Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. August 1996 – L 18 An 34/95 – wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob Beiträge zur Rentenversicherung zu Unrecht entrichtet wurden und zu erstatten sind.
Die Klägerin, eine GmbH nach deutschem Recht, ist Tochtergesellschaft einer japanischen Aktiengesellschaft (im folgenden: Muttergesellschaft). Der japanische Staatsangehörige K … N … (im folgenden: Versicherter) war bei der Muttergesellschaft in Japan angestellt und später zur Klägerin versetzt worden. Bei dieser war er vom 20. Juni 1984 bis 10. Februar 1988 als Leiter des Verkaufs tätig. Solche Beschäftigungen im Ausland dauern drei bis sieben Jahre. Ihre konkrete Dauer weiß der Arbeitnehmer vorher nicht; sie hängt von der Geschäftslage des Unternehmens und vom Gesundheitszustand des ins Ausland versetzten Mitarbeiters ab. Die bei der Klägerin beschäftigten japanischen Arbeitnehmer werden ebenso behandelt wie deren deutsche Arbeitnehmer. Der Geschäftsführer der Klägerin ist direkter Vorgesetzter aller ihrer Mitarbeiter. Er erteilt allen, auch den von der Muttergesellschaft entsandten Beschäftigten, Weisungen und entscheidet über Beurteilungen und Beförderungen. Ferner entscheidet er über die Höhe des Gehalts und die Höhe der Bonuszahlungen, die 20 vH des Jahreseinkommens betragen. Das Gehalt wird von der Klägerin ausgezahlt; die Bonuszahlungen werden von der Muttergesellschaft getragen. Die Gehaltskosten werden bei der Klägerin als Personalkosten verbucht. Die Klägerin hat den Versicherten während seiner Beschäftigung bei ihr als versicherungspflichtigen Arbeitnehmer angesehen und Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt. Für ihre japanischen Arbeitnehmer werden auch in Japan Beiträge zur Rentenversicherung und zur Unfallversicherung gezahlt.
Der Versicherte hat seinen Anspruch auf Erstattung des Arbeitnehmeranteils der Rentenversicherungsbeiträge an die Klägerin abgetreten. Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat die Abtretung mit Bescheid vom 20. April 1988 genehmigt.
Im Juli 1988 beantragte die Klägerin die Erstattung der für den Versicherten gezahlten Rentenversicherungsbeiträge nach § 26 des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Sie machte geltend, der Versicherte habe nicht der Versicherungspflicht im Inland unterlegen, weil Einstrahlung vorgelegen habe. Die Beklagte lehnte den Erstattungsantrag ab (Bescheid vom 26. September 1989). Den Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 15. April 1992).
Das Sozialgericht (SG) hat nach Beiladung des Versicherten die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Juli 1995). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 6. August 1996). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile), denn diese seien zu Recht entrichtet worden. Der Versicherte habe eine unselbständige Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt. Die Voraussetzungen der Einstrahlung nach § 5 Abs 1 SGB IV seien nicht erfüllt. Der Versicherte sei von der Muttergesellschaft nicht zeitlich begrenzt entsandt worden. Es sei auch nicht im Rahmen eines mit der Muttergesellschaft bestehenden Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden. Der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses habe im Inland gelegen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt sinngemäß eine Verletzung des § 5 SGB IV, des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Sie macht geltend, das LSG habe das Merkmal der zeitlichen Begrenzung in § 5 SGB IV falsch verstanden. Es habe den Sachverhalt weiter aufklären müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 6. August 1996 und das Urteil des Sozialgerichts vom 18. Juli 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. September 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 1992 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die für den beigeladenen Versicherten in der Zeit vom 20. Juni 1984 bis 31. Dezember 1987 entrichteten Rentenversicherungsbeiträge zu erstatten,
hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf Ihr Vorbringen im Berufungsverfahren.
Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Die Klägerin hat nach § 26 Abs 2 SGB IV keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr gezahlten Rentenversicherungsbeiträge des Versicherten, denn diese Beiträge sind nicht zu Unrecht, sondern zu Recht entrichtet worden. Der beigeladene Versicherte war in der Zeit von Juni 1984 bis Februar 1988 bei der Klägerin beschäftigt und deshalb nach § 2 Abs 1 Nr 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der Angestelltenversicherung auch in der Zeit versicherungspflichtig, für die hier die Erstattung von Beiträgen verlangt wird (Juni 1984 bis Dezember 1987). Die Vorschriften über die Versicherungspflicht galten nach § 3 Nr 1 SGB IV für die Beschäftigung des Versicherten, denn er war im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt. Die Geltung der Vorschriften über die Versicherungspflicht war nicht nach § 5 Abs 1 SGB IV ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, nicht für Personen, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in diesen Geltungsbereich entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind schon deshalb nicht erfüllt, weil während der Tätigkeit des Versicherten bei der inländischen Klägerin das Beschäftigungsverhältnis bei dieser bestand und nicht bei der ausländischen Muttergesellschaft.
Bei der Einstrahlung, dh der Entsendung vom Ausland ins Inland, und auch im umgekehrten Fall der Entsendung aus dem Inland ins Ausland (Ausstrahlung, § 4 SGB IV) besteht das Beschäftigungsverhältnis dort, wo „der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses … liegt” (vgl Begründung des Entwurfs zum SGB IV, BT-Drucks 7/4122 S 30 zu § 4). Zu der Frage, wann der Schwerpunkt in diesem Sinne im Inland liegt, hier ein Beschäftigungsverhältnis gegeben und deswegen die Einstrahlung ausgeschlossen ist, hat der Senat im Urteil vom 7. November 1996 (12 RK 79/94, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) in einem Verfahren entschieden, in welchem Angestellte einer koreanischen Muttergesellschaft für eine inländische Tochtergesellschaft im Inland tätig waren. Nach diesem Urteil liegt ein Beschäftigungsverhältnis im Inland jedenfalls dann vor, wenn die Tochtergesellschaft eine inländische juristische Person (dort eine GmbH) ist, der Angestellte in sie eingegliedert ist und er sein Arbeitsentgelt von der Tochtergesellschaft erhält. Demgegenüber ist es bei Konzernunternehmen nicht entscheidend, daß ein Arbeitsvertrag mit der Muttergesellschaft besteht und Weisungen auch von ihr erteilt werden. Im einzelnen wird auf die Begründung dieses Urteils Bezug genommen.
Auf dieser Grundlage liegt ein Beschäftigungsverhältnis zur Tochtergesellschaft im Inland auch im vorliegenden Verfahren vor. Die Klägerin ist eine inländische juristische Person (GmbH). Der Versicherte war während seiner Tätigkeit im Inland in den Betrieb der Klägerin eingegliedert, denn er war gegenüber der Klägerin zur Arbeitsleistung verpflichtet und hat seine Arbeitsleistung für die Klägerin erbracht. Die Klägerin war Schuldnerin des Arbeitsentgelts, hat dieses im wesentlichen gezahlt und als eigene Personalkosten verbucht. Diese für die Entscheidung ausreichenden und maßgebenden Feststellungen sind vom LSG getroffen worden. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts war nicht notwendig. Die Verfahrensrügen der Klägerin greifen nicht durch. Hierzu wird von einer Begründung abgesehen (§ 170 Abs 3 Satz 1 SGG).
Soweit die Revision geltend macht, bei vergleichbaren Sachverhalten einer Entsendung aus Deutschland ins Ausland werde eine Ausstrahlung (§ 4 Abs 1 SGB IV) angenommen und deshalb der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) verletzt, wenn hier eine Einstrahlung abgelehnt werde, trägt sie zwar vor, das LSG Bremen habe in seinem Urteil vom 9. Juni 1988 (L 1 Kr 19/86) bei einer Entsendung deutscher Arbeitnehmer nach Neukaledonien unter vergleichbaren Voraussetzungen eine Ausstrahlung iS des § 4 Abs 1 SGB IV bejaht und Versicherungspflicht angenommen. Hiermit kann aber eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht begründet werden. Es ist schon fraglich, ob der allgemeine Gleichheitssatz der Verfassung die Anwendung gleicher Maßstäbe bei Einstrahlung und Ausstrahlung verlangt. Verfassungsrechtlich könnten auch sachlich gerechtfertigte Unterschiede hinnehmbar sein. Davon abgesehen läßt der von der Revision erwähnte Einzelfall nicht darauf schließen, daß die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis allgemein bei Einstrahlung und Ausstrahlung nach verschiedenen Maßstäben verfährt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie dieses bestritten. Der Senat ist in dem genannten Urteil vom 7. November 1996 (12 RK 79/94) bei Ausstrahlung und Einstrahlung von der Geltung gleicher Maßstäbe ausgegangen. Ein hiervon etwa abweichendes Verhalten der Beklagten in anderen Fällen wäre auf die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens ohne Einfluß. In dem genannten Urteil vom 7. November 1996 ist auch dargelegt, daß der Fortbestand einer Sozialversicherung im vertragslosen Ausland der Annahme von Versicherungspflicht in Deutschland nicht entgegensteht.
Der Senat brauchte nicht mehr zu entscheiden, ob die Entsendung des Versicherten zur Klägerin iS des § 5 SGB IV zeitlich begrenzt war, wie die Revision geltend macht.
Ob der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile nach § 82 des bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Angestelltenversicherungsgesetzes zusteht, der möglicherweise im Wege der genehmigten Übertragung nach § 53 Abs 2 Nr 2 des Sozialgesetzbuchs – Allgemeiner Teil (SGB I) vom beigeladenen Versicherten auf sie übertragen worden ist, hatte der Senat nicht zu entscheiden. Denn Streitgegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge. Die Erstattung von zu Recht entrichteten Beiträgen nach § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I stellt dagegen einen anderen Streitgegenstand dar, der vom vorliegenden Verfahren nicht erfaßt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen