Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschlußprüfung nach dem BBiG. Erstellung von Prüfungsaufgaben durch Mitglieder des Prüfungsausschusses. Entschädigung für Zeitversäumnis kein Entgelt für Prüfertätigkeit. Gleichheitssatz. keine Berufung auf günstigere Entschädigungsregelungen anderer für die Berufsbildung zuständiger Stellen. Prüfungsrecht. Prüfungswesen nach dem Berufsbildungsgesetz
Leitsatz (amtlich)
Nach § 37 Abs. 4 Satz 2 BbiG wird die Zeitversäumnis entschädigt, die mit der ehrenamtlicher Tätigkeit im Prüfungsasschuß verbunden ist.
Die Entschädigung ist kein Prüferhonorar und dementsprechend nicht als Gegenleistung zu bemessen.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1; BBiG § 36 S. 1, § 7 Abs. 4; Gesetz über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Hamburgisches OVG (Urteil vom 22.12.1977; Aktenzeichen Bf II 93/76) |
VG Hamburg (Entscheidung vom 12.08.1976; Aktenzeichen IX VG 1963/74) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. Dezember 1977 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 909,26 DM festgesetzt.
Gründe
Der Kläger begehrt von der beklagten Handelskammer eine Entschädigung für die Erarbeitung von Prüfungsaufgaben für Lehrabschlußprüfungen im Großhandel. Seine unter Berechnung eines Stundenhonorars von 41,33 DM und eines Zeitaufwandes von 22 Stunden auf Zahlung von 909,26 DM gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat dem Kläger auf der Grundlage eines Stundensatzes von 4,-- DM für Zeitversäumnis einen Betrag von 88,-- DM zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
- Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der nach der “Entschädigungsregelung für Zeitversäumnis und bare Auslagen für die Tätigkeit in Prüfungsausschüssen” der beklagten Handelskammer vom 2. Juli 1970 angesetzte Betrag von 4,-- DM pro Stunde eine “angemessene Entschädigung” für die Erstellung von Prüfungsaufgaben i. S. des § 57 Abs. 4 Satz 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112) darstelle. Sie meint, daß dem Kläger der als Diplom-Handelslehrer an einer Berufsschule für die Erstellung der Aufgaben weder Freistellung vom Dienst noch eine Mehrarbeitsvergütung erhalte zusätzlich zu den 4,-- DM mindestens 10,-- DM zu zahlen seien, da einem Lehrer zur Zeit der Aufgabenerstellung eine Mehrarbeitsvergütung von 21,-- DM je 45 Minuten Arbeitszeit zugestanden habe. Auch soweit Entschädigungsregelungen anderer für die Berufsausbildung zuständiger Stellen, wie der Industrie? und Handelskammer in Stade und des Bundesversicherungsamtes in Berlin, eine Entschädigung für die Erstellung von Prüfungsaufgaben vorsähen, sei diese erheblich höher festgesetzt worden; eine derart unterschiedliche Handhabung in den einzelnen Ländern sei mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. Mit diesem Vorbringen werden grundsätzliche, für die einheitliche Auslegung und Anwendung oder die Fortbildung des Rechts bedeutsame Fragen nicht aufgeworfen. Das Berufungsgericht hat die Vorschrift des § 37 Abs. 4 Satz 2 BBiG als Anspruchsgrundlage einer Entschädigung für Zeitversäumnis durch Tätigkeiten im Prüfungsausschuß angewendet 7 ohne daß sich hieraus grundsätzliche, die Auslegung des Begriffs “angemessene Entschädigung” betreffende Fragen ergeben würden. Wie Wortlaut und Zweck von § 37 Abs. 4 Satz 2 BBiG zweifelsfrei ergeben, soll neben der Erstattung von Auslagen – allein die mit der ehrenamtlichen Tätigkeit in Prüfungsausschüssen nach dem Berufsbildungsgesetz verbundene Zeitversäumnis entschädigt werden. Dem entspricht es, daß sich die Beklagte mit ihrer Entschädigungsregelung an die – gleichfalls die Zeitversäumnis wegen einer ehrenamtlichen Tätigkeit betreffende – Vorschrift des § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter i.d.F. vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1753) angelehnt und den dort vorgesehenen Stundensatz von 4,-- DM übernommen hat. Wie die Tätigkeit ehrenamtlicher Richter ist auch die vom Kläger übernommene ehrenamtliche Prüfertätigkeit eine Tätigkeit, die nicht mit einem als Gegenleistung aufzufassenden Entgelt verbunden ist. Das schließt die Gewährung eines Prüfungshonorars aus (Wölker, Berufsbildungsgesetz, 3. Aufl., S. 77; Haase/Richard/Wagner, Berufsbildungsgesetz, 2. Aufl. 1974, Erl. 8 zu § 37). Die Zahlung einer zusätzlichen – vom Kläger als Entschädigung eines fiktiven Verdienstausfalls deklarierten – Vergütung für die Erstellung der Prüfungsaufgaben durch den Kläger ist der Beklagten mithin verwehrt. Die von der Beschwerde zur Stützung ihrer Ansicht angeführte Äußerung Herkerts, das mit der Erstellung von Prüfungsaufgaben beauftragte Ausschußmitglied könne nicht auf die Entschädigungsregelung für die Tätigkeit im Prüfungsausschuß verwiesen werden (Loseblatt-Kommentierung, RdNr. 69 zu § 37 BBiG), beruht auf der Voraussetzung, daß die Erstellung von Prüfungsaufgaben nicht zum Aufgabenkreis des Prüfungsausschusses gehöre, und vermag daher die Beschränkung des Klägers auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Rahmen des § 37 Abs. 4 Satz 2 BBiG nicht in Frage zu stellen. Der Hinweis der Beschwerde auf höhere Entschädigungsbeträge im Bereich anderer für die Berufsbildung zuständiger Stellen führt gleichfalls zu keinem anderen Ergebnis. Aus den dort vorgesehenen und pauschalierend festgesetzten Entschädigungen für die Erstellung von Prüfungsaufgaben kann der Kläger nichts für sich herleiten. Insbesondere ließe sich ein aus der Anwendung jener Entschädigungsregelungen ableitbarer Anspruch auf eine höhere Entschädigung nicht aus dem Gleichheitssatz begründen. Der Bundesgesetzgeber durfte in § 37 Abs. 4 Satz 2 BBiG die jeweils zuständigen Stellen mit der näheren, von der obersten Landesbehörde zu genehmigenden Bestimmung der Entschädigung betrauen, um so unterschiedlichen fachlichen und örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen zu können. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit günstiger gestellten Mitgliedern der Prüfungsausschüsse anderer Stellen entfällt schon deshalb. Er käme erst recht nicht in Betracht, falls die Regelung jener Stellen – was nicht ohne weiteres auszuschließen ist, hier aber keiner Klärung bedarf – auch oder allein deshalb großzügiger wären, weil sie die Grenzen einer bloßen Entschädigung für Zeitversäumnis überschreiten.
- Die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, ob die “Abnahme der Abschlussprüfung” i.S. von § 36 Satz 1 BBiG auch die Erstellung von Prüfungsaufgaben einschließt, vermag schon deshalb nicht zur Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu führen, weil der Ausgang eines künftigen Revisionsverfahrens von ihrer Beantwortung nicht abhängen würde. Denn auch für den Fall, daß die Erstellung von Prüfungsaufgaben entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht zur “Abnahme der Abschlußprüfung” gehören sollte, könnte in der Revisionsinstanz nicht auf die dann nach sachlichem Recht gebotene Klageabweisung erkannt werden, da dem das Verbot der Verböserung im Rechtsmittelverfahren (§§ 129, 141 VwSO) entgegenstünde. Auf andere öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen als § 37 Abs. 4 Satz 2 BBiG läßt sich – wie schon im verwaltungsgerichtlichen Urteil zutreffend ausgeführt und von der Beschwerde nicht in Abrede gestellt worden ist – der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht stützen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Zehner, Klamroth, Kreiling
Fundstellen