Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragshöhe. Grundlohn. Ehegatte. freiwillig Versicherter. Erwerbstätigkeit. RVO-Kasse. Gleichheitssatz. Schutz der Ehe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine RVO-Kasse konnte nach § 180 Abs 4 S 3 RVO in ihrer Satzung bestimmen, daß die Beiträge freiwilliger Mitglieder mit eigenem Einkommen unter Mitberücksichtigung des (höheren) Ehegatten-Einkommens zu bemessen waren (Weiterführung von BSG vom 24.6.1985 - GS 1/84 = BSGE 58, 183 = SozR 2200 § 180 Nr 27).

2. Das war auch zulässig, wenn der Ehegatte seinerseits gesetzlich krankenversichert war und das Gesamteinkommen des freiwilligen Mitglieds die in § 205 Abs 1 S 1 Halbs 1 RVO bestimmte Grenze überstieg (Weiterführung von BSG vom 12.12.1979 - 3 RK 98/78 = SozR 2200 § 180 Nr 4).

3. Entsprechende Satzungsbestimmungen sind auch mit dem seit dem 1.1.1989 geltenden § 240 SGB V vereinbar.

 

Orientierungssatz

Die Mitheranziehung des Ehegatten-Einkommens bei freiwillig Versicherten mit eigenem Arbeitseinkommen verstößt nicht gegen den Art 3 Abs 1 GG und nicht gegen Art 6 Abs 1 GG.

 

Normenkette

SGB 5 § 240 Fassung: 1988-12-20; RVO § 180 Abs 4 S 1 Fassung: 1978-07-25, § 180 Abs 4 S 3 Fassung: 1977-06-27, § 205 Abs 1 S 1 Halbs 1 Fassung: 1978-07-25; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 6 Abs 1 Fassung: 1949-05-23

 

Verfahrensgang

SG Duisburg (Entscheidung vom 14.02.1989; Aktenzeichen S 21 Kr 243/88)

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Höhe des Beitrags zur freiwilligen Krankenversicherung.

Die Klägerin ist freiwilliges Mitglied der beklagten Betriebskrankenkasse, bei der ihr Ehemann als Arbeitnehmer pflichtversichert ist. Die Beklagte berechnete die Beiträge der Klägerin zunächst nur nach ihrem Arbeitseinkommen aus einer Tätigkeit als selbständige Schneiderin und setzte den Beitrag für das Jahr 1987 auf monatlich 77,22 DM fest. Nach einer Satzungsänderung zum 1. Januar 1988 legte sie der Beitragsberechnung jedoch die Hälfte (22.130 DM) der Jahres-Bruttoeinnahmen beider - kinderlosen - Ehegatten zugrunde (8.416 DM Arbeitseinkommen der Klägerin und 35.844 DM Arbeitsentgelt ihres Ehemannes). Dadurch stieg der mit Bescheid festgesetzte Beitrag auf monatlich 181,70 DM. Der Widerspruch blieb erfolglos.

Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat die Beklagte durch Urteil vom 14. Februar 1989 unter Aufhebung des Bescheides verpflichtet, den Beitrag neu zu berechnen. Die geänderte Satzung, nach der auch das Einkommen des Ehegatten zu berücksichtigen sei, verstoße gegen höherrangiges Recht. Zwar sei bei Ehefrauen ohne eigene Einkünfte der Grundlohn nach § 180 Abs 4 Satz 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) durch die Satzung festzusetzen, weil er sich nicht ermitteln lasse. Die Klägerin habe aber eigene Einnahmen aus Erwerbstätigkeit. Gegen ihre Gleichstellung mit einkommenslosen freiwillig Versicherten bestünden Bedenken. Denn dadurch würden freiwillig versicherte Erwerbstätige gegenüber versicherungspflichtigen Erwerbstätigen (Art 3 des Grundgesetzes -GG-) und Ehepaare im Vergleich zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften benachteiligt (Art 6 GG). Jedenfalls aber habe die neue Satzungsregelung nicht Versicherte erfassen dürfen, deren Ehemann selbst pflichtversichert sei. Denn dessen Versicherung habe nach § 205 RVO "systemimmanent" auch die Familienhilfe umfaßt. Auch wo schon die Höhe der Eigeneinkünfte des freiwillig Versicherten einen Familienhilfeanspruch des versicherungspflichtigen Ehegatten für ihn ausgeschlossen haben würde, sei die Mitberücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten willkürlich gewesen. Denn sie habe ihn mit einem doppelten Solidarbeitrag belastet, und Einkünfte des unterhaltsberechtigten freiwillig Versicherten unterhalb der Grenzen des § 205 RVO hätten die Familienhilfe aus der Versicherung des Ehegatten nicht ausgeschlossen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 180 Abs 4 RVO und der Art 3 und 6 GG. Entgegen der Ansicht des SG sei neben dem Einkommen der Klägerin auch das ihres Ehemannes zu berücksichtigen, denn es bestimme ihre wirtschaftliche Lage mit. Die Anrechnung sei sogar geboten, weil sonst bei Versicherten, deren Ehegatte gut verdiene, eigene zusätzliche Einkünfte zu einer Senkung der Beitragsbelastung führten.

Sie beantragt,

das Urteil des SG vom 14. Februar 1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Satzung der Beklagten berücksichtige ihre wirtschaftliche Lage nicht hinreichend. Ihr Ehemann sei pflichtversichert, und sein Arbeitsentgelt habe deswegen bereits dem Beitragsabzug unterlegen. Auch dürften ihre Einnahmen aus Gewerbebetrieb "nicht voll für ihren Beitrag angerechnet" werden, vielmehr seien Abzüge für Rücklagen vorzunehmen. Das gelte jedenfalls seit Inkrafttreten des § 240 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Entgegen der Ansicht des SG ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Die Beklagte durfte der Beitragserhebung das Arbeitseinkommen der Klägerin und das Arbeitsentgelt ihres Ehemannes zugrunde legen.

Im Jahre 1988 waren die Beiträge gemäß § 385 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 RVO nach dem Grundlohn zu erheben. Dieser richtete sich damals bei gesetzlichen Krankenkassen (RVO-Kassen) für freiwillige Mitglieder wie die Klägerin nach § 180 Abs 4 RVO. Dessen Satz 1 sah vor, daß im Rahmen der näher bezeichneten Ober- und Untergrenze als Grundlohn der auf den Kalendertag entfallende Teil des Arbeitsentgelts und sonstiger Einnahmen zum Lebensunterhalt galt. Nach Satz 3 bestimmte, wenn sich kein Grundlohn ermitteln ließ, die Kasse den Grundlohn. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte zutreffend Gebrauch gemacht.

Aus § 7 Abs II Nr 3.3 Satz 3 ihrer Satzung idF des am 1. Januar 1988 in Kraft getretenen Satzungsnachtrags ergab sich, daß der Grundlohn, der für die Beitragsbemessung maßgebend war, aus der Hälfte der gesamten Bruttoeinnahmen beider Ehegatten berechnet wurde, wenn bei einem kinderlosen, nicht getrenntlebenden Ehepaar der freiwillig Versicherte über eigene Einnahmen verfügte, die niedriger waren als die seines Ehegatten. Da diese Voraussetzungen vorlagen, entsprach die Beitragserhebung, wie nicht umstritten ist, der Satzung.

Bei der Grundlohnbestimmung war zumindest das Arbeitseinkommen aus der selbständigen Tätigkeit der Klägerin anzusetzen, wie sie selbst nicht in Zweifel zieht. Denn dieses gehörte zu den sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt iS des Satzes 1 des § 180 Abs 4 RVO (BSGE 57, 235, 236 = SozR 2200 § 180 Nr 19) und war deshalb auch heranzuziehen, wenn die Kasse den Grundlohn nach Satz 3 des § 180 Abs 4 RVO bestimmen durfte. Dabei war das Arbeitseinkommen nach der genannten Entscheidung iS des § 15 des Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) zu verstehen. Aus dem unbestimmten und erstmals in der Revisionsinstanz geäußerten Vorbringen der Klägerin zu möglichen Abzügen ergibt sich nicht, daß das vom SG mit 8.416 DM festgestellte (Jahres-)Arbeitseinkommen der gesetzlichen Regelung nicht entsprochen hätte.

