Entscheidungsstichwort (Thema)
Soldatenversorgung. MdE-Erhöhung. besondere berufliche Betroffenheit. Vorrang. Umschulung
Leitsatz (amtlich)
Wer erfolgreich umgeschult werden kann, ist beruflich nicht besonders betroffen und hat deshalb keinen Anspruch auf Erhöhung seiner "medizinischen" MdE.
Orientierungssatz
Der in der sozialen Rentenversicherung gesetzlich geregelte Grundsatz, daß sich der Versicherte immer auf einen Umschulungsberuf verweisen lassen muß, gilt entsprechend auch im Versorgungsrecht.
Normenkette
SVG § 80; BVG § 30 Abs. 2, §§ 29, 31 Abs. 1; SGB VI § 43 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
SG Speyer (Entscheidung vom 04.08.1993; Aktenzeichen S 12 V 19/92) |
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 24.06.1994; Aktenzeichen L 4 V 6/94) |
Tatbestand
Dem 1964 geborenen Kläger hat das Landessozialgericht (LSG) unter Mitberücksichtigung von besonderem beruflichem Betroffensein Grundrente wegen der Folgen einer Wehrdienstbeschädigung zugesprochen, obwohl diese eine "medizinische" Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um nur 10 vH bewirken.
Der Kläger zog sich als Wehrdienstleistender im Frühjahr 1987 auf einem Manöver in der Türkei eine Erkrankung des zentralen Nervensystems zu. Auf seinen Antrag vom 10. November 1987 erkannte der Beklagte - im Wege einer Zugunstenfeststellung - mit Bescheid vom 24. April 1991 folgende Schädigungsfolgen an: "Postremissives Syndrom (abklingende Gesundheitsstörung) nach entzündlicher Erkrankung des zentralen Nervensystems". Die Gewährung von Leistungen lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die anerkannten Schädigungsfolgen riefen keine rentenberechtigende MdE hervor. Über die Frage, ob besonderes berufliches Betroffensein vorliege ("Anspruch nach § 30 Abs 2 Bundesversorgungsgesetz" ≪BVG≫), werde noch eine Entscheidung ergehen. Mit streitbefangenem Bescheid vom 10. Juni 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1992 lehnte der Beklagte die Feststellung eines besonderen beruflichen Betroffenseins iS des § 30 Abs 2 BVG ab.
In dem anschließenden Klageverfahren ermittelte das Sozialgericht (SG) folgenden beruflichen Werdegang des Klägers: Der Kläger hatte nach der Hauptschule eine Ausbildung zum landwirtschaftlichen Wirtschafter durchlaufen. Anschließend war er auf dem damals etwa 300 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters und seines Onkels als Gesellschafter mit einem Gewinn- und Verlustanteil von 20 vH selbständig tätig gewesen. In der zweiten Jahreshälfte 1986 war er aus der Gesellschaft ausgeschieden, im November 1986 hatte er sich arbeitssuchend gemeldet. Vom 1. Januar 1987 bis zum 31. März 1988 leistete er Wehrdienst. Danach wären sein Vater und sein Onkel bereit gewesen, ihn auf der Grundlage einer Drittelbeteiligung erneut als Mitgesellschafter aufzunehmen. Aufgrund der Schädigungsfolgen konnte der Kläger aber körperliche landwirtschaftliche Arbeiten, die mit Witterungsexposition, Erschütterungen (Schlepperfahren) und/oder schwerem Heben und Tragen verbunden waren, nicht mehr verrichten. Nach vorübergehender Arbeitslosigkeit arbeitete er ab Mai 1988 in einer Kartonagenfabrik, zunächst als Hilfsarbeiter, später als Maschinenführer mit einem Entgelt von monatlich ca. 3.200 DM brutto. Im August 1990 schied er "wegen eines Lendenwirbelsäulenleidens" aus diesem Arbeitsverhältnis aus und bezog vom 16. August bis 18. September 1990 wiederum Arbeitslosengeld (Alg). Anschließend wurde er nach einem Kuraufenthalt bis zum 12. Oktober 1992 erfolgreich zum technischen Zeichner im Maschinenbau umgeschult. Er fand aber keine entsprechende Beschäftigung, sondern bezog bis zu seiner Aussteuerung zum 19. November 1993 wiederum Alg. Seither hatte er - seinen Angaben vor dem LSG zufolge - keine eigenen Einkünfte mehr. Nach den Feststellungen des LSG betrugen die Jahresgewinne in dem landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters und seines Onkels im Wirtschaftsjahr 1988/89 210.203,20 DM und im Wirtschaftsjahr 1989/90 247.209,05 DM, so daß der Kläger bei einer Drittelbeteiligung in diesen Jahren mit einem Gewinnanteil zwischen 70.000 DM und 90.000 DM hätte rechnen können. Mit Urteil vom 4. August 1993 hob das SG die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte den Beklagten, ein besonderes berufliches Betroffensein gemäß § 30 Abs 2 BVG anzuerkennen. Im übrigen wies es die Klage mit der Begründung ab, auch bei Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins ergebe sich eine MdE von weniger als 25 vH.
Auf die Berufung des Klägers hob das LSG dieses Urteil auf und verurteilte den Beklagten, Beschädigtenrente nach einer MdE von 30 vH zu zahlen. In den Entscheidungsgründen führt es aus, beim Kläger liege zwar eine medizinische MdE (§ 30 Abs 1 BVG) um nur 10 vH vor. Diese MdE sei aber wegen besonderen beruflichen Betroffenseins nicht, wie das SG gemeint habe, um nur weitere 10 vH, sondern um 20 vH auf insgesamt 30 vH zu erhöhen. Denn der Kläger sei durch die Schädigungsfolgen beruflich besonders hart betroffen. Er habe seinen Beruf als ausgebildeter selbständiger Landwirt aufgeben müssen, ohne eine sozial gleichwertige Tätigkeit zu finden. Die von ihm vor der letzten Arbeitslosigkeit und Umschulung ausgeübte Hilfsarbeitertätigkeit habe für ihn sowohl sozial als auch wirtschaftlich zu einem erheblichen Abstieg geführt. Der Beruf eines Hilfsarbeiters genieße eine weitaus geringere soziale Wertschätzung als der eines selbständigen Großbauern. Das Erwerbseinkommen des Klägers habe sich auf etwa 50 vH seines früher erzielten Einkommens verringert. Seine derzeitige Arbeitslosigkeit gehe wesentlich auf die Schädigungsfolgen zurück. Sollte sich in Zukunft ein beruflicher Aufstieg ergeben, so werde darin möglicherweise eine Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) liegen, welche den Beklagten zur Rentenentziehung berechtigen könne.
Der Beklagte hat die zugelassene Revision eingelegt. Er hält eine Erhöhung der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins um mehr als 10 vH für rechtswidrig, da der Kläger nicht außergewöhnlich stark beruflich betroffen sei. Sein beruflicher Abstieg sei nur als vorübergehend anzusehen. Auch stelle die Tätigkeit eines Technischen Zeichners, für die er umgeschult worden sei, gegenüber dem Beruf eines Landwirts keinen sozial wesentlich geringer zu bewertenden Beruf dar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Juni 1994 insoweit abzuändern, als es den Beklagten verurteilt hat, die MdE nach § 30 Abs 1 und 2 BVG um mehr als insgesamt 20 vH zu erhöhen und eine Beschädigtenrente nach einer MdE um 30 vH zu gewähren; in diesem Umfang wird die Zurückweisung der Berufung des Klägers beantragt.
Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für richtig.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Zu Recht hat das SG die Bescheide des Beklagten vom 10. Juni 1991 und vom 24. Januar 1992 insofern bestätigt, als mit ihnen - durch stillschweigende Bezugnahme auf den Bescheid vom 24. April 1991 - die Gewährung von Versorgungsrente im Wege der Zugunstenfeststellung wiederum abgelehnt worden ist.
Nach § 80 Satz 1 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung unter entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit im SVG nichts anderes bestimmt ist. Danach hätte der Kläger nur dann Anspruch auf Versorgungsrente, wenn die Schädigungsfolgen eine MdE um mindestens 25 vH hervorgerufen hätten (§ 31 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BVG). Dies ist indessen auch bei Mitberücksichtigung des die Erhöhung der medizinischen MdE (§ 30 Abs 1 BVG) wegen besonderen beruflichen Betroffenseins regelnden § 30 Abs 2 BVG nicht der Fall.
Das LSG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß der Wortlaut des § 30 Abs 2 BVG der Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit keine Grenze setzt. Es hat aber schon nicht hinreichend beachtet, daß sich aus dem Sinn dieser Vorschrift, wie er im Zusammenhang mit den grundlegenden Vorschriften über die Entschädigung schädigungsbedingter Erwerbsminderung erkennbar wird, eindeutige und enge Grenzen ergeben. Diese Grenzen schließen hier die Erhöhung aus, jedenfalls in dem noch zur Entscheidung stehenden Ausmaß um mehr als 10 vH auf ein Niveau, das die Rentenberechtigung und den Anspruch auf Berufsschadensausgleich (BSchA) zur Folge haben würde. Außerdem hat das LSG übersehen, daß einer Erhöhung des MdE-Grades nach § 30 Abs 2 BVG hier die Vorschrift des § 29 BVG entgegensteht.
Die Erhöhung nach § 30 Abs 2 BVG ist zunächst in Verbindung mit der Entscheidung des Gesetzgebers in § 30 Abs 1 BVG zu sehen, wonach die MdE nach der Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu bestimmen ist. Allgemeine Hinweise der Verwaltung darauf, daß sich die Schädigung im Beruf des Beschädigten nicht oder geringer auswirke als im allgemeinen Arbeitsleben, sind für die MdE-Bestimmung ebensowenig bedeutsam wie die Einschätzung des Beschädigten, daß sich die Schädigung in seinem Beruf stärker auswirke als im allgemeinen Erwerbsleben. § 30 Abs 2 BVG ist eine Härteregelung, nach der nur ausnahmsweise individuelle berufliche Belastungen zur MdE-Erhöhung führen. Insoweit ist auch auf die gesetzliche Unfallversicherung zu verweisen, wo im Verhältnis von § 581 Abs 1 und Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) nach ständiger Rechtsprechung dieselben Grundgedanken gelten. Hier ist die Berücksichtigung des Berufs des Verletzten bei der Bewertung der MdE nur in Fällen unbilliger Härte zugelassen (vgl BSGE 70, 47 mwN).
Die Bedeutung dieser Härteregelung hat sich im Versorgungsrecht immer mehr verringert, seit das Gesetz im Jahre 1960 die Entschädigung schädigungsbedingter Auswirkungen auf den Beruf durch das Recht des BSchA begründet und später schrittweise erweitert und differenziert hat (zur Geschichte des BSchA vgl Förster in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl, § 30 RdNrn 43 ff). Seit - von 1979 an - alle rentenberechtigten Beschädigten bei individueller Einkommensminderung BSchA beziehen können, ist es fraglich, ob es dem System der Entschädigung für Erwerbsminderung überhaupt noch entspricht, die individuellen Berufsschäden nach zwei nebeneinanderstehenden Entschädigungsmethoden auszugleichen. Die Formulierung "nach Anwendung des Abs 2" in § 30 Abs 3 Satz 1 BVG sowie die Ruhensvorschrift des § 30 Abs 13 BVG zeigen zwar, daß sich der Gesetzgeber zu der Abschaffung der MdE-Erhöhungsvorschrift des § 30 Abs 2 BVG im Kriegsopferrecht bisher nicht hat entschließen können; es bleibt aber dennoch fraglich, ob die "entsprechende" Anwendung des Kriegsopferrechts (vgl § 80 Satz 1 SVG, § 1 Abs 1 Satz 1 Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten ≪OEG≫, § 51 Abs 1 Satz 1 Bundesseuchengesetz) auch bei ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und sonstigen Entschädigungsberechtigten (Impfgeschädigten, Gewaltopfern) die Doppelregelung der Entschädigung für berufliche Nachteile rechtfertigt, besonders in den Fällen, in denen der Schädigungstatbestand in eine Zeit fällt, in der das Recht des BSchA bereits voll ausgebildet war. Diese Frage braucht aber hier nicht entschieden zu werden; denn auch bei Anwendbarkeit des § 30 Abs 2 BVG ist die Erhöhung nicht, jedenfalls nicht in dem hier zu entscheidenden Umfang zu begründen.
Schon in der Zeit, als § 30 Abs 2 BVG die einzige Möglichkeit bot, eine berufliche Benachteiligung versorgungsrechtlich zu berücksichtigen, entsprach es der ständigen Übung in Verwaltung und Rechtsprechung, bei besonderer beruflicher Betroffenheit regelmäßig nur eine Erhöhung von 10 vH zuzubilligen. Nur in Ausnahmefällen, in denen die Härte außergewöhnlich groß war, ist eine Erhöhung um 20 vH anerkannt worden (vgl BSG SozR 3100 § 30 Nr 34).
Der Sinn des § 30 Abs 2 BVG ist auch im Zusammenhang mit der weiteren Grundentscheidung des Gesetzes in § 31 Abs 1 BVG zu sehen, den Beschädigten zuzumuten, weniger erhebliche Minderungen der Erwerbsfähigkeit unentschädigt hinzunehmen, und eine Entschädigung erst ab einer MdE von 30 vH zu gewähren. Wenn die nach dem allgemeinen Arbeitsleben bewertete MdE weniger als 30 vH beträgt, ist es grundsätzlich keine Härte, daß dem Beschädigten keine Rente gezahlt wird. Soll im Einzelfall von der Grundentscheidung, erst ab einer MdE von 30 vH Rente zu gewähren, abgewichen werden, müssen besondere Gründe festgestellt werden (BSGE 52, 6). Wenn man mit dem LSG der Auffassung wäre, daß der Kläger im März 1988 seinen Beruf als Landwirt schädigungsbedingt aufgeben mußte und keinen sozial gleichwertigen Beruf iS des § 30 Abs 2 Satz 2 Buchst a) BVG ausüben kann, wäre allenfalls eine Erhöhung um 10 vH zu erörtern. Für eine Erhöhung auf das rentenberechtigende Niveau bestünde auch dann kein überzeugender Grund.
Die Auffassung des LSG trifft aber nicht zu. Sie ist vor allem nicht mit der Feststellung vereinbar, daß der Kläger zum technischen Zeichner umgeschult worden ist. Die Frage, ob der Kläger einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben kann, läßt sich nicht mit den Verhältnissen in dem Zeitabschnitt beantworten, in dem er vorübergehend als Hilfsarbeiter arbeitete. Die Höherstufung der Beschädigten nach § 30 Abs 2 BVG ist nämlich nicht für vorübergehende Einkommensminderungen vorgesehen, jedenfalls nicht seit der Zeit, in der für Einkommensminderungen auch kürzester Dauer das Recht des BSchA gilt. MdE-Erhöhungen sind für voraussichtlich dauernde berufliche Nachteile vorgesehen; im Falle des § 30 Abs 2 Satz 2 Buchst a BVG für die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, einen sozial gleichwertigen Beruf wieder auszuüben.
Außerdem gilt - wie im Sozialrecht überhaupt (vgl § 5 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil ≪SGB I≫, vor allem aber § 7 Abs 1 Rehabilitationsangleichungsgesetz ≪RehaAnglG≫) - auch im Versorgungsrecht der Grundsatz "Rehabilitation vor Rente". Dieser Grundsatz findet seinen Ausdruck in § 29 BVG. Nach dieser Vorschrift entsteht ein Anspruch auf Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs 2 BVG in dem Fall, daß Maßnahmen zur Rehabilitation erfolgversprechend und zumutbar sind, frühestens in dem Monat, in dem diese Maßnahmen abgeschlossen worden sind. Diese Regelung schließt hier eine Höherbewertung der MdE bis Oktober 1992 aus. Denn wenn die Erhöhung nach § 30 Abs 2 BVG nicht schon vor der Umschulung vorgenommen worden ist, steht § 29 BVG einer derartigen Erhöhung für alle Zeiten vor der Reha-Maßnahme entgegen. Für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift spielt es keine Rolle, daß die Umschulung des Klägers (als Maßnahme der beruflichen Rehabilitation - vgl § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 3 RehaAnglG) hier nicht durch den Versorgungsträger im Rahmen der Kriegsopferfürsorge (vgl § 26 BVG), sondern durch die Bundesanstalt für Arbeit durchgeführt worden ist (vgl für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung BSG SozR 2200 § 1241 d Nr 10). Nur wenn diese Maßnahme entweder nicht zumutbar oder nicht erfolgversprechend gewesen wäre, könnte eine Höherbewertung nach § 30 Abs 2 BVG vor Abschluß der Maßnahme (Oktober 1992) stattfinden. Da hier die Umschulung des Klägers zum technischen Zeichner nach den Feststellungen des LSG erfolgreich war, kann unbesehen sowohl von der Zumutbarkeit als auch von der Erfolgsaussicht der beruflichen Reha-Maßnahme ausgegangen werden. Daß der Kläger anschließend nicht in eine entsprechende Stellung vermittelt werden konnte, berührt Zumutbarkeit und Erfolgsaussicht der Reha-Maßnahme nicht.
Auch nach dem Oktober 1992 hatte der Kläger keinen Anspruch auf Erhöhung der MdE nach § 30 Abs 2 BVG, weil er nunmehr in der Lage war, einen "sozial gleichwertigen" Beruf (vgl § 30 Abs 2 Satz 2 Buchst a BVG) auszuüben. Der in der sozialen Rentenversicherung gesetzlich geregelte Grundsatz, daß sich der Versicherte immer auf einen Umschulungsberuf verweisen lassen muß (§ 1246 Abs 2 Satz 3 RVO und § 43 Abs 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch - Rentenversicherung ≪SGB VI≫), gilt entsprechend auch im Versorgungsrecht. Wer erfolgreich umgeschult worden ist, kann ebensowenig geltend machen, der Umschulungsberuf sei nicht sozial gleichwertig iS des § 30 Abs 2 Satz 2 Buchst a BVG, wie er als Bewerber um eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung geltend machen könnte, der Beruf sei nicht zumutbar iS des § 43 Abs 2 SGB VI. Das gilt auch dann, wenn der Beschädigte im Umschulungsberuf keine Beschäftigung findet (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 22) oder dieser Beruf aus tatsächlichen Gründen nicht zumutbar wäre (vgl BSGE 55, 45, 53 = SozR 2200 § 1246 Nr 107), wofür hier allerdings kein Anhalt besteht.
Besondere berufliche Betroffenheit liegt auch unter anderen Gesichtspunkten nicht deswegen vor, weil der Kläger im Anschluß an die Umschulung arbeitslos geblieben ist. Die Arbeitslosigkeit im Anschluß an eine erfolgreiche Umschulung ist kein schädigungsbedingter beruflicher Nachteil. Die Arbeitslosigkeit wird nur bei einem Anspruch auf BSchA gemäß der Schutzvorschrift des § 30 Abs 11 BVG als schädigungsbedingt angesehen. Der Anspruch auf BSchA muß dabei schon vor Anwendung dieser Schutzvorschrift gegeben gewesen sein (vgl BSG in SozR 3200 § 30 Nr 67).
Es besteht kein Grund anzunehmen, der Kläger gehöre nicht zu dem Personenkreis, dem das Gesetz zumutet, eine relativ geringfügige Erwerbsminderung entschädigungslos hinzunehmen. Es wäre im Gegenteil besonders sachwidrig, dem Kläger die Rentenberechtigung zu verschaffen, die hier zur Folge hätte, daß er lebenslang auch mit dem Anspruch auf BSchA versorgt wäre. Denn sein Vergleichseinkommen als selbständiger Landwirt wäre nach der Besoldungsgruppe eines Beamten des mittleren Dienstes (Besoldungsgruppe A 7) festzusetzen und regelmäßig anzupassen. Seine Arbeitslosigkeit müßte nach der Schutzvorschrift des § 30 Abs 11 Satz 1 2. Halbsatz BVG, die auf erheblich Beschädigte zugeschnitten ist, als Schädigungsfolge behandelt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen
Breith. 1996, 651 |
SozSi 1997, 76 |