Entscheidungsstichwort (Thema)
Impfschadensrecht. Impfschaden. Gesundheitsschaden. Kausalität. Beweislast. Beweiserleichterung. Epilepsie. Mehrfachschutzimpfung
Orientierungssatz
1. Im Impfschadensrecht gelten für die dem Tatrichter obliegende Feststellung von Ursachenzusammenhängen grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie in Fällen des BVG, denn die Aufklärungsschwierigkeiten im Impfschadensrecht entsprechen insoweit typischerweise denen des BVG (vgl BSG vom 19.8.1981 - 9 RVi 5/80 = SozR 3850 § 52 Nr 1). Dies bedeutet: Läßt sich die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht ermitteln, wirkt sich dies zu Lasten des Antragstellers aus. Im Impfschadensrecht kommt bei unaufgeklärtem Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und dauerndem Gesundheitsschaden eine Beweislastumkehr nicht in Betracht. Nichts anderes gilt für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Impfschaden, denn im Impfschadensrecht ist für die Anerkennung eines Impfschadens als anspruchsbegründender Umstand bereits gesetzlich eine Beweiserleichterung geschaffen worden, nämlich daß die Wahrscheinlichkeit für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Impfung und Impfschaden sowie der dauernden Gesundheitsstörung genügt (vgl §§ 52 Abs 2 S 1, 51 Abs 1 S 1 BSeuchG iVm § 1 Abs 3 S 1 BVG).
2. Die vom BSG im Opferentschädigungsrecht (Urteil vom 18.10.1995 - 9/9a RVg 4/92 = SozR 3-3800 § 1 Nr 4 = BSGE 77, 1-7) ausnahmsweise für die Frage des Ursachenzusammenhangs zwischen Gewalttat und seelischer Erkrankung zugelassene Beweiserleichterung ist nicht auf die Fälle übertragbar, in denen es nicht um die Ursachen für eine seelische Erkrankung geht, für die nicht nur ein bestimmter schädigender Vorgang, sondern viele davorliegende Ursachen der Lebensführung, Veranlagung oder zB auch Umwelteinflüsse in Betracht kommen.
Normenkette
BSeuchG § 51 Abs. 1 S. 1, § 52 Abs. 1, 2 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob beim Kläger bestehende Gesundheitsstörungen als Impfschadensfolge nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) anzuerkennen sind und ihm deshalb Versorgung zu gewähren ist.
Der am 26. Dezember 1989 geborene Kläger wurde erstmals am 27. April 1990 gegen Polio, Diphtherie und Tetanus geimpft. Am 12. Juni 1990 erfolgte eine weitere derartige Mehrfachschutzimpfung. Am 17. Juni 1990 bemerkten die Eltern des Klägers erstmals bei ihm das Auftreten von Krämpfen. Deshalb wurde er am 22. Juni 1990 im Kreiskrankenhaus A. ambulant und ab 23. Juni 1990 stationär behandelt. Nach Weiterverlegung in die Kinderklinik des Klinikums der Universität U. diagnostizierte die Oberärztin Dr. L. in ihrem Arztbrief vom 17. August 1990 ein West-Syndrom (andere Bezeichnung für BNS-Epilepsie), eine Hypogammaglobulinämie sowie eine psychomotorische Retardierung. Den Antrag des Klägers vom 17. Juni 1991 auf Gewährung von Versorgung wegen eines Impfschadens lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 7. November 1991 und Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 1992 mit der Begründung ab, bei dem Kläger lägen nicht die Folgen eines Impfschadens, sondern ein anlagebedingtes cerebrales Krampfleiden vor.
Die dagegen erhobene Klage blieb - nach Beweisaufnahme - insbesondere der Einholung von Sachverständigengutachten vom Leitenden Arzt am Epilepsie-Zentrum K., des Dr. S. sowie des ehemaligen Direktors der Landeskinderklinik N.-K., Prof. Dr. K., erfolglos (Urteil vom 6. Februar 1996). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen des Klägers und des beigeladenen Landeswohlfahrtsverbandes Württemberg-Hohenzollern nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. K. unter Bezugnahme auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils zurückgewiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, mangels weiterer Erkenntnismöglichkeiten könne eine wahrscheinliche Mitursächlichkeit der Impfung für die beim Kläger auftretenden BNS-Krämpfe nicht festgestellt werden, so daß der Kläger nach dem Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast die nachteiligen Folgen der Nichtfeststellbarkeit des Ursachenzusammenhangs tragen müsse. Eine (weitere) Beweiserleichterung oder Beweislastumkehr - wie sie das Bundessozialgericht (BSG) ausnahmsweise im Opferentschädigungsrecht für den Ursachenzusammenhang zwischen einer Gewalttat und einer danach aufgetretenen seelischen Erkrankung zugelassen habe - komme im Impfschadensrecht nicht in Betracht.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beigeladene eine Verletzung des § 52 Abs 2 Satz 1 BSeuchG. Der Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung des Klägers und dem unmittelbar danach aufgetretenen Gesundheitsschaden müsse als wahrscheinlich angesehen werden. Nach den ausgewerteten medizinischen Unterlagen sei es nicht wahrscheinlicher, daß die Behinderung des Klägers auf die Placentainsuffizienz seiner Mutter zurückgehe. Das BSG habe im Urteil vom 18. Juli (richtig: Oktober) 1995 - 9/9a RVg 4/92 - auf einen allgemeinen Grundsatz im Opferentschädigungsrecht hingewiesen, wonach die gesetzliche Wahrscheinlichkeitsvermutung nur dadurch zu widerlegen sei, daß das Gericht im Einzelfall voll überzeugt werde, das schädigende Ereignis scheide als Ursache aus. Dies müsse auch im Impfschadensrecht gelten. Da im vorliegenden Fall nicht bewiesen werden könne, daß der Vorschaden alleinige Ursache der jetzigen Behinderung sei, habe der Kläger Anspruch auf Versorgungsleistungen wegen eines Impfschadens.
Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. Februar 1996 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. November 1996 und den Bescheid des Beklagten vom 7. November 1991 idF des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 1992 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, die Mehrfachbehinderung des Klägers als Impfschaden anzuerkennen und ihm ab 1. Juni 1990 die entsprechenden Versorgungsbezüge nach einer MdE von 100 vH zu gewähren.
Der Kläger, der selbst keine Revision eingelegt hat, schließt sich diesem Antrag an.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. B
Nach § 51 Abs 1 BSeuchG erhält, wer durch eine Impfung, die gesetzlich vorgeschrieben oder ... von einer zuständigen Behörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen worden ist, einen Impfschaden erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Ein Impfschaden ist nach § 52 Abs 1 Satz 1 BSeuchG ein über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden.
Nach der Rechtsprechung des BSG besteht danach Anspruch auf Versorgung, wenn durch eine dementsprechende Impfung ein Impfschaden iS des § 52 Abs 1 Satz 1 BSeuchG sowie ein darauf beruhender andauernder Gesundheitsschaden nachgewiesen sind. Impfschaden und Gesundheitsstörung müssen nach § 52 Abs 2 Satz 1 BSeuchG bzw § 51 Abs 1 Satz 1 BSeuchG iVm § 1 Abs 3 Satz 1 BVG jeweils nur wahrscheinlich durch die Impfung verursacht sein, dh es muß mehr für als gegen einen solchen Kausalzusammenhang sprechen (vgl BSGE 60, 58 = SozR 3850 § 51 Nr 9; BSG SozR 3850 § 51 Nrn 8, 10; § 52 Nr 1). Die Legaldefinition in § 52 Abs 1 Satz 1 BSeuchG stellt klar, daß Impfschaden nicht jede Gesundheitsstörung ist, die mit Wahrscheinlichkeit auf der Impfung beruht, sondern nur der über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende. Welche Impfreaktionen danach als Impfschäden anzusehen sind, läßt sich im allgemeinen den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) - jeweils Nr 57 der AHP 1983 und AHP 1996 - entnehmen. Die AHP geben den der herrschenden medizinischen Lehrmeinung, das ist die sog Schulmedizin, entsprechenden aktuellen Kenntnis- und Wissenstand wieder, ua auch über die Auswirkungen und Ursachen von Gesundheitsstörungen nach Impfungen. Die als medizinische Sachverständige tätigen Gutachter und die Versorgungsverwaltungen sind an die in den AHP enthaltenen Erkenntnisse für Begutachtungen bzw Entscheidungen über Anträge auf Versorgung gebunden (vgl BSG SozR 3-3870 § 3 Nr 5 sowie BVerfG SozR 3-3870 § 3 Nr 6). Zwar beruhen die AHP weder auf dem Gesetz, noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften, so daß sie keinerlei Normqualität haben. Dennoch wirken sie in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit, haben deshalb normähnlichen Charakter und sind im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen heranzuziehen (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl zB BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 19 mwN).
Das LSG hat diese Maßstäbe beachtet und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils folgende Feststellungen getroffen: Die Polio-, Diphtherie- und Tetanus-Impfung des Klägers vom 12. Juni 1990 erfolgte aufgrund einer öffentlichen Empfehlung, nämlich der Bekanntmachung des Innenministeriums von Baden-Württemberg vom 30. August 1972 (JABl 1972, 1187). Die am 17. Juni 1990 beim Kläger erstmals aufgetretenen Krämpfe beruhten auf einer prä- und/oder perinatal erworbenen BNS-Epilepsie, die sich typischerweise zwischen dem zweiten und achten Lebensmonat manifestiert. Zwar können auch Polio-Impfungen als Impfreaktion BNS-Anfälle verursachen. Doch ist diese medizinisch-theoretische Möglichkeit im Falle des Klägers nicht wahrscheinlich. Dies ergibt sich nach der Überzeugung des LSG aus dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. S. und letztlich auch aus dem des Prof. Dr. K. Dieser habe zwar vertreten, daß die Impfung vom 12. Juni 1990 eine gelegenheitsursächliche oder aber eine teilursächliche Rolle für die Auslösung des Anfallsleidens "gespielt haben dürfte". Sein Gutachten begründe aber dennoch keine wahrscheinliche Mitursächlichkeit "der Impfung für die BNS-Krämpfe", denn eine Entscheidung zwischen diesen beiden Möglichkeiten könne, wie Prof. Dr. K. ausgeführt habe, mangels weiterer Erkenntnismöglichkeiten nicht getroffen werden.
Die Angriffe der Revision richten sich lediglich gegen die Feststellung des LSG, es liege kein Impfschaden vor. Sie gehen indes fehl.
Nach der Rechtsprechung des BSG gelten im Impfschadensrecht für die dem Tatrichter obliegende Feststellung von Ursachenzusammenhängen grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie in Fällen des BVG, denn die Aufklärungsschwierigkeiten im Impfschadensrecht entsprechen insoweit typischerweise denen des BVG (vgl BSG SozR 3850 § 52 Nr 1 mwN). Dies bedeutet: Läßt sich die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht ermitteln, wirkt sich dies zu Lasten des Antragstellers aus. In der genannten Entscheidung hat das BSG zudem vertreten, daß im Impfschadensrecht bei unaufgeklärtem Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und dauerndem Gesundheitsschaden keine Beweislastumkehr in Betracht kommt. Nichts anders gilt für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Impfschaden, denn im Impfschadensrecht ist für die Anerkennung eines Impfschadens als anspruchsbegründender Umstand bereits gesetzlich eine Beweiserleichterung geschaffen worden, nämlich daß die Wahrscheinlichkeit für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Impfung und Impfschaden sowie der dauernden Gesundheitsstörung genügt (vgl §§ 52 Abs 2 Satz 1, 51 Abs 1 Satz 1 BSeuchG iVm § 1 Abs 3 Satz 1 BVG). Bei dieser Sachlage besteht in Fällen eines bereits gesetzlich normierten erleichterten Maßstabs für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen jedenfalls in der Regel kein Anlaß, aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung von dem normierten Maßstab abzugehen. Dies kann allenfalls für besonders gelagerte Sachverhalte in Betracht kommen.
Um eine solche besondere Konstellation handelte es sich bei dem vom Senat am 18. Oktober 1995 - 9/9a RVg 4/92 - entschiedenen Fall (vgl BSGE 77, 1 ff = SozR 3-3800 § 1 Nr 4). Zu beurteilen war, ob die Klägerin als Opfer einer versuchten Vergewaltigung Anspruch auf Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) hatte, weil sie seither an einer schweren psychischen Krankheit litt, oder ob dies nicht der Fall war, weil eine vor der Gewalttat bestehende neurotische Störung durch die Gewalttat lediglich vorübergehend verschlimmert worden war. Der Senat hat den geltend gemachten Anspruch trotz Zweifel am ursächlichen Zusammenhang zwischen Schädigung und Krankheit bejaht, weil die Zweifel - anders als im allgemeinen Beweisrecht - nicht zu Lasten der Klägerin gehen konnten. Denn in dem besonderen Fall einer seelischen Krankheit, die vor allem auch auf seelischen Einwirkungen beruhe, könne, anders als für Verletzungen des Körpers, kaum je überzeugend festgestellt werden, daß der rechtswidrige tätliche Angriff die entscheidende Ursache war. Veranlagung, Umwelteinflüsse, Lebensführung und andere Vorgänge im Lebenslauf des Geschädigten seien praktisch immer als mehr oder weniger wirkende Mitursachen festzustellen, jedoch nicht sachgerecht zu gewichten. Medizinische Gutachten könnten in solchen Fällen von seelischen Erkrankungen regelmäßig nichts in der gesetzlichen Krankenversicherung Überzeugendes zum Ursachenzusammenhang aussagen, weil sich offenbar nicht eindeutig klären lasse, ob und nach welchem psychischen Mechanismus die Gewalttat das Dauerleiden herbeigeführt habe oder ob und in welchem Umfang schon eine Anlage von Krankheitswert vorhanden gewesen sei. In solchen Fällen komme ein Ursachenzusammenhang überhaupt nur in Betracht, wenn feststehe, daß eine bestimmte Belastung allgemein geeignet sei, Krankheiten dieser Art hervorzurufen. Insoweit seien die jeweils geltenden AHP (vgl BSGE 72, 284 = SozR 3-3870 § 4 Nr 6) zu beachten.
Aus den bindenden Feststellungen des LSG ergebe sich, daß die Klägerin an einer Krankheit leide, die als mögliche Folge solcher Belastungen dort aufgeführt sei. Diese Möglichkeit habe sich zur Wahrscheinlichkeit verdichtet. Dazu habe es keiner weiteren tatsächlichen Ermittlungen bedurft, vielmehr sei der im Wiedergutmachungsrecht (§ 15 Abs 1 Satz 2 iVm § 14 Abs 1 Satz 2 Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ≪BEG≫ idF vom 18. September 1953 - BGBl I, 1387 sowie § 28 Abs 2 iVm § 15 Abs 2 BEG idF vom 29. Juni 1956 - BGBl I, 559) geltende Rechtsgedanke der Beweislastumkehr heranzuziehen, wenn eine Krankheit als Verfolgungsschaden geltend gemacht werde, die während oder nach einer besonders schweren nationalsozialistischen Gewalttat, nämlich einer Deportation oder Freiheitsentziehung, aufgetreten sei. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf § 5 SGB I auch für das Gewaltopferentschädigungsrecht. Die durch Beweislastumkehr bestärkte wahrscheinliche Kausalität könne in derartigen Fällen lediglich durch eine andere sichere Kausalität, nicht durch eine ebenfalls nur wahrscheinliche widerlegt werden.
Diese rechtlichen Überlegungen sind auf den Fall des Klägers nicht übertragbar. Anders als in dem entschiedenen OEG-Fall geht es hier nicht um die Ursachen für eine seelische Erkrankung, für die nicht nur ein bestimmter schädigender Vorgang, sondern viele davorliegende Ursachen der Lebensführung, Veranlagung oder zB auch Umwelteinflüsse in Betracht kommen. Was tatsächlich die seelische Störung hervorgerufen hat oder ob eine schon vorhandene seelische Erkrankung durch eine Gewalttat richtunggebend verschlimmert worden ist, läßt sich erfahrungsgemäß nur selten eindeutig klären. Dies war die Ausgangsüberlegung dafür, ausnahmsweise für die Frage des Ursachenzusammenhangs zwischen Gewalttat und seelischer Erkrankung eine (weitere) Beweiserleichterung im OEG-Recht zuzulassen. Derartige und auch die weiteren in jenem Fall erheblichen Gesichtspunkte spielen im Falle des Klägers keine entscheidende Rolle. Bei ihm geht es um Aufklärungsprobleme in seinem Einzelfall, denn wie insbesondere der Sachverständige Prof. Dr. K. ausgeführt hat, sei nicht aufklärbar, ob der jetzige Krankheitszustand des Klägers allein durch das anlagebedingte Leiden oder auch durch eine Impfschädigung hervorgerufen worden ist. Derartige Aufklärungsschwierigkeiten treten aber nicht generell auf, wenn ein Kind, bei dem eine BNS-Epilepsie besteht, geimpft wird und die anlagebedingte Gesundheitsstörung nach der Impfung erst erkennbar wird. Denn die Folgen einer Impfschädigung und das Erscheinungsbild der BNS-Epilepsie lassen sich nach den im vorliegenden Fall eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen in aller Regel voneinander abgrenzen.
Ähnlich wie in vielen Fällen aus der Kriegsopferversorgung geht es also nur um die Klärung der Zusammenhangsfrage, ob neben einem Vorschaden eine weitere wesentliche Bedingung - ein Impfschaden - zu der bestehenden dauernden Gesundheitsstörung des Klägers geführt hat. Die Aufklärungsprobleme für diese Feststellung sind aber generell nicht größer als in entsprechenden Fällen des Kriegsopferversorgungsrechts, denn auch in solchen Fällen können schädigungsunabhängige Ursachen den gesundheitlichen Zustand des Antragstellers wesentlich bestimmt haben, so daß die Anerkennung von Schädigungsfolgen, weil nicht wesentlich mitursächlich, ausscheiden kann.
Da hier nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten ein Impfschaden nicht als mitursächlich festzustellen ist, hat der Kläger die Beweislast für die Nichtfeststellbarkeit dieser Tatsache zu tragen.
Eine nach § 1 Abs 3 Satz 2 BVG vorgesehene Kann-Versorgung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Gutachter haben eindeutig verneint, daß die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge der Impfschädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht (vgl auch § 52 Abs 2 Satz 2 BSeuchG).
Aus diesen Gründen war die Revision des Beigeladenen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen