Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeit. Mehrstufenschema. Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion-Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion. besonders hoch qualifizierter Facharbeiter. Lohnordnung. rheinischwestfälischer Steinkohlenbergbau. Tarifvertrag-Einstufung. Bindung. Kolonnenführer. Berufsschutz. Verweisbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Die tarifliche Zuordnung und Entlohnung eines Kolonnenführers (Bergtechnik) in die Lohngruppe 12 der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau reicht für sich allein nicht aus, um innerhalb des Mehrstufenschemas die Zugehörigkeit zur Gruppe der „Facharbeiter (Vorarbeiter) mit Vorgesetztenfunktion” oder der „besonders hoch qualifizierten Facharbeiter” anzunehmen.
Normenkette
RKG § 46; SGB VI § 43
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 25.02.1993; Aktenzeichen 2 Kn 38/90) |
SG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 28.03.1990; Aktenzeichen S 6 (3) Kn 25/88) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 1993 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der am 10. September 1946 geborene Kläger türkischer Staatsangehörigkeit begehrt Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit (BU). Er hatte seit 1970 im Steinkohlebergbau gearbeitet, zunächst als Neubergmann, seit April 1973 als Hauer und von August 1980 bis November 1986 überwiegend als Kolonnenführer (Lohngruppe 12).
Im Dezember 1986 hatte der Kläger eine Untertagetätigkeit in der Lohngruppe 02 aufgenommen. Das Arbeitsverhältnis ist zum 30. September 1992 beendet worden. Aufgrund eines während des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen (S 11 Kn 13/86) im November 1986 geschlossenen Vergleichs bezieht der Kläger ab 1. März 1986 Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 Reichsknappschaftsgesetz (RKG).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23. Dezember 1987, bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 1988, die Zahlung von Knappschaftsrente wegen BU (§ 46 Abs. 2 RKG) ab: Die festgestellten Gesundheitsstörungen (ua Arthralgie des rechten Kniegelenks, Zustand nach Entfernung des Außenmenikus, Lumbalsyndrom, Zervikalsyndrom, Periarthropathie beider Schultergelenke) hinderten den Kläger nicht, vollschichtig zumutbare Tätigkeiten auszuüben.
Das SG hat mit Urteil vom 28. März 1990 die Klage abgewiesen; das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 25. Februar 1993 die Berufung zurückgewiesen: Bisheriger Beruf des Klägers sei der des Hauers, also des Facharbeiters im Bergbau. Trotz der seit 1980 überwiegend verrichteten Tätigkeit als Kolonnenführer (Bergtechnik) sei der Kläger nicht der Gruppe der „Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion” zuzuordnen. Vielmehr habe er als „schlichter Vorarbeiter” im wesentlichen die gleichen Arbeiten wie die ihm zugeordneten Facharbeiter verrichtet. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeiten habe nicht im Zuteilen der Arbeiten und im Überwachen der Ausführung gelegen. Die qualitative Wertigkeit der verrichteten Arbeit entspreche nicht vollständig der Tätigkeitsbeschreibung der Lohngruppe 12 der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau (Anlage 4 zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus). Zu einem erheblichen Teil der Arbeitszeit habe er Arbeiten der Lohngruppe 09 verrichtet. Für Leitungs- und Überwachungsfunktionen verbleibe hierbei kein Raum. Soweit den unterstellten Leuten Anweisungen erteilt worden seien, welches Ausbaumaterial herbeizuschaffen sei, handele es sich um solche schlichter Art, denn Transportarbeiten erforderten keine Hauerqualifikation. Auch habe die vom Kläger geführte, allenfalls drei Mitglieder umfassende Gruppe im rückwärtigen Bereich der Strecke gearbeitet. Nachreiß- und Senkarbeiten und die dafür erforderlichen Transportarbeiten seien nachgehend und hätten keine besonderen Anforderungen an das bergtechnische Können gestellt. Die Mitarbeiter des Klägers seien deshalb nicht als Hauer für Erweiterungsarbeiten oder gar in der Gewinnung oder Aus- und Vorrichtung geführt worden (Lohngruppen 10 und 11), sondern als Hauer im Streckenausbau (Lohngruppe 09). Es erscheine nicht vertretbar, den Führer einer mit diesen Arbeiten betrauten Kolonne als ebenso qualifiziert anzusehen wie etwa einen Vorarbeiter, der eine Kolonne in einem technisch hoch gerüsteten Kohle-Streb oder in einem Vortriebsbereich führt. Der Kläger könne zwar nicht mehr als Hauer arbeiten, sei jedoch im Anschluß an die eingeholten berufskundlichen und medizinischen Gutachten zumutbar auf die Tätigkeit eines Hauswarts in einer größeren Wohnanlage zu verweisen. Gleiches gelte innerhalb des Bergbaus für die Tätigkeiten des Verwiegers 1 sowie des Lampenwärters.