht nachzuprüfen. Die Weigerung eines Krankenhauses, einer derartigen Aufforderung nachzukommen, hätte nach den vom erkennenden Senat im Urteil vom 17. Mai 2000 (aaO) angeführten Beweislastregeln zur Folge, daß das Krankenhaus seinen Vergütungsanspruch nicht durchsetzen könnte.
Die Parteien des KÜV sind erkennbar und zutreffend davon ausgegangen, daß für die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung – entsprechend dem Grundgedanken des § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V – zunächst die Beurteilung des Krankenhausarztes maßgebend ist. Sie ist prima facie der Beweis für die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten und damit auch für die Pflicht der KK, die anfallende Vergütung zu entrichten. Ihr liegt in der Regel die Beurteilung des ambulant behandelnden Arztes zugrunde, der eine ambulante Behandlung nicht mehr für ausreichend hält, und damit eine zweite ärztliche Meinung außerhalb des Krankenhauses. Dieser Anscheinsbeweis kann nicht dadurch erschüttert werden, daß generell auf zu lange Verweildauern verwiesen wird, sondern nur durch substantiierte Einwendungen im Einzelfall. Da es der Kasse, vor Einschaltung des MDK, in der Regel an medizinischem Sachverstand fehlt, kommt zunächst nur eine Plausibilitätskontrolle in Betracht, etwa bei offenbaren Diskrepanzen zwischen Aufnahmediagnose und Verweildauer, ungewöhnlich langer Verweildauer bei Standardbehandlungen oder bei einer stationären Aufnahme in Behandlungsfällen, die üblicherweise ambulant durchgeführt werden. Erst wenn die KK eine derart fehlende Plausibilität im konkreten Einzelfall geltend macht, ist das Krankenhaus zur Abgabe einer Stellungnahme, zB in Form eines Kurzberichts verpflichtet. Vorliegend hat die Beklagte ihre Kostenübernahmeerklärung ohne jeden erkennbaren Bezug zur Aufnahmediagnose des Versicherten befristet. Für den Kläger ergab sich hieraus jedenfalls zunächst keine Veranlassung, die Notwendigkeit des längeren Aufenthaltes des Versicherten näher zu begründen. Auch nach Erhalt der Rechnung hat die Beklagte viele Monate lang keine substantiierten Einwendungen erhoben, die für das Krankenhaus Anlaß zu einer Stellungnahme hätten geben müssen. Sie hat sich in Verkennung der Gesetzes- und Vertragslage damit begnügt, den Kläger pauschal aufzufordern, die Notwendigkeit der Behandlung zu begründen. Dem hätte der Kläger nur dadurch nachkommen können, daß er einen umfassenden Bericht über sämtliche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen einschließlich der zugrunde liegenden medizinischen Erwägungen abgab. Ein solcher Aufwand ohne konkreten Anlaß würde einen großen Teil der ärztlichen Arbeitskraft beanspruchen, zumal wenn er routinemäßig verlangt würde, und letztlich die Krankenhäuser in ihrem eigentlichen Versorgungsauftrag beeinträchtigen. Gerade diese Folge wollen die vertraglichen Vereinbarungen mit ihrem abgestuften Verfahren bei Zweifeln an der Notwendigkeit einer Behandlung vermeiden. Die Einhaltung des vereinbarten Verfahrens, auch für nachträgliche Überprüfungen, ist nicht vom Krankenhaus vereitelt worden, sondern an der Beklagten gescheitert.
Die Beklagte hat auch im Revisionsverfahren nicht zu erkennen gegeben, auf welche Art und Weise eine dem KÜV entsprechende Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit in Tausenden von Fällen nachträglich hätte durchgeführt werden können. Die von ihr nach wie vor geforderte Beweisführung allein durch den Kläger ist durch den KÜV gerade ausgeschlossen. Danach kann die Beklagte ohne eigene Mitwirkung und vor allem ohne Einbeziehung des MDK einen Nachweis der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch das Krankenhaus nicht verlangen.
Die Weigerung eines Vertragspartners, die vertraglich vereinbarte Form der Überprüfung einzuhalten, führt zwar nicht zum sofortigen Verlust der Rechtsposition, solange eine Nachholung möglich ist. Die Überprüfung kann aber nur nachgeholt werden, solange sich der andere Vertragspartner hierauf einstellen kann und muß. Das im KÜV vereinbarte Verfahren ist auf eine zeitnahe Durchführung ausgerichtet. Es soll nicht ein Gutachter nachträglich allein auf schriftliche Dokumentationen angewiesen sein, sondern vor allem die anschauliche Beurteilung des laufenden Falles oder die frische Erinnerung des behandelnden Krankenhausarztes im Zusammenwirken mit dem Vertreter des MDK nutzbar sein. Dies ist der beste Weg, aufgekommene Zweifel möglichst rasch und unbürokratisch auszuräumen. Ein solches Verfahren kann im Betrieb einer Klinik nicht noch lange Zeit nach Abschluß des jeweiligen Behandlungsfalls nachgeholt werden, weil die anschauliche Erinnerung, insbesondere des behandelnden Arztes, nachläßt. Das verschlechtert die Beweislage des Krankenhauses und erhöht seinen Aufwand. Die Einleitung des Verfahrens unter Einschaltung des MDK ist deshalb spätestens dann notwendig, wenn die KK nach Vorlage der Rechnung und dem Fälligwerden der geforderten Vergütung (§ 12 Abs 4 KBV: 14 Kalendertage nach Rechnungseingang) Zweifel an der Behandlungsnotwendigkeit hat. Unterläßt sie dies, so ist sie nach Treu und Glauben mit solchen Einwendungen endgültig ausgeschlossen, die bis dahin geltend gemacht werden konnten. Die Anforderung eines Kurzberichtes ca elf Monate nach der Behandlung kann daher ebenfalls nicht (mehr) als Einleitung des gebotenen Verfahrens angesehen werden; hinzu kommt, daß anschließend wiederum nicht der MDK, sondern nur ein bei der Beklagten angestellter Arzt eingeschaltet wurde.
