Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung. Rücknahme von Honorarbescheiden. Vertrauensschutz bei noch nicht feststehendem Gesamtvergütungsvolumen. stärkere Begrenzung der Honorarverteilung bei Praxen mit höheren Umsätzen. keine Besitzstandswahrung im vertrags(zahn)ärztlichen Honorierungsbereich
Leitsatz (amtlich)
Die sich aus den Bundesmantelverträgen ergebende umfassende Befugnis der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarbescheiden ist in besonderen Konstellationen durch Vertrauensschutz zu Gunsten der Vertrags(zahn)ärzte begrenzt.
Steht bei Erlass der Quartalshonorarbescheide das zu verteilende Gesamtvergütungsvolumen noch nicht abschließend fest, so muss die K(Z)ÄV die Vertrags(zahn)ärzte auf die möglichen Folgen hinweisen, falls die Gesamtvergütungen geringer ausfallen als bei der bisherigen Honorarverteilung zu Grunde gelegt. Andernfalls darf sie die Honorarbescheide später nicht zu deren Lasten korrigieren.
- Bei der Honorarverteilung dürfen Praxen mit höheren Umsätzen stärker begrenzt werden als umsatzschwächere.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; SGB X § 45 Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, § 50 Abs. 1; SGB I § 37; SGB V § 82 Abs. 1, § 85 Abs. 1, 4 Sätze 3, 5, § 106a Abs. 1 Fassung: 2003-11-14, Abs. 2 Fassung: 2003-11-14; BMV-Z § 19 Buchst. a; EKV-Z § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 3. November 2004 und des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2003 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten für alle Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig sind Änderungen der Honorarbescheide für die Quartale I/1997 bis IV/1999 und Rückforderungen nach Neuberechnungen auf Grund erst nachträglicher Festlegung der Gesamtvergütungen.
Die klagende Zahnärztin ist im Bezirk der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Da es in dem streitbefangenen Zeitraum von 1997 bis 1999 nicht mit allen Krankenkassen(KKn)-Verbänden zum Abschluss von Gesamtvergütungsvereinbarungen gekommen war, vergütete die Beklagte die von der Klägerin in den Quartalen I/1997 bis IV/1999 erbrachten Leistungen in dem Hauptbereich der konservierend-chirurgischen sowie der Parodontose- und Kieferbruch-Leistungen zunächst als Einzelleistungen nach (vorläufigen) Punktwerten, die sie auf der Grundlage der für das Jahr 1995 abgeschlossenen Gesamtverträge bzw der durch das Landesschiedsamt für 1995 festgelegten Vertragsinhalte oder auf Grund von Vereinbarungen vorläufiger Gesamtvergütungen errechnet hatte. Dabei nahm sie im Hinblick auf mögliche Überschreitungen der (noch nicht abschließend festgelegten) Gesamtvergütungen Einbehalte in Höhe von 10 % des Honorars vor. Der von ihr zu Grunde gelegte Honorarverteilungsmaßstab (HVM) enthielt Regelungen für den Fall, dass das Gesamtvergütungsvolumen nicht ausreiche, um für die von den Vertragszahnärzten erbrachten Leistungen jeweils diejenigen Punktwerte zu gewähren, die in den Vereinbarungen mit den KKn-Verbänden vorgesehen waren. Hierfür war in der Anlage zu dem HVM bestimmt, dass die Honorare je zur Hälfte durch eine sog Richtgrößen- und durch eine Umsatzregelung zu quotieren seien. Die Beklagte versah die Honorarbescheide zudem mit dem Hinweis, dass sie sich nachträgliche Berichtigungen, zB auf Grund sachlicher und rechnerischer Richtigstellungen sowie auf Grund rückwirkender Änderungen des HVM uä, vorbehalte.
Seit August 1996 unterrichtete die Beklagte ihre Mitglieder mit Rundschreiben und Sondermitteilungen fortlaufend über ihre Vergütungsverhandlungen mit den KKn-Verbänden, übersandte die jeweils aktuellen HVM-Fassungen und teilte mit Schreiben vom Juli 1997, September 1998 und August 1999 – unter Beifügung einer Beispielsberechnung – jeweils für das laufende Jahr die für die Richtgrößen- und Umsatzregelung relevanten Daten ihrer Praxis mit, soweit diese schon ermittelt worden waren.
Nachdem im Jahr 2000 sämtliche Gesamtvergütungsverträge für 1997 bis 1999 abgeschlossen waren, ergab sich, dass die Mitglieder der Beklagten zuviel Honorar erhalten hatten, und zwar ca 16.367.000 DM für das Jahr 1997, ca 17.131.000 DM für 1998 und ca 7.055.000 DM für 1999. Die Beklagte änderte daraufhin die Honorarbescheide für die Quartale I/1997 bis IV/1999 entsprechend den Regelungen im HVM und forderte von der Klägerin mit Bescheid vom 18. Oktober 2000 die Rückzahlung von 25.827,02 DM (= 13.205,15 €). Sie begründete dies mit Überzahlungsbeträgen für 1997 von 19.527,82 DM, für 1998 von 30.308,45 DM und für 1999 von 27.764,87 DM. Die Beklagte hatte dabei einen sog Anpassungswert berücksichtigt, den der Vorstand der KZÄV zwecks vollständiger Verteilung der tatsächlich zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung festgelegt hatte, und sie rechnete die in den ursprünglichen Honorarbescheiden vorgenommenen Einbehalte an. Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2001).
Das von der Klägerin angerufene Sozialgericht hat den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben (Urteil vom 14. Mai 2003). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 3. November 2004). Im Urteil ist ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Korrektur von Honorarbescheiden, deren Fehler ihre Ursache im Bereich der generellen Grundlagen der Honorarverteilung hätten, seien die Bestimmungen über sachlich-rechnerische Richtigstellungen in den Bundesmantelverträgen, nicht hingegen die Berichtigungsermächtigung im HVM, da diese durch die bundesmantelvertraglichen Regelungen verdrängt werde. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sachlich-rechnerischer Richtigstellung seien durch die Unrichtigkeit der ursprünglichen Bescheide in Verbindung mit dem Fehlen von Vertrauensschutz erfüllt. Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des zunächst bewilligten Honorars sei zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die ursprünglichen Honorarbescheide Vorbehalte enthalten hätten, denn diese seien zu pauschal gefasst. Ein Vertrauen sei aber angesichts der Gesamtumstände zu verneinen, nämlich weil den Vertragszahnärzten auf Grund der in den Jahren 1996 bis 1999 versandten Informationen (Rundschreiben, Sonderrundschreiben, Anlagen zum HVM, Mitteilungen von Richtgrößen für die Jahre 1997, 1998 sowie 1999) und der Honorareinbehalte bei den Abschlagszahlungen habe ausreichend deutlich sein müssen, unter welchen konkreten Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang sich die Beklagte die nachträgliche Korrektur der ursprünglichen Bescheide vorbehalten habe. Die Neuberechnung könne aber ihrem Ausmaß nach nicht gebilligt werden, denn die ihr zu Grunde liegenden Regelungen des HVM seien teilweise rechtswidrig. Bedenklich sei schon, dass die Neuberechnung des Honorars nach anderen als den ursprünglichen Verteilungsgrundsätzen, nämlich unter Anwendung der Richtgrößen- und Umsatzregelung, vorgenommen worden sei. Rechtswidrig sei jedenfalls die Kombination der Richtgrößen- mit der Umsatzregelung. Dies sei nicht in vollem Umfang mit § 85 Abs 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vereinbar. Gegen die Richtgrößenregelung als Form individueller Leistungsbudgets bestünden zwar unter Berücksichtigung der Ausnahmeregelungen für Praxisneugründer und unterdurchschnittlich abrechnende Praxen keine durchgreifenden Bedenken. Die zur anderen Hälfte eingreifende Umsatzregelung belaste aber in undifferenzierter Weise umsatzstärkere Praxen mehr als umsatzschwächere. Dabei werde nicht danach unterschieden, ob deren größeres Abrechnungsvolumen auf einem überdurchschnittlichen Fallwert oder auf einer überdurchschnittlichen Fallzahl oder auf einer Kombination von beidem beruhe, und auch nicht nach den in der Vergangenheit bereits erzielten Umsätzen und der daraus resultierenden Praxisstruktur. Sie gehe damit über die vom Bundessozialgericht (BSG) gebilligten Kombinationen von Praxis- und Zusatzbudgets mit Fallzahlbegrenzungen hinaus. Vor allem schließe die Kombination aus individuellem Leistungsbudget und Umsatzregelung die umsatzstärkeren Praxen von der Möglichkeit einer Honorarerhöhung durch Fallzahlsteigerungen aus. Eine zusätzliche Verzerrung könne sich daraus ergeben, dass die unterdurchschnittliche Abrechnung im konservierend-chirurgischen Bereich selbst dann zu höheren Punktwerten führe, wenn der Zahnarzt lediglich Leistungen zB in den Zahnersatz-Bereich verlagere. Die Umsatzregelung lasse sich nicht als Bestimmung zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung der Kassenpraxis gemäß § 85 Abs 4 Satz 4 bzw – im Jahr 1999 – Satz 5 SGB V rechtfertigen, weil sie nicht im Sinne der Rechtsprechung des BSG erst bei einer doppelt so hohen wie der durchschnittlichen Leistungsmenge ansetze. Ferner sei zu beanstanden, dass die maßgebenden Grenzbeträge nicht schon im Zeitpunkt der Leistungserbringung voraussehbar waren. Die Abstaffelungsbestimmung könne auch nicht als Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt werden.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 85 Abs 4 SGB V sowie der Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Das LSG habe zu Recht die Bescheidänderung und Rückforderung dem Grunde nach gebilligt, aber zu Unrecht die Neuberechnung ihrem Ausmaß nach beanstandet. Die ihr zu Grunde liegenden Regelungen des HVM seien rechtmäßig. Die Bedenken des LSG, die Neuberechnung des Honorars sei nach anderen als den ursprünglichen Verteilungsgrundsätzen erfolgt, seien unbegründet. Die Umsatz- und Richtgrößenregelung sei bereits bei Erlass der ursprünglichen Honorarbescheide gültiges Satzungsrecht gewesen, sei damals lediglich noch nicht zur Anwendung gelangt, weil sie nur für den Fall gegolten habe, dass das Gesamtvergütungsvolumen für eine Honorierung nach den in den Gesamtvergütungsvereinbarungen vorgesehenen Punktwerten nicht ausreiche. Die Umsatzregelung sei ebenfalls nicht rechtswidrig. Es sei umsatzstärkeren Praxen nicht vollständig verwehrt, ihr Honorar durch Fallzahlerhöhungen zu steigern. Die dadurch erzielten Honorarzuwächse seien lediglich geringer. Das sei sachgerecht, da diesen Praxen eine stärkere Quotierung zugemutet werden könne. Eine solche Regelung wirke zudem einer Mengenausweitung und dem sog Hamsterradeffekt entgegen. Die These, Zahnärzte könnten ihre Leistungen im konservierend-chirurgischen Bereich durch Verlagerung in den Zahnersatz-Bereich reduzieren, um höhere Punktwerte zu erreichen, unterstelle ein nicht richtlinienkonformes Behandlungs- und Umgehungsverhalten. Die größere Belastung umsatzstarker Praxen werde im Übrigen dadurch abgemildert, dass bei der Richtgrößenregelung nur die drei umsatzstärksten Quartale des Vorjahres zu berücksichtigen seien. Unzumutbaren Kürzungen sei dadurch vorgebeugt, dass die Summe der richtgrößen- und umsatzbezogenen Quotierung um höchstens 10 % über dem Prozentsatz liegen dürfe, um den die Summe der Richtgrößen aller Vertragszahnärzte das vorjährige Gesamtvergütungsvolumen überschreite. Unschädlich sei, dass die Festlegung der maßgebenden Grenzbeträge der Umsatzregelung erst nach Quartalsschluss erfolgt sei. Die regelmäßige Mitteilung der individuellen Richtgröße und der Umsatzdurchschnitte habe zur Orientierung der Zahnärzte ausgereicht. Schließlich sei diese Umsatzregelung zumindest als Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 3. November 2004 und des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Für die Berechnung von Rückforderungen nach bereits erfolgten Honorarzahlungen müssten dieselben HVM-Regelungen gelten wie bei der erstmaligen Verteilung der Gesamtvergütung. Der Beklagten habe kein Gestaltungsrecht mehr zugestanden. Im Übrigen sei das Umsatz- und Richtgrößenmodell untauglich und widerspreche der Honorarverteilungs- bzw Rückführungsgerechtigkeit. Das zeige sich schon an der Notwendigkeit der Anwendung eines “Anpassungsfaktors”, mit dem rechnerische Unklarheiten auf zweifelhafte Weise hätten korrigiert werden müssen. Vor allem sei zu beanstanden, dass den umsatzstärkeren Praxen die Möglichkeit von Honorarzuwächsen beschnitten werde.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Vorinstanzen haben den Honoraränderungs- und Rückforderungsbescheid zu Unrecht aufgehoben. Die von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Änderungs- und Rückforderungsbescheides der Beklagten sind die Vorschriften im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) und im Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) über die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung (§ 19 Buchst a BMV-Z vom 13. November 1985 bzw § 12 Abs 1 EKV-Z in der ab 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) sowie § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach diesen Vorschriften der Bundesmantelverträge (vgl nunmehr § 106a Abs 1 und 2 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003, BGBl I 2190) obliegt es der KZÄV, die vom Vertragszahnarzt vorgelegten Honorarabrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu überprüfen und im Falle ihrer Fehlerhaftigkeit richtig zu stellen. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten, auf § 82 Abs 1 SGB V beruhenden bundesmantelvertraglichen Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen (stRspr, vgl zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, Urteil vom 28. September 2005 – B 6 KA 14/04 R –, RdNr 10, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSG, Urteil vom 26. Juni 2002 – B 6 KA 26/01 R – juris).
Es beruht auf den Besonderheiten des vertrags(zahn)ärztlichen Vergütungssystems, dass den K(Z)ÄVen durch die bundesmantelvertraglichen Vorschriften eine umfassende Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen eingeräumt wird (s ausführlich BSGE 89, 62, 67 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 346 ff; BSGE 89, 90, 94 ff = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 ff). Das Interesse der Gesamtheit der Vertrags(zahn)ärzte ist einerseits darauf gerichtet, dass nach jedem Quartal die für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge möglichst umfassend und zeitnah ausgezahlt werden (vgl BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 6 RdNr 13). Andererseits bergen frühzeitig ergehende Honorarbescheide das Risiko, dass sie später korrigiert werden müssen. So kann insbesondere das zu verteilende Gesamtvergütungsvolumen noch nicht abschließend festgelegt sein. Zudem sind im Zeitpunkt der Honorarauszahlung noch nicht bei allen Vertrags(zahn)ärzten die Abrechnungsprüfungen – sachlich-rechnerische und Wirtschaftlichkeitsprüfung – abgeschlossen. Erweist sich die Honorarberechnung für einen Teil der Vertrags(zahn)ärzte als fehlerhaft und muss ihnen Honorar nachgezahlt oder von ihnen ein Teil des Honorars zurückgefordert werden, so bedeutet das, dass andere umgekehrt zu viel oder zu wenig erhalten haben. Dies resultiert aus der Besonderheit, dass die KKn das festgelegte Gesamtvergütungsvolumen gemäß § 85 Abs 1 SGB V mit befreiender Wirkung für die Gesamtheit der Vertrags(zahn)ärzteschaft entrichten, sodass bei überzahltem Honorar Nachforderungen an die KKn ausgeschlossen sind (vgl ausführlich zB BSGE 89, 90, 97 = SozR 4-2500 § 82 Nr 3 S 10). Es liegt im Interesse der gesamten Vertrags(zahn)ärzteschaft, die uU erforderlichen Korrekturen – und damit zugleich den Ausgleich im Verhältnis zu den anderen Vertrags(zahn)ärzten – auch noch später vornehmen zu können. Behält eine K(Z)ÄV bei noch ungeklärter Rechtslage Gesamtvergütungsanteile nicht vorsorglich ein, sondern zahlt sie diese zunächst an ihre Mitglieder aus, so gewährleistet sie die Liquidität der Praxen und überträgt ihren Mitgliedern zugleich die Möglichkeit des Zinsgewinns aus noch nicht endgültig zustehenden Honoraranteilen. Mit dieser – für die Vertrags(zahn)ärzte günstigen – Vorgehensweise korrespondiert notwendigerweise die sich aus den bundesmantelvertraglichen Vorschriften ergebende Befugnis zur erleichterten Aufhebung von Honorarbescheiden bei fehlerhaften Honorarberechnungen. Sie trägt den für die K(Z)ÄV unvermeidlichen Unsicherheiten bei der Anwendung der Leistungsverzeichnisse sowie der generellen Grundlagen der Honorarverteilung Rechnung. Die genannten Vorschriften stellen bereichsspezifische Sonderregelungen dar mit der Folge, dass Honorarbescheide stets zunächst nur als vorläufig anzusehen sind und Vertrauensschutz auf deren Bestand nur in besonderen Konstellationen anerkannt werden kann (s zB BSG aaO S 97 f bzw S 10 f).
Die Fehlerhaftigkeit der der Klägerin für die Quartale I/1997 bis IV/1999 erteilten Honorarbescheide ergibt sich daraus, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Honorarverteilung und des Erlasses der ursprünglichen Honorarbescheide ein Gesamtvergütungsvolumen zu Grunde gelegt hatte, das in dieser Höhe nicht feststand und auch später nicht in dieser Höhe von den KKn gewährt wurde (zur Neuberechnung im Einzelnen s die späteren Ausführungen). Insoweit waren die von einem unzutreffenden Honorarvolumen ausgehenden Honorarbescheide fehlerhaft und rechtswidrig. Die Tatbestandsvoraussetzungen der bundesmantelvertraglichen Berichtigungsvorschriften waren damit erfüllt. Es bedarf daher keiner Klärung, ob eine zusätzliche Rechtsgrundlage zur Aufhebung der Honorarbescheide und zur (Teil-)Rückforderung des Honorars in Nr 5.1 des HVM der Beklagten gesehen werden könnte.
Der Zulässigkeit der Aufhebung der Honorarbescheide und der Neufestsetzung des Honorars können damit nur noch Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen. Nach der Rechtsprechung des Senats wird die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage aus Gründen des Vertrauensschutzes in vier Fallkonstellationen begrenzt. Das ist zunächst der Fall, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des Quartalshonorarbescheides bereits abgelaufen ist (Urteil vom 12. Dezember 2001 – BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16, mwN). Nach Ablauf dieser Frist ist die weitere Anwendung der bundesmantelvertraglichen Berichtigungsvorschriften ausgeschlossen. Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist dann nur noch nach Maßgabe der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 (Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1) SGB X möglich.
Eine weitere Beschränkung der Anwendung der bundesmantelvertraglichen Berichtigungsbefugnis ergibt sich unter Vertrauensschutzgesichtspunkten dann, wenn die K(Z)ÄV ihre Befugnis zu sachlich-rechnerischer Richtigstellung bereits “verbraucht” hatte. Das ist der Fall, wenn die K(Z)ÄV die Honoraranforderungen des Vertrags(zahn)arztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüfte und vorbehaltlos bestätigte, indem sie zB auf den Rechtsbehelf des Vertrags(zahn)arztes hin die ursprüngliche Richtigstellung eines bestimmten Gebührenansatzes ohne jede Einschränkung wieder rückgängig machte (BSG aaO S 98 f bzw S 11 f; bekräftigt in BSG, Urteile vom 26. Juni 2002 – B 6 KA 26/01 R ua – juris; siehe auch BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 15, und BSG, Urteil vom 28. September 2005 – B 6 KA 14/04 R –, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Durch solche Überprüfung und Bestätigung ist die spezifische Vorläufigkeit eines vertrags(zahn)ärztlichen Honorarbescheides und damit die Anwendbarkeit der bundesmantelvertraglichen Berichtigungsvorschriften entfallen. Der rechtswidrig begünstigende Honorarbescheid ist insoweit nur noch nach den Vertrauensausschlusstatbeständen des § 45 (Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1) SGB X rücknehmbar (BSGE 89, 90, 98 ff = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 ff; bekräftigt in BSG, Urteile vom 26. Juni 2002 – B 6 KA 26/01 R ua – juris; BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 15).
Von dem Anwendungsausschluss der bundesmantelvertraglichen Richtigstellungsvorschriften abgesehen kann die Richtigstellungsbefugnis in den Fällen begrenzt sein, in denen einer K(Z)ÄV vorzuhalten ist, sie hätte die Vertrags(zahn)ärzte auf ihr bekannte Ungewissheiten hinweisen müssen, habe dies aber unterlassen und dadurch sei bei ihren Mitgliedern schützenswertes Vertrauen entstanden (vgl BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG, Urteil vom 26. Juni 2002 – B 6 KA 26/01 R ua – juris). Zwar sind hier die bundesmantelvertraglichen Berichtigungsvorschriften weiterhin anwendbar. In diesen Fällen ist aber der durch das Verhalten der K(Z)ÄV begründete Vertrauensschutz der Vertrags(zahn)ärzte zu beachten. Damit ist für eine Aufhebung eines Honorarbescheides nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind.
Schließlich kann eine Beschränkung der Möglichkeit nachträglicher Richtigstellung zum einen bei solchen Honorarbescheiden eintreten, bei denen die Fehlerhaftigkeit des Bescheides aus Umständen herrührt, die außerhalb des eigentlichen Bereichs einer sachlich und rechnerisch korrekten Honorarabrechnung und -verteilung liegen (BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11). Zum anderen ist Vertrauensschutz zu Gunsten des Vertrags(zahn)arztes dann zu berücksichtigen, wenn eine K(Z)ÄV eine bestimmte Leistungserbringung in Kenntnis aller Umstände geduldet hat, sie aber später als fachfremd beurteilt (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9). Auch in diesen Konstellationen finden die bundesmantelvertraglichen Richtigstellungsvorschriften Anwendung (vgl BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 18). Eine (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheides mit Wirkung ex tunc ist entsprechend § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X jedoch nur ausnahmsweise möglich.
Nach den dargelegten Grundsätzen stand den von der Beklagten gegenüber der Klägerin vorgenommenen Änderungen der ihr erteilten Honorarbescheide für die Quartale I/1997 bis IV/1999 Vertrauensschutz nicht entgegen. Der Fall, dass die Frist für die Vornahme sachlich-rechnerischer Richtigstellungen – vier Jahre seit Erlass des Quartalsabrechnungsbescheids – bereits abgelaufen sein könnte (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16), ist ersichtlich nicht einschlägig. Aber auch die Konstellation, dass die Beklagte durch Überprüfung und vorbehaltlose Bestätigung der Honorarabrechnung ihre Befugnis zu sachlich-rechnerischer Richtigstellung bereits verbrauchte (BSG aaO S 98 ff bzw S 11 ff), ist nicht gegeben. Die Beklagte hatte hinsichtlich der Honorierung für die Jahre 1997 bis 1999 zwar mit Datum vom 7. Juli 1999 erneut einen Honorarbescheid erlassen. Dieser bestätigte aber nicht die früheren Honorarabrechnungen, sondern korrigierte sie gerade, indem er Rückforderungen festsetzte. Eine Überprüfung und vorbehaltlose Bestätigung der Richtigkeit früherer Honorarberechnungen kann auch nicht in dem weiteren Bescheid vom 15. März 2000 gesehen werden. Damit hob die Beklagte zwar – nach gerichtlicher Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche anderer Vertragszahnärzte gegen die an sie gerichteten Bescheide vom 7. Juli 1999 – gegenüber allen Vertragszahnärzten die jeweils gegen sie ergangenen Bescheide vom 7. Juli 1999 auf und stellte somit einstweilen die früheren Honorarbescheide wieder her. Dies erfolgte aber mit dem ausdrücklichen Hinweis – wie ihn auch die Klägerin erhielt –, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt mit einer Rückforderung für die Jahre 1997 und 1998 in etwa gleicher Höhe rechnen müssten. Mithin lag keine vorbehaltlose Bestätigung der früheren Honorarbescheide vor.
Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten kommt auch nicht in Anwendung der Grundsätze aus der Entscheidung des Senats vom 30. Juni 2004 (BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11) in Betracht. In diesem Urteil werden die Konstellationen, in denen die K(Z)ÄV innerhalb der bundesmantelvertraglich normierten Fristen Bescheide gegenüber den Vertrags(zahn)ärzten ohne Berücksichtigung von Vertrauensschutzerwägungen korrigieren können muss, von solchen Fallgestaltungen abgegrenzt, in denen zwar die Vorschriften der Bundesmantelverträge als Rechtsgrundlage für eine ggf erforderliche nachträgliche Korrektur von Honorarbescheiden heranzuziehen sind (vgl BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, jeweils RdNr 8), jedoch bei deren Anwendung Vertrauensschutzaspekte zu beachten sind. Der Senat hat für die insoweit erforderliche Abgrenzung darauf abgestellt, dass Vertrauensschutz zu gewähren ist, wenn diejenigen Besonderheiten der Honorierung vertrags(zahn)ärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung seit langem für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, konkret nicht tangiert sind. Nur dann, wenn ausnahmsweise im Rechtsverhältnis zwischen der K(Z)ÄV und einem Vertrags(zahn)arzt keine relevanten Unterschiede zu den für das Verwaltungsverfahrensrecht typischen Situationen bestehen, sind die für solche Konstellationen bestehenden allgemeinen Grundsätze über die Berücksichtigung von Vertrauensschutz gegenüber der Korrektur fehlerhafter, begünstigender Verwaltungsakte entsprechend anzuwenden (BSG, aaO, RdNr 19). Eine solche Sachlage, bei der aus den aufgezeigten Gründen Vertrauensschutz anzuerkennen wäre, ist hier nicht gegeben. Der Gesichtspunkt einer Duldung fachfremder Leistungserbringung (vgl BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9) greift ebenfalls nicht ein.
Bei der Prüfung, ob zu Gunsten der Klägerin Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist, steht vielmehr die Frage im Vordergrund, ob eine Einschränkung der Befugnis der Beklagten zur nachträglichen Richtigstellung der Honorarbescheide daraus folgt, dass ihr vorzuhalten ist, ihr seien Zweifel an der Richtigkeit der Honorarberechnung bekannt gewesen oder jedenfalls hätten sie ihr ohne weiteres bekannt sein müssen und sie habe es trotzdem unterlassen, die davon betroffenen Vertrags(zahn)ärzte in hinreichendem Umfang auf diese Ungewissheiten hinzuweisen. Das ist jedoch nicht der Fall. Zwar handelt es sich bei einer Schwebelage durch noch nicht abgeschlossene Gesamtvergütungsvereinbarungen um Ungewissheiten, die die Beklagte kennt und die sie in der Tat unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben dazu verpflichten, trotzdem bereits ergehende Honorarbescheide mit entsprechenden Vorläufigkeitshinweisen zu versehen oder in anderer gleichwertiger Weise auf die bloße Vorläufigkeit der Honorarbescheide hinzuweisen. Diese Pflicht hat die Beklagte erfüllt. Denn sie hat den Vertragszahnärzten in ausreichender Weise deutlich gemacht, dass die ihnen erteilten Honorarbescheide nur vorläufigen Charakter hatten. Dafür genügten allerdings nicht die Hinweise in den Honorarbescheiden, dass nachträgliche Berichtigungen, zB auf Grund sachlicher und rechnerischer Richtigstellungen sowie auf Grund rückwirkender Änderungen des HVM “und Ähnlichem” vorbehalten seien. Denn darin lag kein ausreichender Hinweis auf die Schwebelage durch noch nicht abgeschlossene Gesamtvergütungsvereinbarungen. Genügend deutliche Hinweise hierauf ergaben sich aber daraus, dass die Beklagte – wie im Berufungsurteil festgestellt – den Vertragszahnärzten in den Jahren 1996 bis 1999 regelmäßig entsprechende Informationen zukommen ließ, nämlich durch Zusendung von Rundschreiben und Sondermitteilungen sowie der Anlagen zum HVM, von Mitteilungen der sie betreffenden Richtgrößen für die Jahre 1997, 1998 sowie 1999 sowie durch die Honorareinbehalte bei den Abschlagszahlungen. Daraus war für die Vertragszahnärzte ausreichend deutlich, unter welchen konkreten Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang sich die Beklagte wegen der Schwebelage die nachträgliche Korrektur der ursprünglichen Bescheide vorbehalten wollte.
Die Honoraränderung und -rückforderung kann ferner nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden sich jeweils nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw – wirtschaftlich betrachtet – kleinere Anteile der Honoraranforderung des Vertragsarztes beziehen dürfe (vgl hierzu zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; Urteil vom 26. Juni 2002 – B 6 KA 26/01 R – juris). Ob eine solche Begrenzung, die der Senat in Fällen der Unwirksamkeit genereller Grundlagen der Honorarverteilung herausgestellt und angewendet hat (s die genannten BSG-Urteile für den Fall der Unwirksamkeit von Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen wegen unzulässiger Rückwirkung), überhaupt in Situationen wie hier gilt, in denen die Neuberechnung und Rückforderung auf der erst nachträglichen Festlegung und Kenntnis des Gesamtvergütungsvolumens beruht, kann offen bleiben. Denn mehr als ein kleinerer Anteil der bisher zuerkannten Honorarvolumina ist hier nicht betroffen. Die Größenordnung der Rückforderung hält sich im Rahmen von bis zu 15 % des ursprünglich zuerkannten Honorars (vgl BSG, Urteil vom 26. Juni 2002 aaO mit Billigung einer Minderung um 12 %, und BSG, Urteil vom 26. Juni 2002 – B 6 KA 29/01 R –, unveröffentlicht, mit Billigung einer Minderung um 13,3 %).
Insgesamt stehen daher die Grundsätze des Vertrauensschutzes einer Aufhebung der Honorarfestsetzungen für 1997 bis 1999 nicht entgegen. Ein Ermessen war nicht auszuüben, weil die Regelungen über sachlich-rechnerische Richtigstellungen – anders als § 45 SGB X – keine Ermessensausübung vorsehen.
Auch die in dem Änderungs- und Rückforderungsbescheid enthaltene Neuberechnung des Honorars auf der Grundlage der im Jahr 2000 für die Vorjahre 1997 bis 1999 abschließend festgelegten Gesamtvergütungsvolumina ist nicht zu beanstanden. Die Einwendungen, die vom LSG und von der Klägerin gegen die Änderungsbescheide bzw gegen die ihnen zu Grunde liegenden HVM-Regelungen erhoben werden, greifen nicht durch.
Das gilt zunächst für den Einwand, die vorgenommene Neuberechnung – in Anwendung der Richtgrößen- und Umsatzregelung gemäß der Anlage zum HVM – stelle eine Neuverteilung nach anderen als den ursprünglichen Verteilungsprinzipien dar. Die generelle Frage, ob eine K(Z)ÄV bei notwendig gewordener Honorarneuverteilung für einen bereits abgelaufenen Zeitraum eine neue Regelung schaffen darf (im Ansatz bejahend bereits BSG MedR 1985, 283, 286 = USK 84269 S 1365 f) und welches Ausmaß die Neuerungen haben dürfen, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn hier hat die KZÄV keine neue HVM-Regelung geschaffen. Die der Neuberechnung zu Grunde gelegte Richtgrößen- und Umsatzregelung bestand schon von vornherein. Der HVM enthielt sie bereits in der Fassung, die zur Zeit der ursprünglichen Honorarverteilungen galt. Sie kam lediglich nicht zur Anwendung. Denn in den Verteilungsregelungen war vorgesehen, die von den Vertragszahnärzten erbrachten Leistungen mit den vollen Punktwerten, wie diese in den Vereinbarungen mit den KKn-Verbänden vorgesehen waren, zu honorieren, sofern das für den Abrechnungszeitraum gewährte Gesamtvergütungsvolumen dafür ausreichte, und nur in dem Fall, dass dieses dafür nicht ausreiche, eine Quotierung der Honorare je zur Hälfte durch eine Richtgrößen- und durch eine Umsatzregelung vorzunehmen (Nr III. 2.1 und 2.2 der Anlage zum HVM). Damit war die Richtgrößen- und Umsatzregelung – im Sinne einer Reservefunktion – bereits von vornherein vollwirksam vorgegeben; es handelte sich nicht um eine nur aufschiebend bedingt normierte Regelung, wie die Klägerin geltend macht. Die Beklagte hatte sie bei der ursprünglichen Honorarverteilung nur deshalb noch nicht angewendet, weil sie davon ausging, das Gesamtvergütungsvolumen werde für eine Honorierung mit vollen Punktwerten ausreichen.
Eine Änderung der Richtgrößen- und Umsatzregelung war zwischenzeitlich nur insofern erfolgt, als die Bestimmungen zur Berechnung des Punktmengenlandesdurchschnitts, der für die Umsatzregelung Bedeutung hatte (dazu s Nr III. 2.2.2 der Anlage zum HVM und die näheren Ausführungen im Folgenden), bei Gemeinschaftspraxen und bei Praxen, die einen angestellten Arzt oder einen Assistenten beschäftigten, präzisiert worden waren. Dies betraf lediglich Marginalien, die keine relevante sachliche Änderung darstellen und ohne weiteres im Rahmen unproblematischer Änderungen liegen (hierzu s o RdNr 24 mit Hinweis auf BSG MedR 1985, 283, 286 = USK 84269 S 1365 f).
Die Richtgrößen- und Umsatzregelung (Nr III. 2.2.1 und 2.2.2 der Anlage zum HVM) ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Insbesondere greift der Einwand nicht durch, sie führe zu unverhältnismäßigen Honorarminderungen. Die HVM-Bestimmungen sahen für den Fall, dass das Gesamtvergütungsvolumen nicht ausreicht, um die von den Vertragszahnärzten erbrachten Leistungen insgesamt mit den vollen – gesamtvertraglich vorgesehenen – Punktwerten zu honorieren, eine Quotierung der Honorare vor. Jeweils die Hälfte der auf Grund der Budgetüberschreitung insgesamt prozentual erforderlichen Honorarreduzierung sollte durch eine Richtgrößen- und durch eine Umsatzregelung erbracht werden (Nr 2.2 aaO). Im Einzelnen war dies in der Weise geregelt, dass für jede Praxis eine individuelle Richtgröße zu ermitteln war. Dafür war ein Mittelwert aus den Abrechnungsergebnissen der Praxis in den Quartalen des Vorjahres zu bilden, wobei das umsatzschwächste Quartal unberücksichtigt blieb (Nr 2.2.1 Abs 1 aaO). Dieser wurde – für alle Praxen einheitlich – um die sog Standardquote reduziert, dh um den Prozentsatz, um den die Summe der Richtgrößen aller Vertragszahnärzte das vorjährige Gesamtvergütungsvolumen überschritt (Abs 2 Satz 2 und Abs 3 aaO). Aus dem Verhältnis des tatsächlichen Abrechnungsvolumens des Vertragszahnarztes zur so korrigierten individuellen Richtgröße errechnete sich sein sog Richtgrößenquotient (Abs 4 Satz 1 aaO). Das Produkt aus dem Quadrat des Richtgrößenquotienten und der halben Standardquote bestimmte sodann den Umfang der prozentualen Honorarkürzung, den der Vertragszahnarzt infolge der Richtgrößenregelung zu tragen hatte (Abs 4 Satz 2 aaO). Die daneben zur anderen Hälfte eingreifende Umsatzregelung (Nr 2.2.2 aaO) führte bei umsatzstärkeren Praxen zu einer höheren und bei umsatzschwächeren zu einer geringeren Reduzierung. Hierzu war für jede Praxis das Verhältnis von deren Abrechnungsvolumen zum landesdurchschnittlichen Abrechnungsvolumen zu bestimmen. Der so errechnete Punktmengenquotient (Nr 2.2.2 Abs 1 und 2 aaO) ergab – nach Multiplikation mit der halben Standardquote – die umsatzbezogene Quotierung (Abs 3 aaO). Die Summe aus richtgrößen- bzw umsatzbezogener prozentualer Honorarkürzung durfte die Standardquote um höchstens 10 % überschreiten (Nr 2.2.3 aaO).
Diese Regelungen waren darauf ausgerichtet, die Honoraranforderungen in Übereinstimmung mit dem Gesamtvergütungsvolumen zu bringen, wenn dieses nicht ausreichte, um die von den Vertragszahnärzten erbrachten Leistungen mit den vollen – in den Vereinbarungen mit den KKn-Verbänden vorgesehenen – Punktwerten zu vergüten. Das ist nicht zu beanstanden. Um ein erst später feststehendes Gesamtvergütungsvolumen nicht zu überschreiten, muss der Umfang der Honorierung der Vertrags(zahn)ärzte in gewissem Ausmaß flexibel gehalten werden. Dies kann auf verschiedene Weise realisiert werden. Das BSG hat sich bereits mit unterschiedlichsten Gestaltungen befasst und diese als grundsätzlich rechtmäßig angesehen. Nach einigen dieser Regelungen wurde ein Teil der Leistungen mit festen, der Rest mit floatenden Punktwerten vergütet; nach anderen Bestimmungen wurde je Behandlungsfall ein Teil des Fallwerts relativ hoch, der darüber hinausgehende Fallwert aber nur nach Maßgabe des noch zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsvolumens variabel vergütet; nach wiederum anderen wurden Fallzahlen des Vertrags(zahn)arztes gemäß denen früherer Jahre bei der Honorierung voll berücksichtigt, Fallzahlsteigerungen dagegen nur teilweise nach Maßgabe des restlichen Gesamtvergütungsvolumens (zu solchen Fallgestaltungen s zB BSGE 81, 213, 216 ff, 220, 223 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 151 ff, 155 f, 158 f; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 410 f; BSGE 89, 173 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45; BSG SozR aaO Nr 44; BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9; BSG SozR aaO Nr 10). Das BSG hat auch sog Individualbudgets für rechtens erklärt, die nach Abrechnungsergebnissen des jeweiligen Arztes aus vergangenen Zeiträumen bemessen wurden und dessen gesamtes Leistungsvolumen umfassten (sog Individualbudgets, BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 6 RdNr 9, 11; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 53, 56; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 21, 25; – vgl auch die Beispielsaufzählung in BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 22). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Weg gewählt, die Vergütungen der konservierend-chirurgischen, der Kieferbruch- und der Parodontose-Leistungen im Falle niedrigerer Gesamtvergütungen mit Hilfe einer kombinierten Richtgrößen- und Umsatzregelung zu begrenzen.
Bei der Ausgestaltung solcher Honorarbegrenzungen sind allerdings die Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V zu beachten, nämlich dass die Honorierung sich an Art und Umfang der Leistungen der Vertrags(zahn)ärzte zu orientieren hat (§ 85 Abs 4 Satz 3 SGB V), dass der HVM übermäßiger Ausdehnung der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit entgegenwirken soll (§ 85 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie dass die Honorierung gleichmäßig auf das gesamte Jahr zu verteilen, dh den Vertrags(zahn)ärzten gleichmäßig bis zum Jahresende Honorar zu gewähren ist (so § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V, eingefügt mit Wirkung zum 1. Januar 1999 durch das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz vom 19. Dezember 1998, BGBl I 3853). Über diese Vorgaben hinaus hat das BSG einen hohen Stellenwert auch dem Ziel beigemessen, eine Punktwertstabilisierung zu erreichen, um dem sog Hamsterradeffekt entgegenzuwirken (dazu zuletzt BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 18, mwN) und den Vertrags(zahn)ärzten zu ermöglichen, ihr zu erwartendes vertrags(zahn)ärztliches Honorar sicherer abzuschätzen (sog Kalkulationssicherheit, vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 11, 18, jeweils mwN). Diesen verschiedenen Zielvorgaben kann ein HVM nicht gleichermaßen gerecht werden. Vielmehr muss die K(Z)ÄV in dem Konflikt unterschiedlicher Zielsetzungen einen angemessenen Ausgleich im Sinne praktischer Konkordanz (vgl zB BVerfGE 97, 169, 176 mwN) suchen. Dabei gibt es nicht nur eine richtige Kompromisslösung, sondern eine Bandbreite unterschiedlicher Möglichkeiten gleichermaßen rechtmäßiger Regelungen.
Die zu beurteilende Richtgrößen- und Umsatzregelung überschreitet die genannten Vorgaben nicht. Durch sie wird gewährleistet, dass die Honorarverteilung sich im Rahmen des Gesamtvergütungsvolumens hält, indem die Honorierungen reduziert werden, falls dieses Volumen bei der abschließenden Festlegung geringer ausfällt, als zunächst bei der Honorierung zu Grunde gelegt worden war.
Der Hinweis der Klägerin, die Richtgrößen- und Umsatzregelung belaste die umsatzstärkeren Vertragszahnärzte mehr als die umsatzschwächeren, trifft zu, begründet indessen keine Rechtswidrigkeit. Das Gebot leistungsproportionaler Vergütung (s hierzu § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V) ist keine Vorgabe, die strikt einzuhalten wäre und höheren Rang hätte als die anderen Zielvorgaben. Es kann vielmehr im Interesse einer Begrenzung der Leistungsmengen und damit einer Stabilisierung der Punktwerte modifiziert werden (vgl zB BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9, jeweils RdNr 7). Die den K(Z)ÄVen bei der Ausformung des HVM eingeräumte Gestaltungsfreiheit (hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 9 mwN) erlaubt ihnen zu entscheiden, ob sie allen Vertrags(zahn)ärzten die gleichen Honoraranreize belassen bzw in gleichem Umfang Honorarreduzierungen zumuten oder ob sie den Anreiz, mehr Leistungen zu erbringen, bei größeren Praxen stärker reduzieren wollen als bei kleineren. So hat das BSG wiederholt HVM-Bestimmungen gebilligt, die Vertrags(zahn)ärzte mit kleinerem bis durchschnittlichem Praxisumfang geringer, diejenigen mit größerem dagegen mehr belasten. Mit Urteil vom 10. Dezember 2003 hat es eine Regelung als rechtmäßig angesehen, die auf umfassende Umsatzbegrenzungen ausgerichtet war und dabei überdurchschnittlich abrechnenden Praxen die Möglichkeit weiterer Umsatzsteigerungen verwehrte (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 6 – insbesondere RdNr 20 – betr Individualbudget). Das BSG hat in seinen Urteilen vom 9. Dezember 2004 ausgeführt, dass spiegelbildlich zum Erfordernis von Wachstumsmöglichkeiten für unterdurchschnittliche Praxen die überdurchschnittlichen stärker begrenzt werden können (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 53, mwN). Ein Besitzstand derart, dass die Chance erhalten bleiben müsste, alle Leistungen weiterhin im bisherigen Umfang honoriert zu erhalten, kommt keinem Vertrags(zahn)arzt zu. Die Erhaltung von Verdienstchancen kann weder aus Art 14 Abs 1 noch aus Art 12 Abs 1 GG abgeleitet werden (vgl dazu BVerfGE 95, 173, 187 f; 97, 67, 77, und BVerfGE 24, 236, 251; 34, 252, 256; BVerfG ≪Kammer≫, NJW 1999, 2729 ≪unter II. 2.≫; 2000, 1779, 1780 ≪unter II. 1. b≫; NJW-RR 2001, 750, 751 ≪unter II. 1. c≫). Die Zuerkennung eines Anspruchs auf Besitzstandswahrung wäre auch mit dem System vertrags(zahn)ärztlicher Honorierung nicht vereinbar, in dem sich die Honorierung auch bei zunehmenden Leistungsmengen im Rahmen der uU weniger steigenden Gesamtvergütungen halten muss.
Nicht zu beanstanden ist auch das Ausmaß der Belastungen, die sich aus der Richtgrößen- und Umsatzregelung ergeben. Die damit verbundene Honorarreduzierung ist weder generell nach dem Zuschnitt der Regelung noch konkret im Falle der Klägerin unverhältnismäßig. Die Vergütungsreduzierungen sind von vornherein in der Weise begrenzt, dass die richtgrößenbezogene und die umsatzbezogene Quotierung, die je zur Hälfte zum Zuge kommen, in ihrer Summe die Standardquote um höchstens 10 % überschreiten dürfen, dh dass sie maximal um 10 % über dem Prozentsatz liegen können, um den die Summe der Richtgrößen aller Vertragszahnärzte das vorjährige Gesamtvergütungsvolumen übersteigt (Nr III. 2.2.3 iVm Nr 2.2 der Anlage zum HVM). Außer durch diese Begrenzung ist der Eingriff auch dadurch gemildert, dass bei der Ermittlung der individuellen Richtgröße aus den Vorjahresquartalen das umsatzschwächste unberücksichtigt bleibt (Nr 2.2.1 Abs 1 aaO). Die Belastung ist ferner im Falle umsatzschwächerer Praxen zusätzlich dadurch niedriger, dass die Vergütungsreduzierung nach der Umsatzregelung umso geringer ausfällt, je mehr ihr Abrechnungsvolumen unter dem durchschnittlichen liegt (Nr 2.2.2 Abs 2 und 3 aaO). Damit bestehen also noch weitere Begrenzungen neben der generellen Schranke, dass die Summe der richtgrößen- und der umsatzbezogenen Kürzung höchstens 10 % über dem Prozentsatz liegen darf, um den die Summe der Richtgrößen aller Vertragszahnärzte das vorjährige Gesamtvergütungsvolumen übersteigt. Allein schon diese Schranke schließt eine Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs aus. Da sie insgesamt auf die Summe der richtgrößen- und der umsatzbezogenen Kürzung bezogen ist, kann sich auch keine Unverhältnismäßigkeit aus den Wechselwirkungen bzw der Kumulation von richtgrößen- und umsatzbezogener Kürzung ergeben (vgl dazu auch BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 58; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 25).
Ferner greift der Einwand nicht durch, die Richtgrößen- und Umsatzregelung habe nicht für alle Praxen einheitlich ausgestaltet werden dürfen, ohne Rücksicht darauf, ob deren Abrechnungsmengen vor allem auf einer großen Fallzahl, auf hohen Fallwerten oder auf beidem beruhten sowie ob dem eine spezielle Praxisstruktur und/oder ein spezieller Zuschnitt der Patientenschaft zu Grunde liege. Diese Argumentation verkennt, dass es jedem Normgeber obliegt, die von ihm zu treffenden Regelungen überschaubar und handhabbar zu gestalten, was zugleich bedeutet, dass er nicht jeder Besonderheit Rechnung tragen muss. Vielmehr hat der Normgeber – wie die K(Z)ÄV bei der Ausformung ihres HVM – die Befugnis zur Schematisierung und Typisierung (s zB BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3 RdNr 39 und BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, jeweils RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 9 RdNr 26)). Dementsprechend mussten im hier zu beurteilenden HVM bei der Richtgrößen- und Umsatzregelung weitere Differenzierungen nicht getroffen werden.
Erfolglos ist auch die Rüge, Honorarsteigerungen durch Fallzahlerhöhungen würden durch die Richtgrößen- und Umsatzregelung in unzulässiger Weise beschränkt. Der Senat hat bereits im Urteil vom 10. Dezember 2003 ausgeführt, dass die Möglichkeit der Honorarerhöhung durch Fallzahlsteigerung speziell bei Honorarbegrenzungsmodellen zu beachten ist, die an der Fallzahl ansetzen, aber nicht auch bei solchen, die die Honoraransprüche umfassend wie zB durch ein Individualbudget begrenzen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 6 RdNr 20). Dieser Konstellation steht eine Richtgrößen- und Umsatzregelung der hier zu beurteilenden Art gleich. Im Übrigen ist die Ansicht der Klägerin, die HVM-Regelungen verwehrten überdurchschnittlich abrechnenden Vertragszahnärzten jegliche Möglichkeit der Honorarerhöhung durch Fallzahlsteigerungen, inhaltlich ohnehin unzutreffend. Steigert ein Vertragszahnarzt durch Fallzahlzuwächse in einem Jahr seine Punktmenge, so erlangt er zwar für dieses Jahr kein dementsprechend höheres Honorar. Aber die in einem Jahr durch Fallzahlzuwächse gesteigerten Punktmengen ermöglichen ein höheres Honorar im Folgejahr. Denn die erbrachten Punktmengen – nicht die erlangten Honorare – bilden die Basis für die individuelle Richtgröße und damit zugleich für die Honorierung im folgenden Jahr (s Nr III. 2.2.1 der Anlage zum HVM).
Die Richtgrößen- und Umsatzregelung kann weiterhin nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, die Bestimmungen seien undurchschaubar. Dies trifft nicht zu, wie sich aus obiger Darstellung der Regelung ergibt. Im Übrigen ist bei Vertrags(zahn)ärzten generell davon auszugehen, dass sie die Fähigkeit zum Verständnis solcher Regelungen haben (vgl hierzu BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 20), über deren Hintergründe und Zustandekommen sie laufend informiert werden.
Eine Rechtsverletzung kann sich ferner nicht daraus ergeben, dass die Beklagte nach Vornahme der Honorarneuberechnungen anhand der Richtgrößen- und Umsatzregelung feststellen musste, das Gesamtvergütungsvolumen werde nicht ausgeschöpft, und deshalb um der vollständigen Verteilung willen vom Vorstand eine “Anpassung” der Kürzungen vorgenommen wurde, dh die Kürzungen nochmals reduziert wurden. Ob dieses Vorgehen unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung als rechtmäßig angesehen werden kann (zu dieser Rechtsfigur s zB BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157 mwN), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn jedenfalls kann sich, da insoweit keine nachteilige Betroffenheit der Klägerin gegeben ist, kein Rechtseingriff zu ihren Lasten ergeben (vgl hierzu zB BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 59 aE mwN; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 27 aE).
Ohne Erfolg bleibt schließlich auch die vom LSG und von der Klägerin gegen den HVM erhobene Beanstandung, schon im Zeitpunkt der Leistungserbringung müsse feststehen, zu welchem Punktwert die Honorierung erfolge. Das Erfordernis, dass die Vergütungshöhe voraussehbar sein muss, hatte der Senat in Urteilen vom 26. Januar 1994 herausgestellt (sog Segeberger Wippe, BSG SozR 3-2200 § 368f Nr 3 und MedR 1994, 376). Diese Urteile betrafen indessen – anders als hier – Bestimmungen zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung von Kassenpraxen (§ 368f Abs 1 Satz 5 Reichsversicherungsordnung bzw später § 85 Abs 4 Satz 5 SGB V).
Für Regelungen, wie sie hier in Frage stehen, hat der Senat im Urteil vom 10. März 2004 klargestellt, dass es ausreicht, wenn dem Vertrags(zahn)arzt bei seiner Leistungserbringung die für die Honorierung maßgeblichen “Rahmendaten” bekannt sind (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 10 RdNr 19). Bei Festlegung aller für die Honorierung relevanten Grenz- und Punktwerte im Vorhinein ließe sich kaum vermeiden, dass das Gesamtvergütungsvolumen entweder nicht vollständig verteilt oder für die Erfüllung der Honorarforderungen nicht ausreichen würde, was beides der aus § 85 Abs 4 Satz 1 SGB V resultierenden Obliegenheit zu möglichst umfassender Auskehrung des Gesamtvergütungsvolumens zuwiderliefe (vgl hierzu zB BSGE 89, 62, 69 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 348; BSGE 89, 90, 95 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 8). Dem Erfordernis, den Vertrags(zahn)ärzten die maßgeblichen “Rahmendaten” bekannt zu geben, trug die Beklagte im vorliegenden Fall durch ihre regelmäßigen Mitteilungen ausreichend Rechnung. Wie im Berufungsurteil festgestellt worden ist (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), informierte sie ihre Mitglieder regelmäßig über die Veränderungen im HVM sowie über die Fortschritte bei den Verhandlungen mit den KKn-Verbänden, woraus jeweils zugleich die noch bestehenden Unsicherheiten erkennbar waren.
Nach alledem sind der Änderungsbescheid und die sich daraus ergebende Rückforderung überzahlten Honorars (§ 50 Abs 1 SGB X) rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
Fundstellen
Haufe-Index 1520325 |
ArztR 2006, 274 |
MedR 2006, 542 |
NZS 2006, 137 |
SGb 2006, 158 |
SGb 2006, 90 |
GesR 2006, 499 |