Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelung über Gemeinschaftspraxis in Ärzte-ZV. formelles Gesetz. Zusammenschluss zu einer Berufsausübungsgemeinschaft iS des ärztlichen Berufsrechts. Verfassungsmäßigkeit des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV
Leitsatz (amtlich)
1. § 33 Abs 2 Ärzte-ZV steht im Rang eines formellen Gesetzes.
2. Ärzte dürfen ihre vertragsärztliche Tätigkeit nur dann in einer Gemeinschaftspraxis ausüben, wenn sie sich zivil- bzw gesellschaftsrechtlich zu einer Berufsausübungsgemeinschaft iS des ärztlichen Berufsrechts zusammengeschlossen haben. Sie dürfen keiner weiteren Berufsausübungsgemeinschaft angehören.
Orientierungssatz
1. Die Vorschrift des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
2. Die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 2. Kammer vom 2.3.2004 - 1 BvR 2563/03.
Normenkette
SGB V § 98 Abs. 1, 2 Nr. 13; Ärzte-ZV § 33 Abs. 2 Sätze 1, 4; GG Art. 12 Abs. 1 S. 2, Art. 80 Abs. 1 S. 2; ÄMBerufsO 1997 § 22; ÄMBerufsO § 22; ÄMBerufsO 1997 Kap D Abschn. II Nr. 8 Abs. 1 S. 1; ÄMBerufsO Kap D Abschn. II Nr. 8 Abs. 1 S. 1; ÄMBerufsO 1997 Kap D Abschn. II Nr. 8 Abs. 1 S. 4; ÄMBerufsO Kap D Abschn. II Nr. 8 Abs. 1 S. 4; ÄBerufsO WLi 2000 § 22; ÄBerufsO WLi § 22; ÄBerufsO WLi 2000 Kap D Abschn. II Nr. 8 Abs. 1 S. 1; ÄBerufsO WLi Kap D Abschn. II Nr. 8 Abs. 1 S. 1; ÄBerufsO WLi 2000 Kap D Abschn. II Nr. 8 Abs. 1 S. 4; ÄBerufsO WLi Kap D Abschn. II Nr. 8 Abs. 1 S. 4; HeilBerG NW § 31 Fassung: 2000-05-09; HeilBerG NW § 32 Fassung: 2000-05-09
Verfahrensgang
Tatbestand
Umstritten ist die Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis.
Die Kläger sind als Ärzte für Laboratoriumsmedizin seit dem 1. April 2000 in Dortmund jeweils in Einzelpraxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie beantragten beim Zulassungsausschuss, ihnen zum 1. Juli 2000 die Berufsausübung in einer Gemeinschaftspraxis an ihrem Arztsitz in D zu genehmigen. Der Kläger zu 2. war bis zu seiner Zulassung in D in H zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er gehörte damals und gehört weiterhin der "überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft Dr. L. und Kollegen" in H an. Die dortigen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft sind als Laborärzte in Gemeinschaftspraxis vertragsärztlich tätig. Der Kläger zu 1. war vorher nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, sondern Leiter eines Hygiene-Instituts. Er ist dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft inzwischen beigetreten.
Der Zulassungsausschuss lehnte die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ab, da die für die Genehmigung erforderliche Prüfung, ob landesrechtliche Vorschriften des Berufsrechts der geplanten Gemeinschaftspraxis entgegenstünden, nicht hätte durchgeführt werden können. Eine derartige Prüfung sei nur auf der Grundlage eines Vertrages der Partner der Gemeinschaftspraxis möglich. Einen solchen vorzulegen hätten sich die Kläger geweigert, sondern stattdessen auf den Vertrag über die "überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Dr. L. und Kollegen" verwiesen, der sie angehörten.
Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch der Kläger zurück. Der Kläger zu 1. übe seine ärztliche Tätigkeit nicht "in eigener Praxis" aus, denn er habe seine Laborarztpraxis in die Gesellschaft "überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Dr. L. und Kollegen" eingebracht und sei bis auf weiteres am Aktiv- und Passivvermögen dieser Gesellschaft nicht beteiligt. Die gesellschaftsrechtliche Stellung des Klägers zu 1. in dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft sei weitgehend eingeschränkt. So könne er jederzeit mit einer Mehrheit der anderen Gesellschafter ausgeschlossen werden. Daher sei dessen Unabhängigkeit bei seinen fachlichen Entscheidungen auch im ärztlichen Bereich in unzulässiger Weise gefährdet.
Auf die Klage hat das Sozialgericht die Entscheidung des Beklagten aufgehoben und diesen verpflichtet, über den Antrag der Kläger auf Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das Verhalten der Zulassungsgremien sei widersprüchlich, weil sie in Kenntnis der Einbindung des Klägers zu 1. in die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft in H diesen im Einverständnis mit der zu 8. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen hätten. Das stehe der Annahme entgegen, der Kläger zu 1. stehe in einem (verdeckten) Arbeitsverhältnis zu dieser Berufsausübungsgemeinschaft und übe seine Tätigkeit nicht im gebotenen Umfang freiberuflich aus. Die Einbindung beider Kläger in die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft in H schließe die Genehmigung einer nur zwischen ihnen bestehenden vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis nicht aus (Urteil vom 23. April 2002).