Damit kann der Verzicht der Beklagten darauf, das vertraglich vorgesehene Überprüfungsverfahren durchzuführen, auch nicht dazu führen, daß später das Gericht das Verfahren aussetzt und das vereinbarte Überprüfungsverfahren nachholen läßt (so aber Adelt, BKK 2001, 513, 518). Die Beweislage ist dann durch den Zeitablauf für das Krankenhaus noch ungünstiger geworden. Die Nachholung des vertraglichen Überprüfungsverfahrens ist selbst dann für das Krankenhaus unzumutbar geworden, wenn nunmehr substantiierte Einwendungen im Einzelfall geltend gemacht würden. Das LSG hat daher zwar zu Recht davon abgesehen, die Nachholung eines solchen Überprüfungsverfahrens anzuregen; das würde aber auch gelten, wenn man die Stellungnahme des bei der Beklagten angestellten Arztes als „begründete Einwendungen” werten würde.
Das LSG hat schließlich zu Recht davon abgesehen, die Notwendigkeit der Behandlungsdauer von Amts wegen selbst weiter aufzuklären. Soweit es dazu ausführt, daß es aufgrund der vorliegenden Unterlagen von dieser Notwendigkeit überzeugt sei, hat es allerdings die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten, weil zu dieser Beurteilung medizinische Sachkunde erforderlich ist und das Gericht nicht erkennen läßt, worauf sich seine Sachkunde gründet. Die insoweit zu Recht erhobene Verfahrensrüge der Beklagten greift aber nicht durch, weil sich der Verfahrensfehler auf die Entscheidung nicht ausgewirkt hat. Das Absehen von einer weiteren Sachaufklärung durch das LSG ist nämlich auch aus Rechtsgründen erfolgt. Angesichts der nicht näher substantiierten Äußerung des medizinischen Beraters der Beklagten über die notwendige Dauer der Behandlung sprach für den Kläger nach wie vor der durch den Krankenhausarzt begründete Anscheinsbeweis, der weitere Ermittlungen entbehrlich machte. Aber auch wenn substantiierte Einwendungen im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben worden wären, bestünde keine Veranlassung, dem gerichtlich weiter nachzugehen. Denn auch dies geschähe zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Beweislage zu Ungunsten des Krankenhauses aus von der Beklagten zu vertretenden Gründen verschlechtert hätte. Dies ist bereits der Beweisverlust, der zu Lasten der Beklagten geht, ohne daß noch ermittelt werden müßte, ob und in welchem Umfang konkrete Beweisverluste dafür verantwortlich sind, daß der Kläger seine grundsätzliche Beweisführungspflicht nicht mehr erfüllen kann.
Der Beklagten ist zuzugestehen, daß das vereinbarte Verfahren der Einzelfallprüfung nicht geeignet ist, die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses umfassend überprüfen und insbesondere überdurchschnittlichen Verweildauern wirksam entgegentreten zu können. Die KKn können zudem zur Wahrung der Wirtschaftlichkeit der stationären Versorgung auch nicht ohne weiteres auf die Möglichkeit verwiesen werden, in Rahmenverträgen nach § 112 Abs 2 SGB V Prüfverfahren auf statistischer Grundlage mit den Landeskrankenhausgesellschaften bzw mit den Verbänden der Krankenhausträger abzuschließen. Da die ganz überwiegende Zahl aller Krankenhäuser allein aufgrund ihrer Stellung als sog Plankrankenhaus bzw – wie hier – als Universitätsklinik aufgrund fingierter Versorgungsverträge zur Versorgung der Versicherten zugelassen sind (§ 108 iVm § 109 Abs 1 Satz 2 SGB V) und auch eine Kündigung nicht ohne weiteres möglich ist, ist die Verhandlungsposition der KKn bzw die ihrer Verbände insoweit eher schwach. Die Möglichkeit, Vergleichsprüfungen durchzusetzen, dürfte daher kaum bestehen. Die Problematik besteht allerdings nur so lange, wie Krankenhausleistungen überwiegend auf der Basis tagesgleicher Pflegesätze vergütet werden. Sie verliert ihre Bedeutung, wenn die Vergütung durch Festpreise erfolgt, etwa in Form von Fallpauschalen, wie dies für den Bereich somatischer Erkrankungen gesetzlich (§ 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz idF des GKV – GRG 2000, vom 22. Dezember 1999, BGBl I 2626, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. April 2001, BGBl I 772) für die Zeit ab 2003 vorgesehen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen