Leitsatz (amtlich)
Die von dem Träger der Unfallversicherung einem nach dem Tod des Versicherten unehelich geborenen Kind gewährte Halbwaisenrente kann nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder (NEhelG) vom 1969-08-19 (BGBl I 1969, 1243) am 1970-07-01 (NEhelG Art 12 § 27) nur dann auf die Vollwaisenrente erhöht werden und zur Kürzung der Renten aller Hinterbliebenen führen (RVO § 598), wenn der Versicherte aufgrund des NEhelG als Vater des nichtehelichen Kindes festgestellt oder anzusehen ist (Ergänzung von BSG 1976-12-09 2 RU 267/74 = SozR 1500 § 75 Nr 8).
Normenkette
RVO § 583 Abs 5 Nr 5 Fassung: 1963-04-30, § 595 Abs 1 S 1 Fassung: 1963-04-30, § 598 Abs 1 S 1 Fassung: 1963-04-30; BGB § 1600a S 1 Fassung: 1969-08-19; NEhelG Art 12 § 3 Abs 1 S 1 Fassung: 1969-08-19
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 11.10.1978; Aktenzeichen L 2 Ua 370/77) |
SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 12.12.1973; Aktenzeichen S 12a U 665/72) |
Tatbestand
Streitig ist die Höhe von Hinterbliebenenrenten.
Die Kläger sind die Witwe und die Waise des am 30. Dezember 1960 durch einen Arbeitsunfall verstorbenen Dr B (B). Die Beklagte gewährte ihnen (Bescheid vom 26. April 1961) Hinterbliebenenrenten von je einem Fünftel des Jahresarbeitsverdienstes (JAV). Ab 1. Juli 1963 wurde die Witwenrente auf zwei Fünftel des JAV erhöhte (Bescheid vom 7. August 1963), weil die Klägerin zu 1) ein waisenrentenberechtigtes Kind erzog (§ 590 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-). Waisenrente von einem weiteren Fünftel des JAV bewilligte die Beklagte - ohne daß die Klägerin hiervon erfuhren - auch dem am 28. Mai 1961 geborenen H - U R (R) (Bescheid vom 27. Mai 1964). Sie ging davon aus, daß R ein nichteheliches Kind des verstorbenen B sei. Nachdem die Mutter des R am 18. Februar 1972 gestorben war, erhöhte die Beklagte dessen Rente durch Bescheid vom 26. April 1972 auf drei Zehntel des JAV (Vollwaisenrente). Damit die Hinterbliebenenrenten zusammen vier Fünftel des JAV des Verstorbenen nicht überstiegen, kürzte die Beklagte zugleich die Vollwaisenrente des Beigeladenen sowie - durch weiteren Bescheid vom 26. April 1972 - ab 1. Juli 1972 auch die Hinterbliebenenrenten der Kläger anteilig gemäß § 598 RVO.
Das Sozialgericht (SG) Freiburg hat den an die Kläger gerichteten Bescheid vom 26. April 1972 aufgehoben (Urteil vom 12. Dezember 1972). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (urteil vom 23. Oktober 1974). Auf deren Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) dieses Urteil wegen unterlassener notwendiger Beiladung des R aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 1976 - 2 RU 267/74 - = BSG SozR 1500 § 75 Nr 8). Das LSG hat R beigeladen. Mit Bescheiden vom 15. November 1977 - gegenüber den Klägerin idF des Berichtigungsbescheides vom selben Tage sowie des Änderungsbescheides vom 27. Januar 1978 - gewährte die Beklagte sämtliche Hinterbliebenenrenten anteilig gekürzt wie bislang auch für die Zeit ab 11. Oktober 1977. Das LSG hat die Berufung der Beklagten erneut zurückgewiesen sowie auf die Klage und die Anschlußberufung der Kläger die an den Beigeladenen gerichteten Bescheide vom 26. April 1972 und 15. November 1977 aufgehoben und die an die Kläger gerichteten Bescheide vom 15. November 1977 idF der Berichtigungs- und Änderungsbescheide vom 15. November 1977 und 27. Januar 1978 geändert, soweit sie die Renten der Kläger kürzen (Urteil vom 11. Oktober 1978). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Der Bescheid vom 26. April 1972, durch den die Beklagte dem Beigeladenen anstelle der Halbwaisenrente die höhere Vollwaisenrente gewährt habe, sei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Neufeststellung nach § 622 RVO nicht vorgelegen hätten. Zwar sei die Mutter des Beigeladenen gestorben, jedoch habe die Beklagte, anders als noch bei Gewährung der Halbwaisenrente durch Bescheid vom 27. Mai 1964 nicht mehr annehmen dürfen, daß der Beigeladene ein Kind des durch Arbeitsunfall gestorbenen B sei. Denn seit Inkrafttreten des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder -NeG- vom 19. August 1969 (BGBl I 1243) am 1. Juli 1970 sei die Beklagte nicht mehr befugt, von sich aus die Vaterschaft des Beigeladenen festzustellen. Das NeG mache die nichteheliche Abstammung ausschließlich von einer Anerkennung durch den Vater oder von einer vormundschaftsgerichtlichen Feststellung abhängig. Beides fehle hier. Auch die Voraussetzungen der Übergangsregelung des Art 12 § 3 Abs 1 NeG seien nicht erfüllt. Die in dem Bescheid vom 27. Mai 1964 von der Beklagten inzident vorgenommene Vaterschaftsfeststellung werde von der Übergangsregelung nicht erfaßt. Im Verhältnis der Beklagten zu dem Beigeladenen bewende es daher bei der damals bindend festgestellten Halbwaisenrente. Dadurch überstiegen jedoch die Hinterbliebenenrenten insgesamt nicht vier Fünftel des JAV des Verstorbenen, um die Renten der Kläger gemäß § 598 RVO zu kürzen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Bis zum Inkrafttreten des NeG am 1. Juli 1970 seien die Sozialversicherungsträger innerhalb ihres Wirkungskreises zur Feststellung der unehelichen Vaterschaft eines Versicherten befugt gewesen. Seitdem werde zwar die Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft durch das NeG und durch Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt, wobei jedoch die Besonderheiten der Sozialversicherung nicht bedacht worden seien. Daher müsse es auch nach dem Inkrafttreten des NeG für den Bereich der Sozialversicherung bei der bisherigen Regelung bleiben. Sofern dieser Auffassung nicht gefolgt werde, sollten zumindest Bescheide über die uneheliche Abkunft der vor dem 1. Juli 1970 geborenen Kinder von Versicherten auch für die Zeit danach gelten. Es wirke unlogisch, den Beigeladenen hinsichtlich der vor Inkrafttreten des NeG bindend bewilligten Halbwaisenrente weiterhin als nichteheliches Kind des Verstorbenen anzusehen, hingegen nicht mehr im Hinblick auf die hier nachträglich eingetretenen Voraussetzungen der Vollwaisenrente.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung der Entscheidungen des Zweit- und
des Erstrichters in Abweisung der Klage und der
Anschlußberufung der Kläger die Bescheide der
Beklagten vom 26. April 1972 und vom 15. November 1977
einschließlich der Abänderungsbescheide vom
15. November 1977 und 27. Januar 1978 in ihrem
ursprünglichen Umfange und Inhalt wieder herzustellen,
hilfsweise aber auf Zurückweisung an die Vorinstanz
zu erkennen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Berufungsurteil für zutreffend.
Der Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Zu Recht hat das LSG das erstinstanzliche Urteil bestätigt, soweit damit der die Hinterbliebenenrenten der Kläger kürzende Bescheid vom 26. April 1972 aufgehoben war, sowie die später während des Berufungsverfahrens entsprechend ergangenen Kürzungsbescheide geändert und auf die Anschlußberufung der Kläger auch diejenigen Bescheide aufgehoben, mit denen die Beklagte dem Beigeladenen jeweils Vollwaisenrente gewährte (§§ 157, 153 Abs 1, 54 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Wie der Senat in dieser Sache schon im ersten Revisionsurteil vom 9. Dezember 1976 - 2 RU 267/74 - (BSG SozR 1500 § 75 Nr 8) eingehend dargelegt hat, war die Klage der Kläger von vornherein nicht nur gegen die Kürzung ihrer Hinterbliebenenrenten gerichtet, sondern zugleich dagegen, daß die Beklagte dem Beigeladenen als nichtehelichem Kind des Verstorbenen Vollwaisenrente gewährte, weil erst dies die Rentenkürzung nach § 598 RVO auslöste. Nach § 598 Abs 2 iVm Abs 1 RVO sind Hinterbliebenenrenten im Wege der Neuberechnung auf insgesamt vier Fünftel des JAV zu kürzen, wenn dafür bereits vier Fünftel des JAV - wie hier - ausgeschöpft waren und später ein neuer Berechtigter hinzutritt. Solchem Hinzutreten steht gleich, wenn der für Hinterbliebenenbezüge maßgebende Höchstbetrag dadurch überschritten wird, daß sich der Anspruch eines bereits Berechtigten - hier der des Beigeladenen - nachträglich erhöht (Urteil des Senats vom 9. Dezember 1976 - 2 RU 267/74 - aaO). An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, sind die dem Beigeladenen jeweils Vollwaisenrente bewilligenden Bescheide der Beklagten rechtswidrig.
Nach § 622 Abs 1 RVO ist eine Leistung neu festzustellen, wenn sich die dafür maßgebenden Umstände im Nachhinein wesentlich geändert haben. Zwar hing die Waisenrente des Beigeladenen im Jahre 1964 - bei Erstbewilligung - der Höhe nach (vgl dazu das weitere Urteil des Senats vom 9. Dezember 1976 - 2 RU 123/75 = BSG SozR 2200 § 595 Nr 2) davon ab, ob der Beigeladene den unfallversicherten B als Vater oder beide Elternteile verloren hatte. Auch haben sich diese Umstände durch den Tod der Mutter geändert. Doch mußte die Beklagte bei ihrer Neufeststellung weiter beachten, daß der Beigeladene gemäß §§ 595 Abs 1 und 583 Abs 5 Nr 5 RVO iVm dem inzwischen durch das NeG geänderten Familienrecht nicht als Kind des durch Arbeitsunfall verstorbenen B gilt. Hiervon war die Beklagte nicht enthoben, weil sie bereits im Bescheid vom 27. Mai 1964 über die Halbwaisenrente des Beigeladenen dessen nichteheliche Abstammung von B bejaht hatte und - was der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden hat - insofern über ihre damit geregelte Leistungspflicht als solche hinaus gemäß § 77 SGG "in der Sache" gebunden ist. Denn die Bindung beschränkt sich nach dieser Vorschrift auf "die Beteiligten", wozu die Kläger im Jahre 1964 nicht gehörten. Die Beklagte hatte sie nicht förmlich am Verwaltungsverfahren beteiligt. Die Kläger waren damals auch nicht materiell Beteiligte iS von § 77 SGG, weil die dem Beigeladenen bewilligte Halbwaisenrente keinen unmittelbaren Eingriff in ihre Rechte auf Hinterbliebenenentschädigung bedeutete (vgl dazu BSGE 15, 118, 122; BSG SozR Nr 140 zu § 54 SGG; Meyer-Ladewig, SGG, § 77 Anm 4; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 77 Anm 4c). Erst durch den jetzt angefochtenen Bescheid vom 26. April 1972 über die Vollwaisenrente des Beigeladenen und die darauf beruhenden, ihre eigenen Hinterbliebenenansprüche kürzenden Bescheide sind die Kläger hieran derart beteiligt, daß die Entscheidung nunmehr auch ihnen gegenüber iS von § 75 Abs 2 SGG einheitlich ergehen muß (Urteil des Senats vom 9. Dezember 1976 - 2 RU 267/74 - aaO). Da hiergegen rechtzeitig Klage erhoben ist, bewirkt die im Verhältnis zum Beigeladenen als Begünstigtem gemäß § 77 SGG schon mit Bekanntgabe eingetretene Bindung der Beklagten (vgl BSGE 7, 8, 11) lediglich, daß sie den Vollwaisenrentenbescheid nicht von sich aus zum Nachteil des Beigeladenen abändern darf.
Die Anfechtungsbefugnis der Kläger bleibt davon unberührt (BSGE 25, 34, 35 f und Urteil des Senats vom 9. Dezember 1976 - 2 RU 267/74 - insoweit nicht abgedruckt in SozR aaO).
Der dem Beigeladenen erteilte Vollwaisenrentenbescheid ist rechtswidrig, weil der Beigeladene nicht als Kind des B anzusehen ist. Nach §§ 595 Abs 1 und 583 Abs 5 Nr 5 RVO gelten als Kinder die "unehelichen Kinder eines männlichen Versicherten, wenn seine Vaterschaft oder seine Unterhaltspflicht festgestellt ist". Aus diesem Wortlaut sowie der Unterhaltsersatzfunktion sozialversicherungsrechtlicher Hinterbliebenenrenten folgt, daß die Vorschrift auf die jeweils einschlägigen Begriffe des Familienrechts verweist (BSGE 12, 147, 148; 29, 32, 33; 32, 292, 293; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl, S 690m II ff, 690p; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, § 583 Anm 29; vgl für eine ähnliche Verweisung stillschweigender Art auf familienrechtliche Vorschriften durch § 11 Abs 2 Wehrpflichtgesetz 1965 BVerwGE 29, 153). Daß § 583 Abs 5 Nr 5 RVO sprachlich noch an familienrechtliche Begriffe alten Rechts ("uneheliche Kinder") anknüpft, steht dem nicht entgegen, zumal das NeG in Art 12 § 25 ausdrücklich anordnet: "Wo auf Vorschriften verwiesen wird, die durch dieses Gesetz aufgehoben oder geändert werden, erhält die Verweisung ihren Inhalt aus den entsprechenden neuen Vorschriften. Einer Verweisung steht es gleich, wenn die Anwendbarkeit der im Satz 1 bezeichneten Vorschriften stillschweigend vorausgesetzt wird".
Nach § 1600a BGB in der ab 1. Juli 1970 geltenden Fassung des NeG wird die Vaterschaft bei nichtehelichen Kindern ausschließlich durch Anerkennung oder gerichtliche (hier vormundschaftsgerichtliche, da der Mann verstorben ist - vgl § 1600n Abs 2 BGB) Entscheidung mit Wirkung für oder gegen alle festgestellt. An einer derartigen Feststellung, daß B der Vater des R ist, fehlt es. Nach Art 12 § 3 Abs 1 NeG ist zwar als Vater auch anzusehen, wer vor Inkrafttreten dieses Gesetzes seine Vaterschaft in öffentlicher Urkunde anerkannt oder in einem vollstreckbaren Schuldtitel sich zur Erfüllung einer Unterhaltspflicht nach § 1708 BGB aF verpflichtet hatte (Satz 1) oder zu entsprechendem Unterhalt verurteilt war, selbst wenn die Rechtskraft erst später eingetreten ist (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind gleichfalls nicht erfüllt. Art 12 § 3 Abs 1 NeG ist auch nicht analog auf Fälle anzuwenden, in denen Sozialversicherungsträger die nichteheliche Abstammung eines Kindes in einem Rentenbescheid ausdrücklich oder inzident angenommen haben. Insoweit fehlt die für eine Analogie notwendige Regelungslücke. Für Art 12 § 3 Abs 1 NeG ging der Gesetzgeber davon aus, daß nach den Erfahrungen des Lebens ein Mann, der die Vaterschaft nach altem Recht anerkannt, sich wegen des Unterhalts der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat oder zur Zahlung des Unterhalts rechtskräftig verurteilt worden ist, in der Regel auch der wirkliche Vater des Kindes sein wird (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Gesetz über die Stellung der unehelichen Kinder vom 14. Januar 1969, BT-Drucks V/3719 S 65 zu § 3 Abs 1). Vergleichbares läßt sich bei der - hier sogar erst, nachdem B verstorben war - vorgenommenen Vaterschaftsfeststellung durch die Beklagte nicht annehmen. Sinn und Zweck der streitigen Waisenrente erfordern ebenfalls keine weitergehende Übergangsregelung iS einer Fortgeltung der nach altem Recht vom Versicherungsträger zulässigerweise inzident festgestellten Vaterschaft (vgl dazu BSGE 8, 193, 195; 14, 261, 265; 21, 181, 182; BSG SozR Nr 23 zu § 205 RVO; Brackmann, aaO S 690p mwN). Insofern genügt der durch § 77 SGG gewährleistete Schutz für den Fortbestand zuvor bewilligter Leistungen. Ebensowenig bedarf es - wie die Beklagte meint - auch weiterhin eigener Entscheidungen der Versicherungsträger über solche familienrechtlichen Vorfragen. Vielmehr gilt mit dem Inkrafttreten des NeG § 1600a Satz 2 BGB iVM den Vorschriften des NeG, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung geltend gemacht werden können, dh hier erst aufgrund einer vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung (Brackmann, aaO S 690p; Lauterbach, aaO § 583 Anm 29; Mutschler, in Münchener Kommentar zum BGB § 1600a Rn 14; Beitzke, in Sozialrechtsprechung - Verantwortung für den sozialen Rechtsstaat, Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des Bundessozialgerichts, Bd 2 S 479f, 481; Schindera, SozVers 1970, 143, 144; aA, soweit ersichtlich, nur Wolber, SozVers 1979, 141, 142f). Zwar beschränkt sich das NeG nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich darauf, die bürgerlich-rechtliche Stellung nichtehelicher Kinder neu zu ordnen (Begründung, BT-Drucks V/2370 S 18), während es hier um sozialrechtliche Auswirkungen geht. Wegen der Unterhaltsersatzfunktion seiner hinterbliebenenrenten knüpft das Unfallversicherungsrecht jedoch seinerseits - wie ausgeführt - an das jeweils geltende bürgerliche Recht an, hier idF des NeG. Erst wo sozialrechtliche Vorschriften davon abweichend wie zB im - hier nicht einschlägigen - § 4 Abs 2 des Fremdrentengesetzes (FRG) die bloße Glaubhaftmachung von Anspruchsvoraussetzungen genügen lassen, wären noch eigene Feststellungen durch Sozialversicherungsträger und Sozialgerichte in Betracht zu ziehen (vgl BSGE 32, 284, 287; Mutschler aaO; Odersky, Kommentar zum NeG, 4. Aufl, § 1600a BGB Anm VI 7; siehe aber auch Brackmann, aaO S 690p). Dahinstehen kann ebenso, ob darüber hinaus inzidente Feststellungen über eine nichteheliche Abstammung zu treffen wären, wenn und soweit keine zivilrechtliche Vaterschaftsfeststellung mehr möglich wäre und dadurch sonst begründete Ansprüche sozialrechtlicher Art vereitelt würden (so Wolber aaO für den Bereich des Sozialrechts; für zivilrechtliche Forderungen: Odersky aaO Anm VI 8; Mutschler, aaO § 1600a BGB Rn 15; aA Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, 3. Aufl, 1980, S 877, der dann mit Ansprüchen aus Delikt helfen will). Denn im vorliegenden Fall bleibt dem Beigeladenen unbenommen, das vormundschaftsgerichtliche Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung zu beantragen (§ 1600n Abs 2 BGB). Auf die Erfolgsaussichten eines solchen Verfahrens (so aber Wolber aaO S 142) kommt es schon deshalb nicht an, weil auch der Sozialversicherungsträger und die Sozialgerichte hierüber mangels besonderer Abstammungsnormen im Sozialrecht - ebenso wie die ordentlichen Gerichte - nur aufgrund bürgerlich-rechtlicher Bestimmungen entscheiden könnten (BSGE 12, 147, 148).
Ohne vormundschaftsgerichtliche Vaterschaftsfeststellung durfte die Beklagte dem Beigeladenen mithin nach Inkrafttreten des NeG keine Vollwaisenrente gewähren. Eine zuvor gemäß § 77 SGG eingetretene Bindung an die Bewilligung der Halbwaisenrente bleibt auf den Fortbestand dieses Leistungsanspruchs beschränkt. Die Halbwaisenrenten des Beigeladenen sowie des Klägers zu 2) - jeweils in Höhe von einem Fünftel des JAV - und die Witwenrente der Klägerin zu 1) in Höhe von zwei Fünfteln des JAV übersteigen zusammen nicht vier Fünftel des JAV. Damit fehlen die Voraussetzungen für die von der Beklagten gemäß § 598 Abs 2 RVO vorgenommenen Kürzungen der Hinterbliebenenrenten.
Die Revision der Beklagten mußte daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 239 |
Breith. 1981, 591 |