Auf die Berufung der zu 8. beigeladenen KÄV hat das Landessozialgericht (LSG) das sozialgerichtliche Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Der Beklagte habe die Gemeinschaftspraxis zu Recht nicht genehmigt, weil die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt werde und landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstünden. Zulassungsrechtlich genehmigungsfähig sei nur eine Gemeinschaftspraxis, die den berufs- und vertragsarztrechtlichen Anforderungen an diese Form der ärztlichen Berufsausübung genüge. Deshalb müssten die Gemeinschaftspraxis selbst, eine Haftungsregelung, die Sicherstellung der freien Arztwahl, die Verantwortlichkeit für die fachliche und sachliche Praxisführung, die Sicherstellung der persönlichen Leistungserbringung, Regelungen über Sprechstundenzeiten, Urlaub und Vertretung sowie die Zuständigkeit für Personalangelegenheiten vereinbart werden. Weiterhin müsse aus dem Vertrag über die Gemeinschaftspraxis deutlich werden, dass die Gesellschafter ihre vertragsärztliche Tätigkeit in freier Praxis ausüben könnten. Diesen Anforderungen genügten die von den Klägern vorgelegten Verträge nicht. Die Verträge hinsichtlich der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft in H seien nicht auf das Verhältnis der Kläger untereinander zugeschnitten. Einzelne Erklärungen von Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft in H sowie der Kläger ersetzten einen auf ihre geplante Gemeinschaftspraxis bezogenen Vertrag nicht. Das Vorhandensein eines Gesellschaftsvertrages sei Voraussetzung für das Bestehen einer Gemeinschaftspraxis und damit der Genehmigungsfähigkeit dieser Form der vertragsärztlichen Berufsausübung. Im Übrigen stünden berufsrechtliche Vorschriften der geplanten Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis entgegen (Urteil vom 21. August 2002 - GesR 2002, 94).
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger. Sie rügen eine unzutreffende Anwendung des § 33 Abs 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) sowie eine Verletzung des Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG). Fehlerhaft sei zunächst die Auffassung des LSG, § 33 Abs 2 Ärzte-ZV sei Gesetz im formellen Sinne. Es handele sich um eine Rechtsverordnung, deren Ermächtigung den Anforderungen des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG genügen müsse, tatsächlich aber nicht genüge. Welche Anforderungen an die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch die Rechtsverordnung gestellt werden könnten, sei im Gesetz selbst nicht hinreichend festgelegt.
Im Berufungsurteil werde nicht hinreichend zwischen den zivilrechtlichen Grundlagen der gemeinsamen Berufsausübung von Ärzten einerseits und dem öffentlich-rechtlichen Zulassungsstatus (Gemeinschaftspraxis) unterschieden. Die von den Klägern gewählte Konstruktion, als Mitglieder einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft gemeinsam (ausschließlich) an ihrem Praxissitz in D vertragsärztlich tätig zu werden, sei zulässig. Das Berufungsgericht habe Recht mit der Annahme, die Kläger hätten ihre (geplante) gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit vergesellschaftet und übten sie als Gesellschafter der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft aus. In ihrer Eigenschaft als Vertragsärzte wollten sie aber ausschließlich an ihrem Vertragsarztsitz in D tätig werden, seien Mitglieder der KÄV Westfalen-Lippe und rechneten allein dieser gegenüber ihre vertragsärztlichen Leistungen ab. Der Umstand, dass der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft auch Ärzte angehörten, die in einem anderen KÄV-Bezirk zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen seien, führe zu keinem anderen Ergebnis. Es sei berufsrechtlich unbedenklich, die zulässige überörtliche Tätigkeit aller Gesellschafter mit einer auf den jeweiligen Vertragsarztsitz beschränkten vertragsärztlichen Tätigkeit einzelner Gesellschafter zu kombinieren. Für die örtliche Gemeinschaftspraxis iS des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV sei keine Gesellschaftszulassung erforderlich. Zudem fordere das LSG zu Unrecht die Vorlage eines Vertrages über die gemeinsame Berufsausübung. Weder aus § 33 Abs 2 Ärzte-ZV noch aus dem ärztlichen Berufsrecht ergebe sich eine entsprechende Pflicht. Aus der Annahme des Bundessozialgerichts (BSG), üblicherweise regelten die Partner einer Gemeinschaftspraxis ihre Zusammenarbeit durch einen Vertrag, folge nicht, dass ohne Vorlage eines solchen Vertrages eine Gemeinschaftspraxis nicht genehmigt werden könne. Insgesamt sei die vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis lediglich ein Zulassungsstatus, keine Gesellschaftsform. Deshalb stelle der Betrieb der Gemeinschaftspraxis in D auch nicht die Mitgliedschaft in einer zweiten Berufsausübungsgemeinschaft neben der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit Sitz in H dar.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. August 2002 aufzuheben und die Berufung der Beigeladenen zu 8. gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. April 2002 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, mit den derzeitigen Strukturen des Vertragsarztrechts sei die von den Klägern gewünschte Konstruktion einer Gemeinschaftspraxis als Teil einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nicht zu vereinbaren.
Die Beigeladene zu 1. - 3. und 6. - 8. beantragen ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
Auch nach Einschätzung der zu 8. beigeladenen KÄV ist die von den Klägern beabsichtigte gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht genehmigungsfähig. Die vorgelegten Vereinbarungen der Gesellschafter der überörtlichen Berufsausübungsgesellschaft in H ermöglichten keine verlässliche Beurteilung, ob die Kläger in der von ihnen beabsichtigten Gemeinschaftspraxis die ärztliche Tätigkeit gemäß § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV in freier Praxis ausüben könnten. Der Beklagte sei berechtigt und möglicherweise sogar verpflichtet, die Vorlage eines Vertrages über die Gemeinschaftspraxis zu verlangen. Im Übrigen hätten die Kläger von ihrem Recht, den ärztlichen Beruf im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft auszuüben, bereits mit der Zugehörigkeit zur Berufsausübungsgemeinschaft in H Gebrauch gemacht. Die Zugehörigkeit zu einer zweiten Berufsausübungsgemeinschaft lasse das Berufsrecht nicht zu. Das sei für das Vertragsarztrecht nach § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV verbindlich.
Die Beigeladenen zu 4. und 5. äußern sich nicht.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis nach § 33 Abs 2 Ärzte-ZV zu Recht versagt hat.
Rechtsgrundlage des Genehmigungsvorbehaltes ist § 33 Abs 2 Ärzte-ZV. Danach bedarf die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit der Genehmigung, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu erteilen ist. Die Vorschrift des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Nach Art 12 Abs 1 GG ist die berufliche Tätigkeit, gleichgültig, ob sie selbstständig oder unselbstständig ausgeübt wird, geschützt (vgl BVerfGE 7, 377, 398 f; 54, 301, 322). Zur Berufsausbildung gehört auch das Recht, sich beruflich zusammenzuschließen (s dazu BVerfGE 80, 269, 278; Beschluss vom 3. Juli 2003 - 1 BvR 238/01 - Anwaltssozietäten, NJW 2003, 2520, 2522). Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen nach Art 12 Abs 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Diese findet sich in § 33 Abs 2 Ärzte-ZV. Die Bestimmung ist trotz ihrer Inkorporierung in eine Rechtsverordnung eine Regelung im Rang eines formellen Gesetzes, da der Gesetzgeber sie im Rahmen von Änderungen der Ärzte-ZV, die durch formelle Gesetze erfolgten, in seinem Willen aufgenommen hat.
Die vormalige Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ärzte) vom 28. Mai 1957 (BGBl I 572) ist durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) angepasst und ab diesem Zeitpunkt als "Zulassungsverordnung für Kassenärzte" (später Vertragsärzte) bezeichnet worden. Die Vorschriften der Ärzte-ZV, die durch das GRG neu in die Zulassungsordnung eingefügt worden sind, stellen trotz ihrer Bezeichnung als Verordnungsrecht Recht im Rang eines formellen Gesetzes dar, weil sie im formellen Gesetzgebungsverfahren erlassen worden sind (BSGE 70, 167, 172 = SozR 3-2500 § 116 Nr 2 S 13/14). Das hat der Senat speziell für die durch Art 18 Nr 18 GRG in die Ärzte-ZV eingefügten Bestimmungen der §§ 31, 31a Ärzte-ZV über die Ermächtigung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen näher dargelegt. Dasselbe gilt auch für § 33 Abs 2 Ärzte-ZV. Zwar ist der Text dieser Norm durch das GRG nicht ausdrücklich geändert worden, und die Änderung durch Art 9 Nr 26 Buchst a des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) hatte eher redaktionellen Charakter, weil lediglich die Bezeichnung "Kassenärzte" durch "Vertragsärzte" ersetzt worden ist. Der Gesetzgeber selbst hat aber anlässlich des Erlasses des SGB V zum 1. Januar 1989 und seiner Umgestaltung durch das GSG zum 1. Januar 1993 das Zulassungsrecht insgesamt neu geregelt. Es sind neue Ermächtigungsvorschriften für den Erlass ua der Zulassungsverordnung geschaffen und die dort geregelten Materien sind insgesamt im Gesetzesrang der Neugestaltung des Krankenversicherungsrechts angepasst worden. Der Umstand, dass sich hinsichtlich der Vorschriften über die gemeinsame Berufsausübung von Ärzten nur redaktioneller Änderungsbedarf ergeben hat, ändert nichts daran, dass alle Regelungen der Ärzte-ZV, die seit ihrem In-Kraft-Treten am 1. Januar 1989 nur durch Gesetze geändert worden ist, im Rang eines formellen Gesetzes stehen.
An der Qualifikation als förmliches Gesetz haben nicht nur die Bestandteile einer Rechtsverordnung Teil, die ausdrücklich durch ein Gesetz geändert worden sind, sondern auch solche Regelungen, die der Gesetzgeber unverändert gelassen, im Zuge von Normtextänderungen aber in seinen Willen aufgenommen hat. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jüngst im Hinblick auf Änderungen der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung (2. BesÜV) durch förmliches Gesetz ebenso gesehen und ausgeführt, der Gesetzgeber habe eine Frist für den Erlass der Verordnung mehrmals in Kenntnis ihres Inhalts verlängert und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er die inhaltliche Gestaltung der Rechtsverordnung akzeptiert und ihre Fortgeltung in seinen Willen aufgenommen hat (Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - DVBl 2003, 1148, 1149). Die Frage, wann der Gesetzgeber den Inhalt einer Verordnung in seinen Willen aufgenommen hat, ist nach den Grundsätzen zu beantworten, die das BVerfG für die Prüfung entwickelt hat, wann eine vorkonstitutionelle Norm der Normenkontrolle nach Art 100 Abs 1 GG unterliegt. Das ist der Fall, wenn der Gesetzgeber eine solche Norm nach Inkrafttreten des GG in seinen Willen aufgenommen hat. Diesen Bestätigungswillen muss er im Gesetz selbst zu erkennen geben, oder ein solcher Wille muss aus dem engen sachlichen Zusammenhang zwischen unveränderten und geänderten Normen zu erschließen sein. Ein Indiz dafür ist, dass ein begrenztes und überschaubares Rechtsgebiet durchgreifend geändert wird und veränderte und unveränderte Normen eng miteinander zusammen hängen (BVerfGE 70, 126, 129; BVerfG ≪Kammer≫, NJW 1998, 3557, sowie Clemens in Umbach/Clemens ≪Hrsg≫, GG, 2002, Art 100 RdNr 61 ff). Werden diese Maßstäbe auf das "In den Willen aufnehmen" des Inhalts einer Rechtsverordnung angewendet, ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Ärzte-ZV insgesamt in seinen Willen aufgenommen hat. Der Gesetzgeber des GRG hat wie derjenige des GSG die Anpassung der Ärzte-ZV an das SGB V und ihre späteren Änderungen stets durch formelles Gesetz realisiert. Die Umgestaltung des Zulassungsrechts zum 1. Januar 1989 und seine Neuregelung zum 1. Januar 1993 sind durch Artikel-Gesetze verwirklicht worden, in denen aufeinander abgestimmt die Zulassungsregelungen im SGB V, die Ermächtigungsvorgaben an den Verordnungsgeber und die Detailregelungen in der Ärzte-ZV selbst erlassen worden sind. Veränderte und unveränderte Normen der Ärzte-ZV sind eng miteinander verzahnt, und auch die textlich unverändert gebliebenen Teile der ZO-Ärzte sind Bestandteil des neuen, den aktuellen Willen des Gesetzgebers wiedergebenden Zulassungsrechts geworden. Auch die textlich nicht veränderten Teile der Ärzte-ZV wie § 33 Abs 2 stehen als vom aktuellen Regelungswillen des Gesetzgebers umfasst im Rang eines Gesetzes im formellen Sinne.
Soweit allgemein die Rechtsauffassung in Frage gestellt wird, dass Vorschriften von Rechtsverordnungen, die der Gesetzgeber selbst geändert oder geschaffen hat, Regelungen im Rang eines formellen Gesetzes seien (zB Külpmann, NJW 2002, 3436 ff; offen gelassen vom Bundesverwaltungsgericht ≪BVerwG≫, Urteil vom 16. Januar 2003 - 4 CN 8/01 - BVerwGE 117, 313, 318 = NJW 2003, 2039, 2040), folgt der Senat dem nicht. Das BVerfG hat 1967 entschieden, der Gesetzgeber könne kein Recht im Rang einer Rechtsverordnung erlassen, und die von ihm erlassenen Normen seien stets Gesetze im formellen Sinne (BVerfGE 22, 330, 346). Daran sind die Fachgerichte gebunden (§ 31 Abs 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Ob eine Norm ein Gesetz im formellen Sinne ist und deshalb der Vorlagepflicht der Fachgerichte sowie dem Verwerfungsmonopol des BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG unterliegt, muss für den Rechtsanwender zu jedem Zeitpunkt klar sein. Das ist nur gewährleistet, wenn sich der Charakter einer Norm als Gesetz im formellen Sinne allein und abschließend daraus ergibt, dass sie vom Parlament in dem dafür vorgeschriebenen Verfahren - im Bund also gemäß Art 76 bis 78 GG - erlassen worden ist.
Das BVerwG hat in dem oben erwähnten Urteil vom 16. Januar 2003 (BVerwGE 117, 313, 317 ff = NJW 2003, 2039, 2040) allerdings angenommen, unter dem Gesichtspunkt des Normenkontrollverfahrens könne eine durch Gesetz geänderte landesrechtliche Rechtsverordnung, hinsichtlich derer die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang angeordnet ist, eine im Rang unter dem Landesrecht stehende Rechtsvorschrift iS des § 47 Abs 1 Nr 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sein. Diese Rechtsprechung betrifft jedoch nur landesrechtliche Rechtsverordnungen und die Auslegung des § 47 Abs 1 VwGO. Für die Frage, wann eine bundesrechtliche Norm innerhalb einer Rechtsverordnung den Charakter eines formellen Gesetzes hat und deshalb für ihre Wirksamkeit eine Prüfung am Maßstab des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG obsolet ist, kommt ihr keine Bedeutung zu. Ebensowenig können aus der einen Sonderfall betreffenden Entscheidung BVerfGE 70, 35 (zu einem Hamburgischen Bebauungsplan) allgemeine Schußfolgerungen gezogen werden.
Im Übrigen steht § 33 Abs 2 Ärzte-ZV mit der Ermächtigungsnorm des § 98 Abs 1 iVm § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V in Einklang. Dort ist bestimmt, dass in den Zulassungsverordnungen Vorschriften über die Voraussetzungen enthalten sein müssen, unter denen nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes die Vertragsärzte die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam ausüben können. Insofern hat sich in der Sache - abgesehen von begrifflichen Anpassungen - gegenüber dem Rechtszustand, der Gegenstand des Senatsurteils vom 22. April 1983 (BSGE 55, 97 = SozR 5520 § 33 Nr 1) gewesen ist, nichts geändert.
§ 33 Abs 2 Ärzte-ZV ist auch inhaltlich mit Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Nach § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur zulässig unter Vertragsärzten. Sie bedarf der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuss (aaO Satz 2). Materielle Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung werden in Satz 4 aaO aufgestellt. Danach darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen. Damit besteht grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis. Diese kann nur unter engen Voraussetzungen versagt werden. Hierbei handelt es sich um eine Einschränkung der Berufsfreiheit auf der Ebene der Berufsausübung. Sie hat vor Art 12 Abs 1 GG Bestand, weil sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und der Eingriff nicht weiter geht, als es die rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander (vgl zum Ganzen zuletzt BVerfG - Beschluss vom 3. Juli 2003 - 1 BvR 238/01 = NJW 2003, 2520, 2521). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 22. April 1983 (BSGE 55, 97, 100 = SozR 55210 § 33 Nr 1 S 3/4) ausgeführt, die Vorläufervorschrift § 33 Abs 2 ZO-Ärzte solle verhindern, dass Ärzte durch eine besondere Art der Praxisführung die Versorgung der Versicherten beeinträchtigen und gegen berufsrechtliche Vorschriften verstoßen. Hieran ist für § 33 Abs 2 Ärzte-ZV festzuhalten. Bei der Sicherstellung der ausreichenden Versorgung der Versicherten handelt es sich um einen Gemeinwohlbelang von hohem Rang, der die geringgradige Beschränkung der Berufsausübung der Ärzte, die sich in einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen wollen, rechtfertigt.
Nach § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV darf die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen. Beide Versagungsvoraussetzungen liegen hier vor.
Zunächst verstößt die von den Klägern erstrebte Gemeinschaftspraxis gegen die landesrechtlichen Vorschriften des ärztlichen Berufsrechts. Maßgeblich ist für die Kläger, die in D niedergelassen sind, die Berufsordnung (BO) der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Die in der Rechtsform einer Satzung ergangene BO beruht auf der Ermächtigungsgrundlage der §§ 31, 32 des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes vom 9. Mai 2000 (GV NRW S 403). Die im vorliegenden Verfahren anzuwendenden Vorschriften der BO stimmen wörtlich mit der vom Deutschen Ärztetag verabschiedeten (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä; abgedruckt bei Engelmann ≪Hrsg≫, Gesetzliche Krankenversicherung - Soziale Pflegeversicherung, Nr 1400) überein und erweisen sich damit als revisibles Recht iS des § 162 Sozialgerichtsgesetz (SGG; zur Revisibilität von BO-Vorschriften s BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 20 S 96 f). Die BO regelt in § 22, dass zur gemeinsamen Berufsausübung die in Kapitel D II Nr 7 ff BO geregelten Berufsausübungsgemeinschaften von Ärzten zugelassen sind. In Kapitel D II Nr 8 Abs 1 Satz 1 BO ist bestimmt, dass die Ärzte für die Berufsausübungsgemeinschaft nur Gesellschaftsformen wählen dürfen, welche die eigenverantwortliche und selbstständige sowie nicht gewerbliche Berufsausübung wahren. Solche Gesellschaftsformen sind nach Satz 2 aaO die Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Gemeinschaftspraxis und die Partnerschaftsgesellschaft für die Ärztepartnerschaft. Aus den Vorschriften der Sätze 1 und 2 aaO ergibt sich mithin, dass sich eine (vertragsärztliche) Gemeinschaftspraxis berufsrechtlich immer als Berufsausübungsgemeinschaft darstellt.
In Kapitel D II Nr 8 Abs 1 Satz 4 der BO ist normiert, dass Ärzte nur einer Berufsausübungsgemeinschaft - also nicht mehreren solchen Gemeinschaften - angehören dürfen. Ausgenommen ist, was hier nicht einschlägig ist, nur die Kooperation mit einem Krankenhaus oder vergleichbaren Einrichtungen. Das Verbot der Zugehörigkeit zu mehreren Berufsausübungsgemeinschaften will erkennbar die Ausübung des Arztberufes als eines freien Berufs (vgl § 1 Abs 1 Satz 3 MBO-Ä; § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV) und damit die selbstständige und eigenverantwortliche und gerade nicht gewerbliche ärztliche Tätigkeit niedergelassener Ärzte sichern (vgl Ratzel in: Ratzel/Lippert, Kommentar zur Muster-Berufsordnung der deutschen Ärzte, 3. Aufl 2002, Kapitel D II Nr 8 RdNr 5). Ungerechtfertigte Einflussnahmen Dritter auf die Berufsausübung niedergelassener Ärzte sollen verhindert werden. Ärztliche Praxen sollen nicht im Wege franchiseähnlicher Modelle durch Dritte, zu denen gesellschaftsrechtliche Verbindungen bestehen, betrieben werden (Ratzel, aaO).
Das sich aus Kapitel D II Nr 8 Abs 1 Satz 4 BO ergebende Verbot der Zugehörigkeit zu mehr als einer Berufsausübungsgemeinschaft steht der Genehmigung der Gemeinschaftspraxis der Kläger an ihren Vertragsarztsitzen in D entgegen. Sie sind bereits Gesellschafter einer Berufsausübungsgemeinschaft, der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft Dr. L. in H. Das schließt es nach Berufsrecht aus, dass sie Mitglied einer weiteren Berufsausübungsgemeinschaft, nämlich der von ihnen angestrebten Gemeinschaftspraxis in D, werden. Entgegen der Auffassung der Kläger kann das Verbot der Zugehörigkeit zu mehr als einer Berufsausübungsgemeinschaft nicht dadurch umgangen werden, dass die in D zu betreibende Gemeinschaftspraxis als Teil einer weiteren Berufsausübungsgemeinschaft geführt wird. Würde dies als zulässig angesehen, so würde das berufsrechtliche Verbot der Zugehörigkeit zu mehr als einer Berufsausübungsgemeinschaft unterlaufen. Auf diesem Weg könnten dann nämlich im Bereich der niedergelassenen Ärzte Filialstrukturen in der Weise eingeführt werden, dass einzelne Gemeinschaftspraxen gesellschaftsrechtlich einer Hauptpraxis verbunden sind, die das Leistungsverhalten der beteiligten Ärzte in den Einzelpraxen steuert. Dies stünde im Widerspruch zum Gebot der eigenverantwortlichen und selbstständigen Tätigkeit der niedergelassenen Ärzte, wie es sich sowohl aus berufsrechtlichen als auch aus vertragsarztrechtlichen Regelungen ergibt. Damit kann bereits nach ärztlichem Berufsrecht eine Gemeinschaftspraxis nicht als Teil einer weiteren (überörtlichen) Berufsausübungsgemeinschaft geführt werden.
Auch nach Vertragsarztrecht ist eine Konstellation unzulässig, nach der eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis als Bestandteil einer weiteren Berufsausübungsgemeinschaft betrieben wird. Die Gemeinschaftspraxis iS des § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist durch die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt (BSGE 55, 97, 104 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 8; Ratzel, aaO, § 22 RdNr 3; Rieger, Lexikon des Arztrechts, 2. Aufl, Stand: 3. Ergänzungslieferung Juli 2002, Nr 2050 RdNr 1). Die Gemeinschaftspraxis ist berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KÄV abzurechnen, und tritt dieser entsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Rechtlich gesehen ist eine Gemeinschaftspraxis eine Praxis (Rieger, aaO). Dementsprechend ist das Gebot der persönlichen Leistungserbringung in der Weise modifiziert, dass bei den abgerechneten Leistungen grundsätzlich - jedenfalls bei der fachidentischen Gemeinschaftspraxis - nicht gekennzeichnet sein muss, welcher der Gemeinschaftspraxis angehörende Arzt welche Leistung erbracht hat (vgl BSG SozR 3-2200 § 368c Nr 1 S 3 ff sowie BSGE 85, 1, 8 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 35). Diese rechtlichen Bedingungen für eine Gemeinschaftspraxis schließen es aus, dass eine solche als Teil einer weiteren Berufsausübungsgemeinschaft (= Gemeinschaftspraxis) geführt wird. Denn in diesem Fall wären die unabdingbaren Voraussetzungen einer Gemeinschaftspraxis wie das Bestehen nur eines Patientenstammes und nur einer Abrechnungsnummer gerade nicht gegeben. Das schließt es zB auch aus, dass zwei Gemeinschaftspraxen sich zu einer weiteren - ggf überörtlichen - Gemeinschaftspraxis zusammenschließen und danach weiterhin sowohl als Einzelgemeinschaftspraxen als auch als Gemeinschaftspraxiszusammenschluss an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen (aA insoweit Preißler, GesR 2002, 97, 98f). Denn in einer solchen Konstellation bestünden mehrere Praxen, die mit unterschiedlichen Patientenstämmen und mit verschiedenen Abrechnungsnummern an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt werden. Solche Formen der gemeinsamen Berufsausübung entsprechen nicht der Zielvorstellung des § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV und wären - wie schon ausgeführt worden ist - darüber hinaus auch mit dem einschlägigen ärztlichen Berufsrecht nicht vereinbar.
Ungeachtet dessen, dass die von den Klägern angestrebte Gemeinschaftspraxis in D schon mit ärztlichem Berufsrecht und der vertragsarztrechtlichen Ausgestaltung der Gemeinschaftspraxis gemäß § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV nicht vereinbar ist, gefährdet die von ihnen gewünschte Kooperation mit der als Gesellschaft bürgerlichen Rechts verfassten überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft in H. - im Bezirk der KÄV Nordbaden - die Versorgung der Versicherten iS des § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV und ist auch aus diesem Grund nicht genehmigungsfähig.
Die Versagungsvoraussetzung des § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV "Gefährdung der Versorgung der Versicherten" darf nicht auf die Gewährleistung der medizinischen Versorgung im Einzelfall verengt werden. Sie erfasst auch Tatbestände, die die gesetzliche vorgegebene Struktur der vertragsärztlichen Versorgung als Ganzes gefährden. Dazu gehört - wie von den Klägern angestrebt - die Bildung einer Gemeinschaftspraxis über den Bezirk einer KÄV hinweg, also mehrere KÄV-Bezirke umfassend. Die Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis können nur Mitglieder einer KÄV sein und nicht über die Konstruktion einer KÄV-bezirksübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft der Regelungsbefugnis mehrerer KÄVen unterliegen.
Nach den vorstehenden Ausführungen setzt eine Gemeinschaftspraxis iS des § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder - was hier nicht näher zu behandeln ist - einer Partnerschaftsgesellschaft zwischen den (potenziellen) Partnern der Gemeinschaftspraxis voraus. Die BGB-Gesellschaft und nicht ihre einzelnen Mitglieder ist Gläubiger der Honorarforderung im Verhältnis zur KÄV. Der Honoraranspruch aus den ärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder steht nur der BGB-Gesellschaft selbst zu, denn diese ist nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) selbst Träger aller Rechte und Pflichten im Rechtsverkehr (BGHZ 146, 341 ff). Umgekehrt richten sich Ansprüche der KÄV im Zusammenhang mit Honorarberichtigungen oder Honorarrückforderungen gegen die Gemeinschaftspraxis selbst und nicht gegen nur einzelne ihr angehörenden Ärzte. Das gilt auch für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) sowie für Regresse wegen unwirtschaftlicher oder unzulässiger Verordnungen von Arznei- bzw Heil- und Hilfsmitteln. Nicht die Behandlungs- und Verordnungsweise des einzelnen Arztes, sondern der Gemeinschaftspraxis als Ganzes ist Gegenstand der Prüfung durch die Prüfgremien gemäß § 106 SGB V. Derartige Rechtsbeziehungen können nur zwischen einer KÄV und einer Kooperation solcher Ärzte bestehen, die ihrerseits nach § 95 Abs 3, § 77 Abs 3 SGB V Mitglieder dieser KÄV sind. Für das Verhalten von Ärzten, die der KÄV nicht angehören, kann diese gegenüber den Krankenkassen nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße vertragsärztliche Versorgung (§ 75 Abs 1 Satz 1 SGB V) übernehmen. Solche Ärzte sind nicht an die von der KÄV geschlossenen Verträge und ihre Satzungen gebunden und unterliegen nicht ihrer Disziplinargewalt. Die für die Sicherstellung zentralen Regelungen über die Honorarverteilung (§ 85 Abs 4 SGB V) gelten nur im jeweiligen KÄV-Bezirk und können keine steuernde Wirkung darüber hinaus entfalten (vgl Engelmann, MedR 2002, 561, 571). Das Einstehen-Müssen für die Einhaltung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften über die vertragsärztliche Versorgung seitens der als BGB-Gesellschaft organisierten Gemeinschaftspraxis setzt deshalb zwingend voraus, dass alle Angehörigen dieser Kooperation Mitglieder derselben KÄV sind. Mit den Vorschriften über die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung ist es generell nicht vereinbar, dass Ärztekooperationen vertragsärztlich tätig werden, denen Mitglieder angehören, die in verschiedenen KÄV-Bezirken zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.
Abgesehen von den gesetzlichen Vorschriften im SGB V und in der Ärzte-ZV sowie den zwischen den Vertragspartnern auf Bundesebene vereinbarten Bundesmantelverträgen (§ 82 Abs 1 SGB V) ist die gesamte vertragsärztliche Versorgung in dem Sinne regionalisiert, dass im Verhältnis zu den Vertragsärzten zentrale Steuerungsinstanz die einzelne KÄV ist, deren Rechtsmacht sich nur auf ihren Bezirk und die ihr angehörenden Mitglieder erstreckt. Die Gesamtverträge nach § 82 Abs 2, § 83 SGB V werden zwischen der einzelnen KÄV und ihren im Gesetz näher bestimmten Vertragspartnern auf der Krankenkassenseite vereinbart, Zulassungswesen und Wirtschaftlichkeitsprüfung sind auf der Ebene der einzelnen KÄV - ggf noch in Untergliederungen einer größeren KÄV - organisiert. Umgekehrt können Ärzte nur an einem Vertragsarztsitz zugelassen sein (§ 24 Abs 1 Ärzte-ZV) und konsequenterweise nur einer einzigen KÄV angehören. Soweit nach näherer Regelung des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV sowie des ärztlichen Berufsrechts eine vertragsarztrechtliche Gemeinschaftspraxis an die Stelle des einzelnen Arztes tritt, darf sie im Rechtsverkehr nur auf eine einzige KÄV ausgerichtet sein.
Die derzeitige Ausgestaltung eines regionalisierten Versorgungssystems, dessen zentrale Organisationseinheit der einzelne KÄV-Bezirk ist, schließt Filialstrukturen vertragsärztlicher Praxen im Bundesgebiet auch in den ärztlichen Fachgebieten aus, in denen dies theoretisch möglich wäre und berufsrechtlich zulässig ist. Ärzte für Laboratoriumsmedizin dürfen sich berufsrechtlich auch in der Weise zu einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammenschließen, dass jeder Arzt an seinem Praxisstandort tätig ist und es keinen einheitlichen Sitz "der" Berufsausübungsgemeinschaft gibt (vgl näher Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 34/02 R -). Der Bezirk der einzelnen KÄV ist jedoch die äußerste Grenze für vertragsärztliche Kooperationen mit mehreren Standorten. Die Organisation der labormedizinischen Versorgung in der Weise, dass einige wenige oder - im Extremfall - eine einzige ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft(en) existieren, denen zahlreiche oder alle zugelassenen Laborärzte angehören und die über ein Netz von Filialen im gesamten Bundesgebiet die von den Vertragsärzten angeforderten labormedizinischen Leistungen erbringen, ist mit dem geltenden Vertragsarztrecht nicht vereinbar. Derartige nach dem Filialprinzip organisierte Unternehmen könnten alle Regelungen der Honorarverteilung in einzelnen KÄV-Bezirken unterlaufen, nämlich ihre Leistungen ohne jede Steuerungsmöglichkeit dort abrechnen, wo sie die günstigsten Konditionen erwarten. Im Übrigen könnte keine KÄV die Versorgung mit labormedizinischen Leistungen sicherstellen, weil ihr jeweils bundesweit organisierte Unternehmen oder - im geschilderten Extremfall - ein einziges Kartell von Labormedizinern gegenüberstünden, die ihrerseits die Vergütungsbedingungen faktisch diktieren könnten, soweit die einzelne KÄV zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch mit labormedizinischen Leistungen verpflichtet ist. Derartige Angebotskartelle über die Grenzen der KÄV-Bezirke hinweg würden schließlich die Möglichkeiten der in der unmittelbaren Patientenversorgung tätigen Vertragsärzte einschränken oder aufheben, zwischen verschiedenen Anbietern von labormedizinischen Leistungen auszuwählen. Aus alldem kann nicht abgeleitet werden, dass speziell die Versorgung mit labormedizinischen Leistungen in der Bundesrepublik Deutschland nicht auch anders als gegenwärtig organisiert werden könnte, und bei grundlegenden Änderungen der Vorschriften über die Leistungserbringung auch große, bundesweit tätige Ärztekooperationen mit regionalen und/oder örtlichen Filialen tätig werden könnten. Dies setzt jedoch so tief greifende Veränderungen insbesondere hinsichtlich der Einbeziehung von labormedizinischen Leistungen in den Sicherstellungsauftrag der einzelnen KÄV und bezüglich der Honorierung von Laborleistungen aus der regionsbezogenen ausgehandelten Gesamtvergütung (§ 83 Abs 1 iVm § 85 Abs 3 SGB V) voraus, dass entsprechende Änderungen dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müssen. Weder die Zulassungsgremien noch die Rechtsprechung sind befugt, durch die vertragsarztrechtliche Zulassung von Ärztekooperationen über den jeweiligen KÄV-Bezirk hinaus Angebotsstrukturen zu schaffen, die mit den gegenwärtigen Vorgaben über die Organisation der Leistungserbringung und die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen nicht kompatibel sind. Deshalb folgt aus dem Umstand, dass ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften berufsrechtlich auch Ärzte angehören dürfen, die in verschiedenen Ärztekammerbezirken niedergelassen sind (Kapitel D II Nr 8 Abs 4 Satz 2 MBO-Ä; vgl dazu Engelmann, MedR 2002, 561, 571), nicht die vertragsarztrechtliche Zulassung KÄV-bezirksübergreifender Gemeinschaftspraxen.
Deshalb können überörtliche Gemeinschaftspraxen in der Form generell nicht genehmigt werden, dass Ärzte an einem bestimmten Standort eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis betreiben, dies aber in Einbindung in eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft tun wollen, der auch Ärzte angehören, die in anderen KÄV-Bezirken zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Das wäre aber hier der Fall. Die neben den Klägern der "überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft Dr. L. und Kollegen" angehörenden Ärzte sind Mitglieder der KÄV Nordbaden.
Nach alledem hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend die Entscheidung des Beklagten zu Lasten der Kläger bestätigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
Fundstellen
BSGE 2004, 164 |
BSGE 91, 164 |
NJW 2004, 1820 |
MedR 2004, 114 |
NZS 2004, 137 |
SozR 4-5520 § 33, Nr.1 |
GesR 2004, 47 |
ZfSSV 2007 |