Schon nach der bisherigen Rechtsprechung waren die RVO-Kassen nicht gehindert, bei der Festsetzung der Beiträge für ein freiwilliges Mitglied das Bruttoeinkommen des Ehegatten zu berücksichtigen. Das hatte das Bundessozialgericht (BSG) bereits mit Urteil vom 25. Mai 1976 (BSGE 42, 49 = SozR 2200 § 313a Nr 3) zu dem bis zum 30. Juni 1977 bei Weiterversicherten geltenden § 313a Abs 1 RVO für eine nichtverdienende, vermögenslose Ehefrau entschieden. Gleiches ist im Urteil vom 12. Dezember 1979 (SozR 2200 § 180 Nr 4 = SGb 1980, 484 mit Anm Behrends) auch zu § 180 Abs 4 RVO in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden und dem schon erwähnten Satz 3 dieser Vorschrift in der späteren Fassung angenommen worden. Damit war der Weg von einer allein an eigenen Einnahmen des freiwillig Versicherten ausgerichteten Beitragsbemessung zu einer Berücksichtigung der - auch durch das Einkommen des Ehegatten mitbestimmten - wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beschritten. Der Große Senat des BSG hat in seinem Beschluß vom 24. Juni 1985 (BSGE 58, 183 = SozR 2200 § 180 Nr 27) eine Einschränkung nur insofern vorgenommen, als eine durch Kinder entstehende Belastung des Familieneinkommens angemessen zu berücksichtigen ist. Dabei hat er indes noch nicht entschieden, ob und ggf inwieweit bei eigenen Einkünften des freiwillig versicherten Mitglieds, wie sie hier als Arbeitseinkommen der Klägerin vorlagen, ein Anteil aus dem Erwerbseinkommen des Ehegatten anzurechnen war (BSGE - GS - 58, 183, 202).

Satz 3 des § 180 Abs 4 RVO ermächtigte die Kasse auch in derartigen Fällen zu einer Anrechnung des Ehegatten-Einkommens, sofern das Einkommen des freiwilligen Mitglieds niedriger war. Die Anwendung allein des Satzes 1 hätte nicht hinreichend berücksichtigt, daß auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines solchen freiwilligen Mitglieds durch das Einkommen seines Ehegatten mitgeprägt wurde. Nur in der Höhe, in der dieses der Fall war, nicht aber grundsätzlich unterschied sich dieses Mitglied von einem freiwilligen Mitglied ohne eigene Einnahmen, bei dem schon nach der bisherigen Rechtsprechung das Bruttoeinkommen des Ehegatten herangezogen worden war. Entsprechendes war bei den genannten freiwilligen Mitgliedern mit eigenem Einkommen aus Gründen der Gleichbehandlung geboten. Die Anwendung allein des Satzes 1 bei ihnen, jedoch die des Satzes 3 bei einkommenslosen freiwillig Versicherten hätte die Versicherten der erstgenannten Gruppe auf nicht zu rechtfertigende Weise bevorzugt. Denn sie hätten trotz höheren Familieneinkommens Beiträge nur nach dem eigenen Einkommen, die einkommenslosen Versicherten der zweiten Gruppe hingegen vielfach etwa gleich hohe oder sogar höhere Beiträge nach der Hälfte des Ehegatten-Einkommens zu entrichten gehabt. Dieses zeigen beispielhaft die wirtschaftlichen Verhältnisse des vorliegenden Sachverhalts. Hätte ein freiwilliges Mitglied wie die Klägerin bei Einnahmen des Ehegatten von jährlich 35.844 DM nur von dem eigenen Jahreseinkommen (8.416 DM) Beiträge zu entrichten brauchen, so wäre es trotz eines Einkommens der Ehegatten von zusammen jährlich 44.260 DM mit wesentlich geringeren Beiträgen belastet gewesen, als ein einkommensloses freiwilliges Mitglied, bei dem der Beitrag nach der Hälfte (17.922 DM) des Bruttoeinkommens seines Ehegatten (35.844 DM) bemessen wurde.