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger, das LSG habe § 46 Abs. 2 Satz 1 RKG nicht richtig angewandt: Er sei als „Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion” nur auf Facharbeitertätigkeiten verweisbar. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in drei Entscheidungen (Hinweis auf das Urteil vom 29. Mai 1984 ≪5a RKn 7/83 ≫ und die Urteile vom 30. Oktober 1991 ≪8 RKn 4/90 und 8 RKn 7/90 ≫) dem Kolonnenführer (Bergtechnik) sowie dem Kolonnenführer (Maschinenbetrieb) den besonderen Berufsschutz eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion zugesprochen. Nach der Rechtsprechung des 5. Senats des BSG sei allein maßgeblich, ob der für den Versicherten geltende Tarifvertrag eine entsprechend hohe Eingruppierung vorgenommen habe. Die Bewertung der Qualität der verrichteten Tätigkeit durch die Tarifvertragsparteien sei zu übernehmen und könne von den Gerichten nicht durch eine eigene – abweichende – Bewertung ersetzt werden. Dies sei nur zulässig, wenn die Einstufung im wesentlichen auf den mit der Tätigkeit verbundenen Nachteilen und Erschwernissen oder auf sozialen Gründen beruhe. Er, der Kläger, habe Facharbeiter angewiesen und beaufsichtigt. Der Tarifvertrag differenziere nicht zwischen der Tätigkeit eines Kolonnenführers (Bergtechnik) beim Ausrauben von Strecken und der Aus- und Vorrichtung im hinteren Bereich. Beide Bereiche seien gleichwertig von der Lohngruppe 12, Schlüsselnummer 120, erfaßt. Auch könne bei den unterstellten Facharbeitern nicht noch zwischen solchen der unteren bzw der oberen Facharbeiterlohngruppen unterschieden werden.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 1993 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28. März 1990 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 1987 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 6. Oktober 1987 Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 1993 zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG im Ergebnis für zutreffend und verweist auf die Begründung des Urteils.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat rechtsfehlerfrei dem Kläger Knappschaftsrente wegen BU verweigert.
Der Anspruch des Klägers richtet sich noch nach § 46 RKG, denn er hatte den Rentenantrag vor dem 1. April 1992 gestellt und der Leistungsbeginn liegt vor dem 1. Januar 1992 (§ 300 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB VI ≫; vgl BSG vom 8. Oktober 1992, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 29).
Berufsunfähig ist nach § 46 Abs. 2 RKG ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen und geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Das LSG hat zutreffend angenommen, „bisheriger Beruf” des Klägers, der Ausgangspunkt für die Prüfung der BU ist und den Kreis der zumutbaren und ggf die BU ausschließenden Verweisungstätigkeiten bestimmt, sei der des Hauers, also des Facharbeiters im Bergbau. Rechtsfehlerfrei hat es die bisherige Tätigkeit des Klägers, auch wenn sie in die Lohngruppe 12 der ab 1. Mai 1980 gültigen Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau eingruppiert war, nicht der Spitzengruppe der Arbeiterberufe zugerechnet und den Kläger auf Tätigkeiten mit dem Leitberuf eines Angelernten, konkret die eines Hauswarts in einer größeren Wohnanlage, verwiesen.
Welche Verweisungstätigkeiten zumutbar sind, bestimmt sich nach dem qualitativen Wert der bisherigen Berufstätigkeit. Das BSG hat zur Erleichterung dieser Beurteilung ein Mehrstufenschema entwickelt, das, ausgehend von den unterschiedlichen Ausbildungserfordernissen, die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert, die durch die Leitberufe des Facharbeiters (Vorarbeiters) mit Vorgesetztenfunktion und den diesem gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiter, den Facharbeiter, den angelernten Arbeiter und den ungelernten Arbeiter charakterisiert sind (vgl zB BSG vom 12. Oktober 1993, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 38).
Zuordnungskriterium ist immer die Qualität der verrichteten Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl BSG vom 13. Dezember 1984, BSGE 57, 291 = SozR 2200 § 1246 Nr. 126; BSG vom 17. Dezember 1991, BSGE 70, 56 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 21). Erst durch eine Gesamtschau aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte (zB Ausbildung, tarifliche Einstufung und damit Höhe der Entlohnung, Anforderungen und Verantwortlichkeit und Bedeutung für den Betrieb der bisherigen Tätigkeit) ist eine abschließende Beurteilung möglich.
Die Rechtsprechung des BSG zählt zur Gruppe der „Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion” oder zur Gruppe der „besonders hoch qualifizierten Facharbeiter” diejenigen Versicherten, die wegen der geistigen und persönlichen Anforderungen ihrer Tätigkeit die Facharbeiter deutlich überragen und die deswegen in die Spitzengruppe der Lohnskala eines entsprechend differenzierten Tarifvertrags eingestuft sind. Für die Zuordnung zur Gruppe der „Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion” ist im einzelnen erforderlich, daß der Versicherte keinen Weisungen eines anderen im Arbeiterverhältnis stehenden Beschäftigten unterworfen war (differenzierend jedoch das Urteil vom heutigen Tage – 8 RKn 5/93) und nicht lediglich als „schlichter Vorarbeiter” die gleichen Arbeiten wie seine Facharbeiterkollegen verrichtete oder nur im engen Rahmen eine herausgehobene Stellung innerhalb einer Gruppe von Ungelernten und Angelernten innehatte (vgl mwN BSG vom 19. Januar 1978, BSGE 45, 276 = SozR 2200 § 1246 Nr. 27; BSG vom 28. Juni 1979, SozR 2200 § 1246 Nr. 44; BSG vom 12. November 1980, SozR 2200 § 1246 Nr. 70; BSG vom 31. März 1981, SozR 2200 § 1246 Nr. 79; BSG vom 3. November 1982, SozR 2200 § 1246 Nr. 102; BSG vom 28. Mai 1991, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 12; BSG vom 23. August 1993, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 34).
Für die knappschaftliche Rentenversicherung gelten insoweit keine Besonderheiten (vgl BSG vom 20. Februar 19980, SozR 2600 § 46 Nr. 4 ≪Aufsichtshauer≫; BSG vom 20. Februar 1980, SozR 2600 § 46 Nr. 5 ≪Sicherheitshauer≫; BSG vom 31. Januar 1984, SozR 2600 § 46 Nr. 9 ≪ Schießmeister ≫; BSG vom 24. November 1982, BSGE 54, 181 = SozR 2200 § 1246 Nr. 103 ≪Betriebsstudienhauer≫).
Nach den mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat der Kläger keine wesentlich anderen Arbeiten als seine der Gruppe der Facharbeiter (Hauer) angehörenden Arbeitskollegen verrichtet. Vor allem hat er Vorgesetzten- und Aufsichtsfunktionen bei der Abnahme und der Beurteilung von Arbeiten nur zu einem kaum ins Gewicht fallenden Zeit-Anteil wahrgenommen. Er war lediglich „Erster unter Gleichen”. Die vom LSG festgestellten, von der zeitlichen Dimension wesentlichen Arbeitsinhalte des Klägers sowie der Mitglieder seiner Kolonne (Arbeit mit dem maschinengeführten Nachreißhammer und der Senkmaschine sowie Streckenausbau im rückwärtigen Bereich mit den damit zusammenhängenden Transportarbeiten) sind vom LSG zutreffend nach dem Eingruppierungsschema der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau den Facharbeitertätigkeiten auf einer mittleren Qualifikationsstufe zugeordnet worden. Es handelt sich um Arbeiten, die unter die Lohngruppe 09 fallen. Entsprechend waren die Mitarbeiter in der Kolonne eingruppiert. Arbeiten, die eine höhere Eingruppierung aufgrund des dann geforderten zusätzlichen bergmännischen Könnens gerechtfertigt hätten (dh alle Tätigkeiten, die von Facharbeitern der Gruppen 10 und 11 verrichtet werden), wurden nach den Feststellungen des LSG vom Kläger und seiner Kolonne nicht geleistet. Gegen diese Feststellungen sind Revisionsrügen nicht erhoben worden; sie sind daher für den Senat bindend (§ 163 SGG). Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht zu beanstanden, wenn das LSG den Kläger, gestützt auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, lediglich als „schlichten Vorarbeiter” einstuft, auch wenn er mit der Funktion eines Kolonnenführers betraut war. Zu Recht differenziert das LSG danach, ob der Kolonnenführer (Vorarbeiter) eine Gruppe mit geringem oder hohem bergmännischen und technischen Anforderungsprofil geleitet hat und ob das Zuteilen der Arbeit und die Überwachung der Ausführung den Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers dargestellt haben. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt entgegen der Meinung der Revision von dem, der den beiden Urteilen des Senats vom 30. Oktober 1991 (8 RKn 4/90 und 8 RKn 7/90, Kompaß 1992, 201, 200) zugrunde gelegen hatte.
Etwas anderes ergibt sich weder aus der (abstrakten) tarifvertraglichen Einstufung der Tätigkeit des Klägers in die Lohngruppe 12 noch aus der (konkret) vom Arbeitgeber vorgenommenen tariflichen Zuordnung und Entlohnung (zur doppelten Bedeutung der tariflichen Einstufung vgl BSG vom 28. Mai 1991, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14). Im Gegensatz zur Lohngruppe 13, bei der wegen der besonderen Bedeutung für den Betriebsablauf und die Sicherheit der Mitarbeiter in der Regel angenommen werden kann, daß diese nur „Facharbeitern mit Vorgesetztenfunktion” bzw „besonders hoch qualifizierten Facharbeitern” vorbehalten ist (vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag, 8 RKn 5/93), kann bei einer 14 Lohngruppen umfassenden Lohnordnung für die Arbeiterberufe unter Tage nicht ohne weiteres gesagt werden, daß die Lohngruppe 12 der „Spitzengruppe der Lohnskala” zuzurechnen ist. Dies hat der Knappschaftssenat des BSG immer offengelassen (vgl BSG vom 31. Oktober 1984, SozR 2600 § 46 Nrn 9, 139; Urteil vom 30. Oktober 1991 ≪8 RKn 4/90 ≫) und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der übrigen Rentensenate des BSG lediglich festgestellt, daß nicht nur die oberste, sondern auch darunterliegende Lohngruppen uU zur „Spitzengruppe” zählen können. Die tarifvertragliche Einstufung wurde in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung aller für die Rentenversicherung zuständigen Senate des BSG als zuverlässiges Indiz für die Qualität einer Tätigkeit angesehen, wobei es sich aber nur um eines unter mehreren Hilfsmitteln handelt.
Zu der hier allein entscheidenden Frage, ob der qualitative Wert für den Betrieb der Tätigkeit eines Kolonnenführers (Bergtechnik), Lohngruppe 12, derjenigen eines „Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion” oder eines „besonders hoch qualifizierten Facharbeiters” entspricht, ist die Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau einschließlich der Tätigkeitsbezeichnungen in den Erläuterungen zur Lohnordnung
- (Zuteilen von Arbeiten an eine Arbeitsgruppe beim Ausrauben von Streben und mitarbeitend überwachen
- Zuteilen von Arbeiten an eine Vortriebsgruppe in der Aus- oder Vorrichtung oder im Ausbaustreckenvortrieb und mitarbeitend überwachen).
wenig aussagekräftig. Enthält aber der maßgebliche Tarifvertrag keine geeignete qualitative Wertung für die Zuordnung zur Spitzengruppe im Mehrstufenschema des BSG, kann er insoweit die Rentenversicherungsträger und Gerichte von vornherein nicht binden. Auf die unterschiedlichen Auffassungen zwischen den für die Arbeiterrentenversicherung zuständigen 5. und 13. Senaten und dem für die Angestelltenversicherung zuständigen 4. Senat zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine abweichende Bewertung (nach beiden Richtungen) durch Rentenversicherungsträger und Gerichte bei einem nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrag zulässig sei (vgl BSG vom 14. Mai 1991, BSGE 68, 277 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 13; BSG vom 28. Mai 1991, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14; BSG vom 16. Dezember 1993, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 40; BSG vom 25. Januar 1994, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41) kommt es deshalb nicht an. Wie bereits im Urteil des Senats vom 18. März 1993 (SozR 3-2600 § 43 Nr. 2) kann diese Frage für die Knappschaftsversicherung offenbleiben.
Als Facharbeiter ist der Kläger innerhalb des Mehrstufenschemas des BSG auf Tätigkeiten der nächstniederen Stufe, dh mit dem Leitbild des Angelernten, verweisbar. Dazu zählen nicht nur Berufe mit einer betrieblichen Ausbildung von mehr als drei Monaten, sondern auch solche Berufe, die wegen ihrer Qualität tarifvertraglich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf behandelt werden (vgl BSG vom 30. März 1977, SozR 2200 § 1246 Nr. 16 mwN). Die vom LSG konkret benannte Verweisungstätigkeit eines „Hauswarts in einer größeren Wohnanlage”, die der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen nach den Feststellungen des LSG verrichten kann und deren Vorhandensein auf dem Arbeitsmarkt vom LSG positiv festgestellt wurde (vgl BSG vom 28. August 1991, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), genügt diesen Anforderungen. Sie ist in die Lohngruppe IV des Vergütungstarifvertrags für Arbeitnehmer in der Wohnungswirtschaft eingestuft. Jene ist dadurch charakterisiert, daß sie Handwerker mit abgeschlossener Berufsausbildung erfaßt, wobei die abgeschlossene Berufsausbildung durch Berufspraxis ersetzt werden kann. Nach den Feststellungen des LSG sind im gesamten Bundesgebiet ca 1.500 Arbeitsplätze für vollberufliche Hauswarte vorhanden, so daß der Arbeitsmarkt nicht als verschlossen angesehen werden kann (vgl BSG vom 15. Oktober 1981, SozR 2200 § 1246 Nr. 82).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen