Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkursantragsverfahren Arbeitnehmer über Vermögen des Arbeitgebers. Konkursausfallversicherung. Konkursausfallgeld. Rückständige Lohnforderungen. Aufwendungsersatz. Geschäftsführung ohne Auftrag. Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch
Leitsatz (redaktionell)
- Einem Arbeitnehmer, dessen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers mangels Masse abgelehnt wurde, werden seine Kosten für das Konkursantragsverfahren nicht als Konkursausfallgeld aus der Konkursausfallversicherung erstattet. Diese Kosten gehören nicht zum Arbeitsentgelt für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens, woraus sich Anspruch und Höhe des Konkursausfallgelds herleiten.
- Dem Arbeitnehmer steht auch kein Anspruch auf Ersatz der von ihm für das Konkursantragsverfahren aufgewendeten Kosten aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag zu, weil er bei Stellung des Konkursantrags weder im wirklichen noch mutmaßlichem Willen des Trägers der Kokursausfallversicherung gehandelt hat und diesem auch keine Pflicht im öffentlichen Interesse zur Stellung des Konkursantrags oblag. Zudem sind Instanzenwege und Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen, ehe ein Privater an Stelle der Behörde handeln darf.
- Demgemäß hat der Arbeitnehmer auch keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch für die Kosten seines Konkursantragsverfahrens, da er dem Träger der Konkursausfallversicherung keine Aufwendungen erspart hat, weil diesen keine Pflicht traf, einen Konkursantrag zu stellen.
Normenkette
AFG § 141d Abs. 1 S. 1, § 141b Abs. 2; KO § 59 Abs. 1 Nr. 3a; BGB §§ 683, 678-679; SGB I §§ 31, 2, 16-17; SGB X § 97 Abs. 2, § 91 Abs. 1-3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Dezember 1991 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt Leistungen aus der Konkursausfallversicherung auch für die Kosten des Konkursantragsverfahrens.
Der Kläger war von Februar bis Mai 1987 bei der Firma B. … H. … L. … in B. … (Fa. H.) beschäftigt; die Zwangsvollstreckung aus arbeitsgerichtlichen Urteilen wegen seiner Arbeitsentgeltforderungen blieb erfolglos. Die Fa. H. schuldete auch der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) seit Juni 1987 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von ca DM 12.000,–. Im November 1988 stellte der Arbeitgeber den Betrieb vollständig ein, nachdem ihm die Gewerbeausübung untersagt worden war.
Der Antrag des Klägers auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers vom November 1987 wurde mit Beschluß des Amtsgerichts vom August 1988 mangels Masse abgelehnt. Mit Kostenrechnung vom Oktober 1988 forderte die Landesjustizkasse vom Kläger für das Konkurseröffnungsverfahren Kosten von insgesamt ca DM 500,– (Zustellungs- und Bekanntmachungskosten sowie Sachverständigenentschädigung).
Auf seinen Antrag vom September 1988 gewährte die Beklagte dem Kläger Konkursausfallgeld (Kaug) für das rückständige Arbeitsentgelt der Monate März bis Mai 1987 in Höhe von ca DM 2.750,– (Bescheid vom 1. August 1989). Mit Bescheid vom 27. Januar 1989 und Widerspruchsbescheid vom 28. März 1989 lehnte sie die Gewährung von Kaug für die Kosten des Konkurseröffnungsverfahrens ab. Insoweit hatte die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Erfolg. Wenn der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für Kaug nur selbst durch einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens herbeiführen könne, sei gerechtfertigt, die Kosten des Konkursverfahrens in die Regelung über das Kaug miteinzubeziehen, da der Arbeitnehmer nicht mit dem zum Teil beträchtlichen Kostenrisiko belastet werden dürfe. Dies gelte unabhängig von der evtl bestehenden Möglichkeit, Prozeßkostenhilfe für das Konkursverfahren zu erlangen. Auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 17. Dezember 1991). Die Sicherung durch das Kaug sei auf die Bezüge beschränkt, die Gegenwert für die Arbeitsleistung seien. Nebenforderungen aus der Geltendmachung des Lohnanspruchs würden hierdurch nicht umfaßt (Hinweis auf BSG vom 28. Februar 1985, SozR 4100 § 141b Nr 35). Etwas anderes folge auch nicht daraus, daß der Anspruch auf Kaug uU wirtschaftlich dadurch völlig entwertet werden könne, daß die Gerichtskosten des Konkursantrages höher seien als der dem Arbeitnehmer noch zustehende Arbeitsentgeltanspruch. Hierin liege jedoch kein enteignungsgleicher Eingriff in eine der Eigentumsgarantie des Art 14 Grundgesetz (GG) unterfallende Rechtsposition. Denn der Arbeitnehmer könne auch ohne den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mit der damit verbundenen Kostenfolge den Anspruch auf Kaug geltend machen. Bereits vor dem Insolvenzereignis der Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse hätte der Kläger Antrag auf Kaug stellen können, worauf seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt gemäß § 141m Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf die Beklagte übergegangen wären. Denn damals habe eine mehr als nur entfernte Möglichkeit bestanden, daß die Leistung von Kaug in Betracht komme (Hinweis auf BSG vom 17. Juli 1979, SozR 4100 § 141b Nr 11). Die Beklagte wäre dann verpflichtet gewesen, erforderlichenfalls anstelle des Arbeitnehmers Konkursantrag zu stellen, wenn sie den Antrag des Arbeitnehmers mangels eines sonstigen Insolvenzereignisses ablehnen wolle. Eine entsprechende, uU zum Anspruch auf Schadensersatz führende, Pflicht obliege ihr aus dem Versicherungsverhältnis. Der Kläger habe auch keinen Herstellungsanspruch auf Übernahme der Kosten für das Konkursantragsverfahren. Denn diese stellten kein Arbeitsentgelt dar, für das die Beklagte nur Kaug gewähren könne. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag scheitere schon daran, daß der Kläger mit der Antragstellung beim Konkursgericht ein eigenes Geschäft und nicht das der Beklagten geführt habe.
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers. Er rügt eine Verletzung des § 141b Abs 2 AFG. Zu dem von der Beklagten zu leistenden Kaug zählten auch die vom Arbeitnehmer aufgewendeten Kosten für das Konkursantragsverfahren. Der Arbeitnehmer könne nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, auch ohne Insolvenzereignis einen Antrag auf Kaug zu stellen. Denn die Beklagte sei rechtlich nicht verpflichtet, von sich aus den Versicherungsfall herbeizuführen. Der gesetzliche Forderungsübergang nach § 141m AFG setze voraus, daß sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Kaug erfüllt seien. Das mit dem Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens zur Herbeiführung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kaug verbundene Kostenrisiko stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in eine verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition dar.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 4. März 1990 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Dezember 1991 zurückzuweisen.
Kosten des Konkursantragsverfahrens seien nicht durch Kaug auszugleichen. Auch unabhängig von der Argumentation des LSG könne hierin kein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 GG liegen. Der Anspruch auf Kaug sei kein eigentumsähnliches Recht, das durch Art 14 Abs 1 GG geschützt wäre. Die Mittel für das Kaug würden nicht von den Arbeitnehmern, sondern von den Arbeitgebern im Wege einer Umlage aufgebracht. Außerdem sei die Gebührenschuld nicht im Kaug-Zeitraum (März bis Mai 1987), sondern erst danach entstanden. Der Schutz der Konkursausfallversicherung sei kein allgemeiner Schutz gegen durch Insolvenz verursachte Verluste. Das Kostenrisiko für Schritte, die der Arbeitnehmer außerhalb des Kaug-Verwaltungsverfahrens unternehme, könne ihm von der Beklagten nicht abgenommen werden.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Die von ihm aufgewendeten Kosten aus Anlaß seines Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers können ihm weder als Konkursausfallgeld erstattet werden (1) noch besteht ein entsprechender Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (2) oder ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (3).
(Zu 1) Die vom Kläger geltend gemachten Kosten des Konkursantragsverfahrens gehören nicht zu dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelt für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses; allein hieraus aber ergibt sich die Höhe des Kaug (§ 141d Abs 1 Satz 1 AFG). Zum Arbeitsentgelt in diesem Sinne gehören nach § 141b Abs 2 AFG alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die unabhängig von der Zeit, für die sie geschuldet werden, Masseschulden nach § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst a Konkursordnung (KO) sein können.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 28. Februar 1985 (SozR 4100 § 141b Nr 35) auf dieser Grundlage entschieden, daß die Erstreckung des Kaug auf Nebenforderungen (damals entschieden für Vollzugszinsen, die Kosten der gerichtlichen Geltendmachung des rückständigen Lohnes und die Kosten der Klage gegen den Konkursverwalter auf Erteilung einer Nettolohnabrechnung und auf Herausgabe der Arbeitspapiere) nicht gerechtfertigt ist. Diese Abgrenzung folgt aus der Zielsetzung und der historischen Entwicklung des § 141b AFG iVm § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst a KO. An dieser aaO näher begründeten Rechtsprechung (ebenso auch das Urteil des Senats vom 18. September 1991, BSGE 69, 228, 230 ff = SozR 3-4100 § 141b Nr 2 für Ersatzansprüche gegen den Arbeitgeber wegen Erfüllung von gegen diesem gerichteten Forderungen) hält der Senat auch im vorliegenden Fall fest.
Er vermag sich nicht der Auffassung (vgl Uhlenbruck, Der Betrieb 1986, 645) anzuschließen, daß im Wege einer differenzierenden Lösung zwar die Kosten der Einzelzwangsvollstreckung vom Schutz durch die Konkursausfallversicherung ausgenommen werden könnten, hierzu aber jedenfalls die Kosten des Konkursantragsverfahrens gehören müßten.
Die insoweit – auch vom SG – herangezogenen Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Die Auffassung läßt sich insbesondere nicht unter Hinweis auf die Amtliche Begründung des Gesetzes über Kaug (3. Gesetz zur Änderung des AFG) vom 17. Juli 1974 (BGBl I 1481) stützen; hiernach – so wird argumentiert – sei beabsichtigt gewesen, den Arbeitnehmer so zu stellen, als wäre der Arbeitgeber für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzzeitpunkt seiner Vergütungsverpflichtung in vollem Umfang nachgekommen (so Gagel, AFG, § 141b RdNr 14, S 12 und Hess, Konkursausfallgeld, 5. Aufl 1991, § 141b AFG, RdNr 80). Eine entsprechende umfassende Absicht läßt sich jedoch der zitierten Quelle (BT-Drucks 7/1750, S 10) gerade nicht entnehmen. Hier ist vielmehr ausdrücklich immer nur davon die Rede, daß die Konkursausfallversicherung für die „rückständigen Lohnforderungen”, den „Lohnanspruch des Arbeitnehmers für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens” bzw die „Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt” einzustehen habe. Nichts anderes ergibt sich auch aus den weiteren Ausführungen in der Amtlichen Begründung. Im Gegenteil sprechen die Begründungen sowohl zu § 141b als auch zu § 141d AFG jeweils ausdrücklich von der Sicherung der „Ansprüche auf Arbeitsentgelt”, die der Arbeitnehmer „erarbeitet” hat.
Eine andere Auslegung der Vorschriften der §§ 141b und 141d AFG wird schließlich nicht durch die mit dem Gesetz über das Kaug gleichzeitig vorgenommenen Änderungen der KO nahegelegt. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 28. Februar 1985 (SozR 4100 § 141b S 138f) näher dargelegt. Auch hieran wird festgehalten.
Die Auffassung, daß die Konkursausfallversicherung Nebenforderungen nicht umfaßt, wird auch gestützt durch den Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien (BT-Drucks 7/1750 S 12 – zu § 141b Abs 1), daß durch das Kaug jene Ansprüche auf Arbeitsentgelt gesichert seien, wie sie in § 61 Abs 1 KO nach dem damaligen Gesetzentwurf geregelt waren. Zu den Konkursforderungen nach dieser Vorschrift gehören aber nur die Haupt- und nicht die Nebenforderungen; auch die in § 62 KO erfolgte begrenzte Gleichstellung bestimmter Nebenforderungen mit der Hauptforderung gilt nicht im Rahmen des Kaug (BSG vom 28. Februar 1985, SozR 4100 § 141b Nr 35 S 139). Deshalb geht auch die Argumentation (von Hess, Konkursausfallgeld, 5. Aufl, § 141b AFG RdNrn 170 bis 173 unter Berufung auf Gagel, AFG, § 141b RdNr 14 S 11f) ins Leere, „formal” könne „auch abgeleitet werden”, daß über § 59 Abs 1 Nr 3 KO und damit ebenfalls im Rahmen des Kaug nach § 141b AFG Nebenforderungen umfaßt würden.
Unbehelflich ist ebenfalls der Hinweis auf die damals gleichzeitig eingeführte Vorschrift des § 103 Abs 2 KO, in dem das Konkursantragsrecht der Arbeitnehmer als der in § 59 Abs 1 Nr 3 KO genannten – neuen – Massegläubiger geregelt wurde. Hierdurch wurde jedoch nicht den Arbeitnehmern erstmals ein Recht auf Konkursantragstellung verliehen; dieses stand ihnen schon bislang als Gläubiger des Gemeinschuldners zu. Die Neuregelung des § 103 Abs 2 KO stellt lediglich klar, daß die Arbeitnehmer weiterhin antragsberechtigt sein sollten, auch nachdem die Arbeitsentgeltforderungen teilweise bevorzugt als Masseschulden eingeordnet wurden (so auch BT-Drucks 7/1750, S 17, zu Nrn 4 und 6; vgl weiterhin BGH vom 10. Dezember 1980, BGHZ 79, 124, 126), um eine schnellere und wirksamere Durchsetzung dieser Ansprüche zu erreichen. Daher kann (entgegen Uhlenbruck, Der Betrieb 1986, 645) aus dem „vom Gesetzgeber im Hinblick auf die Neuregelung in § 59 Abs 1 Nr 3 KO eingeführten erweiterten Antragsrecht der Arbeitnehmer” nicht geschlossen werden, dieses müsse, um nicht „in sein Gegenteil verkehrt” zu werden, durch die Übernahme der Kosten des Konkurseröffnungsverfahrens auf die Konkursausfallversicherung abgesichert werden.
Der Kläger kann für sich auch keine Rechte daraus herleiten, daß die Beklagte in ihren Durchführungsanweisungen zu den §§ 141a bis 141n AFG – Kaug – vom 11. Oktober 1989 (DBl-Runderlaß 111/89, abgedruckt in Hanau/Kübler ≪Herausgeber≫, Konkursausfallgeld, 1990, unter Nr 4.1, DA 1n.1.8 ≪5≫) angeordnet hat, der zuständigen Einzugsstelle seien nach § 141n Abs 1 Satz 1 AFG auch die Kosten der Zwangsvollstreckung sowie eines Konkursantrages als Teil der nach § 141n Abs 1 Satz 1 AFG zu entrichtenden Beiträge zu erstatten. Hieraus folgt in keinem Fall ein gleichgearteter Anspruch auch eines Arbeitnehmers. Denn Durchführungsanweisungen können allenfalls dort für den Einzelnen anspruchsbegründend wirken, wo die Behörde einen ihr zustehenden Entscheidungsspielraum (zB Ermessen) ausfüllt, nicht jedoch in der gesetzlich gebundenen Verwaltung. Dabei kann dahinstehen, ob jene Durchführungsanweisung mit Besonderheiten der in § 141n AFG geregelten Ansprüche der Einzugsstelle – etwa der Einbeziehung auch der Säumniszuschläge in die Regelung des § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst c KO (hierzu bereits der Senat im Urteil vom 28. Februar 1985, SozR 4100 § 141b Nr 35 S 139f) – gerechtfertigt werden kann.
(Zu 2) Im Ergebnis zu Recht hat das LSG ferner entschieden, daß dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der von ihm für das Konkursantragsverfahren aufgewendeten Kosten nicht aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag zustehe. Auch hierüber kann der Senat in eigener Zuständigkeit entscheiden. Selbst wenn dieser Anspruch nicht bereits zu dem ihm nach A I des Geschäftsverteilungsplanes des BSG für das Jahr 1992 ua zugeteilten Sachgebiet „Konkursausfallgeld” zählen sollte, so begründet jedenfalls A II 5 des Geschäftsverteilungsplanes die Zuständigkeit des Senats. Nach dieser Bestimmung ist in einem Verfahren um mehrere Ansprüche derjenige Senat für das Gesamtverfahren zuständig, der für den vorgreiflichen Anspruch oder denjenigen zuständig ist, auf dem das Schwergewicht des Rechtsstreits liegt. Dies ist der vom Kläger vorrangig geltend gemachte Anspruch aus § 141b AFG.
Entgegen der Auffassung des LSG werden die auch im Sozialrecht anwendbaren Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag (BSG vom 27. Juni 1990, BSGE 67, 100 = SozR 3-7610 § 683 Nr 1; vgl BVerwG vom 6. September 1988, BVerwGE 80, 170) nicht dadurch ausgeschlossen, daß der private Geschäftsführer zugleich auch eigene Interessen wahrnimmt (so BSGE 67, 100, 102 mit Hinweisen auf Rechtsprechung des BGH). Voraussetzung eines Aufwendungsanspruchs in entsprechender Anwendung des § 683 BGB ist jedoch, daß der Kläger bei Stellung des Konkursantrags ein Geschäft der Beklagten geführt hat, also entweder im Einklang mit ihrem wirklichen oder mutmaßlichem Willen gehandelt hat (§ 678 BGB) oder daß ohne sein Handeln eine Pflicht der Beklagten, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt worden wäre (§ 679 BGB).
Ein Wille der Beklagten, der Kläger möge für sie den Konkursantrag stellen, ist nicht ersichtlich. Sie hat im Gegenteil stets, auch noch im Revisionsverfahren, vorgetragen, sie sei nicht verpflichtet, von sich aus den Versicherungsfall nach § 141b AFG herbeizuführen. Dann kann es auch nicht iS des § 678 BGB ihrem Willen entsprochen haben, daß der Kläger für sie in dieser Weise tätig wird.
Dieser entgegenstehende Wille ist auch nicht nach § 679 BGB unbeachtlich. Denn es bestand keine Pflicht der Beklagten im öffentlichen Interesse zur Stellung des Konkursantrags, die ohne das Tätigwerden des Klägers nicht rechtzeitig erfüllt worden wäre.
Aus dem vom LSG festgestellten Sachverhalt läßt sich eine Pflicht der Beklagten zur Stellung eines Konkursantrags nicht ableiten. Zwar sind, wie der vorliegende Fall zeigt, Sachverhalte denkbar, in denen der Arbeitgeber trotz Zahlungsunfähigkeit den Betrieb fortführt, so daß ein Insolvenzereignis nach § 141b Abs 3 Nr 2 AFG nicht festgestellt werden kann; in einem solchen Fall verfehlt diese Vorschrift ihren Zweck, zu verhindern, daß Arbeitnehmer mit den Kosten aussichtsloser Konkursanträge belastet werden (hierzu BSG vom 30. Oktober 1991, SozR 3-4100 § 141b Nr 3 S 15). Dann könnte es der Beklagten obliegen, einen Kaug-Antrag nicht lediglich mit dieser Begründung abzulehnen, sondern den Arbeitnehmer dabei zu unterstützen, das Insolvenzereignis iS des § 141b AFG herbeizuführen.
Wie dies geschehen könnte, kann jedoch offenbleiben. Denn die Beklagte erlangte erst nach der Stellung des Konkursantrags seitens des Klägers und dessen Ablehnung mangels Masse durch den Antrag auf Kaug Kenntnis von der Insolvenz des Arbeitgebers. Deshalb kann ebenso dahinstehen, ob der Senat der Rechtsprechung des früher für das Recht der Konkursausfallversicherung zuständigen 12. Senats (in dessen Urteil vom 17. Juli 1979, BSGE 48, 269, 274 = SozR 4100 § 141b Nr 11) insoweit folgt, als dieser eine Pflicht der Beklagten zur Stellung eines Konkursantrags bereits daraus herleitete, daß nach Übergang der Arbeitsentgeltforderungen bei Antragstellung (§ 141m AFG) und auch nur entfernter Möglichkeit, daß die Leistung von Kaug in Betracht kommt (hierzu BSG vom 17. Juli 1979, BSGE 48, 269, 273 = SozR 4100 § 141b Nr 11 sowie, im Anschluß daran, BAG vom 10. Februar 1982, BAGE 38, 1, 5 f = AP Nr 1 zu § 141m AFG) nunmehr quasi treuhänderisch alle zur Durchsetzung und Realisierung der arbeitsrechtlichen Forderung gebotenen Handlungen vorzunehmen habe (so auch Hess, Konkursausfallgeld, 5. Aufl 1991, § 141b RdNr 40 f, § 141m RdNr 34).
Ebensowenig bestehen Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger bereits vor Stellung des Konkursantrags an die Beklagte herangetreten wäre und diese ein Tätigwerden abgelehnt hätte (zu einem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag bei einer behördlichen Aufforderung an den Betroffenen, die Maßnahme auf eigene Kosten durchzuführen: BVerwGE 80, 170, 175).
Anders als in den Fällen, in denen das BSG bisher bei Krankenbehandlungen Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus den Bestimmungen der Geschäftsführung ohne Auftrag für gegeben gehalten hat (BSG vom 27. Juni 1990, BSGE 67, 100, 104 = SozR 3-7610 § 683 Nr 1; BSG vom 20. Dezember 1957, BSGE 6, 197, 201) kann schließlich von einer Eilbedürftigkeit der Stellung eines Konkursantrags nicht ausgegangen werden. Dann aber besteht auch kein Grund, iS des § 679 BGB ein öffentliches Interesse daran anzunehmen, daß der Kläger für die Beklagte den Konkursantrag stellte. Hiervon hing insbesondere auch nicht der Kaug-Zeitraum (die letzten drei dem Insolvenzzeitpunkt vorausgehenden Monate des Arbeitsverhältnisses: § 141b Abs 1 AFG) für den Kläger ab; dieser war bei Stellung des Konkursantrags bereits sechs Monate bei der Fa. H. ausgeschieden. Zu wahren ist das Prinzip, daß Instanzenwege eingehalten und Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft werden sollen, um eine zuständige Behörde zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe anzuhalten, bevor ein Privater selbst an ihrer Stelle tätig wird (vgl BVerwGE 80, 170, 174 ff).
Da der Kläger bereits die Voraussetzungen der §§ 678, 679 BGB nicht erfüllt hat, kommt es auf die Frage, inwieweit er bei Stellung des Konkursantrags den weiterhin erforderlichen Fremdgeschäftsführerwillen (vgl § 687 Abs 1 BGB) hatte, nicht mehr an.
(Zu 3) Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Gesichtspunkt des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, den das BVerwG für den Fall diskutiert, daß kein Aufwendungsersatz nach den Regeln über eine Geschäftsführung ohne Auftrag zusteht (BVerwGE 80, 170, 177). Einem solchen, aus dem allgemeinen (Sozial-) Verwaltungsrecht hergeleiteten Anspruch auf Erstattung dem Leistungsträger ersparter Aufwendungen stünde zwar § 31 SGB I nicht entgegen (BSG vom 16. Februar 1983, BSGE 54, 286, 292 = SozR 3870 § 8 Nr 1; ebenso BSG vom 16. Februar 1983, SozR 1200 § 31 Nr 1 S 6). Auch kann dem 3. Kapitel des SGB – Zehntes Buch – (SGB X) nicht entnommen werden, daß ein hierin nicht geregelter Erstattungsanspruch eines Bürgers gegenüber einem Leistungsträger von vornherein nicht gegeben sein soll. Die Regelung über die Erstattungsansprüche solcher Dritter, von denen ein Leistungsträger Aufgaben wahrnehmen läßt (§ 97 Abs 2 iVm § 91 Abs 1 bis 3 SGB X), schließt anderweitige Ansprüche Dritter nicht aus.
Wenn aber die Beklagte auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts (s oben zu 2) keine Pflicht traf, einen Konkursantrag zu stellen, ist auch nicht ersichtlich, inwiefern ihr der Kläger durch Stellung eines Konkursantrags Aufwendungen erspart hat.
Da der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch schon hieran scheitert, kann dahinstehen, ob dem Regelungszusammenhang des SGB, insbesondere den §§ 2 sowie 16 und 17 SGB I, darüber hinaus der Grundsatz entnommen werden kann, daß einem Privaten jedenfalls dann kein Erstattungsanspruch aufgrund angeblich ersparter Aufwendungen des Leistungsträgers zustehen kann, wenn er vor der fraglichen Vermögensverschiebung nicht (wie etwa bei der in BVerwGE 80, 170, 177 entschiedenen Fallkonstellation) zumindest versucht hat, ein behördliches Handeln zu erreichen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen