Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. November 1991 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die 1944 geborene Klägerin begehrt die Erhöhung ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung der von der Beklagten als Versicherungszeit „anerkannten” Kindererziehungszeiten.
Mit Bescheid vom 3. Juni 1983 bewilligte die Beklagte der Klägerin Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit auf Grund eines Versicherungsfalls vom 31. Dezember 1978. Mit Bescheid vom 15. März 1985 erkannte die Beklagte der Klägerin die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf „unbestimmte Dauer” zu.
Im April 1989 begehrte die Klägerin die Neuberechnung ihrer Rente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für ihre beiden 1970 und 1971 geborenen Kinder. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juli 1989 ab, weil Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1986 nur bei Versicherungsfällen nach dem 30. Dezember 1985 berücksichtigt würden. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Bescheid vom 13. September 1989).
Das Sozialgericht (SG) Kiel hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11. September 1990). Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 14. November 1991 zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Eine Erhöhung der Erwerbsunfähigkeitsrente komme wegen der Stichtagsregelung des Art 2 § 6c Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) nicht in Betracht, da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit vor dem 30. Dezember 1985 eingetreten sei. Die Vorschrift sei verfassungsgemäß; sie verstoße weder gegen Art 6 noch gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Grundgesetz (GG) noch gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG). Der Gesetzgeber sei bei der Regelung bestimmter Lebenssachverhalte nicht gehindert, Stichtage einzuführen, obwohl damit Härten verbunden seien.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine unvollständige Feststellung des Sachverhalts und trägt vor: Das LSG habe nicht festgehalten, daß sie am 7. Januar 1985 einen Antrag auf Weitergewährung der Zeitrente und nicht auf Gewährung einer Dauerrente gestellt habe. Wäre ihr jedoch eine Zeitrente bewilligt worden, hätte sie die Möglichkeit gehabt, nach deren Wegfall und nach Ablauf von ein bis zwei Monaten erneut einen Antrag auf Weitergewährung der Rente zu stellen. Dies hätte zur Folge gehabt, daß dann die Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten berechnet worden wäre. Die Beklagte hätte sie vor Erlaß des Dauerrentenbescheides anhören müssen.
Im übrigen sei Art 2 § 6c AnVNG verfassungswidrig. Die Vorschrift verstoße einmal gegen Art 3 Abs 1 GG. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht sachgemäß genutzt, so daß die Regelung willkürlich sei. Das gesetzgeberische Ziel, Kindererziehungszeiten möglichst allen Rentenbeziehern oder Rentenanwärtern zugute kommen zu lassen, sei nicht verwirklicht worden. Der vom LSG herangezogene Gesichtspunkt der Finanzierbarkeit sei nicht schlüssig. Denn benachteiligt werde durch Art 2 § 6c AnVNG lediglich ein kleiner Teil weiblicher Rentenversicherter, der in jungen Jahren erwerbsunfähig geworden sei. Es sei nicht sachgemäß, wenn eine 30-jährige, deren Versicherungsfall vor dem Stichtag eingetreten sei, über Jahrzehnte auf eine um die Kindererziehungszeiten erhöhte Erwerbsunfähigkeitsrente verzichten müsse. Die Wahl des Stichtags sei zudem deshalb systemwidrig, weil die Regelung von den Rentenantragstellern manipuliert werden könne. Sie hätte, wenn sie den Antrag auf Weitergewährung der Rente erst nach dem Stichtag gestellt hätte, die Regelung umgehen können mit der Folge, daß ihr Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten zu gewähren gewesen sei. Auch Art 6 Abs 4 GG werde verletzt, weil gerade durch die Nichtanrechnung von Erziehungszeiten im Rahmen der Erwerbsunfähigkeitsrente Mütter während ihrer Erziehungsleistung benachteiligt würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 27. März 1992 (Bl 22 ff der Akten) verwiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. September 1990 sowie das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. November 1991 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Juli 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 1989 zu verurteilen, ihr ab 1. Januar 1986 unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeit vom 11. Dezember 1970 bis 30. November 1972 eine höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu zahlen,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob Art 2 § 6c AnVNG insoweit mit Art 3 Abs 1 und Art 6 GG unvereinbar ist, als Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1986 nur bei Versicherungsfällen berücksichtigt werden, die nach dem 30. Dezember 1985 eingetreten sind.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält mit dem LSG Art 2 § 6c AnVNG für verfassungsgemäß. Im übrigen trägt sie vor:
Ein Verfahrensmangel des LSG sei nicht ersichtlich. Das Gericht habe – ausgehend von seiner Rechtsauffassung – im Tatbestand des angefochtenen Urteils die erforderlichen Feststellungen getroffen. Allein entscheidend sei, daß der Versicherungsfall bereits am 31. Dezember 1978 eingetreten gewesen sei. Die Bewilligung der Dauerrente habe mithin keinen neuen Versicherungsfall begründet. Die Beklagte sei daher auch nicht gehalten gewesen, die Klägerin von der Antragstellung abzuhalten. Eine Anhörung vor Erlaß des Dauerrentenbescheides sei nicht geboten gewesen. Denn die Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente stelle keinen Eingriff in die Rechte der Klägerin dar.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Zutreffend haben SG und LSG einen Anspruch der Klägerin auf Neuberechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten verneint. Die Voraussetzungen des § 48 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB X) liegen nicht vor, da sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse seit Erlaß des die Dauerrente bewilligenden Bescheides vom 15. März 1985 nicht geändert haben.
Der Klägerin ist durch das Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz ≪HEZG≫) vom 11. Juli 1985 (BGBl I S 1450) kein Anspruch auf Erhöhung ihrer laufenden Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für die beiden 1970 und 1971 geborenen Kinder eingeräumt worden, obgleich von der Beklagten die Tatbestände von Kindererziehungszeiten für ihre beiden Kinder „anerkannt” worden sind (vgl hierzu Art 2 Nr 8 HEZG bzw § 28a Angestelltenversicherungsgesetz ≪AVG≫ idF von Art 7 Nr 2 Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989 – BGBl I S 2261 – iVm Art 2 Nr 6 HEZG = § 27 Abs 1 Buchst c AVG).
Nach § 28a Abs 1 AVG, der im Hinblick auf die der Klägerin bereits vor Inkrafttreten der Vorschriften des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente anzuwenden ist (§§ 300 Abs 2, 306 Abs 1 SGB VI), werden ua Müttern, die nach dem 31. Dezember 1920 geboren sind, als Zeiten der Kindererziehung vor dem 1. Januar 1986 die ersten zwölf Monate nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet bzw vorgemerkt, wenn sie ihr Kind im Geltungsbereich des Gesetzes erzogen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufgehalten haben. Diese Kindererziehungszeiten wirken sich jedoch bei der Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin im Hinblick auf den durch Art 5 Nr 1 HEZG mit Wirkung vom 1. Januar 1986 (Art 14 HEZG) eingefügten Art 2 § 6c AnVNG (idF des Art 5 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung – Sechstes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz vom 24. April 1986, BGBl I S 569) nicht erhöhend aus. Denn nach dieser Bestimmung werden Zeiten der Kindererziehung vor dem 1. Januar 1986 nur bei Versicherungsfällen nach dem 30. Dezember 1985 berücksichtigt. Der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit war vor dem 30. Dezember 1985 eingetreten und hat durchgehend vorgelegen, wie die Klägerin selbst nicht in Abrede stellt. Sie wird mithin vom Anwendungsbereich des Art 2 § 6c AnVNG erfaßt.
Der 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat bereits entschieden, wie der Begriff des Versicherungsfalls in Art 2 § 6c AnVNG auszulegen ist und daß die Stichtagsregelung, „Zeiten der Kindererziehung werden nur bei Versicherungsfällen nach dem 30. Dezember 1985 berücksichtigt”, verfassungsgemäß ist (Urteil vom 29. November 1990 – 5/4a RJ 41/87). Der erkennende Senat schließt sich diesen zutreffenden Ausführungen an.
Entgegen der Ansicht der Klägerin findet die Übergangsregelung des Art 2 § 6c AnVNG unabhängig davon Anwendung, ob ihr und gegebenenfalls wann ihr eine Zeit- oder Dauerrente zuerkannt worden ist. Denn abgestellt wird in der Vorschrift allein auf den Versicherungsfall und nicht auf einen Rentenanspruch. Der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit liegt stets vor, wenn der Versicherte infolge von Krankheit, Gebrechen sowie von Schwäche der körperlichen und geistigen Kräfte einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr nachgehen oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte erzielen kann (§ 24 Abs 2 Satz 1 AVG). Fällt eine von vornherein zeitlich befristete Erwerbsunfähigkeitsrente weg, so besagt dies somit lediglich, daß der Rentenanspruch nicht mehr besteht. Einen Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit kennen die Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw das AVG mithin nicht (vgl hierzu BSG 5/4a RJ 41/87 aaO mwN).
Die Stichtagsregelung des Art 2 § 6c Satz 1 AnVNG ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verfassungswidrig. Dies haben der 5. Senat (5/4a RJ 41/87 aaO, BSGE 68, 21 ff = SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 3 sowie BSGE 68, 31 ff = SozR 3-2200 § 1251a Nr 12) und auch der 1. Senat (BSGE 67, 171 ff = SozR 3-5050 § 15 Nr 2) entschieden. Im Einklang mit ihren Ausführungen steht die – spätere – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Juli 1992 zu dem HEZG (SozR 3-5761 Allg Nr 1). Eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das BVerfG kommen mithin nicht in Betracht.
Prüfungsmaßstab der den Geltungsbereich eingrenzenden Regelung des Art 2 § 6c Satz 1 AnVNG – Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten allein für nach dem 30. Dezember 1985 liegende Versicherungsfälle – ist in erster Linie Art 3 Abs 1 GG.
Das BVerfG hat in der Entscheidung vom 7. Juli 1992 (aaO) hierzu ausgeführt, dem Gesetzgeber sei durch Art 3 Abs 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Sachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringe; die Wahl des Zeitpunkts müsse sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren; der Umstand mangelnder Finanzierbarkeit bei der Einführung der Kindererziehungszeiten sei als sachlicher Differenzierungsgrund zulässig; denn eine Regelung, die nur den Personenkreis erfasse, der noch keine Rente beziehe (Rentenzugang), wirke sich allmählich aus; erst wenn für den einzelnen der Versicherungsfall, regelmäßig das 65. Lebensjahr, eintrete, erfasse ihn die Regelung unmittelbar; die dann zu gewährenden Leistungen fielen nach und nach an. Würden hingegen auch die Bezieher von Rentenleistungen in eine solche Regelung einbezogen – so das BVerfG weiter –, so wären die Leistungen bereits insgesamt, vom Inkrafttreten des Gesetzes an, zu gewähren.
Zwar betreffen die Ausführungen des BVerfG insbesondere die Frage, ob der Ausschluß der vor 1921 geborenen Mütter von den Regelungen des HEZG verfassungswidrig ist. Sie gelten jedoch in ihrer Grundsätzlichkeit auch für die durch die Stichtagsregelung benachteiligten, nach 1920 geborenen Versicherten, bei denen der Versicherungsfall vor dem 30. Dezember 1985 eingetreten ist. Der Gesetzgeber hat auch insoweit die ihm bei Neuregelungen zustehende Gestaltungsmöglichkeit in nicht zu beanstandender Weise wahrgenommen. Denn die verfassungsrechtliche Überprüfung von Stichtagsregelungen ist unter dem Gesichtspunkt des Art 3 GG darauf zu beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt, sowie die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (vgl BVerfG SozR 2200 § 1264 Nr 8 und BSG 5/4a RJ 41/87 aaO mwN). Der 5. Senat (aaO) hat in diesem Zusammenhang zutreffend festgestellt, die Anknüpfung neuen Rechts an den Eintritt eines künftigen Versicherungsfalls sei systemgerecht, stehe im Einklang mit dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung und sei daher ein sachliches Differenzierungskriterium (vgl BVerfG SozR 2200 § 1264 Nr 8 und vgl hierzu auch BT-Drucks 10/2677 S 41).
Darüber hinaus handelt es sich bei der Einführung der Kindererziehungszeiten um eine neuartige Leistung im System der gesetzlichen Rentenversicherung, so daß dem Gesetzgeber aus diesem Grunde auch ein erhebliches sozialpolitisches Gestaltungsermessen im Rahmen der gewährenden Staatstätigkeit zusteht (vgl hierzu BVerfG SozR 2200 § 200 Nr 9; BSGE 68, 31 ff sowie BSG 5/4a RJ 41/87 aaO mwN). Bei der Einführung derartiger neuer Leistungen, die bisher kein Vorbild in der Gesetzgebung gehabt haben, kann der Gesetzgeber grundsätzlich frei bestimmen, ob, ab wann, in welcher Höhe und gegenüber welchem Personenkreis er mit der beabsichtigten Verbesserung beginnen will (vgl hierzu BVerfG FamRZ 1992, S 157, 160; BSG 5/4a RJ 41/87 aaO). Es ist somit nicht zu beanstanden, wenn er den Spielraum genutzt und einerseits den anspruchsberechtigten Personenkreis im Hinblick auf die Haushaltslage begrenzt hat, andererseits aber gleichwohl die Versicherten, bei denen bis zum genannten Stichtag der Versicherungsfall bereits eingetreten war, nur für jeden späteren Versicherungsfall (etwa des Alters oder des Eintritts einer erneuten Erwerbsunfähigkeit) in die Leistungsverbesserung miteinbezogen hat. Denn Art 2 § 6c S 1 AnVNG stellt sicher, daß jedenfalls alle Frauen – auch die Klägerin –, die vor dem 1. Januar 1986 ein Kind erzogen und am 30. Dezember 1985 das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, im Verlaufe ihres Lebens Leistungen wegen Kindererziehung erhalten können, und zwar spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres (bei vorgezogenem oder flexiblem Altersruhegeld auf Antrag; vgl BT-Drucks 10/2677 S 41; 10/2677 S 30).
Von einer unsachlichen oder willkürlichen Regelung des Sachverhalts kann mithin im Hinblick auf die Einbeziehung aller nach 1920 geborenen Frauen und in Anbetracht der Haushaltslage des Bundes (vgl BT-Drucks 10/2677 S 30), die darüber hinausgehende Leistungen nicht zuließ, nicht ausgegangen werden. Im Interesse der sozialen Gerechtigkeit braucht und darf der Gesetzgeber keine strikte Gleichförmigkeit schaffen mit der Folge, daß Reformen, die sich aus verschiedensten Gründen (beispielsweise aus organisatorischen und finanziellen) nur schrittweise verwirklichen lassen, von vornherein unterbleiben müssen (vgl hierzu BVerfG SozR 2200 § 200 Nr 9; BSG 5/4a RJ 41/87 aaO).
Ein Verstoß der Übergangsregelung gegen das Sozialstaatsprinzip liegt ebenfalls nicht vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin darf dieser Verfassungsgrundsatz nicht dahin ausgelegt werden, daß mit seiner Hilfe jede Einzelregelung modifiziert werden müßte, deren Anwendung sich im konkreten Einzelfall nachteilig oder als Härte auswirken kann (vgl BVerfGE 67, 231, 239). Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, daß Versicherte – wie dies bei der Klägerin der Fall war – bereits in jüngeren Jahren einen dauerhaften Versicherungsfall erleiden können.
Schließlich wird durch die Übergangsregelung auch nicht Art 6 GG verletzt. Das BVerfG (SozR 3-5761 aaO) hat hierzu ausgeführt, als Freiheitsrecht verpflichte Art 6 Abs 1 GG den Staat, nicht nur Eingriffe in die Familie zu unterlassen, sondern begründe zugleich auch dessen Pflicht, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern; die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen stehe jedoch unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen könne; demgemäß lasse sich aus der Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zum Familienausgleich entnehmen, nicht aber eine Entscheidung darüber, in welchem Umfang und auf welche Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen sei (vgl hierzu auch BVerfG SozR 3-5870 § 10 Nr 1).
Entgegen der Auffassung der Klägerin scheidet Art 6 Abs 4 GG als Prüfungsmaßstab aus, da aus Sachverhalten, die nicht allein Mütter (sondern auch Väter) betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl hierzu BVerfG SozR 3-5761 Allg Nr 1).
Nach alledem hat das LSG zutreffend einen Anspruch der Klägerin auf Erhöhung ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten verneint. Für die Entscheidung ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – unerheblich, ob die Beklagte in einem früheren Verwaltungsverfahren bei der Bearbeitung ihres Antrags auf Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente einen Anspruch auf Anhörung verletzt hat. Denn Gegenstand des Rechtsstreits ist nicht die Bewilligung der Dauerrente sondern der Antrag der Klägerin auf Neufeststellung ihrer Rente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten.
Für einen auf die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente gerichteten Herstellungsanspruch sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Denn ausgehend von dem vor dem 30. Dezember 1985 liegenden Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit konnte der Klägerin – wie dargelegt – zu keinem Zeitpunkt eine Rente unter Anrechnung von Kindererziehungszeiten gewährt werden.
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen