Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvermittlung. Ausbildungsgang. Beitragsfreiheit. Beitragspflicht. Belastungsobergrenze. Beschäftigung. Besitzstandswahrung. Beweisschwierigkeit. Bindungswirkung. Ergänzungsstudium. Exmatrikulation. ordentlicher Studierender. Prüfungsbestimmung. Student. Studiengang. Studienbestimmung. Verfügbarkeit. Verfügungssatz. Vermutung. Vertiefungsstudium. Werkstudent. Widerlegung
Leitsatz (amtlich)
Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Beitragsfreiheit von Studenten (§ 103a Abs 1 AFG), die geltend machen, nach Erreichen eines berufsqualifizierenden Studienabschlusses nur ein begrenztes, nicht auf einen Studienabschluß gerichtetes Ergänzungs- oder Vertiefungsstudium zu betreiben oder dieses ohne Exmatrikulation abgebrochen zu haben.
Normenkette
AFG § 103 Abs. 1 S. 1 Fassung: 14.12.1987, § 103a Abs. 1 Fassung: 1988-12-20, Abs. 2 Fassung: 1988-12-20, § 134 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1988-12-20, Abs. 4 S. 1 Fassung: 1988-12-20, S. 2 Fassung: 1988-12-20, § 168 Abs. 1 Fassung: 20.12.1988, § 169b S. 1 Fassung: 20.12.1988, § 242h Abs. 6; RVO § 172 Abs. 1 Nr. 5; SGG § 77
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 1991 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 30. Januar 1988 bis 22. Januar 1989.
Der 1958 geborene Kläger schloß im Mai 1985 das Studium der Betriebswirtschaftslehre (BWL) an der Universität Regensburg erfolgreich ab. Er war vom 1. August 1985 bis 30. September 1986 beitragspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung des Klägers. Ab Wintersemester 1986/1987 immatrikulierte er sich erneut an der Universität Regensburg in dem Fach Volkswirtschaftslehre (VWL).
Der Kläger meldete sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Dabei gab er an, er werde das Studium voraussichtlich im Herbst 1988 mit der Diplomprüfung abschließen. Nach eigenen Angaben war er zunächst in der Vorlesungszeit von Mai bis Juli jeweils am Dienstag, Donnerstag und Freitag sowie von November bis Februar am Mittwoch und Donnerstag durch Lehrveranstaltungen beansprucht. Daraufhin bewilligte die Bundesanstalt (BA) dem Kläger für die vorlesungsfreie Zeit vom 1. August bis 31. Oktober 1987 Alg und lehnte den Antrag im übrigen ab, weil der Anspruch während der Zeit des Hochschulbesuches ruhe. Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, ab 2. November 1987 nur noch am Donnerstag Lehrveranstaltungen zu besuchen, bewilligte die BA von diesem Zeitpunkt an Alg und ging davon aus, der Kläger stehe der Arbeitsvermittlung für 32 Wochenstunden zur Verfügung. Der Anspruch auf Alg war am 29. Januar 1988 erschöpft. Am 4. Januar 1988 beantragte der Kläger Arbeitslosenhilfe (Alhi) und gab wiederum an, in der Vorlesungszeit (Mai bis Juli und November bis Februar) jeden Donnerstag ganztags durch Lehrveranstaltungen gebunden zu sein. Die BA holte eine Auskunft des wirtschaftswissenschaftlichen Prüfungsamtes der Universität Regensburg vom 25. Februar 1988 ein. Darin heißt es, die Regelstudienzeit für VWL betrage 8 Semester. Der Studienplan sehe mindestens 20 Semester-Wochenstunden vor, die montags bis freitags stattfänden. Da ein Selbststudium möglich sei, könne vom Umfang der belegten Vorlesungen nicht auf die Ernsthaftigkeit des Studiums geschlossen werden. Die BA lehnte den Antrag auf Alhi ab, weil der Kläger wegen seines Studiums nur noch Beschäftigungen ausüben könne, die beitragsfrei seien (Bescheid vom 22. März 1988). Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, er könne eine “Ganztags-Dauerbeschäftigung” annehmen, um sein “Ziel der Steuerberaterprüfung verwirklichen zu können”. Im Widerspruchsbescheid vom 21. April 1988 führte die BA aus, der “objektiv erforderliche Arbeitsaufwand” nach der Studienordnung begründe die Vermutung, daß der Kläger einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung nicht nachgehen könne. Neben den vorgeschriebenen 20 Semester-Wochenstunden sei aufgrund eines allgemeinen Erfahrungssatzes eine gleich lange Vor- und Nachbereitungszeit erforderlich. Danach überwiege – nach der allgemein üblichen tariflichen Arbeitszeit – die zeitliche Belastung durch das Studium. Eine möglicherweise geringere Belastung durch besondere Vorkenntnisse (verwandtes Erststudium) sei unbeachtlich. Eine andere rechtliche Würdigung eröffne auch nicht das Vorbringen des Klägers, er versuche mit dem Studium die Zeit bis zu einer Arbeitsaufnahme sinnvoll zu nutzen.
Das Sozialgericht (SG) hat die BA verurteilt, dem Kläger Alhi während der Vorlesungszeit nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 470 DM und in der vorlesungsfreien Zeit nach einem solchen von 935 DM zu zahlen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, die BA könne sich auf die gesetzliche Vermutung des § 103a Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht berufen, wonach ein Student nur in der Lage sei, beitragsfreier Beschäftigung nachzugehen, solange sie ihre Entscheidung über die Verfügbarkeit in den Bewilligungsbescheiden für Alg nicht aufgehoben habe. Das SG ist von einer Belastbarkeit mit 20 Wochenstunden während der Vorlesungszeit, im übrigen mit einer vollzeitigen Beschäftigung ausgegangen (Urteil vom 14. Dezember 1989).
Auf die Berufung der BA hat das Landessozialgericht (LSG) die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt. Dazu reiche sein Vorbringen, er betreibe lediglich ein Teilstudium, nämlich betriebswirtschaftliche Steuerlehre, ergänzt durch (Bücher-) Revision und Privatrecht, nicht aus. Die gesetzliche Vermutung stelle ausdrücklich auf den Ausbildungsgang nach Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen ab, so daß es auf die Verhältnisse eines individuell gestalteten und auf persönliche Bedürfnisse zugeschnittenen Teilstudiums nicht ankomme. Maßgebend sei die Studienbelastung, die sich aus der Auskunft des wirtschaftswissenschaftlichen Prüfungsamtes der Universität Regensburg vom 25. Februar 1988 ergäbe. Die Behauptung des Klägers, er habe ab Wintersemester 1988/89 Lehrveranstaltungen nicht mehr besucht, sei im Hinblick auf seine abweichenden früheren Angaben unglaubwürdig. Bei der nach den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Belastung mit 20 Semester-Wochenstunden und der erfahrungsgemäß erforderlichen gleichen Dauer für Vor- und Nacharbeiten komme der Kläger nicht mehr für eine mehr als kurzzeitige und damit beitragspflichtige Beschäftigung in Betracht. Soweit diese den Erfordernissen des Studiums angepaßt und deshalb nur an Wochenenden oder in den Abend- und Nachtstunden ausgeübt werde, sei sie dem Studium untergeordnet und damit beitragsfrei. Das gleiche gelte für eine in den Semesterferien ausgeübte Erwerbstätigkeit.
Die vom LSG zugelassene Revision hat der Kläger eingelegt und gerügt, das LSG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt.
In sachlicher Hinsicht habe das LSG verkannt, daß die Beurteilung der Verfügbarkeit in den Bewilligungsbescheiden über Alg auch für die Entscheidung über den Alhi-Anspruch bindend sei. Schließlich handele es sich bei dem Anspruch auf Alg und Alhi nach § 134 Abs 4 Satz 1 AFG um einen einheitlichen Anspruch. Die gesetzliche Vermutung des § 103a AFG ändere daran nichts. Diese Vorschrift sei in seinem Falle nicht anzuwenden. Die Vermutung knüpfe an den Status des Studenten an. Die Beklagte hätte darlegen und beweisen müssen, daß er Student sei. Aus der Immatrikulation allein ergebe sich dies nicht. Die Exmatrikulation sei ein rein formeller Akt, den er zu einem früheren Zeitpunkt vorgenommen hätte, falls er Arbeit gefunden hätte. Das LSG habe auch zur Belastungsgrenze von Studierenden nicht Stellung genommen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme eine Belastung bis zu 60 Stunden in der Woche in Betracht. Demzufolge hätte er jedenfalls für 20 Stunden in der Woche der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Nach Äußerungen im Schrifttum seien auch individuelle Verhältnisse für die ordnungsgemäße Erfüllung von Studienpflichten zu berücksichtigen. Dies treffe insbesondere für seine Lage zu, weil er bereits ein Studium abgeschlossen habe. Die gegenteilige Auffassung des LSG führe zu einer verfassungswidrigen Anwendung des § 103a AFG.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 1991 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 14. Dezember 1989 zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG im Ergebnis und überwiegend auch in der Begründung für zutreffend. Entscheidend sei, ob der Kläger seinem Erscheinungsbild nach dem Kreis der Arbeitnehmer oder der Studenten zuzuordnen sei. Durch die zeitliche Studienbelastung, der noch Wegezeiten hinzuzufügen seien, sei er derart in Anspruch genommen, daß das Studium das Erscheinungsbild des Klägers als Studenten bestimme. Die Ansicht des Klägers, lediglich die von ihm belegten Lehrveranstaltungen seien zur Feststellung des erforderlichen Zeitaufwandes zu berücksichtigen, lasse sich mit § 103a Abs 2 AFG nicht vereinbaren. Seine Vorbildung durch ein Vorstudium sei insoweit unerheblich, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergebe. Auch Beschäftigungen während der vorlesungsfreien Zeit seien danach beitragsfrei.
Entscheidungsgründe
II
Die vom LSG zugelassene Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Rechtsansicht des LSG hält hinsichtlich der Verfügbarkeit des Klägers für die Arbeitsvermittlung ab 30. Januar 1988 revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Ansicht des LSG, die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 103a Abs 1 AFG sei ausschließlich im Rahmen des geregelten Ausbildungsgangs der VWL möglich, verletzt §§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 103a Abs 2 AFG. Der vom LSG festgestellte Sachverhalt läßt eine abschließende Entscheidung des Senats nicht zu.
1. Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
1.1 Die Grenzen der Freiheit tatrichterlicher Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) sind nicht verletzt. Einen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze (BSG SozR 1500 § 103 Nr 25) macht der Kläger nicht geltend. Er rügt vielmehr, das LSG habe das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend gewürdigt, weil es seinen Schriftsatz vom 16. Mai 1990 nicht berücksichtigt habe. Auch darin kann eine revisionsrechtlich erhebliche Verletzung der Grenzen tatrichterlichen Ermessens liegen (BSG SozR Nrn 40 und 56 zu § 128 SGG). Diese Rüge greift jedoch nicht durch, denn das LSG hat die Behauptung des Klägers, ab Wintersemester 1988/89 nicht mehr an Lehrveranstaltungen teilgenommen zu haben, zur Kenntnis genommen, sie jedoch wegen seiner früheren Angaben nicht als glaubhaft erachtet. Damit hält sich das LSG im Rahmen möglicher Würdigung des Prozeßstoffs. Ob eine andere tatsächliche Würdigung entsprechend dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 16. Mai 1990 möglicherweise überzeugender sein könnte, steht im Hinblick auf die Freiheit tatrichterlicher Beweiswürdigung nicht zur Nachprüfung durch das BSG.
1.2 Entgegen der Rüge des Klägers hat das LSG das Recht auf rechtliches Gehör nicht dadurch verletzt, daß es ihn nicht darauf hingewiesen hat, es halte zur Widerlegung der Vermutung nicht die Belegung, sondern die in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgesehenen Belegstunden für wesentlich. Zwar kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs auch darin bestehen, daß das Gericht einen Beteiligten mit einer Beweiswürdigung oder einer Rechtsansicht überrascht, mit der dieser nach dem bisherigen Verfahrensablauf nicht zu rechnen braucht (BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 4). Diese Voraussetzung ist hier jedoch nicht gegeben, denn der Kläger mußte aufgrund der Fassung des § 103a Abs 2 AFG und der Berufungsbegründung der BA mit der Möglichkeit der vom LSG vertretenen Rechtsansicht rechnen. Der Kläger hatte damit Gelegenheit, sein Vorbringen im Berufungsrechtszug entsprechend einzurichten (vgl auch: BSG SozR 3-4100 § 141b Nr 1). Im übrigen folgt aus dem Prozeßgrundrecht des Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) nicht eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht entsprechend der Rechtsansicht des Gerichts (BVerfGE 74, 1, 5; BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 19; BSG Urteil vom 23. Juli 1992 – 7 RAr 38/91 – jeweils mwN).
2. Anspruch auf Anschluß-Alhi hat nach § 134 Abs 1 Satz 1 AFG, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt hat (Nr 1), keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, weil er die Anwartschaftszeit (§ 104) nicht erfüllt (Nr 2), bedürftig ist (Nr 3) und innerhalb eines Jahres vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind (Vorfrist), Alg bezogen hat, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs 3 AFG erloschen ist (Nr 4a).
2.1 Die Anspruchsvoraussetzungen der Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, des Antrags auf Alhi, des Fehlens eines den Anspruch auf Alhi ausschließenden Anspruchs auf Alg und des Vorbezugs von Alg ergeben sich aus dem angefochtenen Urteil. Darauf wird Bezug genommen. Die Frage, ob der Kläger in objektiver wie subjektiver Hinsicht der Arbeitsvermittlung während der Zeit ab 30. Januar 1988 zur Verfügung gestanden hat, hat das LSG nicht frei von Rechtsirrtum beantwortet.
2.2 Maßgebend für die Beurteilung der Rechtslage ist § 103 Abs 1 Satz 1 AFG in der Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des AFG (8. AFG-ÄndG) vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602). Dieses Gesetz ist in dem hier einschlägigen Teil am 1. Januar 1988 in Kraft getreten (Art 13 Abs 1 8. AFG-ÄndG). Der Kläger macht seinen Anspruch auf Anschluß-Alhi ab 30. Januar 1988 geltend. Die Übergangsvorschrift des § 242h Abs 6 AFG idF des Art 1 Nr 45 8. AFG-ÄndG ordnet im Sinne einer – bis zum 31. März 1988 begrenzten – Besitzstandswahrung die Anwendung des bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Rechts nur an, wenn die Anspruchsvoraussetzungen schon im Dezember 1987 erfüllt waren. Der Kläger hat aber bis zum 29. Januar 1988 das den Anspruch auf Alhi für den gleichen Zeitraum ausschließende Alg bezogen (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG).
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, die Verfügbarkeit des Klägers sei unabhängig von der Beurteilung der Rechtslage durch die BA bei der Bewilligung von Alg zu beurteilen. Schon die Rechtsänderung erfordert – entgegen der Ansicht des Klägers – eine eigenständige Beurteilung der objektiven Verfügbarkeit bei der Bescheidung des Alhi-Antrags. Die Bindungswirkung von Bescheiden (§ 77 SGG) ist im übrigen auf den Verfügungssatz – dh die Entscheidung über Art, Dauer (Beginn und Ende) und Höhe einer Leistung – beschränkt. Sie erstreckt sich nicht auf die Begründung, auch nicht – entgegen der Ansicht der Revision – auf deren tragende Elemente (BSGE 66, 168, 175 = BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 1 mwN). Etwas anderes läßt sich auch nicht § 134 Abs 4 Satz 1 AFG entnehmen, wonach der Anspruch auf Alg und der Anspruch auf Alhi als einheitlicher Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist. Auch für einen Anspruch auf Alg wäre die BA bei der Beurteilung der Verfügbarkeit in einem erneuten Leistungsfall nicht an ihre Beurteilung bei einem früheren Leistungsfall gebunden. Das gilt erst recht für die Anschluß-Alhi. Für die Weiterbewilligung dieser Leistung nach Ablauf des Bewilligungszeitraums schreibt § 139a Abs 2 AFG ausdrücklich die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen – ua also den Fortbestand der Verfügbarkeit – vor.
2.3 Der Arbeitsvermittlung steht nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG in der hier geltenden Fassung des 8. AFG-ÄndG zur Verfügung, wer eine zumutbare nach § 168 AFG die Beitragspflicht begründende oder allein nach § 169 Nr 2 AFG beitragsfreie Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausüben kann und darf. Mit der Bezugnahme auf die Beitragspflicht und Beitragsfreiheit hat der Gesetzgeber die einschlägigen gesetzlichen Regelungen und die dazu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Beitragspflicht und Beitragsfreiheit in den Begriff der objektiven Verfügbarkeit Arbeitsloser für die Arbeitsvermittlung einbezogen. Der Zugang arbeitsloser Studenten zu Leistungen wegen Arbeitslosigkeit wurde damit ab 1. Januar 1988 erschwert.
Beitragspflichtig waren nach § 168 Abs 1 Satz 1 AFG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) am 1. Januar 1989 (Art 10 des Gesetzes) gültigen Fassung Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren. Die weiteren Tatbestände des § 168 AFG betreffen hier nicht einschlägige Sonderfälle. Beitragsfreiheit nach § 169 Nr 2 AFG bezog sich nur auf Arbeitnehmer, die das 63. Lebensjahr vollendet hatten. Entscheidend ist hier, ob der Kläger nach § 169 Nr 1 AFG in einer für ihn während des Studiums in Betracht kommenden Beschäftigung nach §§ 168, 169 oder 172 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei gewesen wäre. In Betracht zu ziehen ist danach Versicherungsfreiheit nach § 172 Abs 1 Nr 5 RVO (jetzt: § 6 Abs 1 Nr 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs) für Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer sonstigen der wissenschaftlichen oder fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Entgelt beschäftigt waren. Die am 1. Januar 1989 in Kraft getretene Fassung des § 168 Abs 1 AFG mit der Verweisung auf § 169b AFG idF des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) hat lediglich eine äußerliche Lösung der Regelung der Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung von den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung, inhaltlich aber keine Rechtsänderung gebracht. Es ist deshalb der gesamte in Betracht kommende Leistungszeitraum vom 30. Januar 1988 bis zur Aufnahme einer Beschäftigung als Assistent in einem Steuerberatungsbüro am 23. Januar 1989 rechtlich gleich zu beurteilen.
Die Voraussetzungen der Beitragsfreiheit von Studenten, die während des Studiums einer entgeltlichen Beschäftigung nachgehen (§ 172 Abs 1 Nr 5 RVO – sog Werkstudenten-Privileg), hat der für Beitragssachen zuständige 12. Senat des BSG nur angenommen, wenn das Studium Zeit und Arbeitskraft – bei einem Erweiterungsstudium nach “dessen konkreten Ablauf bei dem betreffenden Studenten” – überwiegend in Anspruch nimmt und nach den gesamten tatsächlichen Verhältnissen sich das Erscheinungsbild eines Studenten, nicht aber eines abhängig Beschäftigten ergibt (BSGE 50, 25, 28 = SozR 2200 § 172 Nr 14; BSG SozR 3-2200 § 172 Nr 2 mwN). Gerade für den Fall des Ergänzungsstudiums, wie es der Kläger betrieben haben will, hat der 12. Senat – übereinstimmend mit der Rechtsprechung des 7. Senats zu § 118 Abs 2 AFG aF (BSGE 46, 89, 90 f = SozR 4100 § 118 Nr 5) – hervorgehoben, “allein das Aufrechterhalten einer Einschreibung nach Abschluß des Studiums” führe “nicht zu einer längeren Inanspruchnahme des Werkstudenten-Privilegs”. Gefordert sei ein Studium, “das in einem geregelten Studiengang auf einen weiteren Abschluß gerichtet” sei (BSG SozR 3-2200 § 172 Nr 2). Danach sind Ansprüche auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit von Studenten (und Schülern) grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die nach der erörterten Rechtsprechung zum Beitragsrecht erforderliche Gesamtwürdigung ergibt, daß sie nach Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit nur an Ausbildungserfordernissen angepaßten Beschäftigungen nachgehen können (so die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 11/800, S 20 mit Hinweis auf BSGE 50, 25 sowie die Beispiele: “Beschäftigung während der vorlesungsfreien Zeit” und “typische Studentenbeschäftigungen”).
2.4 Eine weitere Verschlechterung der Rechtsposition begründet das 8. AFG-ÄndG für Studenten und Schüler, indem es in § 103a Abs 1 AFG eine Vermutung für die tatsächlichen Voraussetzungen der Beitragsfreiheit nach den erörterten Vorschriften und Grundsätzen aufstellt. Für die in § 103a Abs 2 AFG eröffnete Widerlegung der gesetzlichen Vermutung wird der Grundsatz der amtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 20 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren ≪SGB X≫; § 103 SGG) durchbrochen und dem Arbeitslosen eine Darlegungs- und Beweisführungslast auferlegt. Dabei soll sich die Widerlegung nur darauf erstrecken können, daß der Ausbildungsgang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zuläßt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll diese Regelung den Besonderheiten arbeitsloser Studenten – wie die Ruhensbestimmung des § 118 Abs 2 AFG aF – und den von der Rechtsprechung aufgezeigten verfassungsrechtlichen Anforderungen der Gleichheit vor dem Gesetz Rechnung tragen (BT-Drucks 11/800, S 20 mit Hinweis auf BVerfGE 9, 24 ff; BSGE 46, 89 ff). Student iS des § 103a Abs 1 AFG ist jeder ordentliche Studierende (§ 169 Nr 1 AFG aF; § 172 Abs 1 Nr 5 RVO; § 169b Satz 1 Nr 2 AFG) iS des Hochschulrechts. Nur ein solches Verständnis wird dem auf Beweiserleichterung gerichteten Zweck der gesetzlichen Vermutung gerecht. Auf die tatsächliche Durchführung des Studiums kommt es nicht an (aM Gagel/Steinmeyer, AFG, § 103a RdNr 50 – Stand: Mai 1991 –). Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Vermutung des § 103a Abs 1 AFG zunächst gegen den Kläger spricht. Aus diesem Grunde kann der Vortrag des Klägers, er habe sein Studium Ende 1988 abgebrochen, die Exmatrikulation aber zur Wahrung seiner Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt zunächst unterlassen, nur im Rahmen einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erheblich sein.
Das LSG hat den Kläger nicht als verfügbar angesehen, weil er die gesetzliche Vermutung der Beitragsfreiheit nicht widerlegt habe. Dabei hat es abstrakt auf die im “Ausbildungsgang” VWL nach dem Studienplan anfallende Belastung abgestellt. Folgerichtig ist das LSG dem Vorbringen des Klägers über Dauer und individuelle Gestaltung seines Studiums nicht nachgegangen. Darin liegt eine Verletzung des § 103a Abs 2 AFG. Das allein am Wortlaut ausgerichtete Verständnis wird dem Regelungsgehalt der Vorschrift nicht gerecht. Dieser steht in sachlichem Zusammenhang mit dem erörterten Werkstudenten-Privileg und soll nicht nur der Beweiserleichterung dienen, sondern auch den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz studierender Arbeitsloser in der Arbeitslosenversicherung gewährleisten (BT-Drucks 11/800, S 20). Ersichtlich sind dabei nur auf einen regelförmigen Abschluß gerichtete Studiengänge bedacht, wie sie im allgemeinen als Erststudium durchgeführt werden. Für sie ist es sachgerecht, wenn § 103a Abs 2 AFG die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung darauf beschränkt, daß der arbeitslose Student darlegt und nachweist, der Ausbildungsgang lasse eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zu; denn damit wird kaum überprüfbares Vorbringen von subjektiven Befindlichkeiten wie die Berufung auf mangelnde Auslastung durch das Studium wegen hoher Begabung oder eine von der üblichen Dauer abweichende Studiengestaltung ausgeschlossen (BT-Drucks 11/800, S 20). Begründen aber nach Erreichen eines Studienabschlusses fortgesetzte Studien das Werkstudenten-Privileg – wie ausgeführt – nur dann, wenn sie in einem geregelten Studiengang auf einen Abschluß gerichtet sind (BSG SozR 3-2200 § 172 Nr 2), muß einem Arbeitslosen, der wie der Kläger sein Erststudium erfolgreich abgeschlossen hat, der Beweis möglich sein, einem geregelten Studiengang nicht nachzugehen bzw diesen aufgegeben zu haben. Andernfalls würden ihm Leistungen bei Arbeitslosigkeit verweigert, obwohl er im Falle einer mit dem Studium zu vereinbarenden Beschäftigung beitragspflichtig wäre. Solch ein Vorbringen betrifft objektive, dem Beweis zugängliche Umstände, nicht kaum überprüfbare, subjektive Befindlichkeiten. Die ausschließliche Orientierung am Wortlaut des § 103a Abs 2 AFG vernachlässigt auch die rechtliche Entwicklung des Schutzes Studierender in der Arbeitslosenversicherung. An deren Ergebnisse knüpfen die Regelungen des 8. AFG-ÄndG zur Verfügbarkeit an:
Ursprünglich richteten sich die Leistungen für arbeitslose Studenten, die die Anwartschaftszeit erfüllten, nach den allgemeinen Vorschriften des AFG. Durch § 5 Nr 2 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) vom 24. Juni 1975 (BGBl I 1536) wurde der Ruhenstatbestand des § 118 Abs 2 AFG aF eingeführt, wonach der Anspruch während der Zeit ruhte, in welcher der Arbeitslose als ordentlicher Studierender eine Hochschule oder eine sonstige der wissenschaftlichen oder fachlichen Ausbildung dienende Schule besuchte. Diese Vorschrift hat BSGE 46, 89 = BSG SozR 4100 § 118 Nr 5 “verfassungskonform” dahin ausgelegt, eine gesetzliche Vermutung spreche dafür, daß ein ordentlicher Studierender durch den damit verbundenen Besuch der Hochschule der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Diese Vermutung könne ein arbeitsloser Student widerlegen, indem er die gleichwohl vorhandene Verfügbarkeit darlege und beweise. Durch Art 1 Nr 40 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ≪5. AFG-ÄndG≫ (BGBl I 1189) hat der Gesetzgeber § 118 Abs 2 AFG aF durch § 118a AFG ersetzt. Nach dieser Vorschrift ruhte der Anspruch, wenn die Ausbildung die Arbeitskraft eines Studenten im allgemeinen voll in Anspruch nahm. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat diese Vorschrift wegen Verstoßes gegen Art 3 Abs 1 GG für nichtig erklärt, weil sie in der Arbeitslosenversicherung versicherte Studenten, die in gleicher Weise die Anspruchsvoraussetzungen wie Leistungsberechtigte erfüllten, ungleich behandele (BVerfGE 74, 9, 24 ff = SozR 4100 § 118a Nr 1). In den Entscheidungsgründen ist ausdrücklich darauf hingewiesen, eine Regelung wie § 118 Abs 2 AFG aF werde in der Auslegung durch BSGE 46, 89 den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG gerecht (aaO 27). Dieses Ziel sucht § 103a AFG – wie die erörterten Materialien zeigen – zu erreichen.
Der angedeuteten Rechtsentwicklung wird ein Verständnis des § 103a Abs 2 AFG nicht gerecht, das einen Studierenden vom Nachweis ausschließt, das Werkstudenten-Privileg sei auf ihn nicht anzuwenden. Ließe das Gesetz für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung keinen Spielraum, unterläge § 103a AFG den gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken, die zur Nichtigkeit des § 118a AFG aF geführt haben (BVerfGE 74, 29, 25 ff; BSGE 46, 89, 97 f). Die Behauptung des LSG, § 103a Abs 2 AFG vermeide Beweisschwierigkeiten, entspricht nicht der gesetzlichen Regelung. Diese nimmt vielmehr Beweisschwierigkeiten aus den erörterten verfassungsrechtlichen Gründen in gewissem Umfang in Kauf. Inwieweit § 103a Abs 2 AFG im übrigen eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung aufgrund individueller, aber objektiv feststellbarer Umstände zuläßt, ist hier nicht zu entscheiden (vgl dazu: Gagel/Steinmeyer, aaO, RdNr 70; Urteil des Senats vom 21. April 1993 – 11 RAr 75/92 –).
2.5 Revisionsrechtlich zu beanstanden ist das Urteil des LSG auch insofern, als es von einer bestimmten Obergrenze für die wöchentliche Belastung durch Studium und potentielle Erwerbstätigkeit ausgegangen ist. Dies ergibt sich aus seiner Folgerung, neben den in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgesehenen 20 Wochenstunden an Lehrveranstaltungen und der Inanspruchnahme durch Vor- und Nacharbeiten in erfahrungsgemäß gleichem Umfang, komme eine mehr als kurzzeitige und damit beitragspflichtige Beschäftigung des Klägers nicht in Betracht. Diese Begründung entspricht nicht der Rechtsprechung des BSG. Eine Belastung von 60 Stunden wöchentlich durch Studium einschließlich Vor- und Nacharbeiten, Erwerbstätigkeit und Wegezeiten hat das BSG lediglich als Grenze der zumutbaren Belastung bezeichnet (BSGE 44, 164, 168 = SozR 4100 § 134 Nr 3). Im vorliegenden Zusammenhang hat der 7. Senat ausgeführt, die Belastbarkeit von Menschen sei zwar zeitlich begrenzt, das Gesetz gehe aber nicht von einer allgemein gültigen zeitlichen Belastungsobergrenze aus. Es bedürfe keines Beweises, daß jemand mehr Stunden für Studium und Erwerbstätigkeit aufwenden könne, als heute im allgemeinen gearbeitet werde (BSGE 70, 180, 182 = SozR 3-4100 § 103 Nr 7). Dieser Umstand ist gerade im Zusammenhang mit der Darlegungslast von Arbeitslosen im Rahmen des § 103a Abs 2 AFG von Bedeutung. Die Darlegung und Beweisführung, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausüben zu können, darf arbeitslosen Studenten nicht durch die Annahme einer im Gesetz nicht enthaltenen Belastungsobergrenze abgeschnitten werden (BSG aaO 184 f). Grenzen der Belastbarkeit durch Erwerbstätigkeit und Studium sind mithin aufgrund der Darlegung und Beweisführung des arbeitslosen Studenten im Rahmen seiner Widerlegung der gesetzlichen Vermutung durch tatrichterliche Würdigung festzustellen.
3. Da der Kläger nach der vom Senat nicht gebilligten Rechtsauffassung des LSG möglicherweise gehindert war, die gesetzliche Vermutung der Nichtverfügbarkeit nach § 103a Abs 2 AFG zu widerlegen, ist das angefochtene Urteil mit den ihm zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
3.1 Das LSG wird zu prüfen haben, wie lange der Kläger sein Studium überhaupt betrieben hat und ob er sich gegebenenfalls in der streitigen Zeit einem auf einen Abschluß gerichteten Studiengang widmete. Hat der Kläger 1988 nicht ein volles Zweit-, sondern ein Ergänzungsstudium betrieben, sind für die Widerlegung der Vermutung nach § 103a Abs 2 AFG die für ein solches Studium etwa maßgebenden Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen heranzuziehen. Ist das Ergänzungsstudium nicht durch solche geregelt, ist die Vermutung widerlegt. In diesem Fall muß sich das LSG ungeachtet des § 103a AFG davon überzeugen, ob der Kläger verfügbar war. Die objektive Verfügbarkeit des Klägers hängt davon ab, ob seine Darlegung und Beweisführung die Gesamtwürdigung iS der beitragsrechtlichen Rechtsprechung zuläßt, daß er seinem Erscheinigungsbild nach potentieller Arbeitnehmer war.
3.2 Weiter wird zu prüfen sein, ob studienbedingte Einschränkungen einer Erwerbstätigkeit den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes entsprechen. Üblich sind Bedingungen, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen, sondern nach der tatsächlichen Übung auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang vorhanden sind. Entscheidend ist insoweit nicht, ob den Arbeitsämtern entsprechende Vermittlungsaufträge vorliegen oder freie Arbeitsplätze bekannt sind, sondern ob es Arbeitsplätze dieser Art, seien sie besetzt oder frei, überhaupt in nennenswertem Umfang gibt (BSGE 44, 164, 172 = SozR 4100 § 134 Nr 3; BSG SozR 4100 § 103 Nr 17 und 23 sowie BSG Urteil vom 23. Juli 1992 – 7 RAr 38/91 –). Sollte der Kläger etwa nur an einem Tag in der Woche studienbedingt gebunden gewesen sein, liegt auch die Prüfung nahe, ob diese Einschränkung durch eine entsprechende Verteilung der Arbeitszeit auf andere Tage aufzufangen ist. Diese Fragestellung ist nicht etwa wegen § 134 Abs 4 Satz 2 AFG unerheblich. Zwar hat nach dieser Vorschrift keinen Anspruch auf Alhi, wer nur mit Einschränkungen hinsichtlich der Arbeitszeit imstande ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Diese Regelung ist aber im Zusammenhang mit § 103 Abs 1 Satz 2 AFG zu verstehen, wonach bei Teilzeitbeschäftigungen die Dauer der Arbeitszeit nicht den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu entsprechen braucht. Nur für diesen Fall hat die Rechtsprechung den Ausschluß des Anspruchs auf Alhi angenommen. Ein solcher Anspruch kommt aber in Betracht, wenn die dem Arbeitslosen trotz rechtlicher oder tatsächlicher Bindungen mögliche Arbeitszeit mehr als kurzzeitig (§ 102 AFG) ist, die Beitragspflicht begründet (§ 168 AFG) und den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes entspricht (BSGE 67, 276, 277 = SozR 3-4100 § 134 Nr 5 mwN).
3.3 Der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand der Kläger im übrigen nur, wenn er das Arbeitsamt täglich aufsuchen konnte und für das Arbeitsamt erreichbar war (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG). Diese Regelung hat der Verwaltungsrat der BA durch die Anordnung über den Aufenthalt von Arbeitslosen während des Leistungsbezuges (Aufenthalts-AnO) vom 3. Oktober 1979 idF vom 25. Juni 1986 (ANBA 1986, 1095) näher bestimmt. Nach § 1 Aufenthalts-AnO muß das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift erreichen können. Ist der Kläger donnerstags durch Lehrveranstaltungen ganztags gebunden, steht seine Erreichbarkeit an diesem Tage in Zweifel. Sie läßt sich nicht schon mit der Erwägung bejahen, er habe sich für den Donnerstag ohnehin nicht zur Verfügung gestellt. Die Regelungen der Erreichbarkeit betreffen einen Aspekt der objektiven Verfügbarkeit. Sie beziehen sich auf den Vorgang der Vermittlung. Der Arbeitslose muß deshalb grundsätzlich – Ausnahmen sind in der Aufenthalts-AnO des näheren geregelt – für die Arbeitsvermittlung zum Zwecke des Vermittelns erreichbar sein. Dies belegt auch § 2 Satz 2 Aufenthalts-AnO, wonach der Kläger sich im Nahbereich des Arbeitsamtes aufhalten muß, so daß er das Arbeitsamt täglich ohne unzumutbaren Aufwand erreichen kann. Gewährleistet wäre das auch dann, wenn der Kläger donnerstags vormittags zwar durch die Teilnahme von Lehrveranstaltungen in Anspruch genommen wäre, er aber durch die Lage der üblichen Postzustellungszeit und die Lehrveranstaltungen nicht gehindert wäre, etwa vor Beginn von Lehrveranstaltungen oder während einer Mittagspause Post zur Kenntnis zu nehmen und das Arbeitsamt zu erreichen. Da im Falle des Klägers Wohnort und Studienort identisch sind, unterliegt seine Erreichbarkeit iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG keinen durchgreifenden Bedenken. Jedenfalls prägt eine solche Inanspruchnahme durch Lehrveranstaltungen die individuelle Situation des Klägers nicht derart, daß sie seine Verfügbarkeit allgemein ausschließen könnte. Durch sie würde eine Arbeitsvermittlung – wenn überhaupt – nur unwesentlich beeinträchtigt (vgl auch das Urteil des Senats vom 3. März 1993 – 11 RAr 43/91 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
3.4 Sollten sich die Voraussetzungen der objektiven Verfügbarkeit feststellen lassen, so bleibt die Bereitschaft des Klägers zu prüfen, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann und darf (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2a AFG). Als Diplomkaufmann waren ihm verschiedene Beschäftigungen in Wirtschaftsbetrieben zumutbar, so daß sich seine Arbeitsbereitschaft auf sämtliche Arbeitsplätze erstrecken mußte, die Diplomkaufleuten fachlich zugänglich sind und deren Arbeitsbedingungen ihrer Vorbildung entsprechen. Das vom Kläger angegebene Berufsziel und die von ihm vorgelegten Bewerbungen geben insoweit Anlaß zu Zweifeln. Sollte der Kläger seine Arbeitsbereitschaft auf Tätigkeiten eingeschränkt haben, die zur Vorbereitung auf den Beruf des Steuerberaters geeignet oder als vorbereitende Tätigkeit für die vom Kläger angestrebte Steuerberaterprüfung unerläßlich sind, kann seine Arbeitsbereitschaft iS des Gesetzes zu verneinen sein. Anhaltspunkt für eine wirklichkeitsnahe Würdigung von Vorbringen und Verhalten des Klägers könnte möglicherweise die rechtliche Notwendigkeit sein, vor Zulassung zur Steuerberaterprüfung eine Berufspraxis von gewisser Dauer nachzuweisen. Erwägenswert ist auch ein vordringliches Interesse des Klägers zur Realisierung seines Berufswunsches, möglichst umgehend Erfahrungen in der Praxis eines Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers zu erwerben.
3.5 Das LSG hat zur Frage der Bedürftigkeit iS der §§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3; 137, 138 AFG Feststellungen nicht getroffen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen im übrigen wird zu prüfen sein, ob der Kläger aufgrund von Ersparnissen während der Dauer seiner Beschäftigung – wie von ihm geplant – noch während des hier maßgeblichen Zeitraums vom 30. Januar 1988 bis 22. Januar 1989 seinen Lebensunterhalt durch berücksichtigungsfähiges Vermögen (§ 137 Abs 2 AFG iVm §§ 6 ff Arbeitslosenhilfe-Verordnung) bestreiten konnte.
Bei einer erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen