Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelaltersrente. Monatlicher Wert. Hochschullehrer. Beitrittsgebiet. Altersversorgung der Intelligenz. Besitzgeschützter Zahlbetrag. Zahlbetragsgarantie. Fiktiver Gesamtanspruch. Begrenzung. Gesamtbetrag. Sozialversicherungsanwartschaft. Versorgungsanwartschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Der fiktive Gesamtanspruch gemäß Anl. II Kap. VIII F III Nr. 8 EinigVtr i.V.m. § 25 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes (der DDR) zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen (RAnglG-DDR) ist auf höchstens 90 v. H. des im letzten Jahr vor Eintritt des fiktiven Versorgungsfalles erzielten durchschnittlichen Nettoverdienstes begrenzt.
2. Da die Normen des RAnglG-DDR nachrangig, lückenfüllend und übergangsrechtlich kraft ausdrücklichen bundesgesetzlichen Anwendungsbefehls und in dessen Grenzen als sekundäres Bundesrecht Anwendung finden, soweit sie nicht durch den EinigVtr verdrängt worden sind, blieb die Begrenzung des Gesamtbetrages aus Sozialversicherungsanwartschaft und Versorgungsanwartschaft nach (§ 24 Abs. 3 Buchstabe b S. 2 und) § 25 Abs. 1 Nr. 3 RAnglG-DDR nach Art. 9 Abs. 2 EinigVtr i.V.m. EinigVtr Nr. 9 Buchstabe b S. 2 bis zur Überführung weiter anzuwendendes Versorgungsrecht, an das die „Zahlbetragsgarantie” des EinigVtr Nr. 9 und damit auch des § 4 Abs. 4 AAÜG anknüpft.
Normenkette
AAÜG § 4 Abs. 4; AAÜG Anl. 1 Nr. 4; RAnglG § 25; EinigVtr Anl. II Kap. VIII F III Nr. 8; EinigVtr Anl. II Kap. VIII H III Nr. 9
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Februar 2003 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt die Festsetzung eines höheren Wertes seines Rechts auf Altersrente.
Der am 9. Dezember 1927 geborene Kläger ist approbierter Arzt und Zahnarzt. Bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1992 war er Professor an der Medizinischen Fakultät der E.…-Universität in G.…. Mit Versicherungsschein vom 5. Januar 1952 wurde er bereits mit Wirkung vom 1. Juli 1951 in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVI) einbezogen.
Ab 1. Januar 1993 erkannte die Beklagte dem Kläger das Recht auf Regelaltersrente (RAR) zu. Der Wert dieses Rechts wurde in verschiedenen Bescheiden festgesetzt (Bescheide vom 1. Oktober 1993, 29. September 1995 und 22. April 1996; Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 1998; Bescheide vom 25. August 1999, 4. November 1999, 30. Januar 2001 und 24. Januar 2002).
Auf seine Klagen hin änderte das Sozialgericht (SG) den “Bescheid vom 30. Januar 2001 und die vorhergehenden Rentenbewilligungsbescheide” und verurteilte die Beklagte, “der Rentenberechnung der Altersrente des Klägers ab 1. Januar 1993 Versorgungsanwartschaften aus der AVI in Höhe von 80 % zu Grunde zu legen” (Urteil vom 26. April 2001). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 12. Februar 2003) und ausgeführt: Das SG habe dem Kläger zutreffend einen Anspruch auf Berechnung des “besitzgeschützten Zahlbetrages” gemäß § 4 Abs 4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) idF des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (AAÜG-ÄndG) nach einem Versorgungssatz von 80 % aus der zusätzlichen Altersversorgung zugestanden. Die Beklagte habe zu Unrecht eine dem Kläger zustehende Versorgung von 60 % seines im letzten Jahr vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogenen durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts zu Grunde gelegt. Dem Kläger stehe nach der “Verordnung über die Vergütung der Hochschullehrer sowie der wissenschaftlichen und künstlerischen Assistenten und über die Emeritierung der Professoren” vom 12. Juli 1951 eine Rente aus der Zusatzversorgung nach einem Versorgungssatz von 80 % zu. Im Rahmen der Berechnung nach § 4 Abs 4 AAÜG sei die dem Kläger zustehende “Gesamtversorgung” auf 90 % des letzten durchschnittlichen Nettoentgelts zu begrenzen. Ausgehend von einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 4.023,40 Mark der DDR dürfte der am 30. Juni 1990 besitzgeschützte Betrag auf 3.620,70 Mark festzulegen sein.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte nicht mehr dagegen, dass bei der Festsetzung des “besitzgeschützten Zahlbetrages” für die fiktive Zusatzversorgungsrente ein Versorgungssatz von 80 vH des im letzten Jahr vor Eintritt des fiktiven Versorgungsfalles erzielten Bruttoentgelts zu Grunde gelegt wird. Sie rügt, dass das LSG im Urteilstenor die Begrenzung des Gesamtanspruchs auf höchstens 90 vH des im letzten Jahr vor Eintritt des fiktiven Versorgungsfalles erzielten durchschnittlichen Nettoverdienstes nicht beachtet habe. Aus der Tenorierung der Entscheidungen des SG und des LSG ergebe sich nicht, dass eine Begrenzung der Gesamtanwartschaft auf 90 vH des letzten maßgeblichen Nettoverdienstes (= 3.621,00 DM) zu erfolgen habe. Zwar finde sich in den Entscheidungsgründen des LSG ein Anhalt für eine Begrenzung. Hätte das LSG dieser Aussage Rechtskraft beimessen wollen, hätte es das Urteil des SG abändern müssen. Sie (die Beklagte) sei für Bezugszeiten vor dem 1. April 2001 von einem Garantiebetrag von 3.712,35 DM ausgegangen, der den zutreffenden Garantiebetrag von 3.621,00 DM übersteige.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Februar 2003 und Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Stralsund vom 26. April 2001 die Klage insoweit abzuweisen, als sie für Bezugszeiten zwischen dem 1. Januar 1993 und dem 31. März 2001 auf Berücksichtigung eines nach § 4 Abs 4 Satz 1 Nr 1 AAÜG zum 1. Juli 1990 garantierten Zahlbetrages von mehr als 3.712,35 DM und für Bezugszeiten ab 1. April 2001 auf Berücksichtigung eines nach § 4 Abs 4 Satz 1 Nr 1 AAÜG garantierten Zahlbetrages von mehr als 3.621 DM gerichtet ist.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren durch keinen beim Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten. Er hat seine Auffassung im Schreiben vom 4. August 2003 dargelegt.
Die Beklagte hat während des Revisionsverfahrens im Bescheid vom 18. Juli 2003 den Wert des Rechts des Klägers auf RAR für Bezugszeiten ab 1. September 2003 neu festgesetzt und über einen Nachzahlungsanspruch ab 1. April 2001 entschieden.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
1.a) Mit der Revision wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des LSG, mit dem dieses die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und damit das den Klagen stattgebende Urteil des SG bestätigt hat. Zu Recht rügt die Beklagte, das Urteil des LSG sei in sich widersprüchlich. Das SG hatte im Tenor seines Urteils die Beklagte verurteilt, “der Rentenberechnung der Altersrente des Klägers ab 1. Januar 1993 Versorgungsanwartschaften aus der AVI in Höhe von 80 vH zu Grunde zu legen”. Diese Entscheidung hat das LSG mit seinem Urteilsausspruch bestätigt. Zugleich hat es in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt, die dem Kläger zustehende “Gesamtversorgung” sei auf 90 vH des letzten durchschnittlichen Nettoentgelts zu begrenzen. Schon deshalb konnte das Urteil keinen Bestand haben.
b) Darüber hinaus hat das LSG Bundesrecht dadurch verletzt (§ 162 SGG), dass es das Klagebegehren des Klägers nicht umfassend geprüft hat. Der Kläger begehrt (§ 123 SGG) von Anfang an höhere Rente, dh die Feststellung eines höheren Wertes seines Stammrechts auf RAR. Dem Tenor des Urteils des SG lässt sich weder entnehmen, welche Entscheidungen der Beklagten das SG auf die Anfechtungsklage des Klägers hin aufgehoben hat (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), noch ergibt sich daraus, dass das SG im Rahmen der damit verbundenen Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG), die Beklagte zur Festsetzung eines höheren Werts seines Rechts auf RAR und zu entsprechend höheren Zahlungen zu verurteilen, die Rechtsprechung des Senats zur Feststellung des monatlichen Werts der RAR bei früher versorgungsberechtigt gewesenen Zugangsrentnern des Beitrittsgebiets, deren Rente – wie hier – in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 30. Juni 1995 beginnt, beachtet hat (vgl Urteile vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 112/00 R, SozR 3-8570 § 4 Nr 3 und B 4 RA 2/02 R, SozR 3-8570 § 4 Nr 4; Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 59/02 R).
2. Der Senat vermag auf Grund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht zu entscheiden, ob das Begehren des Klägers, für Bezugszeiten ab 1. Januar 1993 die bisher wirksamen Rentenhöchstwertfestsetzungen aufzuheben und stattdessen höhere Werte des Rechts auf RAR festzusetzen sowie entsprechend höhere Beträge (nach-)zuzahlen, Erfolg hat. Dem Urteil lässt sich nicht entnehmen, von welchem im maßgebenden Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1989 und 30. Juni 1990 erzielten Brutto- und Nettoarbeitsentgelt für die Bestimmung des durch den Einigungsvertrag (EinigVtr) “besitzgeschützten Zahlbetrages” auszugehen ist. Auch ist vom LSG nicht darüber entschieden und sind keine Feststellungen dazu getroffen worden, ob der jeweilige Monatsbetrag (§ 64 des Sozialgesetzbuches – Sechstes Buch – ≪SGB VI≫) des Stammrechts auf RAR ab 1. Januar 1993 richtig oder jedenfalls bindend festgesetzt und ferner, welcher “besitzgeschützte Zahlbetrag” jeweils maßgeblich war und wie hoch der fiktive “weiterzuzahlende Betrag” war. Eine Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen, von denen die Höhe dieser drei für jeden Bezugsmonat zu vergleichenden Werte abhängt, ist dem LSG-Urteil ebenso wenig zu entnehmen wie die Prüfung der Anfechtungsklagen, die sich gegen die in einzelnen Bescheiden der Beklagten verlautbarten Aufhebungen von bisherigen Feststellungen dieser Beträge in ihrem Mindestwert bzw auf sog Aussparungen richten.
3. Das LSG wird bei seiner Entscheidung Folgendes zu beachten haben:
a) Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers, die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsakte zu verpflichten, für alle Bezugszeiten ab 1. Januar 1993 jeweils einen höheren Wert seines Rechts auf RAR auf der Grundlage eines “besitzgeschützten Zahlbetrages”, ersatzweise des “weiterzuzahlenden Betrages” festzusetzen und entsprechend höhere Beträge (nach-)zuzahlen, ist § 4 Abs 4 AAÜG idF des 2. AAÜG-ÄndG. Das LSG ist im angefochtenen Urteil zutreffend davon ausgegangen, dass auf den Kläger die durch das 2. AAÜG-ÄndG geänderte Fassung des § 4 Abs 4 AAÜG, die den Regelungen des EinigVtr und deshalb den Vorgaben des Art 14 GG entspricht, Anwendung findet.
Das LSG hat angenommen, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs 4 AAÜG neuer Fassung (nF) hier vorliegen. Hierfür spricht nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts Folgendes: Bei der – stets vorab durchzuführenden – Prüfung, ob das AAÜG überhaupt anwendbar ist, kommt es darauf an, ob der Betroffene zum 1. August 1991 eine Versorgungsberechtigung iS von § 1 Abs 1 AAÜG hatte, die durch einen bindend gewordenen Verwaltungsakt oder durch ein rechtskräftiges Urteil festgestellt worden ist. Hierfür kommt nach der bisher bekannten Lage der Dinge allein der Akt der Einbeziehung in die AVI (Anlage 1 Nr 4 zum AAÜG) in Betracht. Die DDR hatte den damals 25-jährigen Kläger, dessen berufliche Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt das LSG nicht mitgeteilt hat, unter dem 5. Januar 1952 bereits mit Wirkung zum 1. Juli 1951 in dieses durch die Verordnung vom 12. Juli 1951, die am 17. Juli 1951 in Kraft trat, geschaffene zusätzliche Versorgungssystem aufgenommen. Die Einbeziehung war – aus bundesrechtlicher Sicht – ein Verwaltungsakt iS von Art 19 EinigVtr. Dieser ist ab 3. Oktober 1990 “wirksam geblieben”, falls er nicht iS von § 40 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu diesem Zeitpunkt nichtig war. Das Recht des Klägers auf RAR aus dem SGB VI hat am 1. Januar 1993 begonnen. Der Kläger hatte am 3. Mai 1990 seinen Wohnsitz im Beitrittsgebiet. Bei der Entscheidung über den monatlichen Wert des Rechts des Klägers auf RAR ist als maßgeblicher Wert für jeden Bezugsmonat der höchste Wert der drei nach § 4 Abs 4 AAÜG nF jeweils eigenständig festzusetzenden Werte festzustellen (vgl dazu Urteile des Senats vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 112/00 R, SozR 3-8570 § 4 Nr 3 S 9 ff und B 4 RA 2/02 R, SozR 3-8570 § 4 Nr 4 S 27 ff).
Dabei sind folgende Werte für alle Bezugszeiten ab 1. Januar 1993 zu vergleichen:
(1) Der der Rentenanpassung nach dem aktuellen Rentenwert (Ost) unterliegende Monatsbetrag der SGB VI-Rente ab Rentenbeginn,
(2) der “weiterzuzahlende Betrag”, dh der – nicht dynamisierte, entsprechend dem Recht des Beitrittsgebiets statische – Zahlbetrag, also der fiktive Gesamtanspruch aus Sozialversicherung und Zusatzversorgung (oder der Anspruch aus der Sonderversorgung) auf der Grundlage des am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet geltenden Rentenrechts und der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen leistungsrechtlichen Regelungen des maßgeblichen Versorgungssystems, einmalig erhöht um 6,84 vH (Beitragszuschuss zur Krankenversicherung der Rentner),
(3) der durch den EinigVtr Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 (EinigVtr Nr 9) Buchstabe b Satz 5 “besitzgeschützte Zahlbetrag”, dh der fiktive Gesamtanspruch, der für den 1. Juli 1990 nach dem zu diesem Zeitpunkt von der DDR neugestalteten Recht aus dem maßgeblichen Versorgungssystem und ggf der Sozialversicherung dem Versicherten materiell rechtmäßig zu zahlen gewesen wäre, wenn der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten wäre; dieser zum 1. Januar 1992 dynamisierbar gewordene Wert ist entsprechend den Anpassungsvorschriften für den aktuellen Rentenwert (§§ 63 Abs 7, 68 SGB VI) zu dynamisieren.
b) Streit besteht hier vor allem über die Höhe des festzustellenden “besitzgeschützten Zahlbetrages”, nämlich darüber, wie sich dieser fiktive Wert (zum 1. Juli 1990) errechnet. Das LSG ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 112/00 R, SozR 3-8570 § 4 Nr 3 S 10 ff) davon ausgegangen, dass der Kläger – einen Versorgungsfall zum 1. Juli 1990 unterstellt – bei der Emeritierung einen Anspruch auf die höchstmögliche Zusatzversorgungsaltersrente (80 vH des maßgeblichen durchschnittlichen Bruttoentgelts) gehabt hätte und deshalb bei der Ermittlung des “besitzgeschützten Zahlbetrages” der zugesagte Versorgungssatz von 80 vH des Durchschnittsbruttoeinkommens des letzten Jahres vor dem 1. Juli 1990 zuzüglich der Sozialversicherungsrente zu Grunde zu legen ist.
Das LSG hat jedoch – jedenfalls im Tenor – nicht berücksichtigt, dass der fiktive Gesamtanspruch gemäß Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 EinigVtr iVm § 25 Abs 1 Nr 3 des Gesetzes (der DDR) zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen (RAnglG-DDR) auf höchstens 90 vH des im letzten Jahr vor Eintritt des fiktiven Versorgungsfalles erzielten durchschnittlichen Nettoverdienstes begrenzt ist. Der Senat hat in den Entscheidungen vom 31. Juli 2002 (B 4 RA 112/00 R, SozR 3-8570 § 4 Nr 3 S 13 ff und B 4 RA 2/02 R, SozR 3-8570 § 4 Nr 4 S 30 ff) in Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung (vgl etwa BSGE 75, 262, 270 ff; 76, 136, 138; 77, 65, 69 f) dargelegt, dass die Normen des RAnglG-DDR nachrangig, lückenfüllend und übergangsrechtlich kraft ausdrücklichen bundesgesetzlichen Anwendungsbefehls und in dessen Grenzen als sekundäres Bundesrecht Anwendung finden, soweit sie nicht durch den EinigVtr verdrängt worden sind. Die Begrenzung des Gesamtbetrages aus Sozialversicherungsanwartschaft und Versorgungsanwartschaft nach (§ 24 Abs 3 Buchstabe b Satz 2 und) § 25 Abs 1 Nr 3 RAnglG-DDR blieb daher nach Art 9 Abs 2 EinigVtr iVm EinigVtr Nr 9 Buchstabe b Satz 2 bis zur Überführung weiter anzuwendendes Versorgungsrecht, an das die “Zahlbetragsgarantie” des EinigVtr Nr 9 und damit auch des § 4 Abs 4 AAÜG anknüpft.
4. Da nach alledem erforderliche Feststellungen des LSG insbesondere zu den Tatsachen fehlen, die für den dynamisierbaren “besitzgeschützten Zahlbetrag” für alle Bezugszeiten ab 1. Januar 1993 sowie die Werte des “weiterzuzahlenden Betrages” und des Monatsbetrages der SGB VI-Rente nach § 64 SGB VI erheblich sind, kann auch nicht beurteilt werden, welcher von diesen im jeweiligen Kalendermonat der höchste war.
Das LSG wird unter Würdigung auch aller Aufhebungs- und Ersetzungsentscheidungen der Beklagten, die der Kläger angefochten hat bzw die nach § 96 SGG Gegenstand der Anfechtungsklagen geworden sind, klären müssen, wie hoch diese Werte jeweils in jedem Bezugsmonat waren, soweit deren Festsetzung nicht bindend ist. Das LSG wird sich dabei auch mit der Rechtmäßigkeit von Rentenkürzungs- und Aussparungsentscheidungen der Beklagten zu befassen haben, insbesondere ob insoweit unentziehbar gewordene Aufhebungsansprüche aus § 42 Satz 2 SGB X in Betracht kommen könnten (vgl dazu BSGE 69, 247 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4; BSG SozR 3-8850 § 5 Nr 5; BSG Urteil vom 31. Oktober 2002 – B 4 RA 15/01 R, SozR 3-1300 § 24 Nr 22).
In diesem Zusammenhang wird das LSG auch über die Teilaufhebung und neue Wertfestsetzung im Bescheid vom 18. Juli 2003 zu befinden haben. Zwar gilt nach § 171 Abs 2 SGG ein Verwaltungsakt, der während des Revisionsverfahrens den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt, grundsätzlich als mit der Klage beim SG angefochten, dh das SG muss auf Grund dieser (gesetzlich fingierten) Klage entscheiden, ob die neuen Verwaltungsakte den Kläger in seinen Rechten verletzen, hier insbesondere, ob dem Kläger gegen die Beklagte höhere Rentenbeträge zustehen, als in dem Bescheid zuerkannt (vgl BSG SozR 3-8570 § 10 Nr 4 S 71). Ausnahmsweise tritt die Rechtsfolge der fiktiven Klageerhebung nach § 171 Abs 2 SGG – neben den im Gesetz ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen (ua Klaglosstellung) – nicht ein, wenn – wie hier – das Urteil des LSG aufgehoben und der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen wird. In diesem Fall ist der neue Verwaltungsakt nicht anders zu behandeln, als wenn er während des Berufungsverfahrens erlassen wäre (vgl BSGE 9, 78, 79). Die Entscheidungen der Beklagten vom 18. Juli 2003 sind demnach nach Aufhebung und Zurückverweisung Gegenstand des wieder rechtshängigen Berufungsverfahrens, mit der Folge, dass das LSG auch über deren Rechtmäßigkeit zu entscheiden hat.
5. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
Fundstellen