Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt - Pauschalsteuer - Gehaltsumwandlung - Gehaltsüberwälzung
Leitsatz (redaktionell)
Soweit pauschal besteuerte Direktversicherungsbeiträge nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, ist auch die vom Arbeitnehmer durch Gehaltsüberwälzung getragene Pauschalsteuer nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen.
Normenkette
EStG § 40a; SGB IV § 14 Abs. 1, § 17 Abs. 1; EStG § 40b Abs. 1 S. 1; ArEV § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Pauschalsteuer, die auf den Beitragsanteil des beigeladenen Arbeitnehmers an seiner Direktversicherung entfällt, beitragspflichtig in der Sozialversicherung ist.
Der zu 3) beigeladene Arbeitnehmer ist bei der Klägerin beschäftigt. Er ist nicht Mitglied einer Arbeitnehmerorganisation. In seinem Arbeitsvertrag ist vereinbart, daß für das Arbeitsverhältnis ua der Tarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe und die Betriebsvereinbarungen der Klägerin gelten.
Die Klägerin bietet ihren Beschäftigten als Leistung der betrieblichen Altersversorgung den Abschluß von Direktversicherungen an, dh Versicherungen, bei denen sie Versicherungsnehmerin und der jeweilige Arbeitnehmer Begünstigter ist. Die Beiträge zur Direktversicherung trägt zu zwei Dritteln die Klägerin und zu einem Drittel der begünstigte Arbeitnehmer. Dieser ermächtigt die Klägerin, den von ihm zu tragenden Beitragsanteil aus den ihm zustehenden Gehaltsansprüchen zu zahlen (Gehaltsumwandlung). Der Beitragsanteil wird dabei jeweils aus Sonderzahlungen, die dem Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Regelungen oder einer Betriebsvereinbarung im Juni und November jeden Jahres neben dem laufenden Gehalt zustehen, gezahlt. Die Klägerin erhebt auf den von ihr getragenen Teil des Versicherungsbeitrages und auf Antrag des Arbeitnehmers auch auf den von diesem getragenen Teil des Versicherungsbeitrages die Pauschalsteuer nach § 40b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Arbeitnehmer trägt in diesem Fall durch Verzicht auf einen entsprechenden Teil der Sonderzahlung auch die Pauschalsteuer, die auf den von ihm getragenen Beitragsteil entfällt.
Der Beigeladene zu 3) schloß mit der Klägerin eine entsprechende Vereinbarung über den Abschluß der Direktversicherung, die Finanzierung durch Gehaltsumwandlung aus Sonderzahlungen und den Verzicht auf einen der anteiligen Pauschalsteuer entsprechenden Teil des Anspruches auf Sonderzahlungen. Die Beiträge für die Direktversicherung des Beigeladenen zu 3) betrugen seit dem 1. Januar 1988 monatlich 199,55 DM, wovon die Klägerin 134,58 DM und der Beigeladene zu 3) 64,97 DM trug. Auf die Beiträge erhob und zahlte die Klägerin die Pauschalsteuer nach § 40b EStG. Sie trug die Pauschalsteuer, die auf den von ihr getragenen Beitragsanteil zur Direktversicherung entfiel. Der Beigeladene zu 3) erhielt in Höhe des Betrages der Pauschalsteuer, die auf den von ihm getragenen Beitragsanteil entfiel, die jeweils an sich zustehenden Sonderzahlungen nicht ausgezahlt. Für den Monat Juni 1988 wies die Klägerin für den Beigeladenen zu 3) Bezüge in Höhe von 9.530,53 DM aus, von denen 4.262 DM auf laufendes Entgelt und mehr als 5.000 DM auf Sonderzahlungen entfielen. Von diesem Betrag wandelte die Klägerin 389,82 DM (= 6 x 64,97 DM) in einen Beitrag zur Direktversicherung um und zahlte außerdem 38,98 DM, dh einen Betrag in Höhe der von ihr hierauf erhobenen pauschalen Lohnsteuer, nicht an den Beigeladenen zu 3) aus. Vom verbleibenden Betrag in Höhe von 9.101,85 DM führte sie Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Beklagte als Einzugsstelle ab.
Die Beklagte stellte bei einer Betriebsprüfung fest, daß die Klägerin den vom Arbeitnehmer getragenen Betrag der pauschalen Lohnsteuer nicht dem Arbeitsentgelt zurechnete und für den Beigeladenen zu 3) hieraus keine Beiträge für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, Beigeladene zu 1) sowie für die Bundesanstalt für Arbeit (BA, Beigeladene 2) entrichtete. Mit Bescheid vom 2. September 1988 forderte sie die Klägerin auf, für die Gehaltszahlung im Juni 1988 Beiträge des Beigeladenen zu 3) zur Renten- und Arbeitslosenversicherung aus dem der erhobenen Pauschalsteuer entsprechenden Betrag in Höhe von 38,98 DM nachzuentrichten. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 1988 mit der Begründung zurück, gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) seien lediglich die nach § 40b EStG zu versteuernden Beiträge und Zuwendungen zur Direktversicherung kein Arbeitsentgelt iS der Sozialversicherung, nicht jedoch die darauf entfallende Pauschalsteuer selbst. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Juli 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die zugelassene Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 20. Juni 1996). Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig, weil der der Pauschalsteuer entsprechende Teil des Gehalts beitragspflichtiges Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) sei.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 14 Abs 1 SGB IV.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 20. Juni 1996 und das Urteil des SG vom 12. Juli
1994 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. September 1988 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 1988 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag.
Der Beigeladene zu 3) ist im Revisionsverfahren nicht durch einen nach § 166 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sowie der Bescheid der Beklagten vom 2. September 1988 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 1988 sind aufzuheben.
Die Beklagte ist nicht berechtigt, aus den im Bescheid genannten 38,98 DM von der Klägerin für Juni 1988 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Beigeladenen zu 3) zu fordern. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung ist nach dem bis zum 31. Dezember 1991 und damit im hier maßgebenden Zeitraum geltenden § 112 Abs 3 Buchst a des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG = § 1385 Abs 3 Buchst a der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫) und nach § 175 Abs 1 Nr 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Nach § 14 Abs 1 SGB IV gehören zum Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden, ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. § 17 Abs 1 SGB IV sieht dazu vor, daß zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung, insbesondere zur Vereinfachung des Beitragseinzugs durch Rechtsverordnung bestimmt werden kann, einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, ganz oder teilweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, wobei eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen ist. Aufgrund dieser Ermächtigung ist die ArEV ergangen, die in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1984 (BGBl I S 1642) in § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 bestimmt, daß dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind Beiträge und Zuwendungen nach § 40b EStG, soweit Satz 2 nichts Abweichendes vorschreibt und soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz erhebt. Die in § 2 Abs 1 Satz 2 ArEV bezeichneten Ausnahmen vom Grundsatz des Satzes 1 Nr 3 kommen hier nicht in Betracht, denn die Direktversicherung der Klägerin erfüllt nicht die in dieser Vorschrift genannten besonderen Bedingungen für eine Versorgungszusage. Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV selbst sind hier erfüllt.
Die Klägerin hat für Juni 1988 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung unter Beachtung der Vorschriften über die Beitragspflicht von einmaligem Arbeitsentgelt (§ 122 Abs 2 AVG iVm § 385 Abs 1a RVO und § 175 Abs 1 Nr 1 AFG iVm § 122 Abs 2 AVG sowie iVm § 385 Abs 1a RVO; heute § 23a SGB IV) aus einem Betrag von 9.101,85 DM entrichtet. Der Beigeladene zu 3) hätte für Juni 1988 Ansprüche auf laufendes Gehalt, Sonderzahlungen (einmaliges Arbeitsentgelt iS von § 385 Abs 1a RVO; heute § 23a SGB IV) und Zuwendungen in Form eines geldwerten Vorteils im Wert von insgesamt 9.530,65 DM gehabt. Der Differenzbetrag zwischen 9.530,65 DM und 9.101,85 DM ergibt sich aus dem von der Klägerin gezahlten und von dem Beigeladenen zu 3) aus dem einmaligen Arbeitsentgelt getragenen Beitrag zur Direktversicherung und aus dem Betrag der von der Klägerin auf diesen Beitrag erhobenen Pauschalsteuer. Sowohl der Beitrag zur Direktversicherung (unten 1.) als auch die darauf erhobene Pauschalsteuer (unten 2.) sind dem Arbeitsentgelt nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV nicht zuzurechnen. Dies gilt auch, soweit die Pauschalsteuer vom Arbeitnehmer getragen wird (unten 3.).
