Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18.12.1992)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Dezember 1992 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Produktionsaufgaberente (PAR).

Der im Jahre 1948 geborene Kläger war als landwirtschaftlicher Unternehmer seit Januar 1971 beitragspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er beantragte im Mai 1991 eine PAR und gab an: Er sei berufsunfähig; aus gesundheitlichen Gründen sei er nicht mehr in der Lage, seinen landwirtschaftlichen Betrieb zu bewirtschaften.

Mit Bescheid vom 19. Juni 1991 lehnte die Beklagte den Antrag auf eine PAR ab und führte aus: Der Kläger erfülle die Voraussetzungen von § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21. Februar 1989 (BGBl I S 233) idF von Art 3 Nr 1 des Vierten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes (4. ASEG) vom 27. September 1990 (BGBl I S 2110) bereits deshalb nicht, weil er das 53. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, in keinem anderen Beruf sei ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) an ein Mindestalter geknüpft; eine derartige Differenzierung zu Lasten der Landwirte verstoße gegen Art 3 Grundgesetz (GG). Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 1991 zurück.

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die Klage durch Urteil vom 5. März 1992 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 18. Dezember 1992) und im wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf eine PAR nicht zu. Er habe weder das 55. noch das 53. Lebensjahr vollendet. Entgegen seiner Auffassung sei § 1 FELEG auch nicht verfassungswidrig. Landwirte würden gegenüber versicherungspflichtigen Arbeitnehmern hinsichtlich des Risikos der Erwerbsminderung nicht willkürlich schlechter gestellt. Denn Geldleistungen in der landwirtschaftlichen Altershilfe hätten keine Lohnersatz-, sondern nur eine ergänzende Funktion; der Gesetzgeber habe davon ausgehen können, daß berufsunfähige Landwirte bei Verwertung ihres Restleistungsvermögens hinreichend gesichert seien. § 1 Abs 1 Nr 1 FELEG verstoße auch nicht etwa deshalb gegen den Gleichheitssatz, weil der Anspruch auf eine PAR an ein Mindestalter geknüpft sei, während der Anspruch auf eine Landabgaberente nach § 41 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL), der bis Ende 1983 gegolten habe, eine derartige Anspruchsvoraussetzung nicht enthalten habe. Es liege in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die aus Steuermitteln finanzierten Leistungen, zu denen die PAR als Mittel der Wirtschaftsstrukturpolitik zähle, an zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen zu knüpfen.

Der Kläger rügt – sinngemäß – mit der vom LSG zugelassenen Revision fehlerhafte Anwendung von § 1 FELEG und trägt vor:

Durch das FELEG, das § 41 GAL abgelöst habe, sei erstmals für den Anspruch des berufsunfähigen Landwirts auf Rente eine Mindestaltersgrenze eingeführt worden. Damit werde er als Landwirt gegenüber einem gesetzlich versicherten Arbeitnehmer willkürlich schlechter gestellt. Landwirte bedürften ebenso wie alle anderen Arbeitnehmer einer umfassenden sozialen Absicherung. Im Hinblick auf die Vorgaben der Europäischen Kommission habe ein Landwirt heute kaum noch einen unternehmerischen Spielraum, so daß auch insoweit kein Grund für eine Ungleichbehandlung bestehe. Das wirtschaftspolitische Ziel des FELEG habe gegenüber der gebotenen sozialen Absicherung der landwirtschaftlichen Unternehmer zurückzutreten.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Dezember 1992 und des Sozialgerichts Mainz vom 5. März 1992 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 1991 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm seit Antragstellung eine Produktionsaufgaberente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zum FELEG sowie zu Art 3 des 4. ASEG ist sie der Auffassung: Im Hinblick auf die in vollem Umfang durch den Bund finanzierten „FELEG-Leistungen” und die damit beabsichtigte Marktentlastung und Strukturverbesserung seien die an einen Leistungsbezug geknüpften – im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung – strengeren Voraussetzungen gerechtfertigt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Zu Recht haben LSG und SG die angefochtenen Bescheide bestätigt. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf eine PAR noch auf eine Rente etwa wegen BU nach anderen Vorschriften zu.

Im FELEG wird dem landwirtschaftlichen Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf PAR, nicht auf eine Rente bei BU zuerkannt. Andere gesetzliche Bestimmungen, auf die der Kläger sein Begehren stützen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere räumt das GAL dem landwirtschaftlichen Unternehmer keinen Anspruch auf eine Rente wegen BU ein; § 2 Abs 2 GAL regelt abschließend, unter welchen Voraussetzungen der Landwirt vor Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld hat. In dem Katalog ist BU als Versicherungsfall nicht aufgeführt.

Die Vorschriften des FELEG greifen zugunsten des Klägers jedoch ebenfalls nicht ein. Der Kläger gehört bereits nicht zu dem nach diesem Gesetz anspruchsberechtigten Personenkreis. Nach § 1 Abs 1 FELEG erhalten nämlich nur diejenigen landwirtschaftlichen Unternehmer – iS des § 1 Abs 3 GAL – eine Leistung wegen Einstellung ihrer landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (PAR), die das 55. Lebensjahr (§ 1 Abs 1 Nr 1 Buchst a aaO) oder das 53. Lebensjahr vollendet haben und berufsunfähig iS der gesetzlichen Rentenversicherung sind (§ 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b aaO). Da der 1948 geborene Kläger die im Gesetz vorgesehene Mindestaltersgrenze von 53 (bzw 55) Jahren noch nicht erreicht hat, steht ihm jedenfalls nach dem Wortlaut des Gesetzes kein Anspruch auf eine PAR zu.

Der Kläger wird auch nicht von dem in § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b FELEG begünstigten Personenkreis erfaßt. Sofern er der Auffassung sein sollte, das FELEG sei planwidrig lückenhaft und § 1 Abs 1 Nr 1 aaO um eine Anspruchsberechtigung der unter 53jährigen berufsunfähigen landwirtschaftlichen Unternehmer zu ergänzen, weil der Anspruch auf Landabgaberente nach § 41 GAL – dessen Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 1983 vorgelegen haben mußten – im Gegensatz zu dem Anspruch auf PAR nicht an ein Mindestalter geknüpft war, so kann dem nicht gefolgt werden. Dies ergibt sich aus der Gesetzesgeschichte des FELEG. Nach dem FELEG idF vom 21. Februar 1989 aaO war der Kreis der landwirtschaftlichen Unternehmer, die wegen Einstellung ihrer landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit einen Anspruch auf PAR hatten – zunächst – bewußt an die Vollendung des 58. Lebensjahres geknüpft worden. Die Regelung sollte der sozialen Absicherung der älteren landwirtschaftlichen Unternehmer ohne Hofnachfolger dienen; ihnen sollte ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ermöglicht werden (BT-Drucks 11/2972 S 12). Die Altersgrenze war trotz Bedenken der SPD, die eine Herabsetzung des Mindestalters auf 55 Jahre gewünscht hatte (BT-Drucks 11/3859 S 21), wegen eines mit einer Änderung des Lebensalters verbundenen erhöhten Kostenrisikos für den Staat (BT-Drucks 11/3859 S 21) Gesetz geworden. Durch das 4. ASEG war der anspruchsberechtigte Personenkreis erweitert und die Altersgrenze auf 55 Jahre herabgesetzt worden. Zudem war auch der berufsunfähige landwirtschaftliche Unternehmer anspruchsberechtigt geworden, der das 53. Lebensjahr vollendet hatte, um ihm das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ebenfalls zu erleichtern. Erfüllt worden war damit eine Forderung des Bundesrates anläßlich der ersten Beratung des FELEG 1989 (BT-Drucks 11/7233 S 13); dieser hatte beanstandet, daß nach dem GAL allein der landwirtschaftliche Unternehmer, der erwerbsunfähig sei, vorzeitiges Altersgeld erhalte, nicht jedoch der berufsunfähige landwirtschaftliche Unternehmer, obwohl dieser durch die BU nicht selten zur Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit gezwungen sei und in fortgeschrittenem Alter keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt habe (vgl BT-Drucks 11/7233 S 13; BR-Drucks 366/88 S 1 f). Im Hinblick auf die sich aus den Materialien ergebenden detaillierten Erwägungen des Bundestages und des Bundesrates kann somit von einer planwidrigen Lücke im FELEG bei Ausgestaltung des anspruchsberechtigten Personenkreises nicht ausgegangen werden.

Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Regelung im FELEG auch nicht gegen Art 3 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nur vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl hierzu BVerfGE 55, 72, 88; 71, 146, 154 f; BVerfGE 78, 232 ff = SozR 5850 § 14 Nr 11; BVerfGE 87, 1 ff = SozR 3-5761 AllG Nr 1). Maßgeblicher Bezugspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz ist also die Frage, ob eine Personengruppe gegenüber einer anderen ohne hinreichend sachlichen Grund unterschiedlich behandelt wird. Als Vergleichspaar sollen sich nach Auffassung des Klägers ua der landwirtschaftliche Unternehmer und der versicherungspflichtige Arbeitnehmer mit den jeweiligen an ihren Status geknüpften sozialen Sicherungssystemen gegenüberstehen. Denn der versicherungspflichtige Arbeitnehmer – so der Kläger – habe bei der BU iS der Rentenversicherung grundsätzlich einen Anspruch auf Rente während dem berufsunfähigen landwirtschaftlichen Unternehmer ein derartiger Anspruch grundsätzlich erstmals nach Vollendung des 53. Lebensjahres zustehe. Der Kläger verkennt jedoch, daß der versicherungspflichtige Arbeitnehmer und der nach seiner Auffassung durch das FELEG benachteiligte landwirtschaftliche Unternehmer im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Interessenlagen zu Recht verschieden behandelt werden.

Dabei kann dahinstehen, ob bereits deshalb keine Vergleichbarkeit besteht, weil das FELEG in erster Linie einem agrar- und strukturpolitischen Ziel und nicht der sozialen Sicherheit – wie die Rentenversicherung der Arbeitnehmer – dient. Hauptzweck des FELEG ist – im Rahmen der Umsetzung der Beschlüsse der Europäischen Gemeinschaft – die Wiederherstellung des Marktgleichgewichts auf den Agrarmärkten der Gemeinschaft und die Begrenzung der Marktordnungsausgaben, um eine Marktentlastung bei Agrarprodukten herbeizuführen. Lediglich als flankierende Maßnahme, nämlich als Anreiz zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, enthält das FELEG Regelungen zur sozialen Absicherung der älteren landwirtschaftlichen Unternehmer; diese erhalten für eine Übergangszeit, grundsätzlich bis zur Erfüllung der Voraussetzungen für ein Altersgeld nach dem GAL, einen Ausgleich für den stillegungs- und abgabebedingten Verlust ihrer landwirtschaftlichen Existenzgrundlage (§ 1 Abs 4 GAL) wenigstens in Höhe dieses Altersgeldes, sobald sie aus dem landwirtschaftlichen Produktionsprozeß ausgeschieden sind (vgl hierzu BSG SozR 3-5864 § 1 Nr 2). Infolgedessen ist bereits zweifelhaft, ob das FELEG und das gesetzliche Rentenversicherungsrecht miteinander vergleichbare Regelungen enthalten.

Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, daß das FELEG – insbesondere nach Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises um die Personengruppe der berufsunfähigen landwirtschaftlichen Unternehmer, die das 53. Lebensjahr vollendet haben, durch das 4. ASEG – auch Bestandteil des Gesamtsystems der sozialen Sicherung der landwirtschaftlichen Unternehmer ist und damit anderen sozialen Sicherungssystemen vergleichbare Regelungen enthält, kann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht festgestellt werden. Denn der Gesetzgeber war nicht gehalten, bei der Ausgestaltung der sozialen Sicherung der landwirtschaftlichen Unternehmer, dieselben Regelungen zu übernehmen, die er für die gesetzliche Rentenversicherung aufgestellt hat (vgl BVerfGE 25, 314 ff = SozR Nr 77 zu Art 3 GG; BSG SozR 5850 § 4 Nr 5; BSG, Urteil vom 21. März 1991 – 4 RLw 1/90). Das BVerfG (aaO) hat hierzu ausgeführt: Die gesetzliche Rentenversicherung diene in erster Linie dem Schutz der abhängig Beschäftigten gegen die Risiken des Verlustes oder der Minderung der Arbeitskraft infolge BU oder Erwerbsunfähigkeit (EU), Alters oder Todes; diese Gruppe von Versicherten sei besonders schutzwürdig, weil mit dem Eintritt des Versicherungsfalls das Arbeitseinkommen entfalle und ihr Lebensunterhalt nicht mehr gesichert sei. Die Rente habe daher als Vollversorgung den Lebensunterhalt sicherzustellen. Die aus dem landwirtschaftlichen Betrieb ausscheidenden landwirtschaftlichen Unternehmer hingegen – so das BVerfG aaO weiter – bedürften keines derartigen umfassenden Schutzes, weil ihr Lebensunterhalt, was die Grundbedürfnisse an Wohnung und Nahrung anbelange, häufig anders gesichert sei (zB durch Wohnrecht, Naturalbezüge, Geldleistungen; vgl hierzu auch § 4 FELEG iVm § 2 Abs 7 GAL). Zwischen beiden Personengruppen besteht also auch unabhängig von der agrar- und strukturpolitischen Zielsetzung in den das landwirtschaftliche Sicherungssystem betreffenden Gesetzen (vgl hierzu BVerfGE 25 aaO, SozR 5850 § 2 Nr 8) verschiedenes Schutzbedürfnis, das eine verschiedenartige Ausgestaltung der Leistungen rechtfertigt. Diese generalisierende Bewertung des Schutzbedürfnisses älterer Landwirte im Rahmen des Gesamtkonzepts der sozialen Sicherung ist aufgrund des dem Gesetzgeber in Art 3 GG eingeräumten Gestaltungsspielraums verfassungskonform (vgl hierzu entsprechend BVerfG SozR 2200 § 1227 Nr 18; vgl BSG SozR 5850 § 4 Nr 9). Er rechtfertigt es beispielsweise auch, die Voraussetzungen des Bezugs von vorzeitigem Altersgeld wegen EU in der Altershilfe für Landwirte anders zu regeln als die Voraussetzungen für den Bezug von Rente wegen BU oder EU in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (vgl hierzu BSG, Urteil vom 21. März 1991 – 4 RLw 1/90).

Ein weiterer, eine unterschiedliche Ausgestaltung der Leistungen rechtfertigender Gesichtspunkt ist der „stark fürsorgerische Charakter” des Systems der sozialen Sicherung landwirtschaftlicher Unternehmer. Es wird überwiegend – die PAR sogar ausschließlich (vgl BT-Drucks 11/3859 S 20) – aus Mitteln des Bundes finanziert und nur zum geringen Teil aus Beiträgen. Diese Art der Finanzierung gestattet es, die Ansprüche der Berechtigten an strengere Voraussetzungen zu knüpfen als diejenigen der Arbeitnehmer. Deren Leistungen beruhen zum weitaus überwiegenden Teil auf den den Risiken angepaßten Beiträgen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber (vgl BVerfGE 25 aaO).

Schließlich ist auch das in § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b FELEG festgesetzte Mindestalter von 53 Jahren bei berufsunfähigen Landwirten nicht willkürlich gewählt. Denn der Gleichheitssatz nötigt den Gesetzgeber nicht, bei einer – wie der PAR -neuen gesetzlichen Maßnahme auf die Einführung bestimmter Stichtage zu verzichten, sofern der gewählte Zeitpunkt am Sachverhalt orientiert und sachlich vertretbar ist (vgl BVerfGE 87 aaO; BSG SozR 5866 § 12 Nr 2). Sachlich vertretbar in diesem Sinne ist die Altersgrenze von 53 Jahren bei berufsunfähigen Landwirten. Dies ergibt eine Abwägung der maßgebenden Gesichtspunkte des Gesetzgebers im Rahmen einer generalisierenden Bewertung, nämlich des besonderen Schutzbedürfnisses der berufsunfähigen älteren landwirtschaftlichen Unternehmer im Hinblick auf ihre erschwerte Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt einerseits und die ausschließliche Finanzierung der Leistungen durch den Bund andererseits. Härten, die jeder Stichtagsregelung innewohnen, müssen im übrigen hingenommen werden (vgl BVerfGE 87 aaO; BSG SozR 5866 § 12 Nr 2).

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch keine Ungleichbehandlung iS der og Grundsätze im Hinblick auf die unterschiedliche Regelung in § 41 GAL und in § 1 FELEG für den Bezug der Landabgaberente bzw von PAR bei BU. Eine derartige Ungleichbehandlung soll – so der Kläger – darin bestehen, daß nach § 41 GAL dem Landwirt grundsätzlich bei BU und Abgabe des Betriebes eine Rente zusteht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen bis zum 31. Dezember 1983 erfüllt waren, während der nach dem FELEG anspruchsberechtigte berufsunfähige Landwirt eine PAR erst nach Vollendung des 53. Lebensjahres erhalten kann. Entgegen der Auffassung des Klägers enthalten die genannten Vorschriften jedoch insoweit bereits keine iS des Art 3 GG miteinander vergleichbaren Regelungen.

Zum einen fallen die zeitlichen Anwendungsbereiche von § 41 GAL und § 1 FELEG auseinander. Die anspruchsbegründenden Merkmale von § 41 GAL mußten bis Ende 1983 vorgelegen haben. In der Zeit bis zum Inkrafttreten der Änderungen des FELEG durch das 4. ASEG, etwa 7 Jahre später, hatten landwirtschaftliche Unternehmer keinen auch nur in etwa vergleichbaren Anspruch bei BU. Somit ist dem berufsunfähigen Landwirt erstmals 1990 durch das FELEG ein Anspruch auf PAR eingeräumt und insoweit eine neue Anspruchsgrundlage geschaffen worden.

Darüber hinaus lagen § 41 GAL und dem FELEG auch verschiedene agrarpolitische Zielvorstellungen zugrunde. § 41 GAL sollte den Strukturwandel in der Landwirtschaft fördern, den Inhabern kleinerer Betriebe sollte das Ausscheiden aus der Landwirtschaft erleichtert und dadurch die Bildung größerer landwirtschaftlicher Betriebe ermöglicht werden (vgl § 41 Abs 1 Buchst e GAL; BSG SozR 5850 § 41 Nr 6). Hingegen bezweckte das FELEG in erster Linie die Wiederherstellung des Marktgleichgewichts auf den Agrarmärkten (BT-Drucks 11/2972 S 1, 11) und damit den Abbau landwirtschaftlich genutzter Flächen. Diese verschiedenen agrarstrukturpolitischen Akzente rechtfertigen ebenfalls – unabhängig von den unterschiedlichen zeitlichen Anwendungsbereichen der Vorschriften – die unterschiedliche Behandlung der berufsunfähigen landwirtschaftlichen Unternehmer in § 41 GAL und im FELEG. Denn Hauptzweck der jeweiligen Bestimmungen ist nicht die mit den verschiedenen Zielsetzungen einhergehende soziale Absicherung des berufsunfähigen landwirtschaftlichen Unternehmers bei Ab- bzw Aufgabe des Betriebes. Diese ist nur Nebenfolge des Hauptzwecks und als solche allein der agrarstrukturpolitischen Vorgabe in den jeweiligen gesetzlichen Regelungen angemessen anzupassen. Nur insoweit ist sie auf ihre Vereinbarkeit mit dem GG zu überprüfen. Eine Vergleichbarkeit iS von Art 3 GG besteht somit zwischen den den berufsunfähigen landwirtschaftlichen Unternehmern in § 41 GAL und in dem FELEG eingeräumten Rechten unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen nicht. Daß jedoch die sich an den agrarstrukturpolitischen Vorstellungen des FELEG orientierende soziale Absicherung des berufsunfähigen landwirtschaftlichen Unternehmers selbst „offensichtlich fehlsam und mit der Wertordnung des GG unvereinbar” ist (vgl hierzu BVerfG SozR 5850 § 2 Nr 8) und nicht mehr im Rahmen des dem Gesetzgeber eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums bei sozialpolitischen Entscheidungen liegt, ist nicht erkennbar und wird vom Kläger auch nicht behauptet.

Die Revision ist nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173950

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