Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 30. Juni 1995 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Revision betrifft die Entziehung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 29. Mai bis 14. August 1993 und die Rückforderung der für diesen Zeitraum erbrachten Leistungen.
Der 1965 geborene Kläger ist Schauspieler und steht seit 1990 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug der beklagten Bundesanstalt für Arbeit (BA). Mit Bescheid vom 6. April 1993 bewilligte ihm die BA Alhi. Nachdem der Kläger der BA am 30. Juni 1993 eine Beschäftigung als Schauspieler vom 24. bis 28. Mai 1993 mit einem Arbeitsentgelt von brutto 5.000,– DM angezeigt hatte, hob diese die Alhi-Bewilligung mit Bescheid vom 28. September 1993 ab 24. Mai 1993 auf und forderte die bis zum 14. August 1993 erbrachten Leistungen in Höhe von 3.996,– DM zurück. Die Leistungsvoraussetzungen seien ab 24. Mai 1993 nicht mehr gegeben gewesen, denn der Kläger habe sich nach Beendigung der Beschäftigung nicht erneut arbeitslos gemeldet. Der Widerspruch, mit dem der Kläger geltend gemacht hatte, er sei weniger als 18 Stunden in der Woche beschäftigt gewesen, blieb erfolglos. Die BA sah das Vorbringen des Klägers aufgrund einer weiteren Arbeitgeberbescheinigung der „Aspekt-Telefilm” vom 7. Dezember 1993 als widerlegt an (Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 1994).
Seit dem 16. August 1993 war der Kläger beschäftigt. Auf seinen Wiederbewilligungsantrag vom 19. Oktober 1993 bewilligte ihm die BA von diesem Tage an erneut Alhi (Bescheid vom 23. Dezember 1993).
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid „hinsichtlich des Leistungszeitraumes vom 29. Mai bis 14. August 1993” aufgehoben und die Klage im übrigen abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der BA zurückgewiesen (Urteil vom 30. Juni 1995). Es hat die Rechtsansicht des SG bestätigt, wonach das Anspruchsmerkmal „Arbeitslosmeldung” ab 29. Mai 1993 erfüllt sei. Die Arbeitslosmeldung sei nicht nur eine Tatsachenerklärung, sondern enthalte auch eine „Willenskomponente”. Sie verliere ihre Wirkung deshalb nur, wenn der Arbeitslose ausdrücklich oder konkludent eine Gegenerklärung „negative Arbeitslosmeldung”), insbesondere durch die Anzeige einer Arbeitsaufnahme, abgebe. Eine solche Erklärung habe der Kläger erst am 16. August 1993 abgegeben. Die Arbeitslosmeldung sei auch nicht dadurch hinfällig geworden, daß die BA sie für den Kläger erkennbar als gegenstandslos angesehen habe. Die vorübergehende Arbeitsaufnahme habe die Arbeitslosmeldung nicht erledigt, denn die Wirksamkeit einer Arbeitslosmeldung setze nicht tatsächliche Arbeitslosigkeit voraus. Nach der Beschäftigung vom 24. bis 28. Mai 1993 sei eine erneute Arbeitslosmeldung nicht erforderlich gewesen, um die Leistungsvoraussetzungen zu erfüllen.
Die BA rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision die Verletzung der §§ 100, 105 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm § 48 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X). Für die Zeit vom 29. Mai bis 14. August 1993 fehle es nach der Arbeitsaufnahme am Anspruchsmerkmal „Arbeitslosmeldung”, weil diese durch die Zwischenbeschäftigung „verbraucht” sei. Nach der Beschäftigung sei erneut Arbeitslosigkeit eingetreten, die Leistungen nur auslöse, wenn sich der Arbeitslose erneut persönlich arbeitslos melde. Die Arbeitslosmeldung entfalte nur für den jeweiligen Leistungsfall bis zu dessen Beendigung durch Aufnahme einer Beschäftigung Wirksamkeit. Nach einer Beschäftigung lebe der Leistungsanspruch bei erneuter Arbeitslosigkeit nicht automatisch wieder auf. Die Rechtsansicht des LSG verkenne den Zweck der Arbeitslosmeldung als Anspruchsvoraussetzung für Leistungen. Sie diene nicht nur den Vermittlungsbemühungen, sondern solle dem zuständigen Arbeitsamt Kenntnis von dem Leistungsfall vermitteln. Wegen dieses Bezugs zum jeweiligen Eintritt von Arbeitslosigkeit seien die Rechtsfolgen hier anders als bei vorübergehendem Fehlen anderer Anspruchsvoraussetzungen (zB Verfügbarkeit). Schließlich sei zu bedenken, daß ein Arbeitsloser, der seine Meldepflicht verletze, gegenüber gesetzestreuen Leistungsempfängern nicht bevorzugt werden dürfe.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 30. Juni 1995 aufzuheben sowie das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 1994 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, nach der Beschäftigung vom 24. bis 28. Mai 1993 habe es für den weiteren Bezug von Alhi einer erneuten Arbeitslosmeldung nicht bedurft. Es dürfe sich für ihn auch nicht nachteilig auswirken, daß die BA erst sechs Wochen nach Kenntnis der vorübergehenden Beschäftigung die Leistungen eingestellt habe. Erst zu diesem Zeitpunkt habe er die Möglichkeit gehabt, sich auf die Rechtsansicht der BA einzustellen und sich erneut arbeitslos zu melden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der BA ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Entscheidung des LSG verletzt §§ 100, 105 AFG. Für eine abschließende Entscheidung des Senats reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
1. Gegenstand des Verfahrens ist nur noch die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung sowie die Rückforderung der für die Zeit vom 29. Mai bis 14. August 1993 erbrachten Leistungen. Für die Dauer der Beschäftigung vom 24. bis 28. Mai 1993 hat das SG die Klage abgewiesen, ohne allerdings den Rückforderungsbetrag zu beziffern. Diese Entscheidung hat der Kläger nicht angefochten, so daß sie insoweit nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist.
2. Begründet ist die Revision der BA, weil das LSG nach der Arbeitsaufnahme des Klägers am 24. Mai 1993 auch für den erneuten Fall der Arbeitslosigkeit die vor der Arbeitsaufnahme liegende Arbeitslosmeldung als fortwirkend angesehen hat. Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung von Alhi ab 29. Mai 1993 und die darauf beruhende Rückforderung von Alhi hat es mit nicht zutreffender Begründung verneint.
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 2 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Veränderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.
2.1 Die Weiterbewilligung von Alhi mit Bescheid vom 6. April 1993 enthält einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Bis zu einer abweichenden Verwaltungsentscheidung ist der Bewilligungsbescheid Grundlage für die in Zahlungszeiträumen von zwei Wochen zu zahlende (§§ 134 Abs 4 Satz 1, 122 AFG iVm § 4 Zahlungszeiträume-Anordnung vom 15. Dezember 1978 ≪ANBA 1979 S 409≫) Alhi (BSGE 47, 241, 246 = SozR 134 Nr 11; BSGE 61, 286, 287 = SozR 4100 § 134 Nr 31; Urteil des Senats vom 14. Dezember 1995 – 11 RAr 75/95 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 SGB X ist eine für die Anspruchsvoraussetzungen der bewilligten Leistung rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr 19). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung richtet sich damit nach dem für die Leistung von Alhi maßgebenden materiellen Recht.
2.2 Anspruch auf Alhi hat nach § 134 Abs 1 Satz 1 AFG wer (1.) arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt hat, (2.) keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, weil er die Anwartschaftszeit (§ 104 AFG) nicht erfüllt, (3.) bedürftig ist und (4.) innerhalb eines Jahres vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind (Vorfrist) Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs 3 AFG erloschen ist. Tatsächliche Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen sind dem Urteil des LSG nicht zu entnehmen. Insbesondere stellt es nicht klar, ob der Kläger während der Beschäftigung vom 24. bis 28. Mai 1993 kurzzeitig beschäftigt und deshalb weiterhin arbeitslos war. Allerdings könnten die rechtlichen Ausführungen des LSG zur Entbehrlichkeit einer Arbeitslosmeldung nach einer „Zwischenbeschäftigung” darauf hindeuten, daß es stillschweigend von einer Unterbrechung der Arbeitslosigkeit im genannten Zeitraum ausgegangen ist. Der Kläger hatte im Widerspruchsverfahren behauptet, er sei nur 17 Stunden in der Woche beschäftigt gewesen. Das SG hat gemeint, die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung sei nicht mehr aufklärbar und ist deshalb davon ausgegangen, durch die Beschäftigung vom 24. bis 28. Mai 1993 in Hamburg habe der Kläger die Residenzpflicht verletzt und sei deshalb nicht verfügbar gewesen. Die Frage, ob die Beschäftigung vom 24. bis 28. Mai 1993 kurzzeitig war oder aber die Arbeitslosigkeit des Klägers unterbrochen hat, kann für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht offenbleiben. War der Kläger nämlich nicht nur kurzzeitig beschäftigt, so war – entgegen der vom LSG vertretenen Rechtsansicht – der Leistungsfall der Arbeitslosigkeit, für den der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen – insbesondere Leistungsantrag und Arbeitslosmeldung – erfüllt hatte, erledigt. Der weitere Bezug von Alhi für die Folgezeit, setzt nach der Rechtsprechung des Senats erneut eine persönliche Arbeitslosmeldung (§§ 134 Abs 4, 105 Satz 1 AFG) und einen Leistungsantrag (vgl BSGE 44, 164, 173 = SozR 4100 § 134 Nr 3) voraus. Dazu hat der Senat in seinem Urteil vom 14. Dezember 1995 – 11 RAr 75/95 zur Veröffentlichung bestimmt – ausgeführt:
Die der Leistungsbewilligung zugrundeliegende Arbeitslosmeldung wirkt nicht über eine Unterbrechung der Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer mehr als kurzzeitigen Beschäftigung fort. Das LSG sieht die Arbeitslosmeldung nicht nur als „Tatsachenerklärung”, sondern auch als „empfangsbedürftige Erklärung mit Willenskomponente” an, so daß sie ihre Wirkung nur durch eine „Gegenerklärung (negative Arbeitslosmeldung)” oder aber durch eine für den Kläger erkennbare Äußerung der BA, daß sie diese Arbeitslosmeldung als erledigt ansähe, verlieren könne. Diese Ansicht wird der Funktion der nach § 105 Satz 1 AFG geforderten persönlichen Arbeitslosmeldung des Arbeitslosen beim zuständigen Arbeitsamt nicht gerecht.
Aus dem Zusammenhang der Regelungen §§ 100 Abs 1, 105 Satz 1 AFG ergibt sich, daß die persönliche Arbeitslosmeldung des Versicherten materielle Anspruchsvoraussetzung ist. Die Arbeitslosmeldung ist nicht auf die Vermittlungstätigkeit der BA allein bezogen, sondern dient auch der Anzeige des Eintritts der Arbeitslosigkeit. Da die BA bei der Feststellung des Leistungsfalls weitgehend auf Angaben des Versicherten angewiesen ist, dient gerade die persönliche Meldung dazu, nicht nur Informationen über die Verwendbarkeit des Arbeitslosen sowie seine objektive und subjektive Verfügbarkeit zu vermitteln, sondern durch die persönliche Meldung tunlichst wahrheitsgemäße Angaben zum Eintritt der Arbeitslosigkeit herbeizuführen. Die Arbeitslosmeldung ist gerade als konstitutive Voraussetzung des Leistungsanspruchs Tatsachenerklärung über den Eintritt der Arbeitslosigkeit (BSGE 44, 164, 173 = SozR 4100 § 134 Nr 3; BSGE 60, 43, 45 = SozR 4100 § 105 Nr 2; LSG Baden-Württemberg Breithaupt 1995, 884, 887; Gagel/Steinmeyer, AFG, § 105 RdNr 2 – Stand: August 1992 –; Niesel/Brand, AFG, 1995, § 105 RdNr 2; für das frühere Recht: Draeger/Buchwitz/Schönefelder, AVAVG, 1961, § 172 RdNr 2 mit Hinweis auf die frühere Rechtsprechung). Hat aber die Arbeitslosmeldung Bezug zum Eintritt des Leistungsfalls und nicht nur zur Verfügbarkeit des Arbeitslosen und zur Vermittlungstätigkeit der BA, so ist die Arbeitslosmeldung nach §§ 100 Abs 1, 105 Satz 1 AFG – möglicherweise abweichend von einer Arbeitslosmeldung nach § 132 AFG (dazu: Draeger/Buchwitz/Schönefelder aaO) – auf den jeweils eingetretenen Fall der Arbeitslosigkeit zu beziehen und ihre Wirkung auf die Dauer der gemeldeten Arbeitslosigkeit zu beschränken. Aus diesem Grunde wird auch eine nicht der Wahrheit entsprechende Arbeitslosmeldung als unwirksam angesehen (Draeger/Buchwitz/Schönefelder aaO). Als Erklärung über die Tatsache des Eintritts der Arbeitslosigkeit bedarf es deshalb zur Begrenzung ihrer Wirksamkeit nicht der „Gegenerklärung (negativen Arbeitslosmeldung)”, die das LSG fordert. Mag der Arbeitslosmeldung zur Klarstellung der subjektiven Verfügbarkeit (Arbeitsbereitschaft) auch eine Willenskomponente eigen sein, so handelt es sich gleichwohl nicht um eine Willenserklärung (BSGE 60, 43, 45 = SozR 4100 § 105 Nr 2; BSG SozR 1300 § 28 Nr 1). Die dahingehenden Erwägungen des LSG werden der Bedeutung der Arbeitslosmeldung als Anzeige der Arbeitslosigkeit nicht gerecht.
Ist aber die Wirksamkeit der Arbeitslosmeldung auf den jeweils angezeigten Eintritt der Arbeitslosigkeit beschränkt, so bedarf es für den erneuten Bezug von Alhi nach einer die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung erneuter Arbeitslosmeldung, um die materielle Anspruchsvoraussetzung „arbeitslos gemeldet” nach § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG zu begründen (ebenso: BSGE 44, 164, 173 = SozR 4100 § 134 Nr 3; LSG Baden-Württemberg Breithaupt 1995, 884, 887). Dieses Erfordernis ist gerade beim Bezug von Alhi sinnvoll. Die erneute Arbeitslosmeldung ermöglicht nämlich die Prüfung, ob durch die zwischenzeitliche Beschäftigung etwa die Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist erfüllt (§§ 104, 107 AFG), ein Anspruch auf Alg entstanden und damit der Anspruch auf Alhi ausgeschlossen ist (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG).
Etwas anderes läßt sich auch aus § 151 Abs 2 AFG und dem Urteil des BSG vom 17. März 1981 – 7 RAr 20/80 – nicht herleiten. Die genannte Vorschrift betrifft den von der Arbeitslosmeldung zu unterscheidenden Antrag auf Bewilligung von Leistungen. Sie besagt nur, daß nach einer Aufhebung der Bewilligung von laufenden Leistungen die erneute Bewilligung dieser Leistung eines neuen Antrags bedarf. Damit sagt sie nichts darüber aus, ob nach einer Beschäftigung bei laufendem Leistungsbezug und erneutem Eintritt von Arbeitslosigkeit für die Beurteilung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich ist.
Eine abweichende Beurteilung der Rechtslage ist auch nicht wegen der Gefahr einer verzögerlichen Reaktion der BA auf die Kenntnis von einer Arbeitsaufnahme des Leistungsbeziehers geboten. Die nach §§ 15 Abs 3, 132 Abs 1 Satz 3 AFG geforderte Meldung des Arbeitslosen in Abständen, die drei Monate nicht überschreiten sollen, kann diese Gefahr von Nachteilen für den Arbeitslosen weitgehend mildern. Nach der Praxis der BA sollen solche Meldungen die Wirkungen einer Meldung nach § 105 AFG auslösen (Erlaß des Präsidenten der BA vom 13. Februar 1995 – IIIa4 – 7105A/7945/7948/9040/5014.4). Das ist nicht zu beanstanden, soweit es sich um eine persönliche Meldung handelt und diese wahrheitsgemäße Angaben zur Arbeitslosigkeit umfaßt. Über die Rechtsfolgen, die eintreten, wenn der Drei-Monats-Rhythmus aus vom Arbeitslosen nicht zu vertretenden Gründen nicht eingehalten wird, ist hier nicht zu entscheiden. In anderem Zusammenhang hat das BSG allerdings aus dem Sozialrechtsverhältnis die Pflicht der Beteiligten hergeleitet, „sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren” (BSGE 34, 124, 127 = SozR Nr 25 zu § 29 RVO; vgl auch: Krause, Das Sozialrechtsverhältnis, Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes Bd XVIII ≪1980≫, 12, 25). Die Schadensminderungspflicht der BA entfällt nicht dadurch, daß die schadensgeneigte Lage durch eigenes Fehlverhalten des Klägers entstanden ist.
2.3 Das die Entziehung der Alhi nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X auslösende Fehlverhalten des Klägers besteht in einem Verstoß gegen seine gesetzliche Mitteilungspflicht nach § 60 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I). Danach haben Bezieher von Sozialleistungen, zu denen auch die Alhi gehört, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Diese Pflicht hat der Kläger verletzt, indem er seine Arbeitsaufnahme und Ortsabwesenheit ab 24. Mai 1993 der BA nicht mitgeteilt hat. Die Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob er der „Nebenbeschäftigung” für den Status der Arbeitslosigkeit Bedeutung beimaß. Für die Leistung erheblich war sie schon deshalb, weil während einer Arbeitslosigkeit erzieltes Arbeitsentgelt sich auf den Leistungsanspruch auswirkt (§ 137 Abs 1, 138 AFG). Die Frage, ob er seine Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, ist vom BSG mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend zu entscheiden. Bei grobem Verschulden des Klägers soll die BA nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X die Bewilligung von Alhi vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufheben. Die Ermächtigung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X rechtfertigt damit die Aufhebung der Alhi-Bewilligung nicht nur für die Dauer der Beschäftigung, sondern auch für den nachfolgenden, hier allein streitigen Zeitraum ab 29. Mai 1993. Eine mehr als kurzzeitige Arbeitsaufnahme hätte eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen auch für diesen Zeitraum bewirkt, weil sie einer voraufgehenden Arbeitslosmeldung die Grundlage entzogen hätte. Jene Arbeitslosmeldung war – wie ausgeführt – mit dem durch Arbeitsaufnahme beendeten Leistungsfall der Arbeitslosigkeit erledigt.
3. An einer abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 29. Mai bis 14. August 1993 ist der Senat gehindert, weil das LSG – nach der von ihm vertretenen Rechtsansicht folgerichtig – die tatsächlichen Voraussetzungen einer Arbeitslosigkeit vom 24. bis 28. Mai 1993 und die weiteren Voraussetzungen für die Aufhebung des Bewilligungsbescheids (Anhörung, vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflicht) sowie der Wahrung der Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere Leistungsantrag und Arbeitslosmeldung vor dem 14. August 1993 nicht festgestellt bzw ausgeschlossen hat. Zur Frage der Kurzzeitigkeit ist darauf hinzuweisen, daß für dieses Merkmal nicht die tatsächliche Inanspruchnahme des Klägers, sondern die vertraglichen Vereinbarungen und die bei vorausschauender Betrachtung zu erwartende Inanspruchnahme maßgebend sind (vgl BSG SozR 3-4100 § 102 Nr 1). Im übrigen können auch die Aufhebungstatbestände des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 oder 4 AFG eingreifen. So kann zu prüfen sein, ob der Kläger anzurechnendes Vermögen erlangt hat bzw wußte oder grob fahrlässig nicht wußte, daß ihm ab 29. Mai 1993 Alhi nicht zustand.
Sollte der Kläger durch eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung vom 24. bis 28. Mai 1993 die Arbeitslosigkeit unterbrochen haben, wird zu ermitteln sein, wann der Kläger nach dem 29. Mai 1993 in einer den Anforderungen an eine persönliche Arbeitslosmeldung iS des § 105 Satz 1 AFG entsprechenden Weise beim Arbeitsamt vorgesprochen hat. Zu seiner solchen Prüfung besteht Anlaß, weil der Vordruck über die Bescheinigung von Nebeneinkommen, den der Arbeitgeber „Aspekt-Film” am 15. Juni 1993 ausgestellt hat, einen Eingangsstempel des Arbeitsamts IV Berlin vom 30. Juni 1993 trägt, der Kläger diesen aber anscheinend mit einem Anschreiben vom 1. Juli 1993 übersandt hat. Möglicherweise ist der Eingangsstempel bei einer Vorsprache des Klägers am 30. Juni 1993 auf den Vordruck gesetzt und der Kläger bei dieser Gelegenheit aufgefordert worden, die Bescheinigung mit persönlichen Daten zu vervollständigen. Ob er am 30. Juni 1993 beim Arbeitsamt vorgesprochen hat und dieser Vorgang Merkmale von Arbeitslosmeldung und Leistungsantrag enthält, ist eine dem LSG vorbehaltene Frage tatsächlicher Würdigung (dazu: BSGE 49, 114, 116 = SozR 4100 § 100 Nr 5; BSGE 60, 43, 47 = SozR 4100 § 105 Nr 2).
Das Urteil des LSG ist danach mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Fundstellen