1. Zu Recht gehen die Beteiligten davon aus, daß der Direktversicherungsbeitrag, auf den die Klägerin als Arbeitgeber die Pauschalsteuer tatsächlich erhoben hat, nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen ist.
Die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Pauschalsteuer nach § 40b EStG haben vorgelegen.
Nach § 40b EStG (eingefügt durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung ≪BetrAVG≫ vom 19. Dezember 1974 ≪BGBl I S 3610≫) ist die Pauschalierung der Lohnsteuer bei bestimmten Zukunftssicherungsleistungen zulässig. Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer ua von den Beiträgen für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers mit einem Steuersatz von 10 vH (im Jahr 1988; nunmehr 20 vH) der Beiträge erheben, wobei die pauschale Erhebung der Lohnsteuer nur zulässig ist, wenn die Versicherung nicht auf den Erlebensfall eines früheren Zeitpunktes als des 60. Lebensjahres abgeschlossen und eine vorzeitige Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Arbeitnehmer ausgeschlossen ist (§ 40b Abs 1 Sätze 1 und 2 EStG). Die von der Klägerin für den Beigeladenen zu 3) abgeschlossene Versicherung entspricht den in dieser Vorschrift genannten Kriterien für eine Direktversicherung und deren Pauschalbesteuerung.
Die Klägerin konnte von den insgesamt von ihr gezahlten Beiträgen die Pauschalsteuer nach § 40b Abs 1 Satz 1 EStG erheben, obwohl diese Beiträge zu zwei Dritteln von der Klägerin als Arbeitgeberin und zu einem Drittel vom Beigeladenen zu 3) durch Gehaltsumwandlung getragen wurden. Die Erhebung der Pauschalsteuer ist bei Beiträgen für eine Direktversicherung nicht nur für Beiträge zulässig, die vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt und insoweit vom Arbeitgeber getragen werden, sondern auch für Beiträge, die vom Arbeitnehmer durch Gehaltsumwandlung getragen werden (Schmidt/Drenseck, EStG, 16. Aufl, § 40b Anm 4; Kirchhoff/Söhn/Trzaskalik, EStG, Stand November 1996, § 40b Anm 8; Lohnsteuerrichtlinien ≪LStR≫ 1987 ≪BStBl I 1986, Sonderheft 3≫ Abschnitt 96 Abs 2 Satz 1; jetzt LStR 1996 ≪BStBl I 1995 Sondernr 3≫ Abschnitt 129 Abs 2 Satz 1).
Die durch Gehaltsumwandlung finanzierten Direktversicherungsbeiträge sind hier auch Leistungen gewesen, die vom Arbeitgeber zusätzlich zu Löhnen und Gehältern erbracht wurden, wie dies in § 17 Abs 1 SGB IV für die Nichtzurechnung solcher Leistungen zum Arbeitsentgelt gefordert wird. In § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV in der seit dem 1. Januar 1990 geltenden Fassung des Art 1 Nr 2 der Verordnung zur Änderung der ArEV und der Sachbezugsverordnung 1989 vom 12. Dezember 1989 (BGBl I S 2177) ist eine entsprechende Einschränkung auf "zusätzlich zu Löhnen und Gehältern" geleistete Beiträge oder Zuwendungen ausdrücklich vorgesehen. Aber auch vor dieser Änderung galt wegen der in § 17 Abs 1 SGB IV begrenzten Ermächtigung eine entsprechende Einschränkung für die Nichtzurechnung von Beiträgen und Zuwendungen zum Arbeitsentgelt. Eine zusätzliche Leistung zu Löhnen oder Gehältern iS von § 17 SGB IV ist der durch Gehaltsumwandlung finanzierte Beitrag zu einer Direktversicherung jedenfalls dann, wenn die Gehaltsumwandlung wie hier Ansprüche auf Sonderzahlungen betrifft. In § 17 Abs 1 SGB IV und in der ArEV werden unter den zusätzlichen Einnahmen zu Löhnen und Gehältern alle Einkünfte verstanden, auf die der Arbeitnehmer einen Anspruch hat und die neben dem laufenden Gehalt oder Lohn gezahlt werden. Solche Einkünfte sind auch einmaliges Arbeitsentgelt iS von § 385 Abs 1a RVO (heute § 23a SGB IV), aus dem hier die vom Beigeladenen zu 3) getragenen Beiträge zur Direktversicherung durch Gehaltsumwandlung finanziert wurden. In § 17 Abs 1 SGB IV und jetzt auch in § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV wird nicht gefordert, daß die zusätzliche Leistung vom Arbeitgeber für den in der Vorschrift bezeichneten Zweck über das ohnehin geschuldete Arbeitsentgelt geleistet wird, wie dies zB für die in § 40 Abs 2 EStG genannten zusätzlichen Leistungen zum Arbeitslohn der Fall ist (vgl zu dieser Vorschrift Schmidt/Drenseck EStG 16. Aufl § 40 Anm 18).
Für die rechtliche Zulässigkeit der Pauschalbesteuerung und die Nichtzurechnung des Direktversicherungsbeitrags zum Arbeitsentgelt unerheblich ist schließlich, daß der Beigeladene zu 3) aus der Sonderzahlung für Juni 1988 mit 389,82 DM einen 200 DM übersteigenden Beitrag zur Direktversicherung getragen hat. Die Pauschalierungsgrenze für Beiträge zur Direktversicherung hat im Jahr 1988 nach § 40b Abs 2 EStG 2400 DM jährlich betragen. In welcher Zeit innerhalb des Jahres dieser Betrag als Beitrag geleistet wird, ist für die Zulässigkeit der Erhebung der Pauschalsteuer und damit auch für die Nichtzurechnung zum Arbeitsentgelt unerheblich. Die Nichtzurechnung des Direktversicherungsbeitrages zum Arbeitsentgelt hat zur Folge, daß dieser beitragsfrei bleibt.
2. Soweit der vom Arbeitgeber gezahlte Beitrag zur Direktversicherung nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen ist, ist schon aus diesem Grund auch die darauf erhobene Pauschalsteuer dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen und beitragsfrei.
In § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV ist als Leistung, die dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen ist, neben dem Direktversicherungsbeitrag die Pauschalsteuer allerdings nicht ausdrücklich aufgeführt. Die Beitragsfreiheit der nach § 40b EStG erhobenen Pauschalsteuer kann auch nicht damit begründet werden, die Pauschalsteuer selbst sei schon kein Arbeitsentgelt iS von § 14 SGB IV. Die Pauschalsteuer, deren Erhebung durch den Arbeitgeber nach den §§ 40 bis 40b EStG für verschiedene Tatbestände zulässig ist, wird nur vom Arbeitgeber geschuldet (§ 40 Abs 3 Satz 3 EStG). Sie ist steuerrechtlich eine vom Arbeitnehmer abgeleitete Steuer (vgl BFHE 174, 363; Schmidt/Drenseck, EStG, 16. Aufl § 40 Anm 1) und keine Unternehmenssteuer eigener Art (so früher der Bundesfinanzhof, BFHE 137, 46). Ebenso wie die Lohnsteuer als Teil der Einnahme aus der Beschäftigung zum Arbeitsentgelt iS von § 14 SGB IV gehört, kann die an Stelle der nach § 38 EStG zu erhebenden Lohnsteuer nach den §§ 40 bis 40b EStG erhobene Pauschalsteuer Arbeitsentgelt iS von § 14 SGB IV sein, wenn sie sich im Einzelfall als ein individueller Vorteil des Arbeitnehmers feststellen läßt. Nach diesem Maßstab hat die Rechtsprechung schon vor Inkrafttreten des SGB IV unter Geltung von § 160 RVO und des Abschnitts 1 des Gemeinsamen Erlasses des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (AM 1944 281) zu einer dem jetzigen § 40a EStG entsprechenden Pauschalierungsvorschrift entschieden, daß die auf dieses Arbeitsentgelt erhobene Pauschalsteuer kein Arbeitsentgelt ist, weil hier die Pauschalsteuer für den Arbeitnehmer keinen Vorteil bedeutete (vgl BSGE 41, 16 = SozR 2200 § 160 Nr 2). Diese Rechtsprechung ist unter Geltung des § 14 SGB IV für pauschal besteuerte Bezüge nach § 40a EStG, dh für Bezüge, die grundsätzlich Arbeitsentgelt sind und die in der ArEV auch nicht von der Zurechnung zum Arbeitsentgelt ausgenommen sind, bestätigt worden (BSGE 73, 170 = SozR 3-2400 § 14 Nr 7). Auch in dieser Entscheidung ist das Ergebnis im wesentlichen damit begründet worden, daß hinsichtlich der vom Arbeitgeber erhobenen Pauschalsteuer kein individueller Vorteil des Arbeitnehmers festzustellen sei.
Dies trifft für die nach § 40b EStG erhobene Pauschalsteuer in der Regel nicht zu. Hier liegt dem Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers vor. Ein individueller Vorteil des Arbeitnehmers durch Erhebung der Pauschalsteuer an Stelle der Lohnsteuer nach § 38 EStG ist objektiv und durch den Arbeitgeber festzustellen. Wie die Klägerin vorgetragen hat, wird auf Wunsch des Arbeitnehmers sogar jeweils am Jahresanfang berechnet, ob die Pauschalsteuer, in deren Höhe der Arbeitnehmer auf Lohn verzichtet, oder der Abzug der Lohnsteuer vom Arbeitslohn für den einzelnen Arbeitnehmer günstiger ist.
Bei Beiträgen und Zuwendungen iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV ergibt sich die Nichtzurechnung der Pauschalsteuer zum Arbeitsentgelt und damit deren Beitragsfreiheit aus dem Sinn, den § 2 Abs 1 Satz 1 ArEV insgesamt hat, ohne daß die Pauschalsteuer besonders genannt werden mußte. Mit der Vorschrift sollen in möglichst großer Übereinstimmung mit dem Steuerrecht (vgl § 17 Abs 1 Satz 2 SGB IV) die Vereinfachungen und Vergünstigungen, die im Steuerrecht für besondere Formen des Arbeitslohns vorgesehen sind, auch in das Beitragsrecht der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung übernommen werden. Dabei hat die durch § 2 Abs 1 Satz 1 ArEV bewirkte Beitragsfreiheit der genannten Leistungen für den Arbeitgeber allgemein eine Vereinfachung der Beitragsberechnung zur Folge, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber darüber hinaus auch eine wirtschaftliche Begünstigung. Es wäre jedoch sinnwidrig, nur für die pauschal besteuerten Beiträge oder Zuwendungen, dh die Hauptleistung, die Vereinfachung und Begünstigung wirksam werden zu lassen und diese beitragsfrei zu stellen, die Pauschalsteuer, dh die Nebenleistung, aber der Beitragspflicht zu unterwerfen. Bei Anwendung des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV würde eine andere Bewertung, dh die Zurechnung der Pauschalsteuer zum Arbeitsentgelt, darüber hinaus dem Vorrang der steuerrechtlichen Bewertung (§ 17 Abs 1 Satz 2 SGB IV) widersprechen, denn eine Zurechnung zum Arbeitsentgelt ist überhaupt nur denkbar, weil hier die Pauschalsteuer steuerrechtlich nicht als Arbeitslohn bewertet wird.
Im Einkommensteuerrecht wird die Pauschalsteuer selbst in der Regel nicht als Arbeitslohn angesehen und nur der Betrag des pauschal besteuerten Arbeitslohns für die Bemessung der Pauschalsteuer berücksichtigt (vgl Schmidt/Drenseck, EStG, 16. Aufl § 40a Anm 3 und § 40b Anm 1). Nur in § 40 Abs 1 Satz 2 EStG ist in Abweichung hiervon für die Leistungen iS des § 40 Abs 1 Satz 1 EStG vorgeschrieben, bei Ermittlung der Pauschalsteuer die Übernahme der Lohnsteuer als Pauschalsteuer durch den Arbeitgeber als eine geldeswerte Einnahme zu berücksichtigen, dh die Pauschalsteuer nach einem "Nettosteuersatz" (vgl § 40 Abs 1 Satz 1 EStG) zu berechnen. Damit wird die zu entrichtende Steuer selbst steuerrechtlich als Arbeitslohn bewertet, auf den die Pauschalsteuer erhoben wird. Die Pauschalsteuer ist dann für Arbeitslohn nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG dem Arbeitsentgelt nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV nicht zuzurechnen, eben weil sie steuerrechtlich pauschal besteuerter Arbeitslohn ist, sofern die sonstigen Voraussetzungen für die Nichtzurechnung vorliegen.
Würde entsprechend § 40 Abs 1 Satz 2 EStG auch bei den Leistungen, die nach § 40b EStG pauschal besteuert werden, die Pauschalsteuer aus dem Beitrag zur Direktversicherung und unter Berücksichtigung des Pauschalsteuerbetrages als geldeswerte Einnahme, dh nach einem Nettosteuersatz festgesetzt, so wäre auch hier ein Betrag in Höhe der Summe aus Beitrag zur Direktversicherung und der Pauschalsteuer insgesamt pauschal besteuert und schon deshalb dem Arbeitsentgelt nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV nicht zuzurechnen. Diese Überlegung zeigt, daß bei pauschal besteuerten Bezügen iS von § 2 Abs 1 Satz 1 ArEV die Pauschalsteuer selbst überhaupt nur dann dem Arbeitsentgelt zugerechnet werden könnte, wenn die Pauschalsteuer im Einkommensteuerrecht nicht als Arbeitslohn gewertet wird. Die Zurechnung der Pauschalsteuer zum Arbeitsentgelt gerade und nur in diesem Fall würde aber der in § 17 Abs 1 Satz 2 SGB IV vorgeschriebenen weitgehenden Anpassung an das Steuerrecht widersprechen, denn ein steuerrechtlicher "Vorteil" würde einen beitragsrechtlichen "Nachteil" zur Folge haben. Der Verordnungsgeber konnte daher davon ausgehen, daß die Beitragsfreiheit der Pauschalsteuer bei Beitragsfreiheit der pauschal besteuerten Hauptleistung selbstverständlich und eine besondere Erwähnung der Pauschalsteuer selbst in § 2 Abs 1 Satz 1 ArEV unnötig war.
Die Beklagte geht dementsprechend auch davon aus, daß die Pauschalsteuer auf Bezüge iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 3 ArEV dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen ist, soweit sie vom Arbeitgeber getragen wird. Sie hat die von der Klägerin getragene Pauschalsteuer auf die von dieser getragenen Beiträge zur Direktversicherung nicht etwa als Arbeitsentgelt angesehen und aus diesem Betrag auch keine Beiträge gefordert.
3. Die vom Arbeitgeber auf Beiträge iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 ArEV erhobene Pauschalsteuer ist auch dann dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen, wenn diese Pauschalsteuer wie hier wirtschaftlich vom Arbeitnehmer getragen, dh auf den Arbeitnehmer überwälzt wird.
Dabei ist es unerheblich, ob die Überwälzung der Pauschalsteuer durch Gehaltsumwandlung, dh Erfüllung eines bereits entstandenen Entgeltanspruchs, nicht durch Auszahlung an den Arbeitnehmer, sondern in anderer Weise erfolgt, wie die Versicherungsträger allgemein und hier die Beklagte und wohl auch die Klägerin meinen (vgl zur Haltung der Versicherungsträger insoweit Die Beiträge 1977, 240, 241; zur Bewertung im Steuerrecht LStR 1996, Abschn 127 Abs 8), oder ob ein Gehaltsverzicht des Beigeladenen zu 3) anzunehmen ist, dh ein Erlaßvertrag über einen zukünftigen Anspruch auf Entgelt.
Die Beklagte, die für die Beitragspflicht entscheidend darauf abstellt, daß der Beigeladene zu 3) zunächst einen Anspruch auf Gehalt in Höhe der übergewälzten Pauschalsteuer gehabt habe und der Gehaltsanspruch Arbeitsentgelt sei, verkennt, daß die nach § 40b EStG erhobene Pauschalsteuer selbst eine Zuwendung des Arbeitgebers und dem Grunde nach Arbeitsentgelt iS von § 14 SGB IV ist, nicht anders als der Beitrag zur Direktversicherung, und es für beide Leistungen gleichgültig ist, ob sie vom Arbeitgeber oder durch Gehaltsumwandlung oder Gehaltsverzicht vom Arbeitnehmer getragen werden. Sowohl der Direktversicherungsbeitrag als auch die Pauschalsteuer ist auch die für die Beurteilung der (Nicht-)Zurechnung zum Arbeitsentgelt maßgebende Zuwendung und nicht der Gehaltsanspruch, über den eine Finanzierungsabrede für die Beitragszahlung oder Erhebung der Pauschalsteuer getroffen wurde. Ist die pauschal besteuerte Leistung, wie hier, dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen, so ist deshalb auch die Pauschalsteuer dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen, gleichgültig, ob sie vom Arbeitgeber getragen oder auf den Arbeitnehmer überwälzt wird.
Die Pauschalsteuer ist dabei auch dann dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen, wenn im Steuerrecht eine Obergrenze für die Höhe des pauschal zu besteuernden Beitrages zur Direktversicherung festgesetzt ist und dieser Höchstbetrag allein durch den Versicherungsbeitrag ohne Berücksichtigung der Pauschalsteuer ausgeschöpft wird, wie dies hier der Fall ist. Die Pauschalsteuer wird für alle Pauschalsteuertatbestände bei Überwälzung auf den Arbeitnehmer nur aus dem ausgezahlten Arbeitslohn berechnet, dh die übergewälzte Pauschalsteuer wird nicht als Arbeitslohn berücksichtigt (vgl LStR 1996 Abschnitt 127 Abs 8 Sätze 2 bis 5 - zu § 40 Abs 2 EStG -; Abschnitt 128 Abs 3 Satz 5 - zu § 40a EStG -; Abschnitt 129 Abs 2 Satz 2 zu § 40b EStG; für das Jahr 1988 LStR 1987 Abschnitt 95 Abs 1 Satz 4 und Abschnitt 96 Abs 2 Satz 2). Für die Pauschalbesteuerung nach § 40b EStG bedeutet dies, daß bei Ausschöpfung des Höchstbeitrags zur Direktversicherung vom Arbeitslohn noch ein Betrag in Höhe des jeweiligen Pauschalsteuersatzes zusätzlich von der Besteuerung nach § 38 EStG ausgenommen wird. Die in den LStR für die §§ 40 bis 40b EStG vorgesehene Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Pauschalsteuer bei Überwälzung dieser Steuer auf den Arbeitnehmer wird zwar in allen Fällen für rechtlich zweifelhaft gehalten (vgl für § 40 Abs 2 EStG Kirchhof/Söhn/Trzaskalik, Komm zum EStG, § 40 Anm C 4; für § 40a EStG aaO § 40a Anm B 4 und für § 40b EStG aaO § 40b Anm B 8). Der Senat sieht jedoch keine Veranlassung, die in den LStR für die Finanzbehörden vorgegebene Auslegung des EStG zu beanstanden. Sie verwirklicht für § 40b EStG eine Gleichbehandlung der wirtschaftlichen Vorteile, die der Arbeitnehmer hat, wenn die Pauschalsteuer entweder auch wirtschaftlich vom Arbeitgeber oder durch Überwälzung wirtschaftlich vom Arbeitnehmer getragen wird. In beiden Fällen hat der Arbeitnehmer den Vorteil, daß ein Betrag bis zur Höhe des nach § 40b Abs 2 EStG zulässigen Höchstbeitrags zur Direktversicherung und der darauf erhobenen Pauschalsteuer nicht der Besteuerung nach § 38 EStG unterworfen wird (vgl im übrigen zur Bedeutung der LStR bei steuerrechtlichen Vorfragen auch BSG SozR 5870 § 2 Nr 47).
Unzutreffend ist schließlich auch die vom SG vertretene Ansicht, ein Betrag in Höhe der erhobenen und auf den Beigeladenen zu 3) überwälzten Pauschalsteuer sei beitragspflichtig, weil die Überwälzung der Pauschalsteuer wegen eines Verstoßes gegen arbeitsrechtliche Vorschriften unbeachtlich gewesen sei und der Beigeladene zu 3) deshalb im Juni 1988 zusätzlich einen Anspruch auf Zahlung dieses Betrages als Arbeitsentgelt gehabt habe. Die Überwälzung der Pauschalsteuer auf den Arbeitnehmer ist arbeitsrechtlich zulässig und verstößt auch nicht gegen die in § 4 Abs 1 und 3 des Tarifvertragsgesetzes angeordneten zwingenden Wirkungen eines Tarifvertrages (vgl BAG NJW 1988, 1165 und AP Nr 1 zu § 40a EStG). Ob hier eine Bindung durch einen Tarifvertrag vorliegt, kann daher offenbleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 543245 |
BSGE 81, 21-29 (Leitsatz 1 und Gründe) |
BSGE, 21 |
BB 1998, 1216 |
BB 1998, 1216 (red. Leitsatz 1 und Gründe) |
DB 1998, 584 (Kurzwiedergabe) |
DStR 1999, 209 |
HFR 1999, 402 |
RegNr, 23308 (BSG-Intern) |
AuB 1997, 377-379 (Gründe) |
ASP 1997, Nr 9/10, 69 (Kurzwiedergabe) |
BetrAV 1998, 54 (red. Leitsatz) |
DOK 1997, 731 (Kurzwiedergabe) |
NZA 1998, 504 |
WzS 1997, 378-379 (Kurzwiedergabe) |
WzS 1998, 181 (Leitsatz) |
ArbuR 1998, 288 (red. Leitsatz 1) |
BAGUV, RdSchr 130/97 (Gründe) |
Die Beiträge Beilage 1997, 290-291 (Kurzwiedergabe) |
Die Beiträge Beilage 1997, 327-335 (Gründe) |
EzS, 55/217 (Leitsatz 1 und Gründe) |
HVBG-INFO 1997, 2814-2820 (Leitsatz 1 und Gründe) |
KrV 1997, 293 (Kurzwiedergabe) |
NZS 1998, 176-178 (Leitsatz 1 und Gründe) |
RV 1997, 236 (Kurzwiedergabe) |
SGb 1998, 666 |
SozR 3-2400 § 14, Nr 14 (Leitsatz) |
SozR 3-2400 § 17, Nr 1 (Leitsatz) |
SozR 3-5375 § 2, Nr 1 (Leitsatz 1 und Gründe) |
SozVers 1998, 109-112 (Gründe) |
ZfS 1997, 335-336 (Kurzwiedergabe) |
SozSi 1998, 238 |