Aufgrund des § 180 Abs 4 Satz 3 RVO hatte die Beklagte den Grundlohn in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu bestimmen (BSGE - GS - 58, 183, 198 = SozR 2200 § 180 Nr 27). Die danach getroffene Satzungsregelung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Mit ihr hat die Beklagte den in der bisherigen Rechtsprechung bei einkommenslosen freiwilligen Mitgliedern angelegten Weg für freiwillig Versicherte mit eigenem Einkommen folgerichtig weiterbeschritten. Sie hat den Grundlohn nicht mehr, wie nach der bis Ende 1987 geltenden Satzung, nur nach dem eigenen Einkommen der freiwilligen Mitglieder, sondern ab 1988 entsprechend der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach dem "Familieneinkommen" der Eheleute (der Summe aus dem Einkommen des freiwilligen Mitglieds und dem höheren Einkommen des Ehegatten) bestimmt, und zwar, wenn - wie hier - Kinder nicht vorhanden waren, nach dessen Hälfte. Das war sachgerecht.

Die Regelung galt, weil die Satzung eine Ausnahme für einen solchen Fall nicht vorsah, auch für freiwillige Mitglieder, deren Ehegatte selbst gesetzlich krankenversichert war. Das BSG hat in seinem bereits erwähnten Urteil vom 12. Dezember 1979 (SozR 2200 § 180 Nr 4) offen gelassen, ob eine RVO-Kasse eine solche Regelung treffen durfte. Der erkennende Senat bejaht das nunmehr jedenfalls für die freiwilligen Mitglieder, die mit ihrem eigenen Einkommen die Gesamteinkommensgrenze (§ 205 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 RVO; später § 10 Abs 1 Nr 5 SGB V; beide Regelungen iVm §§ 16, 18 SGB IV) überschritten hatten, wie dieses bei der Klägerin der Fall war (Grenze 1988 monatlich 513,33 DM). Bei ihnen konnte schon aus diesem Grunde kein beitragsfreier Krankenversicherungsschutz über die Versicherung ihres Ehegatten bestehen (§ 205 Abs 1 Satz 1 RVO; vgl für die heutige Regelung § 10 Abs 1 iVm § 3 Satz 3 SGB V). Ihre versicherungsrechtliche Lage war damit der von solchen freiwilligen Mitgliedern vergleichbar, bei denen ein Schutz über den Ehegatten ebenfalls fehlte, etwa weil dieser nicht gesetzlich oder überhaupt nicht krankenversichert war. Auch die Klägerin hatte wie andere freiwillige Mitglieder mit nicht gesetzlich krankenversichertem Ehegatten ihre freiwillige Versicherung gerade deswegen begründet, weil ihr Schutz im Rahmen der Familienhilfe wegen zu hohen eigenen Einkommens weggefallen war. Für freiwillige Mitglieder wie sie hätte eine Verknüpfung der Beitragsbemessung mit der Mitgliedschaft ihres Ehemannes in der gesetzlichen Krankenversicherung im Ergebnis eine Art verlängerte Familienhilfe in Form einer Beitragsvergünstigung bedeutet. Wenn die Beklagte eine derartige Satzungsregelung nicht getroffen hat, beruhte das mithin auf sachlichen Erwägungen. Ob die gesetzliche Krankenversicherung des Ehegatten hätte berücksichtigt werden müssen, wenn ohne die freiwillige Mitgliedschaft Krankenversicherungsschutz über den Ehegatten bestanden hätte (so Behrends aaO S 489; Kotzur SGb 1988, 440; Schulin SGb 1978, 180, 185), brauchte der Senat nicht zu entscheiden (vgl jedoch zur Subsidiarität der Familienhilfe im Verhältnis zu einer Pflichtversicherung als Rentner BSGE 63, 51 = SozR 2200 § 165 Nr 93). Denn ein solcher Sachverhalt, bei dem für eine freiwillige Versicherung auch kaum ein Bedarf bestanden hätte, lag hier nicht vor.

Die von der Beklagten getroffene Regelung führte entgegen der Ansicht des SG bei freiwilligen Mitgliedern wie der Klägerin nicht zu einer ungerechtfertigten Doppelbelastung mit Beiträgen. Der Ehegatte eines solchen Mitglieds begründete durch seine Versicherung keinen (mittelbaren) Versicherungsschutz für das freiwillige Mitglied und finanzierte einen solchen daher auch durch die Beiträge zu seiner Versicherung nicht mit. Dem entsprach es, daß die Kasse einem solchen freiwilligen Mitglied gegenüber trotz der Versicherung des Ehegatten erst durch die Begründung der freiwilligen Versicherung leistungspflichtig wurde. Sie brauchte daher auch auf der Beitragsseite die Versicherung des Ehegatten nicht zu berücksichtigen. Ihre Satzungsregelung ist ferner nicht deswegen zu beanstanden, weil die Klägerin bei einem Einkommen bis zur Gesamteinkommensgrenze (§ 205 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 RVO) über ihren Ehemann beitragsfreien Krankenversicherungsschutz genossen hätte, sie diesen aber tatsächlich wegen Überschreitens der Grenze entbehrte und durch eigene, unter Mitberücksichtigung des Ehegatten-Einkommens erhöhte Beiträge auf andere Weise erkaufen mußte. Denn diese Belastung folgte aus der gesetzlichen Beschränkung des beitragsfreien Familienschutzes durch die Gesamteinkommensgrenze.

Die Mitheranziehung des Ehegatten-Einkommens bei freiwillig Versicherten mit eigenem Arbeitseinkommen verstieß entgegen den vom SG geäußerten Bedenken auch nicht deswegen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, weil bei den bis zum 31. Dezember 1988 nach § 166 RVO versicherungspflichtig gewesenen Selbständigen Beiträge in der Regel nur vom Arbeitseinkommen erhoben wurden. Dieses galt und gilt im übrigen auch für das Arbeitsentgelt von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern, bei denen die Beitragslast zudem zur Hälfte oder sogar ganz den Arbeitgeber trifft (§ 381 Abs 1 Satz 1 und 2 RVO; § 249 Abs 1, Abs 2 Nr 1 SGB V). Im Verhältnis der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer zu den freiwillig Versicherten, deren Grundlohn nach § 180 Abs 4 RVO zu bemessen ist, hat der Senat schon in seinem Urteil vom 11. April 1984 (SozR 2200 § 180 Nr 18) auf die unterschiedliche Struktur im Beitragsrecht der beiden Gruppen hingewiesen, sie für gerechtfertigt gehalten und einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG verneint. Gleiches galt auch für einen Vergleich der versicherungspflichtig gewesenen Selbständigen mit den freiwillig Versicherten.

Die beanstandete Regelung verstieß auch nicht gegen Art 6 Abs 1 GG, weil sie verheiratete freiwillig Versicherte gegenüber freiwillig versicherten Partnern von nichtehelichen Lebensgemeinschaften zu Unrecht benachteiligt hätte. Allerdings hat der Senat in seinem Urteil vom 10. Mai 1990 (12 RK 41/87, zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden, daß dem in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden freiwillig Versicherten Unterhaltsleistungen seiner Partnerin nicht zugerechnet werden durften. Er hat das jedoch schon dort mit beitragsrechtlich erheblichen Unterschieden zwischen Eheleuten und Partnern von nichtehelichen Lebensgemeinschaften begründet und ausgeführt: Die Zurechnung sei nur zulässig, wenn die Unterhaltsleistung - wie bei Ehegatten - auf einer gesetzlichen Unterhaltspflicht beruhe, denn nur dann lasse die Unterhaltsleistung einen hinreichend sicheren Schluß auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängers zu, an der sich letztlich die Beitragspflicht auch freiwillig Versicherter zu orientieren habe; diese Voraussetzung (gesetzliche Unterhaltspflicht) fehle im Falle von freiwilligen Unterhaltsleistungen, die jederzeit wieder eingestellt werden könnten. In einem weiteren Urteil vom 10. Mai 1990 (12/3 RK 23/88, zur Veröffentlichung bestimmt) hat der Senat andererseits auch einen Anspruch des versicherten Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf Familienhilfe für den nicht versicherten anderen Partner nach § 205 RVO (später eine Familienversicherung nach § 10 SGB V) verneint.

Die Beitragserhebung ist auch für die Zeit vom 1. Januar 1989 an nicht zu beanstanden. Die ihr zugrunde liegende Satzungsregelung galt auch von da an weiter, obwohl die Ermächtigungsgrundlage des § 180 Abs 4 RVO durch die in § 240 SGB V abgelöst worden ist. Denn dieses führte entgegen der Ansicht des SG nicht ohne weiteres zum Erlöschen der auf die frühere Regelung gestützten Satzungsbestimmung (vgl für Rechtsverordnungen BVerfGE 9, 3, 12; 12, 341, 347; 14, 241, 249; Maunz-Dürig, Komm zum GG, Art 80 RdNr 24; Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl, § 27 1b Nr 6 S 144). Sie ist auch inhaltlich mit § 240 SGB V vereinbar. Diese Vorschrift überträgt in ihrem Abs 1 Satz 1 die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder nunmehr allgemein der Satzung der Krankenkassen, die dabei jedoch nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in Abs 1 Satz 2 sicherzustellen haben, daß die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt, und die ferner die in Abs 2 bis 4 bestimmten Schranken beachten müssen. Dem wird die umstrittene Satzungsbestimmung der Beklagten gerecht.

Die hier getroffene Entscheidung ist mit dem Urteil vom 21. Juni 1990 (12 RK 11/89, zur Veröffentlichung bestimmt) vereinbar. Darin hat der Senat bei einer freiwillig versicherten, nicht erwerbstätigen Ehefrau, die nur über sehr geringe eigene Einnahmen (Zinsen aus Sparguthaben) verfügte, ebenfalls eine Berücksichtigung von Einkünften des dort nicht gesetzlich krankenversicherten Ehemannes gebilligt. Allerdings hatte die in jenem Verfahren beklagte Ersatzkasse in ihrer Satzung zum Teil andere Grundsätze aufgestellt als die Beklagte des vorliegenden Verfahrens. So blieb, was sich im Ergebnis allerdings nicht zugunsten der dortigen Klägerin auswirkte, Einkommen des Ehegatten unberücksichtigt, wenn dieser selbst gesetzlich krankenversichert, unter bestimmten Voraussetzungen auch, wenn das freiwillige Mitglied selbst erwerbstätig war. Jenes Urteil des Senats, in dem solche Satzungsregelungen nicht beanstandet worden sind, ist indes nur zu dem bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Beitragsrecht der Ersatzkassen ergangen, für das § 180 Abs 4 RVO nicht anzuwenden war (BSG SozR 2200 § 180 Nr 12; BSG SozR 5428 § 4 Nr 10; vgl auch BSGE 60, 128 = SozR 2200 § 180 Nr 31, ferner Nr 32). Ob solche Satzungsregelungen vom 1. Januar 1989 an unter dem auch für Ersatzkassen geltenden § 240 SGB V mit seinem Gebot, die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, noch Bestand haben, war dort und ist hier nicht zu entscheiden. Wenn das der Fall wäre, könnte die Klägerin des vorliegenden Verfahrens wegen der Satzungsautonomie der Beklagten daraus gleichwohl nichts für sich herleiten. Für sie ist vielmehr allein entscheidend, daß die Satzungsregelung der Beklagten als ihrer Krankenkasse wirksam ist. Dabei ist es denkbar, daß verschiedene Kassen voneinander abweichende Regelungen treffen, die sämtlich nicht zu beanstanden sind (vgl BSGE - GS - 58, 183, 199 = SozR 2200 § 180 Nr 27). Daß dennoch eine gewisse Vereinheitlichung erstrebenswert erscheint, ist auf die rechtliche Wirksamkeit der hier anzuwendenden Regelung ohne Einfluß.

Hiernach erwies sich die Anfechtungsklage als unbegründet. Die Verpflichtungsklage, der das SG ebenfalls stattgegeben hat, war bereits unzulässig, weil die Anfechtungsklage allein ausreichte, die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung nach Grund und Höhe zu klären (vgl BSGE 64, 100, 102 = SozR 2200 § 180 Nr 44). Auf die Revision der Beklagten war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665125

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