Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 13.06.1991; Aktenzeichen L 9 Ar 217/881)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Juni 1991 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung einer Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit zum 1. September 1989.

Von 1955 bis 1967 war der Kläger im Bergbau beschäftigt und übte zuletzt die Tätigkeit eines Maschinensteigers in der Gehaltsgruppe 04 der technischen Angestellten unter Tage aus. Nach seiner gesundheitsbedingten Abkehr vom Bergbau absolvierte er einen Umschulungslehrgang an der Ingenieurschule für Bergwesen in Bochum und ist seitdem als Beamter im technischen Dienst der Gewerbeaufsichtsverwaltung beschäftigt. Auf seinen Antrag hin bewilligte ihm die Beklagte im Jahre 1984 eine Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit.

Nachdem der Kläger zum Amtmann (Besoldungsgruppe A 11) befördert worden war, entzog die Beklagte die Bergmannsrente nach Anhörung des Klägers gemäß § 48 des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – (SGB X) zum 1. September 1989, weil nunmehr die Bruttobezüge des Klägers sowohl dessen persönliche Rentenbemessungsgrundlage als auch die Gleichwertigkeitsgrenze des § 45 Abs 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) überstiegen und daher seine gegenwärtige Tätigkeit gegenüber seinem knappschaftlichen Hauptberuf als im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig anzusehen sei (Bescheid vom 17. Juli 1989; Widerspruchsbescheid vom 3. Oktober 1989).

Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit legte die Beklagte für den knappschaftlichen Hauptberuf das Tarifgehalt eines Maschinensteigers der Gehaltsgruppe 04 unter Tage im Jahre 1989 in Höhe von DM 5.141,– monatlich zugrunde, bei den Bezügen des Klägers als Amtmann außer dem Grundgehalt und dem Ortszuschlag zusätzlich weitere Zulagen und Leistungen und somit ein Effektivgehalt in Höhe von DM 4.918,93.

(Grundgehalt A 11, Stufe 14 DM 3.659,12 Ortszuschlag Stufe 1 DM 682,89 Stellenzulage DM 145,– Bekleidungszuschuß DM 20,– anteiliges Urlaubsgeld DM 45,– anteiliges Weihnachtsgeld DM 373,92 vermögenswirksame Leistungen DM 13,–

Summe: DM 4.918,93).

Nach Abzug eines zumutbaren Einkommensverlustes von 12,5 % des knappschaftlichen Tarifgehalts kam die Beklagte zu dem Ergebnis, daß die Tätigkeit des Klägers in der Gewerbeaufsichtsverwaltung mit der eines Maschinensteigers im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig sei (Gleichwertigkeitsgrenze: DM 5.141,00 – 12,5 % = DM 4.498,37;

Effektivgehalt des Klägers: 4.918,93).

Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 2. November 1990; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 13. Juni 1991).

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, bei der Entziehung einer Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit sei entgegen der Auffassung des Klägers für die Bestimmung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit auf Seiten des knappschaftlichen Hauptberufes lediglich das Tarifgehalt zugrunde zu legen, weil allein durch das tarifliche Entgelt der objektive wirtschaftliche Wert der Tätigkeit zum Ausdruck komme. Die einem knappschaftlich Beschäftigten gewährten Zulagen, Prämien und Zuwendungen könnten dagegen keine Berücksichtigung finden, weil sie den objektiven wirtschaftlichen Wert der Tätigkeit nicht erhöhten, sondern in der individuellen Arbeitsleistung des einzelnen ihre Ursache hätten oder mit besonderen Arbeitsbedingungen zusammenhingen oder aus sozialen Gründen gezahlt würden. Dagegen sei bei der nicht knappschaftlichen Beschäftigung des Klägers das effektive Entgelt einschließlich aller Zulagen und Leistungen zu berücksichtigen, weil der Kläger dies durch seine Arbeitsleistung erziele.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Beklagte sei bei der Vergleichsberechnung zu Unrecht lediglich von dem Tarifgehalt eines Maschinensteigers ausgegangen. Insbesondere habe die Beklagte folgende Positionen außer acht gelassen:

  • Deputatkohle/Energiebeihilfe gemäß § 37 des Manteltarifvertrages für den westdeutschen Steinkohlebergbau (8 t pro Jahr à DM 236,–) monatlich DM 157,33
  • 10 %ige Leistungszulage gemäß § 27 Abs 1b Manteltarifvertrag DM 514,10
  • Jahresvergütung in Höhe von DM 3.457,44 incl. DM 300,– Erholungsbeihilfe, monatlich DM 288,12
  • Untertagezulage gemäß Tarifvertrag vom 1. Mai 1980 DM 5,– pro Schicht, bei 20 Schichten monatlich DM 100,–
  • Kleidergeld DM 50,–
  • Bergmannsprämie DM 10,– pro Schicht × 20 monatlich DM 200,– Summe: DM 1.310,35.

Vor allem die Jahresvergütung, die Leistungszulage und die Deputatkohle seien auch objektiv werterhöhend für den knappschaftlichen Hauptberuf des Klägers, weil sie nicht von der individuellen Arbeitsleistung abhingen, sondern jedem Arbeitnehmer im Steinkohlebergbau gezahlt würden. Unter Hinzurechnung dieser Beträge ergebe sich im Jahre 1989 auch nach Abzug eines zumutbaren Einkommensverlustes von 12,5 % ein fiktives Vergleichsgehalt als Maschinensteiger, welches seine Bezüge als Beamter der Gewerbeaufsichtsverwaltung übersteige, so daß ihm die Bergmannsrente nach wie vor zustehe (DM 5.141,– + DM 1.310,35 = DM 6.451,35 – 12,5 % = DM 5.644,93).

Der Kläger beantragt,

das die Berufung zurückweisende Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Rentenentziehungsbescheid aufzuheben und an den Kläger für die Zeit seit dem 1. September 1989 weiterhin Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Der Senat weist darauf hin, daß der Kläger sein Begehren, die Weiterzahlung der Bergmannsrente, allein durch die Anfechtungsklage erreichen kann, die darüber hinaus im Revisionsverfahren erhobene Leistungsklage mithin von vornherein unzulässig sein könnte. Mit der Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und der die Rente ab September 1989 entziehenden Bescheide vom 17. Juli und 3. Oktober 1989 wird nämlich der rechtliche Zustand wiederhergestellt, welcher durch die Rentenbewilligung im Bescheid vom 25. Juli 1985 geschaffen worden ist. Das kann hier jedoch dahinstehen; denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, weil der Kläger über den 31. August 1989 hinaus keinen Anspruch auf Zahlung von Bergmannsrente hat.

Gemäß § 86 Abs 2 RKG gilt ein Versicherter nicht mehr als vermindert bergmännisch berufsfähig, wenn er aufgrund neuer Kenntnisse und Fertigkeiten aus einer – dem Grunde nach – versicherungspflichtigen Beschäftigung ein Entgelt erzielt, welches seine persönliche Rentenbemessungsgrundlage erreicht.

Die Vorschrift verfolgt das Ziel, eine wirtschaftliche Besserstellung des Beziehers von Bergmannsrente gegenüber dem noch in seinem knappschaftlichen Beruf tätigen Versicherten zu vermeiden. Die Bergmannsrente gemäß § 45 RKG wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit ermöglicht es dem Versicherten, der seine knappschaftliche Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann, in etwa seinen Lebensstandard ohne einen wesentlichen Einkommensverlust zu erhalten. Erreicht der Versicherte jedoch – zB aufgrund persönlicher Weiterbildung – aus seiner nichtknappschaftlichen Tätigkeit ein etwa gleichwertiges Entgelt, besteht kein Grund, die Bergmannsrente (weiter) zu zahlen. In einem solchen Fall ist eine laufende Rente wegen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gemäß § 48 SGB X zu entziehen. Diese Voraussetzungen waren im Falle des Klägers gegeben, so daß die Beklagte die Bergmannsrente zu Recht entzogen hat.

Der Kläger erhält in dem hier erheblichen Zeitraum Bezüge als Amtmann in der Gewerbeaufsichtsverwaltung, und zwar ein Effektivgehalt in Höhe von zunächst DM 4.918,93, welches seit dem Jahre 1989 die persönliche Rentenbemessungsgrundlage übersteigt. Insoweit sind die Voraussetzungen, nach denen die Bergmannsrente nach § 86 Abs 2 RKG zu entziehen ist, unzweifelhaft vorhanden, weil die Tätigkeit des Klägers ihrer Art nach Versicherungspflicht begründet (BSGE 63, 88).

Damit allein ist jedoch die Frage nicht beantwortet, ob das Effektiveinkommen des Klägers als Amtmann im Vergleich zu dem fiktiven Entgelt, welches er in seinem knappschaftlichen Beruf als Maschinensteiger unter Tage erzielen würde, im wesentlichen als wirtschaftlich gleichwertig anzusehen ist. Diese allgemeine Voraussetzung für die Entziehung der Bergmannsrente wird von der Rechtsprechung gefordert, weil die Vermutung des Gesetzgebers, die von den Effektivlöhnen beeinflußte persönliche Rentenbemessungsgrundlage überschreite regelmäßig die Gleichwertigkeitsgrenze des § 45 Abs 2 RKG, nicht in allen Fällen zutrifft (BSG SozR 2600 § 45 RKG Nr 20). Insbesondere in Fällen, in denen die knappschaftliche Arbeit nur eine relativ kurze Zeit ausgeübt wurde, kann die persönliche Rentenbemessungsgrundlage unterhalb der Gleichwertigkeitsgrenze des § 45 Abs 2 RKG liegen. Zur Vermeidung einer Rentenentziehung trotz fehlender wirtschaftlicher Gleichwertigkeit der nichtknappschaftlichen Tätigkeit wird daher in der Rechtsprechung das Überschreiten der Gleichwertigkeitsgrenze verlangt.

Bei dem Entgelt aus der nichtknappschaftlicher Tätigkeit ist (anders als bei § 45 Abs 2 Satz 1 RKG, wo es um den Vergleich mit einer fiktiven Verweisungstätigkeit geht) nicht der Tariflohn, sondern der Effektivlohn zugrunde zu legen (BSGE 42, 241, 243), weil ein Abstellen auf den Tariflohn zu der unerwünschten Folge führen könnte, daß der Versicherte mit seinem Tariflohn unterhalb des Tarifentgelts aus knappschaftlicher Tätigkeit liegt, mit seinem Effektivlohn zuzüglich der Bergmannsrente jedoch ein höheres Einkommen erzielt als in seinem knappschaftlichen Hauptberuf. Die Bergmannsrente würde dann nicht nur Lohneinbußen ausgleichen, sondern überkompensieren. Das liefe dem Zweck der gesetzlichen Regelung zuwider. Daher ist auf das vom Versicherten tatsächlich erzielte Entgelt unter Einbeziehung von Zulagen und Sonderleistungen, ausgenommen die in § 86 Abs 2 Satz 3 RKG genannten Zuschläge und Zulagen, abzustellen.

Für die Bestimmung dieser Gleichwertigkeitsgrenze ist bei dem Entgelt aus der fiktiven knappschaftlichen Tätigkeit dagegen nicht auf das gesamte erzielbare Einkommen abzustellen, vielmehr kommt es nur auf solche Gehaltsbestandteile an, die dem objektiven wirtschaftlichen Wert der Tätigkeit entsprechen und tariflich abgesichert sind. Auf sie muß der Arbeitnehmer in jedem Falle Anspruch haben, sie müssen üblich sein, so daß sie notwendig zum Arbeitseinkommen gehören (BSG SozR 2600 § 45 Nr 23). Das so ermittelte knappschaftliche Vergleichseinkommen ist dem Effektiventgelt aus der tatsächlich ausgeübten Arbeit gegenüberzustellen, wobei noch Tätigkeiten mit einem Entgelt bis zu 12,5 % unterhalb des knappschaftlichen Entgelts als im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig iS von § 45 Abs 2 RKG anzusehen sind (BSGE 43, 233).

Auf Seiten des knappschaftlichen Hauptberufes hat das LSG bei der Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit daher zu Recht das Tarifgehalt eines Maschinensteigers unter Tage zugrunde gelegt, weil sich der objektive wirtschaftliche Wert dieser Tätigkeit nur nach dem Tariflohn bestimmt.

Die Angehörigen des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus zustehende variable Leistungszulage konnte bei dieser Rechtslage keine Berücksichtigung finden, weil sie von der Arbeitsleistung des einzelnen Beschäftigten abhängt und somit nicht in jedem Falle objektiv den Wert der Tätigkeit beschreibt. Dies gilt selbst dann, wenn die Auffassung des Klägers zutreffend sein sollte, daß die Leistungszulage in der Praxis an Beschäftigte mit einer lediglich durchschnittlichen Arbeitsleistung gezahlt wird. Die fiktive Arbeitsleistung des Klägers als Maschinensteiger kann insoweit nicht beurteilt bzw festgestellt werden; vor allem aber ist die behauptete Handhabung tarifvertraglich nicht abgesichert. Da die Leistungszulage entgegen früherer Regelungen nicht mehr in einer Mindesthöhe gezahlt wird, mußte sie bei der Gleichwertigkeitsprüfung nach § 45 Abs 2 RKG außer Betracht bleiben (vgl Schimanski, Komm zum RKG, § 45 RdZiff 15 – S 70d –).

Auch die Deputatkohle oder die an ihrer Stelle gezahlte Energiebeihilfe ist für die zu vergleichende Tätigkeit nicht werterhöhend, wie das LSG zutreffend erkannt hat. Die Energiebeihilfe könnte als Zulage ohnehin nur in der Höhe berücksichtigt werden, in welcher sie jeder Beschäftigte des westdeutschen Steinkohlebergbaus erhält, weil sie nur in der tariflich garantierten Mindesthöhe eine feste Größe darstellt. Da es sich jedoch bei der Deputatkohle/Energiebeihilfe um eine Leistung handelt, die nach sozialen Gesichtspunkten (zB Alter und Familienstand des Beschäftigten) gewährt wird, drückt sich in ihr nicht der Wert der jeweiligen Tätigkeit des Beschäftigten aus. Die Energiebeihilfe kann daher nach den dargelegten Grundsätzen bei der Bestimmung der Gleichwertigkeitsgrenze des § 45 Abs 2 RKG keine Rolle spielen.

Das gleiche gilt für das Kleidergeld, sofern der Kläger es tatsächlich erhalten würde (vgl § 55 des Manteltarifvertrages vom 1. September 1973; § 51 des Manteltarifvertrages vom 1. Januar 1990). Das Kleidergeld wäre als eine pauschale Aufwandsentschädigung für die Anschaffung bzw den verstärkten Verschleiß privater Arbeitskleidung im Zusammenhang mit dienstlichen Verrichtungen anzusehen, so daß dem Kläger, sofern er tatsächlich private Arbeitskleidung zu dienstlichen Verrichtungen einsetzen würde, durch die Zahlung kein wirtschaftlicher Gewinn entstehen würde.

Die Bergmannsprämie ist bei der Bewertung ebenfalls außer Betracht zu lassen, weil für deren Bezug keine Versicherungsbeiträge an die Beklagte abgeführt werden. Es würde das Versicherungsrisiko einseitig zu Ungunsten der Versichertengemeinschaft verlagert, wenn die Prämie bei den Leistungen berücksichtigt würde,

ohne daß der Beklagten hierfür Versicherungsbeiträge zufließen (BSG SozR Nr 21 zu § 45 RKG; BSG SozR 2600 § 45 RKG Nr 7).

Ob die Jahresvergütung auf seiten des fiktiven Einkommens in dem knappschaftlichen Beruf eine Rolle spielt, kann angesichts der vorliegenden tatsächlichen Umstände offenbleiben. Selbst wenn die Jahresvergütung in voller Höhe, dh unter Einschluß der Erholungsbeihilfe von 300,– DM, zu berücksichtigen wäre, bliebe das Gehalt als Amtmann gleichwertig. Denn selbst bei Erhöhung des fiktiven Tarifendgehalts um monatlich (288,12 DM unter Abzug von 12,5 vH ≪so≫=) 252,11 DM wird das vom Kläger tatsächlich erzielte Effektivgehalt überschritten. Es stehen sich gegenüber: ab September 1989 4.498,97 + 252,11 = 4.751,08 DM fiktives Entgelt und 4.918,93 DM Amtsmannsgehalt, ab 1990 4.635,75 + 252,11 = 4.887,86 DM und 5.076,20 DM Amtmannsgehalt und ab März 1992 4.863,25 + 252,11 = 5.115,36 DM und 5.365,00 DM Amtmannsgehalt.

Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR Nr 29 zu § 45 RKG) ist auch die dem Kläger in seinem knappschaftlichen Hauptberuf gewährte Untertagezulage für die Tätigkeit eines Maschinensteigers unter Tage nicht objektiv werterhöhend und daher auch für die Gleichwertigkeitsprüfung ohne Belang (s. aber BSG SozR 2600 § 45 Nr 2 zu dem früher gezahlten Seilfahrtgeld). Zwar sei die Grubenfahrt für einen Maschinensteiger notwendig, um seine Arbeit zu verrichten. Daraus folge jedoch nicht, daß die Seilfahrt an sich für die Tätigkeit des Maschinensteigers objektiv werterhöhend ist. In der Gehaltsgruppe des Klägers (04 Untertage) sei schon berücksichtigt, daß die Tätigkeit unter Tage auszuüben ist. Bei der Untertagezulage handele es sich um eine pauschale Aufwandsentschädigung für die Seilfahrt. Sie habe mit der eigentlichen Tätigkeit des Maschinensteigers nichts zu tun und werde allen Untertagebeschäftigten in gleicher Höhe gewährt. Es müßten bei der Gleichwertigkeitsprüfung aber solche Vergütungen außer Betracht bleiben, die für zusätzliche, über die normalen Arbeitsaufgaben hinausgehenden Arbeitsverrichtungen gewährt würden. Aus diesen Gründen hätten auch Lohnzuschläge, die für besondere Erschwernisse, Mehrarbeit, Nachtschichten oder als Pauschalvergütung für entgangene Lohnzuschläge etc gewährt werden, keinen werterhöhenden Einfluß auf die ausgeübte Tätigkeit (Schimanski, § 45 RKG Anm 15 – S 71 –, Fries, Kompaß 1980, S 226). Ob der erkennende Senat diese Rechtsprechung unter den allgemeinen und den besonderen Umständen des vorliegenden Rechtsstreits aufrecht erhält, bedurfte ebenfalls keiner Überprüfung, weil diese Frage für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich ist. Selbst wenn nämlich außer dem Tariflohn als Maschinensteiger (5.141 DM) sowohl die anteilige Jahresarbeitsvergütung von 288,12 DM als auch die Untertagezulage von 100 DM berücksichtigt wird, ergibt sich für das Jahr 1989 bei der Reduzierung des Gesamtbetrages von 5.529,12 DM um 12,5 % ein Einkommen von 4.837,98 DM pro Monat, welchem gegenüber das Effektivgehalt in Höhe von 4.918,93 DM pro Monat gleichwertig ist. Dieses Verhältnis änderte sich in den Folgejahren nicht.

Im Ergebnis hat die Beklagte daher zutreffend angenommen, das Tarifgehalt des Klägers aus seinem knappschaftlichen Hauptberuf übersteige die Gleichwertigkeitsgrenze nach § 45 Abs 2 Satz 1 RKG.

Der Senat verkennt nicht, daß der Vergleich zwischen knappschaftlichem Tarifgehalt und Effektivgehalt aus der jetzigen Tätigkeit dazu führen kann, daß der Kläger letztlich eine Einkommenseinbuße hinzunehmen hat, weil er in seinem knappschaftlichen Hauptberuf leistungsunabhängige Zulagen und Zuwendungen erhalten würde. Dies liegt jedoch daran, daß der Wertvergleich in dem eigentlichen Anwendungsbereich des § 45 RKG zwischen zwei fiktiven Tätigkeiten, nämlich dem nicht mehr ausgeübten knappschaftlichen Hauptberuf und dem in der Regel ebenfalls vom Versicherten nicht tatsächlich ausgeübten knappschaftlichen Verweisungsberuf, stattfindet. In diesem Rahmen hat es sich als sachdienlich erwiesen, auf beiden Seiten jeweils nur das Tarifentgelt für die Beurteilung des objektiven wirtschaftlichen Wertes der Tätigkeit heranzuziehen, weil die Berücksichtigung der unterschiedlichen Zulagen, Zuwendungen etc. – wie dargelegt – zu Verzerrungen führen würde.

Das trifft auch im Rahmen des § 86 Abs 2 RKG zu. Im Rahmen dieser Norm ist ebenfalls das fiktive Tarifentgelt mit dem Effektiventgelt aus dem nicht knappschaftlichen Beruf zu vergleichen. Auch insoweit stellt der Vergleich von objektiven Werten ein vernünftiges und – wie der Fall des Klägers zeigt – für den Versicherten häufig günstiges Korrektiv zu dem Maßstab der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage dar. Wenn sich die Entziehung der Bergmannsrente allein nach dem Erreichen der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage durch den Effektivlohn richten würde, hätte dem Kläger die Rente im Jahre 1989 bei einem Effektivlohn von DM 3.120,25 nicht mehr zugestanden, während die Gleichwertigkeitsgrenze bei DM 4.498,37 liegt. Nach der Überzeugung des erkennenden Senats ist die Gleichwertigkeitsgrenze, auch wenn sie im Einzelfall zu größeren Einkommenseinbußen als ursprünglich beabsichtigt führen kann, nach wie vor ein taugliches Mittel, um zu gewährleisten, daß der vermindert bergmännisch berufsfähige Versicherte in etwa seinen sozialen Besitzstand wahren kann, zumal keine anderen am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Vergleichsmaßstäbe zur Verfügung stehen.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174612

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