Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungspflichtige Krankenkasse bei mehrfachen Ansprüchen
Leitsatz (amtlich)
1. Erhält eine Frau Entbindungsanstaltspflege und tritt bei dem neugeborenen Kind eine Krankheit auf, so liegt ein neuer Versicherungsfall mit selbständig zu beurteilenden Leistungsansprüchen vor.
2. Sind mehrere KK verpflichtet, im Wege der Familienhilfe Krankenhauspflege zu gewähren, so kann eine wirksame Inanspruchnahme iS des RVO § 205 Abs 4 S 2 längstens bis zur Beendigung der Sachleistung erfolgen.
3. Erfolgt keine wirksame Inanspruchnahme, so ist die Kasse, welche die Entbindungsanstaltspflege erbringt, auch zur Gewährung von Krankenhauspflege für das Neugeborene verpflichtet.
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Inanspruchnahme iS von RVO § 205 Abs 4 S 2 liegt nur dann vor, wenn der Versicherte durch eine entsprechende Willenserklärung oder schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebracht hat, daß seine Krankenkasse leisten soll und den nach RVO § 1545 Abs 1 Nr 2 erforderlichen Antrag gestellt hat.
2. Die bloße Übersendung eines Formulars zur Kostenübernahme von einer Krankenhausverwaltung an eine Krankenkasse stellt für sich allein keine Inanspruchnahme der Krankenkasse iS von RVO § 205 Abs 4 S 2 dar.
3. Bei einem neugeborenen Kind, für das mehrfach Ansprüche auf Familienkrankenhilfe bestehen, ist nach RVO § 205 Abs 4 S 2 die Krankenkasse als leistungspflichtig anzusehen, die die Entbindungsanstaltspflege gewährt hat.
Normenkette
RVO § 199 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1967-12-21, § 205 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-07-27, Abs. 4 S. 2 Fassung: 1930-07-26, § 1545 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 29. Januar 1975 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, wer von ihnen die Kosten der stationären Krankenhausbehandlung des Kindes der Beigeladenen, Stefan S, für die Zeit vom 15. Oktober bis zum 26. November 1971 zu tragen hat.
Stefan wurde am 15. Oktober 1971 im Stadtkrankenhaus Bad L geboren, wo seine Mutter, Beigeladene zu 2), als Pflichtmitglied der beklagten Deutschen Angestellten Krankenkasse Entbindungsanstaltspflege erhielt. Kurz nach der Geburt mußte er wegen einer lebensbedrohenden Aspirationspneumonie vom Entbindungskrankenhaus aus in das Kinderkrankenhaus "I", Bad S, gebracht werden, wo er bis zum 26. November 1971 behandelt wurde. Das Kinderkrankenhaus forderte mit einem Schreiben vom 16. Oktober 1971 die klagende Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK), bei der der Vater des Kindes, der Beigeladene zu 1), pflichtversichert war, zur Übernahme der Behandlungskosten auf. Die Klägerin vertrat demgegenüber die Auffassung, die Beklagte müsse als zuerst in Anspruch genommene Krankenkasse nach § 205 Abs. 4 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für die Behandlungskosten aufkommen. Nachdem auch die Beklagte die Kostenübernahme verweigert hatte - sie hielt die Klägerin für leistungspflichtig -, trat die Klägerin einstweilen für die Kosten ein. Die Eltern des Kindes wurden während dessen Behandlung nicht befragt, welche Kasse die Kosten dafür tragen solle.
Vor dem Sozialgericht (SG) hat die Klägerin sodann von der Beklagten die Erstattung der von ihr getragenen Kosten in Höhe von 2.098,38 DM gefordert. Das SG hat die Eltern des Kindes beigeladen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21. März 1973): Die Ansprüche auf Mutterschaftshilfe nach §§ 195 ff RVO stünden selbständig neben denen auf Familienkrankenhilfe nach § 205 i. V. m. §§ 182 ff RVO. Die Krankheit des Kindes stelle einen neuen Versicherungsfall dar, jeder der Beigeladenen hätte somit von seiner Kasse Leistungen der Familienkrankenhilfe beanspruchen können. Nach § 205 Abs. 4 Satz 1 RVO sei in einem solchen Falle die Leistung nur einmal zu gewähren, und zwar habe die zuerst in Anspruch genommene Kasse zu leisten. Wenn auch die Versicherten ihren Willen zur Inanspruchnahme nicht ausdrücklich erklärt hätten, ergebe sich doch aus ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung, daß sie die Klägerin in Anspruch genommen haben würden.
Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen das angefochtene Urteil aufgehoben und die Beklagte zur Kostenerstattung verurteilt (Urteil vom 29. Januar 1975): Das Ersuchen des Krankenhauses auf Kostenübernahme könne nicht als Inanspruchnahme im Sinne des § 205 Abs. 4 Satz 2 RVO angesehen werden, ein stillschweigendes Einverständnis des Beigeladenen zu 1) mit der Inanspruchnahme seiner Kasse sei nicht zu erkennen. Er habe im Berufungsverfahren erklärt, daß weder er noch seine Ehefrau dazu befragt worden seien. Liege demnach keine Erklärung der Eltern vor, so sei ein zumindest stillschweigendes Einverständnis der Mutter - und auch des Vaters - dahingehend anzunehmen, daß für eine unmittelbar bei oder nach der Entbindung erforderlich werdende Krankenpflege des neugeborenen Säuglings die bereits um Mutterschaftspflege angegangene Krankenkasse zuständig sein solle. Dem stehe nicht entgegen, daß der Gesetzgeber aus Gründen der Systematik die Vorschriften über die Leistungen der Mutterschaftshilfe (§§ 195 ff RVO) selbständig neben diejenigen der Krankenhilfe für die Versicherten selbst (§§ 182 ff RVO) und insbesondere neben die der Familienhilfe (§ 205 RVO) gestellt habe, also den Fall der Entbindung neben den der Krankheit zu einem selbständigen Versicherungsfall erhoben habe. Demnach sei die Beklagte als leistungspflichtige Krankenkasse anzusehen.
Die Beklagte rügt mit der zugelassenen Revision die unrichtige Anwendung des § 205 RVO. Ihre Inanspruchnahme im Rahmen der Mutterschaftshilfe führe allein zur Übernahme der Entbindungs- und Wochenpflegekosten für Mutter und Kind, denn der Gesetzgeber habe sowohl die Schwangerschaft als auch die Entbindung und die anschließende Wochenpflege einschließlich der pflegerischen Betreuung des Säuglings als Versicherungsfall eigener Art geregelt. Die nachträgliche Erklärung der Eltern vor dem SG sei wirksam. Das Gesetz enthalte keine Frist für eine Willenserklärung der Versicherten. Nach Ansicht des LSG würde grundsätzlich die Kasse leistungspflichtig, die die Mutterschaftshilfe erbringe, damit würden jedoch die Leistungsfälle der Mutterschaftshilfe und der Krankheit zu einem einheitlichen Leistungsfall.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, daß die Behandlung des Kindes im Krankenhaus nur die Fortsetzung seiner ärztlichen Betreuung in der Entbindungsanstalt darstelle. In Wahrheit liege nur ein Versicherungsfall vor, für den die Kasse der Mutterschaftshilfe weiterhin zuständig bleibe. Dies entspreche auch der bei den gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen bestehenden Verwaltungsübung, der sich die Beklagte jedoch nicht angeschlossen habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Klägerin steht ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte wegen der von ihr - einstweilen - aufgewandten Kosten für die Familienkrankenpflege des Kindes Stefan zu. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 1957 (BSG 6, 197, 199 f) dargelegt hat, handelt es sich bei dem streitigen Anspruch um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auf dem Gebiet der Sozialversicherung, weil die Klägerin Krankenversicherungsleistungen für die an sich leistungspflichtige Beklagte erbracht hat. Diese rechtliche Einordnung, wie sie sich bei der Entstehung des Anspruchs ergab, ist auch durch die am 1. Januar 1976 in Kraft getretene Regelung des § 43 Abs. 1 und 3 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - vom 11. Dezember 1975 (BGBl I 3015) bestätigt worden. Auch danach richtet sich der Erstattungsanspruch gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Beides sind Krankenversicherungsträger, ihre gegenseitigen Ansprüche auf Erstattung sind mithin aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zu entnehmen und von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der vorliegende Sachverhalt zwei selbständige Versicherungsfälle betrifft, nämlich die Entbindungsanstaltspflege für die Beigeladene zu 2) - § 199 RVO - und die Familienkrankenhilfe für das Kind Stefan (§ 205 i. V. m. § 184 RVO). Zwar schließt die Kassenleistung "Entbindungsanstaltspflege" auch die durch den Aufenthalt und die Betreuung des Neugeborenen in der Entbindungsanstalt entstehenden Kosten mit ein (so schon RVA GE Nr. 4068 in AN 1931 IV 220), jedoch gilt dies nur für die notwendige Pflege des gesunden Kindes. Tritt hingegen bei dem Kind eine Krankheit auf, die seine Behandlung erforderlich macht, so löst dieser Versicherungsfall neue, selbständig zu beurteilende Leistungsansprüche aus (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 17. Aufl., Anm. 5 zu § 199). Dies ergibt sich schon aus der vom Gesetzgeber gewählten Systematik, die die Leistungen der Mutterschaftshilfe (§§ 195 ff RVO) selbständig neben die der Familienkrankenhilfe (§ 205 Abs. 1 Satz 1 a RVO) stellt. Sie trägt dem Grundsatz der Krankenversicherung Rechnung, daß zwischen dem Versicherungsfall der Krankheit und dem der Entbindung zu unterscheiden ist. Im ersten Fall setzt die Krankenversicherung ihre Hilfe für den Ausfall oder die Beeinträchtigung körperlicher oder geistiger Funktionen ein, bei der Entbindung hingegen sichert sie den Ablauf eines natürlichen Lebensvorgangs.
Nach § 205 Abs. 1 Satz 1 RVO in der hier anwendbaren Fassung erhielten Versicherte u. a. für ihre unterhaltsberechtigten Kinder, wenn diese sich gewöhnlich im Inland aufhielten und nicht anderweit einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege hatten, Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, Krankenpflege und Krankenhauspflege unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Umfang wie sie selbst. Träger eines solchen Anspruchs auf Familienhilfe waren gegenüber ihren jeweiligen Krankenkassen sowohl der Beigeladene zu 1) als auch die Beigeladene zu 2), denn Stefan war beiden versicherten Elternteilen gegenüber unterhaltsberechtigt im Sinne der §§ 1601 ff des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wobei es auf den Umfang der einzelnen Unterhaltsberechtigungen nicht ankommt (vgl. BSG 6, 197, 203). Daß der gleiche Versicherungsfall mehrere Ansprüche begründet, setzt § 205 Abs. 4 RVO als mögliches Ergebnis der gesetzlichen Regelung aus den Abs. 1 bis 3 ausdrücklich voraus. Für diesen Fall der mehrfachen Anspruchsberechtigung bestimmt § 205 Abs. 4 Satz 1 RVO, daß die Leistung nur einmal gewährt wird.
Da leistungspflichtig nach § 205 Abs. 4 Satz 2 RVO die zuerst in Anspruch genommene Kasse ist, bedarf die Frage der Inanspruchnahme zunächst der Untersuchung. Für die Beantwortung dieser Frage ist davon auszugehen, daß Träger des Anspruchs auf Familienkrankenhilfe der Versicherte ist (§ 205 Abs. 1 Satz 1 RVO). Das Versicherungsverhältnis, aus dem der Leistungsanspruch erwächst, besteht zwischen ihm und seiner Krankenkasse, demgemäß kann auch nur der Versicherte den Anspruch wirksam gegen die Krankenkasse geltend machen. Zur Geltendmachung bedarf es entweder einer ausdrücklichen Willenserklärung des Versicherten oder doch eines schlüssigen Verhaltens, aus dem sein Wille, von der Krankenkasse eine Leistung zu beanspruchen, deutlich erkennbar wird (§ 1545 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Die bloße Übersendung eines Formulars zur Kostenübernahme von einer Krankenhausverwaltung an eine Krankenkasse ist - vor allem wenn der Versicherte, wie vorliegend, davon nicht Kenntnis erhält - für sich allein keineswegs als Inanspruchnahme der Krankenkasse im Sinne des Gesetzes anzusehen, zumal dabei auch die Gefahr mißbräuchlicher Benutzung nicht völlig außer Betracht bleiben kann. Der in diesem Rechtsstreit zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich von dem, der der Entscheidung des Senats vom 20. Dezember 1957 (BSG 6, 197) zugrunde lag, denn dort hatte die Versicherte ihrer Kasse auf deren Rückfrage hin Angaben zum Leistungsfall gemacht. Ob auch eine stillschweigende Ermächtigung des Leistungsempfängers durch den Versicherten für eine Inanspruchnahme im Sinne des § 205 Abs. 4 Satz 2 RVO ausreichen könnte (vgl. dazu SozR Nr. 23 zu § 205 RVO), bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung.
Nach den das Revisionsgericht bindenden, nicht angefochtenen Feststellungen des LSG ist der Vater des Kindes, der Beigeladene zu 1), nicht befragt worden, welche Krankenkasse die Kosten für die Krankenhausbehandlung des Kindes übernehmen sollte. Er hat auch von sich aus weder eine dahingehende Bestimmung getroffen noch sein Einverständnis dazu erklärt, daß die AOK die Kosten der Familienkrankenhilfe tragen sollte. Nur er wäre aber berechtigt gewesen, die Klägerin als leistungspflichtig in Anspruch zu nehmen. Die Mutter des Kindes, die Beigeladene zu 2), hat ebenfalls keine Erklärung abgegeben, daß ihre Kasse, die Beklagte, die Krankenhauspflege für Stefan übernehmen sollte.
Wie das LSG zutreffend entschieden hat, kann aus nachträglichen Befragungen der Versicherten, so wie sie das SG im Gerichtsverfahren durchgeführt hat, keine Inanspruchnahme hergeleitet werden. Zumindest bei Sachleistungen wie der Krankenhauspflege kann die Erklärung über ihre Inanspruchnahme längstens bis zu dem Zeitpunkt abgegeben werden, bis zu dem sie erbracht worden ist. Das folgt aus der Art und Weise der Regelung, wie sie in § 205 Abs. 4 RVO getroffen worden ist. Das den Versicherten zugebilligte Auswahlrecht der ersten Inanspruchnahme führt zur Leistungspflicht nur einer Kasse (obgleich auch die andere verpflichtet wäre), und die gesetzliche Regelung sieht auch keine nachträglichen (Teil-) Ausgleichungen zwischen den Kassen vor. Ziel der Regelung ist mithin eine möglichst einfache Anspruchsabwicklung (vgl. BSG 25, 222, 223). Dieser Zwecksetzung wird nur dann entsprochen, wenn der Versicherte spätestens bis zur Beendigung des Krankenhausaufenthalts bestimmt, welche Kasse dafür aufkommen soll. Andernfalls müßte eine der in Frage kommenden Kassen die Kosten einstweilen übernehmen, und zwischen den Kassen entstünden, wenn der Versicherte späterhin die andere als leistungspflichtig angäbe, nachträglich Ausgleichsansprüche. Da bei der Regelung nach § 205 Abs. 4 RVO Ausgleichsforderungen aber gerade vermieden werden sollen, ergibt sich aus der Natur der Sache, daß die Inanspruchnahme spätestens bis zur Beendigung der Sachleistung vorgenommen werden kann.
Der Fall, daß bei einer Familienkrankenhilfe zwei Krankenkassen als leistungspflichtig in Betracht kommen, daß aber die leistungsberechtigten Versicherten keine Bestimmung - sei es ausdrücklich, sei es konkludent - darüber treffen, welche der Kassen die Leistung erbringen soll, ist im Gesetz nicht geregelt. Diese planwidrige - denn es ist nichts dafür erkenntlich, daß der Gesetzgeber diesen Sachverhalt für nicht regelungsbedürftig gehalten hätte - Lücke ist vom Senat unter Beachtung der Gesamtregelung zu schließen. Danach erscheint es für den vorliegenden Fall sinnvoll und durch den Sachzusammenhang geboten, die Kasse als leistungspflichtig anzusehen, die bereits die Entbindungsanstaltspflege gewährt. Diese Kasse erfüllt schon die Ansprüche, die der Mutter des Kindes aus Anlaß der Entbindung zustehen, und sie erfüllt darüber hinaus als ihr obliegende Nebenleistung auch die - nicht krankheitsbedingte - Pflege des Neugeborenen in der Entbindungsanstalt. Demnach hat diese Kasse eine wenn auch nur nebenher begründete Leistungsverpflichtung gegenüber dem Neugeborenen. Der anderen Kasse hingegen ist bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Leistungsverpflichtung erwachsen, möglicherweise ist ihr der Entbindungsfall überhaupt nicht bekannt. Wenn sodann bei dem neugeborenen Kind eine Erkrankung auftritt, die Krankenhilfe erforderlich macht, so wird diese häufig bereits von dem Krankenhaus geleistet werden können, in dem die Versicherte Entbindungsanstaltspflege erhält. Da bei einem solchen Sachverhalt Pflege des Kindes und Krankheitsbehandlung nahtlos ineinander übergehen, bietet es sich auf Grund des Sachzusammenhangs an, den bisherigen Leistungsträger als verpflichtet anzusehen, auch für diese Kosten einzustehen. Nichts anderes kann dann gelten, wenn das Neugeborene infolge der Art seiner Erkrankung in ein anderes Krankenhaus überführt und dort die Krankenhauspflege geleistet werden muß, denn im Regelfall wird dabei die Behandlung des Kindes auch schon in der Entbindungsanstalt, und zwar bei der Entdeckung der Krankheit einsetzen müssen. Nach den Feststellungen des LSG ist das vorliegend ebenfalls so gewesen, denn bereits der Arzt der Entbindungsanstalt - der Gynäkologe des Stadtkrankenhauses - hat an dem Kind Behandlungsmaßnahmen - künstliche Beatmung - vorgenommen. Dem engen Sachzusammenhang entspricht es, die Leistungsverpflichtung ebenfalls zusammenzufassen. Diese Art der Regelung, die überdies auch in einigen Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen vertraglich vereinbart worden ist und geübt wird (vgl. BKK 1969, 70 - Reg.-Nr. 450/453), entspricht am ehesten dem Willen des Gesetzgebers, eine möglichst einfache und praktikable Lösung zur Verfügung zu stellen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, daß die Beklagte die Kosten der Krankenhauspflege für das neugeborene Kind zu tragen hat, weil ihr auch die Entbindungsanstaltspflege für die Mutter des Kindes, die Beigeladene zu 2), oblag. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des LSG ist somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 1647725 |
BSGE, 20 |