Beteiligte
Landesversicherungsanstalt Hessen |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. August 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten ein höheres Altersruhegeld verlangen kann.
Der Kläger wurde am 28. September 1922 in Vendryne in der ehemaligen Tschechoslowakei (heute Tschechische Republik) geboren. Nach seinen Angaben arbeitete er ab September 1939 in einem Eisenwerk in Trinec/Mähren, wurde in der Zeit vom Mai bis Juli 1940 in der Umschulungswerkstätte der Deutschen Luftwaffe in Breslau beschäftigt und arbeitete anschließend bis Dezember 1943 als Zivilbeschäftigter der Deutschen Luftwaffe nacheinander auf Werften in Würzburg, Grottkau/Schlesien, an der Ostfront, in Langendiebach bei Hanau und in Frankreich. Ab 1. Januar 1944 leistete er militärischen Dienst in der Deutschen Wehrmacht mit anschließender Kriegsgefangenschaft. Seither lebt er wieder in seiner Heimat.
Auf seinen Antrag vom 6. Februar 1989 bewilligte die Beklagte dem Kläger ein Altersruhegeld ab 1. Oktober 1987 in Höhe von 22,30 DM monatlich (Bescheid vom 20. November 1989). Der Kläger erhob Widerspruch und legte weitere Unterlagen vor. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. August 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 1991 das Altersruhegeld des Klägers mit einem monatlichen Zahlbetrag von 31,20 DM neu fest. Hierbei berücksichtigte die Beklagte lediglich die in Würzburg und Langendiebach zurückgelegten Beitragszeiten und kürzte den dem Kläger zu zahlenden Rentenbetrag nach § 1323 RVO auf 70 vH.
Nach vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Urkunden war sein Vater im Jahre 1941 in die deutsche Volksliste aufgenommen worden und besaß damals die deutsche Staatsangehörigkeit auf Widerruf; dies galt auch für seine nach dem 26. Oktober 1921 geborenen Kinder (vorläufiger Ausweis vom 2. August 1941, ausgestellt vom Landrat des Kreises Teschen). Ferner hat der Kläger die tschechische Staatsangehörigkeit (Bescheinigung des Kreisamtes Frýdek-Místek vom 21. Februar 1994). Das SG hat Auskünfte ua des Bundesarchivs sowie ein Gutachten des Bundesverwaltungsamts eingeholt und die Beklagte durch Urteil vom 25. Juli 1994 verurteilt, den Kläger bei der Rentenberechnung als Deutschen zu behandeln und alle Beschäftigungszeiten des Klägers als Zivilarbeiter der Luftwaffe nach § 1318 Abs 3 RVO anzuerkennen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG – nach Einholung einer weiteren Auskunft des Bundesverwaltungsamtes vom 31. Oktober 1995 – mit Urteil vom 30. August 1996 die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger könne nicht als berechtigter Deutscher iS der Vorschriften der RVO über die Zahlung von Renten ins Ausland angesehen werden. Der dem Vater des Klägers ausgestellte Ausweis vom 2. August 1941 reiche dafür nicht aus. Nach § 1316 Abs 2 RVO sei Ausländer jeder Berechtigte, der nicht Deutscher iS des Art 116 GG sei. Art 116 GG unterscheide zwischen Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit und Statusdeutschen. Die deutsche Staatsangehörigkeit werde durch einen „Staatsangehörigkeitsnachweis”, die Rechtsstellung als Deutscher durch einen „Ausweis über die Rechtsstellung als Deutscher” nachgewiesen. Über die Ausstellung dieser Urkunden entschieden die zuständigen deutschen Behörden. Eine zweifelsfreie Klärung der staatsangehörigkeitsrechtlichen Verhältnisse des Klägers lasse sich nur im Wege eines Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahrens erreichen, da der Kläger nach der Mitteilung des Bundesverwaltungsamts nur dann heute noch im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit sei, wenn er die Voraussetzungen des § 1 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (StAngRegG) vom 22. Februar 1955 (BGBl I S 65) erfüllt und keinen Verlusttatbestand verwirklicht habe. Aufgrund der Weigerung des Klägers, ein Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren zu betreiben, müsse nach derzeitigem Sachstand davon ausgegangen werden, daß der Kläger mit dem Erwerb der tschechischen Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 17 Abs 2 und § 25 Abs 1 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) verloren habe, weil er einen Antrag auf Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit weder gestellt noch die schriftliche Genehmigung gemäß § 25 Abs 2 RuStAG hierzu erhalten habe. Als berechtigter Ausländer habe der Kläger keinen Anspruch darauf, daß bei seiner Rente Beiträge berücksichtigt würden, die nicht an die Beklagte, sondern an einen anderen – reichsdeutschen, aber nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befindlichen – Versicherungsträger geflossen seien.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 1318 und der §§ 1319, 1320 und 1323 iVm § 1316 RVO. Unter Hinweis auf die Urteile des BSG vom 9. Juli 1980 (12 RK 66/79) und vom 22. Mai 1985 (12 RK 20/84) trägt er vor, ein Deutscher ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland verliere seine deutsche Staatsangehörigkeit mit Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit nur, wenn dieser Erwerb auf seinen oder auf den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolge. Beides sei in seinem Fall nicht festzustellen. Die ihm durch den vorläufigen Ausweis vom 2. August 1941 auf Widerruf zuerkannte deutsche Staatsangehörigkeit habe er somit nicht verloren. Ein förmliches Verfahren zur Feststellung der staatsangehörigkeitsrechtlichen Verhältnisse sei nicht notwendig. Ferner müßten für das Altersruhegeld alle Beschäftigungszeiten als Zivilarbeiter der Luftwaffe als Beitragszeiten nach § 1318 Abs 3 RVO anerkannt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. August 1996 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juli 1994 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
II
Die Revision ist iS der Zurückverweisung begründet. Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen zu einer endgültigen Entscheidung der Frage, ob dem Kläger ein höheres Altersruhegeld zusteht, nicht aus.
Der Anspruch des Klägers auf höheres Altersruhegeld richtet sich nach den Vorschriften der RVO, da der Kläger seinen Anspruch vor dem Inkrafttreten des SGB VI geltend gemacht hat (§ 300 Abs 2 SGB VI).
Berechtigte, die wie der Kläger ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs der RVO – das ist das Gebiet der alten Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin – haben, erhalten nach § 1316 Abs 1 RVO für diese Zeit die Leistungen der Rentenversicherung nur insoweit, als die §§ 1317 bis 1323 RVO dies bestimmen. Nach § 1316 Abs 2 RVO wird die Rente wie bei gewöhnlichem Aufenthalt des Berechtigten im Geltungsbereich dieses Gesetzes berechnet. Für die Feststellung der Höhe des Jahresbetrags der Rente werden aber von den anrechnungsfähigen Versicherungsjahren nur die Versicherungsjahre berücksichtigt, für die der Berechtigte nach den §§ 1318 bis 1320 RVO die Rente erhalten soll.
Unabhängig von der Staatsangehörigkeit wird die Rente für alle im Geltungsbereich des Gesetzes zurückgelegten Beitragszeiten gezahlt (§ 1318 Abs 1 RVO). Berechtigte Deutsche erhalten unter bestimmten weiteren Voraussetzungen auch Renten für außerhalb des Geltungsbereichs der RVO zurückgelegte sowie für nach dem FRG gleichgestellte Beitragszeiten (§ 1319 RVO) und für beitragslose Zeiten (§ 1320 RVO). Berechtigte Ausländer erhalten nur 70 vH des für sie errechneten Rentenbetrags (§ 1323 RVO). Als Ausländer gelten nach § 1316 Abs 3 RVO alle Berechtigten, die nicht Deutsche iS des Art 116 GG sind.
Das LSG hat in Übereinstimmung mit der Beklagten die deutsche Staatsangehörigkeit des Klägers verneint und für die Feststellung der Höhe des Jahresbetrages der Rente lediglich die Beitragszeiten als berücksichtigungsfähig angesehen, die der Kläger im Bundesgebiet zurückgelegt hat.
Die vom Kläger begehrte Zahlung eines höheren Altersruhegeldes kommt demnach unter zwei Gesichtspunkten in Betracht: Zum einen entfiele die Kürzung des Rentenbetrages auf 70 vH und kämen darüber hinaus weitere Zeiten (beitragslose Zeiten; außerhalb des Geltungsbereichs der RVO zurückgelegte Beitragszeiten) als berücksichtigungsfähig in Betracht, wenn er die deutsche Staatsangehörigkeit besäße (hierzu im folgenden zu 1. und 3.); zum anderen könnten beim Kläger – unabhängig von seiner deutschen Staatsangehörigkeit – weitere Zeiten einer Beschäftigung bei der Luftwaffe als Beitragszeiten zu berücksichtigen sein: dann nämlich, wenn der Kläger zu seinen Einsatzorten im Ausland entsandt gewesen wäre (hierzu im folgenden zu 2.).
1. Nach Art 116 GG ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung Deutscher, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder – diese Alternative scheidet hier aus – als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat (Art 116 Abs 1 GG). Es kommt daher für die Zahlung eines ungekürzten Rentenbetrags entscheidend darauf an, ob der Kläger die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Hiervon ist auch das LSG zutreffend ausgegangen. Soweit es allerdings die Rechtsauffassung vertreten hat, der Kläger habe mit dem Erwerb der tschechischen Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, weil er einen Antrag auf Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit weder gestellt noch die schriftliche Genehmigung hierzu erhalten habe, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Betreffend die deutsche Staatsangehörigkeit gilt folgendes:
Nach § 3 RuStAG vom 22. Juli 1913 (RGBl S 583) in der im BGBl III, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichten bereinigten Fassung wird die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt, besondere Erklärung, Annahme an Kindes Statt oder Einbürgerung erworben. Zur Regelung der Staatsangehörigkeit deutscher Volkszugehöriger durch Sammeleinbürgerungen in den Jahren 1938 bis 1945 wurde das StAngRegG vom 22. Februar 1955 (BGBl I S 65) erlassen. § 1 Abs 1 dieses Gesetzes führt diejenigen Bestimmungen auf, nach deren Maßgabe deutsche Volkszugehörige deutsche Staatsangehörige geworden sind, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit nicht ausgeschlagen haben, was nach § 5 StAngRegG noch bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes möglich war. Kinder eines nach § 1 Abs 1 StAngRegG Ausschlagungsberechtigten haben nach Absatz 2 dieser Vorschrift die deutsche Staatsangehörigkeit durch die in Absatz 1 aufgeführten Regelungen erworben, soweit sie nach deutschem Recht ihre Staatsangehörigkeit von ihm ableiten, unabhängig davon, ob dieser von seinem Ausschlagungsrecht Gebrauch gemacht hat. Verlusttatbestände sind nach § 17 RuStAG die Entlassung aus der deutschen Staatsangehörigkeit, der Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit, der Verzicht auf die deutsche Staatsangehörigkeit und die Annahme an Kindes Statt durch einen Ausländer. Für den Verlust durch Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit bestimmt § 25 Abs 1 RuStAG, daß ein Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat, seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit verliert, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Bei einem Antrag durch den gesetzlichen Vertreter tritt der Verlust nur unter den Voraussetzungen ein, unter denen nach § 19 RuStAG eine Entlassung beantragt werden könnte. Nach § 25 Abs 2 RuStAG verliert die deutsche Staatsangehörigkeit nicht, wem vor dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit erteilt wurde.
Nach den Feststellungen des LSG kommt für den Kläger – seine deutsche Volkszugehörigkeit vorausgesetzt – der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Wege der Sammeleinbürgerung unter den in § 1 Abs 1 StAngRegG aufgeführten Voraussetzungen, insbesondere durch den unter Buchstabe a aufgeführten Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen vom 20. November 1938 (RGBl II S 895) oder durch die unter Buchstabe c aufgeführte Verordnung über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. August 1939 (RGBl I S 815) iVm der Verordnung zur Regelung von Staatsangehörigkeitsfragen gegenüber dem Protektorat Böhmen und Mähren vom 6. Juni 1941 (RGBl I S 308) in Betracht (vgl Hailbronner/Renner, Komm zum Staatsangehörigkeitsrecht, 2. Aufl 1998, § 1 StAngRegG RdNrn 2, 3, 8 f). Die hiernach erworbene Staatsangehörigkeit besteht fort, wenn nicht ein Verlusttatbestand erfüllt oder eine Ausschlagung erfolgt ist. Davon ist auch das BSG in den Urteilen vom 22. Mai 1985 (12 RK 20/84 - SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 60) und 9. Juli 1980 (12 RK 66/79 – nicht veröffentlicht) ausgegangen. Der Nachweis einer Genehmigung für den Beibehalt der deutschen Staatsangehörigkeit bei (Wieder-)Erwerb der tschechischen (tschechoslowakischen) Staatsangehörigkeit ist erst erforderlich, wenn feststeht, daß der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit war – sie also insbesondere nicht ausgeschlagen hatte – und der Erwerb der tschechischen (tschechoslowakischen) Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag hin erfolgte (vgl BSG Urteil vom 9. Juli 1980 - 12 RK 66/79). Dazu fehlen tatsächliche Feststellungen des LSG. Solche Feststellungen erübrigen sich auch nicht deshalb, weil der Kläger von der ihm aufgezeigten Möglichkeit, ein Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren zu betreiben, keinen Gebrauch gemacht hat.
Ebenso wie für den früheren Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit haben die Gerichte auch die tatsächlichen Voraussetzungen für deren Verlust oder Ausschlagung für die Anwendung des § 1316 Abs 3 RVO selbst zu ermitteln. Eines besonderen Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahrens bedarf es nicht. Für den Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit iS von Art 116 GG verlangen die rentenrechtlichen Vorschriften, aber auch das RuStAG oder das StAngRegG keinen Staatsangehörigkeitsausweis, wie er nach den auf Grund § 39 RuStAG erlassenen Verwaltungsvorschriften erteilt wird. Dieser Ausweis hat keine konstitutive Wirkung; er dient zwar dem Nachweis der Staatsangehörigkeit, ist aber nicht die einzige Möglichkeit dazu (vgl Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Komm, Stand: Juni 1998, § 39 RuStAG RdNr 10; Schleser, Die Deutsche Staatsangehörigkeit, 4. Aufl 1980, S 326). Wenn nachgewiesen ist, daß der Kläger deutscher Volkszugehöriger ist und 1941 deutscher Staatsangehöriger durch Sammeleinbürgerung war, so sind mithin für die Beantwortung der Frage, ob die deutsche Staatsangehörigkeit des Klägers als Voraussetzung für einen höheren Rentenzahlbetrag heute noch besteht, Ermittlungen notwendig, ob rechtsvernichtende Tatsachen vorliegen, kraft derer die deutsche Staatsangehörigkeit seitdem verlorengegangen oder durch Ausschlagung (§ 3 StAngRegG) wieder entfallen ist.
Einer bestimmten Form bedarf es insoweit nur für eine Ausschlagung nach Inkrafttreten des StAngRegG (§§ 18 ff aaO) sowie für eine Entlassung und einen Verzicht (§§ 23 und 26 RuStAG). Soweit eine bestimmte Form nicht verlangt ist, müssen aber eindeutige Willenserklärungen vorliegen. Das gilt insbesondere beim Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit auf Antrag nach § 25 RuStAG; er setzt die Äußerung einer freien, unmittelbar auf den Erwerb der anderen Staatsangehörigkeit gerichteten Willensentscheidung voraus, auf der dieser Erwerb beruht, wobei es unerheblich ist, ob der ausländische Staat für den Erwerb einen Antrag verlangt (BVerwG Urteil vom 21. Mai 1985 - 1 C 12.84 - Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr 5). Das LSG wird daher insbesondere klären müssen, wann und unter welchen Umständen der Kläger seine tschechische (tschechoslowakische) Staatsangehörigkeit erworben hat und ob er vor Inkrafttreten des StAngRegG Erklärungen abgegeben oder ein Verhalten gezeigt hat, aus dem sich entnehmen läßt, daß er die durch die Sammeleinbürgerung erworbene deutsche Staatsangehörigkeit ausgeschlagen hat. Es kann sich dazu aller geeigneten Beweismittel bedienen, insbesondere auch eine Befragung des mitwirkungspflichtigen Klägers durchführen (beispielsweise unter Verwendung eines in der Auskunft des Bundesverwaltungsamtes vom 31. Oktober 1995 erwähnten, dort entwickelten Formblattantrages) sowie auf dieser Grundlage das Bundesverwaltungsamt erneut um eine gutachtliche Stellungnahme bitten. Die fehlende Bereitschaft des Klägers, ein Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren zu betreiben, entbindet das LSG nicht von der Pflicht, selbst die noch möglichen Ermittlungen anzustellen (vgl BSG Urteil vom 4. Februar 1988 - 5/5b RJ 96/86 - SozR 1500 § 103 Nr 27; Meyer-Ladewig, SGG-Komm, 6. Aufl 1998, § 103 RdNrn 15, 17). Nur wenn er sich grundlos weigert, dem Gericht nähere Angaben zu machen, obwohl er könnte und das ihm nicht unzumutbar ist, verletzt das Gericht seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) nicht, wenn es keine weiteren Ermittlungen anstellt und im Rahmen der tatrichterlichen Beweiswürdigung anspruchsbegründende Tatsachen als nicht erwiesen ansieht (BSG aaO).
2. Unabhängig davon, ob der Kläger iS des § 1316 Abs 3 RVO als Deutscher oder als Ausländer anzusehen ist, muß ferner geklärt werden, inwieweit – abgesehen von den von der Beklagten als Beitragszeiten im Geltungsbereich der RVO bereits anerkannten und nach § 1316 Abs 2 RVO berücksichtigten Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Luftwaffe in Würzburg bzw Langendiebach – weitere Beschäftigungs- und Beitragszeiten nach § 1318 Abs 3 RVO zu berücksichtigen sind, dh nach den Reichsversicherungsgesetzen entrichtete Beiträge als Beiträge im Geltungsbereich der RVO anzusehen sind. Das setzt zunächst eine Beschäftigung voraus. An dieser Voraussetzung kann es mangeln, wenn es sich um einen zwangsweisen Arbeitseinsatz zB im Rahmen einer staatlich vorgegebenen Dienstverpflichtung handelte (vgl Senatsurteil vom 18. Juni 1997 - 5 RJ 66/95 - BSGE 80, 250 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 15 mwN). Sodann kommt es aber nicht auf den Sitz des Versicherungsträgers, dem die Beiträge zuflossen, oder den Wohnort des Versicherten an, sondern auf den Beschäftigungsort, da die Versicherungspflicht an diesen anknüpft (vgl VerbandsKomm, § 1318 RVO Anm 10, Stand: 1985; Hauck/Haines/Klattenhoff, SGB VI-Komm, § 271 RdNr 7, Stand: 1991). Die Regelungen der RVO zum Beschäftigungsort stimmen im wesentlichen mit der Regelung des Beschäftigungsortes in § 9 SGB IV, in Kraft getreten am 1. Januar 1977, überein. § 153 Abs 1 RVO bestimmt zwar als Beschäftigungsort den Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich stattfindet. Die eigentliche Arbeitsstätte des Beschäftigungsbetriebs gilt aber nach § 153 Abs 2 RVO als Beschäftigungsort, wenn der Versicherte für eine kurze Zeit außerhalb beschäftigt wird. Ferner ist unter dem von der Rechtsprechung entwickelten, gesetzlich zunächst nicht geregelten Gesichtspunkt der Ausstrahlung bei einer Beschäftigung im Ausland eine fortdauernde Beschäftigung im Inland anzunehmen, wenn es sich um eine vorübergehende Ausdehnung der inländischen Betriebstätigkeit ins Ausland handelt (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Nachtrag März 1984, Bd 1, S 80n I; Maier/ Költzsch in Berliner Komm, Stand: Juni 1996, § 271 RdNr 7 jeweils mwN). Anders als nach § 9 Abs 6 iVm § 4 SGB IV war in den Fällen der Ausstrahlung der Ort der Beschäftigung in den RVO-Regelungen nicht gesetzlich bestimmt. Rechtsprechung und Praxis gingen unter Geltung der RVO vom inländischen Sitz der entsendenden Firma als Beschäftigungsort aus (VerbandsKomm, § 1318 Anm 10, Stand: 1985). Nicht erfaßt wurden erst im Ausland eingestellte Ortskräfte (BSG Urteil vom 26. Juni 1958 - 2 RU 135/55 - BSGE 7, 257, 265).
Wenn für den Kläger also nach reichsrechtlichen Vorschriften Pflichtbeiträge für eine Beschäftigung außerhalb des Deutschen Reichs entrichtet wurden, dann sind diese Beiträge als für eine Beschäftigung im Geltungsbereich des Gesetzes zurückgelegte Beitragszeiten iS von § 1318 Abs 1 und 3 RVO anzusehen, wenn für die Beschäftigung ein Anknüpfungspunkt zu einer Beschäftigung innerhalb dieses Gebiets vorhanden war (VerbandsKomm, § 1318 RVO Anm 10, Stand: 1. Juli 1985, Hauck/Haines/Klattenhoff, SGB VI-Komm, § 271 RdNr 8, Stand: 1991; Kärcher in GesamtKomm-SGB VI, Stand: 1995, § 271 Anm 5). Ein derartiger Anknüpfungspunkt könnte im Fall des Klägers vorhanden gewesen sein, wenn er bei seinem Auslandseinsatz weiterhin in einer solchen Beziehung zu einer im Geltungsbereich der RVO gelegenen, für das Deutsche Reich als Arbeitgeber handelnden Stelle stand, daß sein Arbeitseinsatz im Ausland sich als Entsendung im Rahmen der im Geltungsbereich ausgeübten Beschäftigung darstellt. Dazu bedarf es der Aufklärung, wie diese Beschäftigung gestaltet war, ob Arbeitgeber das Reich, handelnd durch eine im Geltungsbereich der RVO gelegene Behörde, war.
3. Ist der Kläger als berechtigter Deutscher anzusehen und ergibt sich, daß nicht alle Zeiten, für die von ihm Beiträge nach den Reichsversicherungsgesetzen entrichtet wurden, Beitragszeiten im Geltungsbereich des Gesetzes sind, so erhöht sich in Anwendung des § 1319 Abs 1 RVO der Rentenzahlbetrag unter Berücksichtigung auch der übrigen Beitragszeiten nur, wenn wenigstens 60 Beitragsmonate im Geltungsbereich des Gesetzes zurückgelegt sind oder – was hier allein in Betracht kommen dürfte – diese Monate überwiegen. Unabhängig von dieser Voraussetzung sind bei der Auslandsrente, wenn der Kläger als berechtigter Deutscher anzusehen ist, Zeiten des Wehrdienstes und der Kriegsgefangenschaft nach § 1320 Abs 1 Satz 2 RVO in vollem Umfang zu berücksichtigen, da diese Zeiten Ersatzzeiten iS von § 1251 Abs 1 Nr 1 RVO sind, die aufgrund der von der Beklagten schon anerkannten Beitragszeiten im Geltungsbereich des Gesetzes nach § 1251 Abs 2 Satz 1 RVO anrechenbar sind.
Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Fundstellen
Haufe-Index 542927 |
SGb 1999, 25 |