Verfahrensgang
Hessisches LSG (Urteil vom 20.03.1990) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers und die Anschlußrevision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. März 1990 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich mit seiner – vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen – Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts (LSG), durch das seiner Berufung nur teilweise stattgegeben worden ist. Die Anschlußrevision des Beklagten richtet sich gegen diesen Teil des Berufungsurteils. Der ehrenamtliche Richter L., der an diesem Urteil mitgewirkt hat, war als Leiter des Versorgungsamtes am Verwaltungsverfahren beteiligt, das dem Rechtsstreit vorausgegangen ist. Die beiden Beteiligten beanstanden dies als Verfahrensfehler. Der Kläger macht außerdem als Verfahrensmängel die Verwertung eines Gutachtens geltend, das nicht durch den beauftragten Sachverständigen erstattet worden sein soll, und eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs.
Der Kläger verfolgt mit seinem Sachantrag eine weitergehende Versorgung wegen einer traumatischen Hirndauerschädigung. Hilfsweise beantragt er,
das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen
und stellt den gleichen Hilfsantrag wie der Kläger.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers und die unselbständige Anschlußrevision des Beklagten (§ 202 Sozialgerichtsgesetz -SGG- iVm § 556 Abs 1 und 2 Satz 1 und 2 Zivilprozeßordnung -ZPO-; BSGE 8, 24, 29) haben insofern Erfolg, als das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Das Berufungsurteil beruht, wie beide Beteiligte zutreffend gerügt haben, auf einem unbedingten Revisionsgrund (§ 202 SGG iVm § 551 Nr 2 ZPO; BSGE 40, 130, 133 = SozR 1750 § 41 Nr 1). An dieser Entscheidung hätte der ehrenamtliche Richter L. nicht mitwirken dürfen, weil er von der Ausübung des Richteramtes in diesem Rechtsstreit ausgeschlossen war (§ 60 Abs 2, § 33 Satz 1 SGG; § 1 Deutsches Richtergesetz). Er hatte nämlich als Leiter des Versorgungsamtes G. … den angefochtenen Verwaltungsakt vom 1. Dezember 1971 über die Ablehnung eines Zugunstenbescheides unterzeichnet und auf den Widerspruch des Klägers eine weitere Sachaufklärung veranlaßt sowie die Erteilung eines Abhilfebescheides (§ 85 Abs 1 SGG) abgelehnt.
Der Kläger hat das Recht, eine Revision auf die unrichtige Besetzung des LSG zu stützen, nicht dadurch verloren, daß er sich auf die Verhandlung vor dem nicht richtig besetzten Berufungsgericht eingelassen und dort einen Antrag gestellt hat, ohne den Ausschlußgrund geltend zu machen. Dies gilt nach der gemäß § 60 Abs 1 Satz 1 SGG entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 43 ZPO allein für die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 42 ZPO, aber nicht für die Ausschlußgründe nach § 41 ZPO und damit auch nicht für den speziell in § 60 Abs 2 SGG geregelten Ausschlußgrund der Mitwirkung am vorausgegangenen Verwaltungsverfahren.
Da an dem Berufungsurteil ein kraft Gesetzes ausgeschlossener Richter mitgewirkt hat, ist die Entscheidung ohne Prüfung der außerdem vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler aufzuheben.
Das LSG hat nunmehr in rechtmäßiger Besetzung erneut über die Berufung des Klägers zu entscheiden. Es sollte dabei die weiteren Verfahrensrügen beachten. Das Berufungsgericht hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.
Fundstellen