Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuberechnung des Jahresarbeitsverdienstes. voraussichtliche Beendigung der Berufsausbildung. Abbruch der Ausbildung. Gründe des Abbruchs
Orientierungssatz
1. Eine Neuberechnung des Jahresarbeitsverdienstes nach § 573 Abs 1 RVO kommt nicht in Betracht, wenn der Verletzte die Ausbildung aus unfallunabhängigen Gründen abbricht oder die Abschlußprüfung nicht besteht, ohne daß die Unfallfolgen wesentlich dazu beitragen. Als entscheidend ist anzusehen, ob die Gründe, aus denen der Verletzte seine Ausbildung abbricht, wesentlich durch die Folgen des Unfalls bedingt sind.
2. Zur Neuberechnung des Jahresarbeitsverdienstes nach § 573 Abs 1 RVO bei einer Verletzten, die ihr Studium an einer Pädagogischen Hochschule nach einer durch den Arbeitsunfall bedingten Verzögerung des Studiums und der Abschlußprüfungen wegen der dann erhaltenen Informationen über die schlechten Berufsaussichten der Lehrer beendet und eine Stelle als Umweltberaterin aufgenommen hat.
Normenkette
RVO § 573 Abs 1 S 1; RVO § 573 Abs 1 S 2; BBesG § 19a
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 21.12.1989; Aktenzeichen L 7 U 1932/88) |
SG Mannheim (Entscheidung vom 09.08.1988; Aktenzeichen S 1/6 U 94/87) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob und ggfs wie der Jahresarbeitsverdienst (JAV), welcher der an die Klägerin gewährten Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zugrundeliegt, nach § 573 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) neu zu berechnen ist.
Die im Jahre 1958 geborene Klägerin studierte im Wintersemester 1983/84 im 8. Semester an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Heidelberg mit dem Ziel, nach dem Sommersemester 1984 das Studium zu beenden und die Prüfungen für das Lehramt an der Grund- und Hauptschule abzulegen. Sie erlitt am 18. November 1983 als Studentin einen Verkehrsunfall, für deren Folgen der Beklagte vom 31. Mai 1984 an Verletztenrente, seit November 1985 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vH auf der Grundlage eines Mindest-JAV (§ 575 Abs 1 Nr 1 RVO) gewährt (Bescheid vom 26. Juni 1986). Nach einer Erholungskur im Sommer 1984 und einem stationären Heilverfahren im Januar/Februar 1985 nahm sie im Sommersemester 1985 das Studium wieder auf. Während der Semesterferien arbeitete sie von Februar bis Mai 1986 halbtags am Institut für Energie- und Umweltforschung (IfEU) in Heidelberg. Zum Wintersemester 1986/87 gab sie das Studium auf, übernahm an diesem Institut zum 1. September 1986 eine Stelle als Umweltberaterin und wechselte zum 1. Dezember 1986 an das Umwelt- und Prognoseinstitut (UPI) in Heidelberg, bei dem sie seitdem als Umweltberaterin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit mit einem Gehalt entsprechend der Vergütungsgruppe III Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) beschäftigt ist.
Im November 1986 beantragte die Klägerin die Neufeststellung des JAV: Sie habe infolge der unfallbedingten Verzögerung ihres Studiums keine Aussicht gehabt, eine Lehrerstelle zu bekommen. Hierüber sei sie im Sommersemester 1986 von einem Vertreter des Kultusministeriums im Rahmen einer Informationsveranstaltung an der PH unterrichtet worden. Sie habe daher nach beruflichen Alternativen gesucht. Nur aufgrund ihrer während des Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten sei sie nach einer Probezeit als Umweltberaterin fest angestellt worden.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1986 lehnte der Beklagte eine Neuberechnung des JAV nach § 573 Abs 1 RVO ab, weil die Klägerin ihr Studium nicht wegen der Unfallfolgen, sondern wegen der derzeit schlechten Berufsaussichten für das Lehreramt abgebrochen habe. Damit habe sie die Hochschulausbildung nicht erfolgreich beendet.
Das Sozialgericht (SG) hat unter Abänderung des angefochtenen Bescheids den Beklagten verurteilt, der Verletztenrente der Klägerin ab 1. September 1986 einen JAV nach Vergütungsgruppe III BAT zugrunde zu legen (Urteil vom 9. August 1988). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß es den Beklagten verurteilt hat, der Verletztenrente der Klägerin ab 1. September 1986 einen JAV der Besoldungsgruppe A 11 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zugrunde zu legen (Urteil vom 21. Dezember 1989). Zur Begründung hat es ua aufgeführt, ohne den Unfall hätte die Klägerin voraussichtlich nach dem Sommersemester 1984 die erste Lehramtsprüfung und im Sommer 1986 nach dem ebenfalls als Ausbildung geltenden Referendariat die zweite Lehramtsprüfung abgelegt. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Klägerin ohne das Unfallereignis ihre Ausbildung nicht zu diesem Zeitpunkt beendet hätte. Auch sei ein "Versagen in der Ausbildung" aufgrund der vorgelegten Studienunterlagen und der nunmehr ausgeübten Tätigkeit nicht anzunehmen. Vielmehr habe die Klägerin wegen der schon im Jahre 1986 und später kaum vorhandenen Einstellungsmöglichkeiten als Lehrerin die Gelegenheit ergriffen, einen gleichwertigen Arbeitsplatz anzunehmen. Dem JAV sei daher das Entgelt einer Grundschullehrerin, und zwar nach dem vollen Betrag der Eingangsbesoldungsgruppe A 11 BBesG zugrunde zu legen.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Beklagte eine Verletzung formellen (§ 128 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) und materiellen Rechts (§ 573 Abs 1 Satz 1 und Abs 1 Satz 2 RVO). Eine Erhöhung des JAV nach § 573 Abs 1 RVO komme dann nicht in Betracht, wenn die Ausbildung aus unfallunabhängigen Gründen beendet worden sei. Das sei hier der Fall, weil die Entscheidung der Klägerin, das Studium nicht fortzusetzen, ausschließlich auf den ungünstigen Arbeitsmarktbedingungen beruhe. Da § 573 Abs 1 Satz 1 RVO die Verpflichtung enthalte, das voraussichtliche Ende der Ausbildung nach den Verhältnissen zu bestimmen, wie sie ohne den Arbeitsunfall vorgelegen hätten, sei es hier gerade nicht zu einer "Beendigung der Ausbildung" gekommen. Denn die Klägerin habe aus eigenem Entschluß auf die Beendigung der Ausbildung verzichtet. Unabhängig davon stelle das LSG die Klägerin besser als alle anderen Kollegen, die 1986 einen Lehrauftrag erhalten hätten. Dies widerspreche dem Wortlaut des § 573 Abs 1 Satz 2 RVO, der auf die tatsächlichen Verhältnisse abstelle. Schließlich verstoße die Beweiswürdigung des LSG, die Klägerin hätte nach Beendigung ihrer Ausbildung am 1. September 1986 als Neubewerberin für die Lehreranstellung zur Verfügung gestanden, gegen allgemeine Denkgesetze, da nicht berücksichtigt worden sei, daß sie auch ohne Unfall im Frühjahr 1986 beim IfEU gearbeitet hätte.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21. Dezember 1989 abzuändern und das Urteil des SG Mannheim vom 9. August 1988 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat das LSG im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der Beklagte verpflichtet ist, den JAV nach § 573 Abs 1 Satz 1 RVO neu zu berechnen und nach Satz 2 dieser Vorschrift der neuen Berechnung die Besoldungsgruppe A 11 BBesG zugrunde zu legen.
Nach § 573 Abs 1 RVO ist der JAV, wenn sich der Verletzte noch in einer Schul-oder Berufsausbildung befand, für die Zeit nach der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung neu zu berechnen, soweit das für den Berechtigten günstiger ist. Der neuen Berechnung ist das Entgelt zugrunde zu legen, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarif festgesetzt ist oder sonst ortsüblich ist. Diese Vorschrift enthält eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Verdienstverhältnisse des Verletzten im Jahr vor dem Arbeitsunfall für die Zukunft maßgebend bleiben und spätere Erwerbsaussichten nicht berücksichtigt werden (BSGE 47, 137, 140; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 575c; Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, § 573 RdNr 3); ihr liegt der Gedanke zugrunde, daß die zur Zeit des Arbeitsunfalls in einer Schul- oder Berufsausbildung Stehenden vom Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung an hinsichtlich der Berechnung des JAV so zu stellen sind, als ob sie den Arbeitsunfall erst in diesem Zeitpunkt erlitten hätten (BSGE aaO; BSG SozR 2200 § 573 Nr 11).
Nach den Feststellungen des LSG befand sich die Klägerin zur Zeit des Arbeitsunfalls als Studentin an der PH in einer Berufsausbildung. Entgegen der Auffassung der Revision sind auch die weiteren Voraussetzungen für die Erhöhung des JAV, insbesondere die vom Beklagten hervorgehobene "voraussichtliche Beendigung der Ausbildung" gegeben. Mit diesem Tatbestandsmerkmal bestimmt das Gesetz zum einen den Zeitpunkt, ab dem die Neuberechnung des JAV zu erfolgen hat. Außerdem nimmt dieses Tatbestandsmerkmal Bezug auf die individuellen Verhältnisse des Verletzten und den zu erwartenden Verlauf seiner Ausbildung. Die Erhöhung des JAV nach § 573 Abs 1 RVO hängt dementsprechend davon ab, wann der Verletzte - den Arbeitsunfall hinweggedacht - die im Unfallzeitpunkt bestehende Ausbildung - hier das Studium an der PH und den Vorbereitungsdienst einschließlich der zweiten Lehramtsprüfung (s Brackmann aaO S 575f) - beendet hätte.
Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, daß die Klägerin das durch die Folgen des Unfalls unterbrochene Studium im Sommersemester 1985 wieder aufnahm, im Sommersemester 1986 an einer Informationsveranstaltung des Kultusministeriums über die Berufsaussichten der Lehrer teilnahm, aufgrund der durch diese Veranstaltung der Klägerin klargemachten Aussichtslosigkeit, nach Beendigung der Ausbildung eine Anstellung als Lehrerin zu erlangen, zum 1. September 1986 beim IfEU eine Stelle als Umweltberaterin übernahm und daraufhin ihr Studium aufgab. Das LSG nimmt dazu an, daß die Beendigung der im Unfallzeitpunkt betriebenen Berufsausbildung nicht zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 573 Abs 1 RVO gehöre und damit den Anspruch auf Neuberechnung nicht ausschließe. Der Beklagte hingegen geht davon aus, daß von einer "voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung" dann nicht gesprochen werden könne, wenn der Verletzte aus unfallunabhängigen Gründen das Studium aufgebe, etwa weil er den Anforderungen nicht gewachsen sei, oder weil aus Gründen fehlender Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu der Überzeugung gelangt sei, die Fortsetzung der Ausbildung sei zwecklos.
Entgegen der Auffassung des LSG kommt eine Neuberechnung nach § 573 Abs 1 RVO nicht in Betracht, wenn der Verletzte die Ausbildung aus unfallunabhängigen Gründen abbricht oder die Abschlußprüfung nicht besteht, ohne daß die Unfallfolgen wesentlich dazu beitragen (Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl, Kennzahl 440 S 23). Als entscheidend ist vielmehr anzusehen, ob die Gründe, aus denen der Verletzte seine Ausbildung abbricht, wesentlich durch die Folgen des Unfalls bedingt sind (Brackmann aaO S 575h mwN). Dabei ist der Begriff "wesentlich" weder mit dem Begriff "überwiegend" noch mit den Begriffen "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" identisch (s Brackmann aaO S 480k mwN). Welche Bedingungen als wesentlich und deshalb rechtlich als Ursache (oder Mitursache) anzusehen sind, ist eine Wertentscheidung (s ua BSGE 1, 150, 156 f; 61, 127, 130; BSG SozR 2200 § 548 Nr 15; Brackmann aaO S 480gI/h) und richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls (BSG SozR 2200 § 539 Nr 72 und § 548 Nr 75). Die Kausalitätsbetrachtung erfolgt durch eine nachträgliche Wertung der einzelnen Bedingungen in ihrer Beziehung zum Erfolg. Maßgebend ist daher, ob eine Bedingung im Einzelfall wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (BSGE 63, 277, 280). Entgegen der Auffassung der Revision sind der Arbeitsunfall und die dadurch hervorgerufene Verzögerung des Studiums sowie der Abschlußprüfungen Ursache im Rechtssinne für die Aufnahme der Tätigkeit als Umweltberaterin und die nachfolgende Beendigung des Studiums.
Nach den Feststellungen des LSG befand sich die Klägerin zur Zeit des Arbeitsunfalls als Studentin der PH Heidelberg in der Ausbildung auf das von ihr angestrebte Berufsziel einer Lehrerin an der Grund- und Hauptschule. Bei seiner hypothetischen Einschätzung des weiteren Ausbildungsganges hat das LSG weiter festgestellt, daß die Klägerin ohne den Unfall nach dem Sommersemester 1984 die erste Lehramtsprüfung und im Sommer 1986 nach dem ebenfalls als Ausbildung geltenden Referendariat die zweite Lehramtsprüfung abgelegt hätte. Das LSG hat dies den von der Klägerin vorgelegten Studienunterlagen und ihrer nunmehr seit September 1986 ausgeübten Tätigkeit als Umweltberaterin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit entnommen und ausgeführt, daß an ihren Fähigkeiten, den Studienabschluß zu schaffen, keine Zweifel bestünden. Gegen diese im Wege der Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen (§ 128 Abs 1 SGG) erhebt die Revision keine Rügen. Sie meint vielmehr, daß die Feststellung des LSG, die Klägerin hätte nach Ablegung der zweiten Lehramtsprüfung am 1. September 1986 als Neubewerberin für die Lehrereinstellung zur Verfügung gestanden, gegen allgemeine Denkgesetze verstoße, da das LSG nicht berücksichtige, daß die Klägerin auch ohne den Unfall im Frühjahr 1986 beim IfEU gearbeitet und sich im Jahre 1986 um eine andere berufliche Tätigkeit bemüht hätte. Diese Rüge ist schon deshalb unbegründet, weil es für die Neuberechnung des JAV nach § 573 Abs 1 RVO nur darauf ankommt, ob die Klägerin aus der Sicht im Zeitpunkt des Unfalls im November 1983 ihre Ausbildung im Sommer 1986 mit der zweiten Lehramtsprüfung beendet hätte. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin nach Abschluß der Berufsausbildung arbeitslos geworden wäre, aus sonstigen Gründen einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen wäre oder sich einer anderen Tätigkeit außerhalb des erlernten Berufs zugewandt hätte (s Rundschreiben des Bundesverbandes der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (BAGUV) Nr 27/81 vom 24. März 1981, S 2).
Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) sind keine Anhaltspunkte vorhanden, daß die Klägerin auch ohne den Unfall ihr Studium nicht beendet und eine andere Tätigkeit aufgenommen hätte. Auch der Umstand, daß sie nach der unfallbedingten Beendigung ihrer Arbeitsunfähigkeit ab Sommersemester 1985 das Studium fortsetzte, zeigt ihren noch bis zu der Informationsveranstaltung im Sommersemester 1986 vorhanden gewesenen Willen, ihre Lehrerausbildung abzuschließen. Im Zeitpunkt dieser Informationsveranstaltung hätte sie vielmehr ohne die Unfallfolgen nicht mehr im Studium gestanden und nicht noch eine längere Ausbildung durchlaufen müssen, vielmehr ihre Referendarzeit nahezu beendet gehabt. Für einen Abbruch des Referendariats in diesem Stadium sind keine Anhaltspunkte gegeben.
Nach alledem ist davon auszugehen, daß die Klägerin ohne den Unfall ihre Ausbildung im Jahre 1986 beendet hätte. Der Zeitpunkt für die Neuberechnung ist der Tag des mutmaßlichen Abschlusses der Berufsausbildung; das ist hier nach den Feststellungen des LSG spätestens der 1. September 1986. Gemäß § 573 Abs 1 Satz 2 RVO hat der Beklagte der Neuberechnung das Entgelt zugrunde zu legen, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarif festgesetzt oder ortsüblich ist. Hiernach ist der Neuberechnung des JAV nach § 573 Abs 1 RVO fiktiv das Entgelt zugrundezulegen, das ein Lehrer vergleichbarer Ausbildung im Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung des Unfallverletzten aufgrund eines vollen Lehrauftrags - nicht einer Teilzeitbeschäftigung - nach dem dafür maßgebenden Tarif - oder Besoldungsrecht erhält (s Rundschreiben des BAGUV aaO). Zu Recht hat das LSG ausgeführt, daß die Neuberechnung des der Verletztenrente der Klägerin zugrundeliegenden JAV nach dem vollen Betrag der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zu erfolgen hat. Gemäß § 19a BBesG (idF des Art 30 Nr 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 - BGBl I S 1532) waren bei Eingangsämtern der Besoldungsgruppe A 12 BBesG, zu denen ua die Grund- und Hauptschullehrer gehören, die nach dem 31. Dezember 1981 erstmals entstehende Ansprüche auf Dienstbezüge für die Dauer von vier Jahren auf die Besoldungsgruppe A 11 BBesG abgesenkt, so daß bei der neuen Berechnung nach § 573 Abs 1 RVO auch von dieser Besoldungsgruppe auszugehen ist. Dies wird von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt. Der Beklagte wendet lediglich ein, daß die Klägerin wie alle jungen Lehrer zu diesem Zeitpunkt nur mit einem auf die Dauer von fünf Jahren befristeten 3/4-Lehrauftrag ohne die Möglichkeit zur Wahl der vollen Beschäftigung eingestellt worden wäre. Das LSG habe damit die Klägerin hinsichtlich des JAV (volles Deputat als Lehrerin mit der Besoldungsgruppe A 11 BBesG) besser gestellt als alle anderen Kollegen, die einen Lehrauftrag erhalten hätten. Diese - nach den Feststellungen des LSG - auch 1986 in Baden-Württemberg praktizierte Teilzeitbeschäftigung von Beamten gegen ihren auf volle Beschäftigung gerichteten Willen hat das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 6. Juli 1989 (BVerwGE 82, 196, 199), auf dessen Gründe verwiesen wird, für rechtswidrig erklärt und die entsprechende Verfügung auf Teilzeitbeschäftigung des damaligen Klägers aufgehoben. Da somit eine materielle Rechtsgrundlage für eine hypothetisch anzunehmende Bewilligung nur einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin fehlt, kann sich der Beklagte auch nicht auf diese rechtswidrige Verwaltungspraxis berufen. Dementsprechend hat die Klägerin einen Anspruch auf Berechnung des JAV nach dem vollen Betrag der Besoldungsgruppe A 11 BBesG.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen