Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. November 1995 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Revisions-verfahren zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist im Revisionsverfahren (nur noch) die Vormerkung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für die Zeit der Mitgliedschaft in einer Kolchose.
Die 1941 geborene Klägerin siedelte 1978 in die Bundesrepublik Deutschland über; sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A. Sie war vom 1. Juli 1957 bis zum 16. Februar 1974 Mitglied der Kolchose S. -T. … in der ehemaligen Sowjetrepublik K. …. Dort hatte sie während des Frühjahrs und Sommers vorwiegend Feldarbeiten zu verrichten, im Winter Stallarbeiten. In ihrem Arbeitsbuch ist bescheinigt, sie sei in der Zeit von 1957 bis 1960 als Rübenarbeiterin tätig gewesen. Ferner enthält das Arbeitsbuch ua Eintragungen hinsichtlich der Arbeitstage und des Gehalts sowie der Deputate für die Jahre 1961 bis 1964, 1968 bis 1970, 1972 und 1973. Die Klägerin hat in der Sowjetunion fünf Kinder geboren (J. …: 23. Oktober 1964; H. …: 8. Juli 1966; K. …: 16. August 1967; G. … – …: 5. August 1969; H. …: 18. Februar 1971).
Auf den im September 1979 gestellten Antrag auf Kontenklärung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Dezember 1979 den Zeitraum vom 1. Juli 1957 bis 31. Dezember 1960 als Pflichtbeitragszeit zu 5/6 fest, für die folgenden Jahre erfolgte eine Vormerkung in vollem Umfang entsprechend den im Arbeitsbuch bescheinigten Arbeitstagen: 1961 bis 1963 jeweils acht Monate Pflichtbeiträge, 1964 sieben Pflichtbeiträge, 1968 einen Pflichtbeitragsmonat – zu 5/6 –, 1969 drei Monate Pflichtbeiträge sowie 1970, 1972 und 1973 jeweils vier Monate Pflichtbeiträge. Die Anerkennung der Zeiten vom 1. Januar 1965 bis 30. November 1968 vom 1. Januar bis 31. Dezember 1971 und vom 1. Januar 1974 bis 16. Februar 1974 lehnte die Beklagte ab.
Auf den erneuten Kontenklärungsantrag vom November 1987 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Dezember 1987 nunmehr die Zeit vom 1. Juli 1957 bis 31. Dezember 1964 als Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG sowie die Jahre von 1968 bis 1973 als Beitragszeiten nach § 15 FRG im gleichen Umfang wie zuvor an. Außerdem wurden fünf Kindererziehungszeiten nach § 28b FRG vorgemerkt: 1. November 1964 bis 31. Oktober 1965 für J. …, 1. August 1966 bis 31. Juli 1967 für H. …, 1. September 1967 bis 31. August 1968 für K. …, 1. September 1969 bis 31. August 1970 für G. …, 1. März 1971 bis 29. Februar 1972 für H. …. Eine Feststellung von Beschäftigungszeiten für die Jahre 1971 und 1974 lehnte die Beklagte weiterhin ab. Für die als Beitragszeiten erkannten Zeiträume wurde die Klägerin der Leistungsgruppe 22 zugeordnet. Mit einem weiteren Vormerkungsbescheid vom 26. August 1988 stellte die Beklagte ua die Arbeitsunterbrechungen aufgrund der Geburten der Kinder J. …, G. … und H. …, nicht jedoch die aufgrund der Geburten von den Kindern H. … und K. … als Ausfallzeiten fest. Der auf Anerkennung der streitigen Beschäftigungszeiten zu 6/6 gerichtete Widerspruch der Klägerin gegen diese beiden Bescheide wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 1989 zurückgewiesen.
Während des anschließendem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Detmold (SG) merkte die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 25. Januar 1991 zusätzlich Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vor. Die Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des SG vom 7. Februar 1992).
In den während des Berufungsverfahrens ergangenen Vormerkungsbescheiden vom 20. November 1992 (für den Fall eines Rentenbeginnes bis 31. Dezember 1995) und 3. Dezember 1992 (für einen Rentenbeginn nach 1995) stellte die Beklagte die im Arbeitsbuch der Klägerin aufgeführten Zeiten der Beschäftigung auf der Kolchose S. … -T. … wie folgt fest:
- vom 1. Juli 1957 bis 31. Dezember 1960 als glaubhaft gemachte Beschäftigungszeiten iS des § 16 FRG,
- vom 1. Januar 1961 bis 1. August 1961, vom 1. Januar 1962 bis 20. August 1962, vom 1. Januar 1963 bis 1. August 1963, vom 1. Januar 1964 bis 10. Juli 1964 als nachgewiesene Beschäftigungszeiten iS des § 16 FRG,
- vom 1. Dezember 1968 bis 22. Dezember 1968, vom 1. Januar 1969 bis 12. März 1969, vom 1. Januar 1970 bis 2. April 1970, vom 1. Januar 1972 bis 12. April 1972 und vom 1. Januar 1973 bis 25. April 1973 als nachgewiesene Beitragszeiten iS des § 15 FRG.
Durch Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) vom 3. November 1995 wurde das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte unter entsprechender Abänderung der Bescheide vom 20. November 1992 und 3. Dezember 1992 verurteilt, den Zeitraum vom 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1973 als glaubhaft gemachte Beitragszeit sowie die Zeit vom 1. Juli 1957 bis 31. Dezember 1964 als glaubhaft gemachte Beschäftigungszeit vorzumerken, soweit dieser Zeitraum nicht mit Kindererziehungszeiten belegt ist; im übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Das LSG hat seine Entscheidung im wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
Die Zeit vom 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1973 sei als Beitragszeit nach § 15 FRG festzustellen, da es überwiegend wahrscheinlich sei, daß für diesen Zeitraum von der Beklagten – soweit es sich nicht um Kindererziehungszeiten handele – von der Kolchose S. … -T. … Beiträge an den Zentralfond zur Sicherung der Kolchosmitglieder geleistet worden seien. Die Klägerin sei während dieses Zeitraums Mitglied der Kolchose gewesen, habe dieser zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestanden und verschiedenartige Tätigkeiten für die Kolchose erledigt. Dies ergebe sich aus den glaubhaften Angaben der Klägerin sowie den Bekundungen der Zeugen R. … und T. …. Diese Zeugen sowie der Zeuge H. … hätten bekundet, daß das Mitgliedschaftsverhältnis zur Kolchose nicht berührt worden sei, wenn während der kalten Jahreszeit für gewisse Zeiträume keine Arbeiten verrichtet worden seien. Die Klägerin sei nicht nur in dem aus dem Arbeitsbuch ersichtlichen Umfang für den Kolchos tätig gewesen. Insbesondere der Zeuge T. … habe glaubhaft bekundet, daß die Eintragungen in den Arbeitsbüchern nach seiner Erfahrung willkürlich vorgenommen worden seien. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß das Arbeitsbuch erst 1966 ausgestellt worden sei, aber auch Eintragungen bereits ab dem Jahre 1961 enthalte. Ferner habe der Zeuge T. … bekundet, daß Eintragungen durch die Kolchosverwaltung (willkürlich) für längere zurückliegende Zeiträume gemacht worden seien. Bei der Würdigung des Beweiswertes der Eintragungen im Arbeitsbuch sei zu beachten, daß diesen nach den Bekundungen der Zeugen R. … und T. … für die Bemessung des Entgelts keine Bedeutung zugekommen sei. Über die Kindererziehungszeiten hinausgehende Unterbrechungen aufgrund der Geburten seien nicht eingetreten. Dies ergebe sich aus den glaubhaften Angaben des Zeugen R. … sowie der Klägerin selbst.
Im übrigen sei der Zeitraum vom 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1973, selbst wenn für diese Zeit keine Beiträge entrichtet worden seien, gemäß § 16 FRG als Beschäftigungszeit vorzumerken. Auch die Zeit vom 1. Juli 1957 bis 31. Dezember 1964 sei eine solche Beschäftigungszeit, denn die Klägerin habe als Mitglied der Kolchose in den streitigen Zeiträumen zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestanden.
Die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände der §§ 15 Abs 3 Satz 3 Buchst c bzw § 16 Abs 1 Satz 2 FRG seien aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht erwiesen; den Nachteil der objektiven Beweislosigkeit trage die Beklagte, die sich auf das Vorliegen dieser Tatbestände berufe.
Das weitergehende Begehren der Klägerin, sämtliche vorzumerkenden Zeiten als nachgewiesen zu behandeln, sei unbegründet. Das gelte auch für die begehrte Einstufung in eine höhere Leistungs- bzw. Qualifikationsgruppe.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision trägt die Beklagte im wesentlichen vor: Die Klägerin habe – insoweit unbestritten – einen Anspruch auf Berücksichtigung der Zeit vom 1. Juli 1957 bis 31. Dezember 1960 als glaubhaft gemachte Beschäftigungszeit. Für die Jahre 1961 bis 1973 bestehe jedoch kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Beitrags- bzw Beschäftigungszeiten über den Umfang der im Arbeitsbuch bescheinigten Arbeitstage hinaus. Das Urteil des LSG beruhe insoweit auf einer Verletzung von § 15 Abs 3 Satz 3 Buchst c iVm § 26 Satz 4 und § 16 Abs 1 Satz 2 FRG und der damit im Zusammenhang stehenden Beweislastregeln zu Lasten der Beklagten. Im Gegensatz zur Auffassung des LSG könnten Verfügbarkeit sowie Bereitschaft zur Arbeitsleistung und selbst die Beitragszahlung für die Anrechnung von Beitragszeiten iS des § 15 FRG und Beschäftigungszeiten iS von § 16 FRG nicht ausreichen. §§ 15 und 16 FRG stellten auf die tatsächliche Arbeitsleistung ab. Nach § 16 Abs 1 Satz 2, 1. Halbsatz FRG ständen Beschäftigungen, für die in der ehemaligen UdSSR keine Beiträge gezahlt worden seien, einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Bundesgebiet, für die Beiträge entrichtet worden seien, nur gleich, wenn die Beschäftigung nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht Rentenversicherungspflicht begründet hätte. Danach habe für Zeiten, in denen keine Arbeitsleistung erbracht worden sei, keine Versicherungspflicht bestanden. Vielmehr habe Versicherungsfreiheit für sog Nebenbeschäftigungen iS des § 1228 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bestanden. Bei laufenden oder in regelmäßiger Wiederkehr ausgeübten Beschäftigungen sei nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen von § 16 FRG darauf abzustellen, ob die in Betracht kommende Beschäftigung im Durchschnitt mindestens zwei Stunden täglich oder zehn Stunden wöchentlich gegen Entgelt ausgeübt worden sei (Bezugnahme auf BSG SozR 5050 § 16 Nr 17). Nach § 15 Abs 3 Satz 3 Buchst c FRG zählten Zeiten, für die Entgeltpunkte nicht ermittelt würden, nicht als Beitragszeiten. Solche Zeiten seien nach § 26 Satz 4 FRG Zeiten einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als zehn Stunden in der Woche. Das LSG verstehe § 15 Abs 3 Satz 3 Buchst c bzw § 16 Abs 1 Satz 2 FRG lediglich als Vorschrift zur Regelung von Ausnahmetatbeständen. Das LSG habe aber nicht gesehen, ob aufgrund dieser Vorschriften anrechenbare Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten überhaupt entstehen könnten, wenn lediglich die Verfügbarkeit und Bereitschaft zur Arbeitsleistung bestanden habe.
Das LSG habe keine verbindlichen Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang die Klägerin in den streitigen Zeiten tatsächlich gearbeitet habe. Solche Feststellungen seien aber nach der Neufassung des § 26 FRG erforderlich. Es sei nicht glaubhaft, daß die Klägerin in der streitigen Zeit tatsächlich mehr als geringfügig für die Kolchose gearbeitet habe. Im Gegensatz zur Auffassung des LSG habe jeder Beteiligte die Gefahr einer ihm nachteiligen Entscheidung zu tragen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der von ihm geltend gemachten Rechtsfolgen nicht festgestellt werden könnten (Bezugnahme auf BSGE 6, 73). Zu diesen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen gehöre auch das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale. § 26 Satz 4 FRG stelle ein solches negatives Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 15 FRG dar. Dasselbe gelte für § 16 FRG; auch hier sei eine Beschäftigungszeit nur anzuerkennen, wenn der negative Ausschlußtatbestand des Abs 1 Satz 2 FRG nicht vorliege.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 3. November 1995 abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 7. Februar 1992 auch insoweit zurückzuweisen, als ihr stattgegeben wurde,
hilfsweise,
das Urteil des LSG insoweit aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im wesentlichen auf die Gründe des Urteils des LSG, die sie für zutreffend hält. Das LSG habe nach durchgeführter Beweisnahme festgestellt, daß sie Mitglied der Kolchose gewesen und in gleichem Umfang wie die anderen Kolchosemitglieder für diese tätig geworden sei. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Annahme von Beschäftigungszeiten ausreichend. Das LSG habe weiter zutreffend gewürdigt, daß die Lücken im Arbeitsbuch dem nicht entgegenständen. Das LSG sei im übrigen ohne Anwendung von Beweislastregeln zu seinem Ergebnis gelangt. Da keine sonstige Anhaltspunkte vorlägen, die gemäß § 15 Abs 3 Buchst c iVm § 16 Abs 1 Satz 2 FRG Bedeutung haben könnten, habe das LSG dem nicht weiter nachgehen müssen.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. Januar 1961 bis 31. Dezember 1964 als glaubhaft gemachte Beschäftigungszeit und der Zeit vom 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1973 als glaubhaft gemachte Beitragszeit, soweit diese Zeiträume nicht mit Kindererziehungszeiten belegt oder bereits von der Beklagten vorgemerkt sind.
Im Revisionsverfahren nicht mehr streitig ist die höhere Einstufung der Klägerin sowie die Behandlung der bislang nur als glaubhaft gemacht festgestellten Zeiten als nachgewiesen. Die Klägerin hat nämlich gegen das Urteil des LSG, das ihre Berufung insoweit zurückgewiesen hat, kein Rechtsmittel eingelegt. Nicht Gegenstand der Revision sind außerdem die bereits anerkannten Zeiten. Dies wird aus der Revisionsbegründung der Beklagten deutlich. Die Beklagte wendet sich danach erkennbar nur gegen die Verurteilung zur rentenrechtlichen Feststellung der im Arbeitsbuch nicht vermerkten Zeiträume in den Jahren 1961 bis 1973. Soweit das LSG die festzustellenden Zeiten nicht im einzelnen benannt hat, ergibt sich deren Konkretisierung aus den beiden vom LSG abgeänderten Bescheiden, auf die im Urteil Bezug genommen worden ist.
Soweit das LSG die Beklagte zur Vormerkung des gesamten Zeitraums verurteilt hat, hat der Urteilsausspruch hinsichtlich der bereits durch die Beklagte anerkannten Zeiten ohnehin nur klarstellende Bedeutung. Wie sich aus den Urteilsgründen ergibt, wollte das LSG damit nur den Gesamtzusammenhang der Zeiträume im Rahmen seiner Beweiswürdigung herstellen.
Soweit das LSG nur die beiden Änderungsbescheide vom 20. November 1992 und 3. Dezember 1992, die nach Anfechtung des Ablehnungsbescheides vom 14. Dezember 1987 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind, abgeändert hat, ist dies unschädlich, denn diese Verwaltungsakte haben nach ihrem gesamten Inhalt frühere Vormerkungsbescheide vollständig ersetzt. Der während des Revisionsverfahrens ergangene Leistungsbescheid vom 1. März 1996 (Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente), dem der streitgegenständliche Vormerkungsbescheid vom 20. November 1992 zugrunde liegt, gilt in entsprechender Anwendung des § 171 Abs 2 SGG als mit der Klage beim SG angefochten (vgl BSG SozR 1500 § 96 Nrn 13 und 18).
Anspruchsgrundlage für die Vormerkung der geltend gemachten Zeiten ist § 149 Abs 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Diese Vorschrift findet hier nach dem am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen § 300 Abs 1 SGB VI Anwendung, unabhängig davon, ob der Sachverhalt, auf den der Anspruch gestützt wird, bereits vor diesem Zeitpunkt vorgelegen hat (vgl BSGE 70, 138, 139 = SozR 3-6180 Art 13 Nr 2; BSGE 70, 220, 221 = SozR 3-2600 § 252 Nr 1; BSGE 71, 227, 228 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4; Senatsurteil vom 1. Februar 1995 ≪SozR 3-2600 § 58 Nr 3≫).
Nach § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI ist der Versicherungsträger verpflichtet, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid festzustellen, nachdem er das Versicherungskonto geklärt oder der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen hat. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird hingegen erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (Abs 5 Satz 2). Der danach zu erlassende Vormerkungsbescheid muß inhaltlich zutreffend sein (vgl BSGE 71, 138, 140 = SozR 3-6180 Art 13 Nr 2; BSGE 71, 227, 229 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4; Senatsurteil vom 1. Februar 1995 ≪SozR 3-2600 § 58 Nr 3≫).
Hinsichtlich des hier streitigen Zeitraumes von 1961 bis 1973 geht es um die Feststellung von Versicherungszeiten der Klägerin, die nach den Bestimmungen des FRG zu beurteilen sind. Das FRG wurde durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I, 2261) und das Rentenüberleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 (BGBl I, 1606 ≪RÜG≫) sowie durch Art 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG –) vom 25. September 1996 (BGBl I 1461, 1471) erheblich geändert und ergänzt. Spezielle Übergangsvorschriften für die jeweiligen Fassungen sind in den §§ 4-6 des Art 6 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) enthalten. Nach Art 6 § 4 Abs 3 FANG gelten für einen Anspruch auf Rente vor dem 1. Januar 1996 anstelle des § 22 Abs 1 FRG besondere Übergangsregelungen. Besteht hingegen Anspruch auf Zahlung einer Rente erstmalig nach dem 31. Dezember 1995, ist das FRG uneingeschränkt anzuwenden. Im Hinblick auf diese beiden Möglichkeiten hat die Beklagte zwei getrennte Vormerkungsbescheide erteilt (vom 20. November 1992 und 3. Dezember 1992). Insoweit sind hier zwei unterschiedliche Fassungen des FRG heranzuziehen, die sich allerdings hinsichtlich der hier streitigen Frage der Glaubhaftmachung bzw des Nachweises von Beitrags- oder von Beschäftigungszeiten nicht unterscheiden.
Nach den danach einschlägigen Vorschriften sind die Bescheide der Beklagten vom 20. November 1992 und 3. Dezember 1992 insoweit zu beanstanden, als darin die Vormerkung der bisher noch nicht anerkannten und hier streitigen Zeiten, soweit diese nicht mit Kindererziehungszeiten belegt sind, als Beitrags- bzw Beschäftigungszeit abgelehnt worden ist. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, daß die noch offenen Zeiträume in den Jahren 1961 bis 1964 als glaubhaft gemachte Beschäftigungszeit und die noch offenen Zeiträume in den Jahren 1965 bis 1973 als glaubhaft gemachte Betragszeit festzustellen sind.
Als anerkannte Vertriebene iS des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) gehört die Versicherte gemäß § 1 Buchst a FRG zum berechtigten Personenkreis nach dem FRG. Zu Recht hat das LSG zunächst hinsichtlich der Zeit vom 1. Januar 1961 bis 31. Dezember 1964 eine Beschäftigungszeit nach § 16 FRG angenommen. Nach § 16 FRG idF durch das WFG (vgl dazu Art 6 § 4 Abs 3a FANG) steht eine nach vollendetem 17. Lebensjahr vor der Vertreibung in der ehemaligen Sowjetunion verrichtete Beschäftigung, soweit sie nicht in Gebieten zurückgelegt wurde, in denen zu dieser Zeit die Sozialversicherung nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze durchgeführt wurde, einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland, für die Beiträge entrichtet sind, gleich, wenn sie nicht mit einer Beitragszeit zusammenfällt. Die Anrechnung von Beschäftigungszeiten, für die keine Beiträge entrichtet sind, rechtfertigt sich aus dem Gedanken der Eingliederung der Vertriebenen in die Rechtsordnung der neuen Heimat. Dabei dient § 16 FRG zugleich der Verwaltungsvereinfachung (Amtl Begründung zum Entwurf des FANG 1960, BT-Drucks 3/1109, S 40).
Da in diesem Zeitraum nach den Feststellungen des LSG keine Beitragszeit vorliegt, ist entscheidende Voraussetzung der Anerkennung einer Beschäftigungszeit das Vorliegen der allgemeinen Merkmale eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Nach § 16 Abs 1 Satz 2, 1. Halbsatz FRG gilt die Gleichstellung der Beschäftigungszeit nach Satz 1 nämlich nur, wenn die Beschäftigung nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätte, wenn sie im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wäre, wobei nach § 16 Abs 1 Satz 2, 2. Halbsatz FRG Vorschriften über die Beschränkung der Versicherungspflicht nach der Höhe des Arbeitsverdienstes nicht anzuwenden sind. Das ist der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 1227 RVO idF vom 1. März 1957 (aF) vorgelegen hätten. Nach dem hier in Betracht kommenden § 1227 Abs 1 Nr 1 RVO aF waren in der Rentenversicherung der Arbeiter alle Personen versichert, die als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt waren. Ein solches Beschäftigungsverhältnis setzt grundsätzlich die Verfügungsmacht (das Direktionsrecht, die Weisungsbefugnis) des Arbeitgebers voraus, die sich insbesondere in der Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb äußert, ferner die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und die Entgeltlichkeit der Arbeit (vgl BSG SozR 5050 § 15 Nr 11 § 19 Nr 11; SozR 3-4100 § 48 Nr 18; BSGE 78, 34 ff = SozR 3-2940 § 2 Nr 5). Für Tätigkeiten im Kolchos hat der erkennende Senat bereits erwogen, daß der Betroffene allein aufgrund der Mitgliedschaft im Kolchos als abhängig beschäftigt angesehen werden kann (Urteil vom 31. März 1993 – 13 RJ 17/92 –). Denn auch in Zeiten, in denen nicht gearbeitet wird, zB an bestimmten Tagen im Winter, besteht ein Weisungsrecht des Kolchos, wenn das Mitglied bereit sein mußte, jederzeit Arbeit zu leisten. Die Besonderheit eines solchen Mitgliedschaftsverhältnisses besteht darin, daß der Betroffene während der Mitgliedschaft im Kolchos nicht zugleich in einem anderen Betrieb beschäftigt sein durfte.
Nach den Feststellungen des LSG sind diese Voraussetzungen für den genannten Zeitraum bei der Klägerin glaubhaft gemacht. Es hat aufgrund durchgeführter Beweisaufnahme festgestellt, daß die Eintragungen im Arbeitsbuch unvollständig waren und bei der Klägerin auch während der nichteingetragenen Zeiten ein solches Beschäftigungsverhältnis mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorgelegen hat, soweit sie nicht durch Kindererziehung während der anerkannten Kindererziehungszeiten an der Ausübung einer Beschäftigung gehindert war. Es ist aufgrund von Zeugenaussagen zu der Annahme gelangt, daß die Klägerin in den umstrittenen Zeiträumen Mitglied der Kolchose war und dieser zur Arbeitsleistung zur Verfügung stand, wobei Art und Umfang nach der Jahreszeit differierten, die Verpflichtung zur Arbeitsleistung zur Verfügung zu stehen, aber nicht durch den Umfang der zu leistenden Arbeit beschränkt wurde.
Damit wird das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ausreichend belegt. Ein die Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis besteht nämlich in der Bundesrepublik ebenso auch ohne tatsächliche Arbeitsleistung, wenn ein rechtsgültiges Arbeitsverhältnis vorliegt, aufgrund dessen dem dienstbereiten Arbeitnehmer ein Entgelt geschuldet wird (BSG, Urteil vom 26. März 1980 – 3 RK 9/79 –; BSGE 36, 161).
Soweit die Beklagte vorträgt, es sei nicht glaubhaft, daß die Klägerin in der streitigen Zeit tatsächlich mehr als geringfügig in der Kolchose gearbeitet habe, verkennt sie die Bedeutung des Umfangs des Direktionsrechts. Es ist zwar zutreffend, daß Versicherungspflicht nach § 1228 RVO aF bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen nicht bestand. Ein solcher Fall liegt aber nur dann vor, wenn sich die arbeitsvertragliche Verpflichtung auf eine geringfügige Beschäftigung beschränkt. Besteht hingegen eine Arbeitsverpflichtung, die darüber hinausgeht, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Arbeitgeber hiervon in mehr als geringfügigem Umfang Gebrauch macht. Es war also ausreichend, daß das LSG eine Mitgliedschaft bei der Kolchose mit uneingeschränkter Arbeitspflicht festgestellt hat. Weitere Ermittlungen zum tatsächlichen Umfang der Arbeit waren danach nicht mehr erforderlich.
Auch soweit die Beklagte die Beweiswürdigung des LSG angreift, kann sie damit nicht durchdringen. Ein Verstoß gegen § 128 SGG liegt nur dann vor, wenn das LSG gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder Teile des Verfahrensergebnisses unberücksichtigt gelassen hat. Es genügt nicht, daß die Beweise auch anders gewürdigt werden könnten (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31; § 103 Nr 25). Mit ihrem Vortrag, dem Arbeitsbuch komme höherer Beweiswert zu als den Zeugenaussagen, nimmt die Beklagte aber lediglich eine andere Würdigung vor; zudem erläutert sie nicht, wieso in den eingetragenen und von ihr anerkannten Zeiten eine Mitgliedschaft mit voller Arbeitsverpflichtung bestanden haben soll, in den darüber hinausgehenden Zeiten aber nicht.
Zu Unrecht macht die Beklagte ferner als Verfahrensfehler geltend, das LSG habe den Grundsatz der objektiven Beweislast verletzt. Dieser regelt, wen die Folgen treffen, wenn das Gericht bestimmte Tatsachen nicht feststellen kann. Es gilt, daß die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder des Nichtfestgestelltseins einer Tatsache von dem Beteiligten zu tragen ist, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (vgl BSGE 30, 121, 123 = SozR Nr 83 zu § 128 SGG; SozR 3-2200 § 182 Nr 12 S 54; Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 5. Aufl 1993 § 103 RdNr 19 mwN).
Das LSG hat jedoch nicht nach Beweislastgrundsätzen entschieden, worauf die Klägerin zutreffend hinweist. Zwar sind die Ausführungen des LSG mißverständlich, wonach die Beklagte den Nachteil der objektiven Beweislosigkeit trage, soweit sie auf das Vorliegen der Ausnahmetatbestände berufe. Indem das LSG als glaubhaft gemacht festgestellt hat, daß die Klägerin – abgesehen von den Kindererziehungszeiten – durchgängig in der Kolchose beschäftigt war, und weiter festgestellt hat, daß die sonstigen Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 16 Abs 1 Satz 2 FRG nicht vorliegen, damit also auch eine geringfügige Beschäftigung verneint hat, hat es seine Entscheidung aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme getroffen. Das LSG ist also davon ausgegangen, daß die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht erwiesen seien.
Zu Recht hat das LSG weiter hinsichtlich der Zeit vom 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1973 eine glaubhaft gemachte Beitragszeit nach § 15 FRG angenommen. Nach § 15 Abs 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Unter gesetzlicher Rentenversicherung ist hier gemäß § 15 Abs 2 Satz 1 FRG jedes System der sozialen Sicherheit zu verstehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern.
Nach den Feststellungen des LSG handelt es sich bei dem ab 1. Januar 1965 durch das sowjetische Gesetz vom 15. Juli 1964 über Renten und Unterstützungen für Kolchosmitglieder (VVS.VS.S.S.S.R Nr 29 vom 18. Juli 1964 Pos 340) eingeführten Sicherungssystem um eine gesetzliche Rentenversicherung iS dieser Vorschrift (vgl Senatsurteil vom 31. März 1993 – 13 RJ 17/92 –). Ab Inkrafttreten dieses Gesetzes waren damit Kolchosmitglieder in der Sowjetunion in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen. Die für Kolchosmitglieder an den Zentralfond abgeführten Beiträge können auch als Beiträge iS des FRG angesehen werden. Das LSG hat es nach erfolgter Beweisaufnahme als glaubhaft gemacht angesehen, daß die Kolchose S. … -T. … für die Klägerin ab 1. Januar 1965 Beiträge an den Zentralfond abgeführt hat. Dem stehen die Ausführungen des LSG nicht entgegen, wonach die Zeit vom 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1973 im übrigen nach § 16 FRG vorgemerkt werden müßte, wenn für diesen Zeitraum keine Beiträge entrichtet worden sein sollten (S 14 des Urteils); denn hierbei handelt es sich nur um Hilfserwägungen.
Weitere Voraussetzung der Anerkennung einer Beitragszeit nach § 15 FRG ist neben der Beitragsentrichtung das Bestehen eines Arbeits- bzw Mitgliedschaftsverhältnisses zur Kolchose. Insoweit ist das LSG davon ausgegangen, daß die Klägerin mit einer für eine Glaubhaftmachung erforderlichen Wahrscheinlichkeit in der hier in Frage kommenden Zeit vom 1. Januar 1965 bis Ende 1973 als Mitglied der Kolchose durchgängig zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen ist, soweit sie nicht durch Kindererziehung während der anerkannten Kindererziehungszeiten daran gehindert war, und daß deshalb ein durchgängiges Beschäftigungsverhältnis vorlag. Insoweit gilt das zu § 16 FRG Gesagte entsprechend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen