Entscheidungsstichwort (Thema)

Fachzeitschrift für das Personalvertretungsrecht Auswahlrecht des Personalrats

 

Leitsatz (amtlich)

Die Personalvertretung hat – soweit in der Dienststelle nicht bereits eine Fachzeitschrift zum Personalvertretungsrecht vorhanden ist – unter mehreren zu seiner Information geeigneten Fachzeitschriften ein Auswahlrecht.

 

Normenkette

BPersVG § 44 Abs. 2, § 54 Abs. 1, § 56

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Beschluss vom 27.01.1988; Aktenzeichen 18 P 87.03580)

VG Ansbach (Beschluss vom 21.09.1987; Aktenzeichen AN 7 P 87.01509)

 

Tenor

Der Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 1988 wird aufgehoben.

Unter Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten Bund – vom 21. September 1987 wird festgestellt, daß der Beteiligte dem Antragsteller die Fachzeitschrift „Der Personalrat” zur Verfügung zu stellen und hierfür die Kosten zu tragen hat.

Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten Bund – vom 21. September 1987 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist der Gesamtpersonalrat bei der Standortverwaltung Bayreuth, bei deren Hauptverwaltung in Bayreuth und deren Außenstellen in Hof, Naila und Wunsiedel insgesamt nicht ganz 300 Personen beschäftigt sind. Von den sieben Mitgliedern des Antragstellers ist keiner für die Personalratstätigkeit freigestellt. Der Beteiligte, der Leiter der Standortverwaltung, hatte dem Antragsteller zunächst die Zeitschrift „Die Personalvertretung” zur Verfügung gestellt. Im Jahre 1986 stellte er jedoch auf oberbehördliche Weisung aus haushaltrechtlichen Gründen den Bezug dieser Zeitschrift ein.

Im Juli 1987 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und den Antrag gestellt,

den Beteiligten zu verpflichten, ihm die Zeitschrift „Der Personalrat” kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Durch Beschluß vom 21. September 1987 hat das Verwaltungsgericht den Beteiligten verpflichtet, dem Antragsteller eine Fachzeitschrift für das Personalvertretungsrecht zur Verfügung zu stellen und im übrigen den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, daß zu dem erforderlichen Geschäftsbedarf des Antragstellers auch eine Fachzeitschrift gehöre. Der Antragsteller könne jedoch nicht den Bezug einer bestimmten Fachzeitschrift verlangen, da es im pflichtgemäßen Ermessen der Dienststelle stehe, welche (geeignete) Zeitschrift sie dem Personalrat zur Verfügung stelle.

Gegen diesen Beschluß haben der Beteiligte Beschwerde und der Antragsteller Anschlußbeschwerde eingelegt.

Der Antragsteller hat beantragt,

unter teilweiser Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. September 1987 seinem erstinstanzlichen Antrag in vollem Umfang stattzugeben.

Der Beteiligte hat beantragt,

unter teilweiser Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. September 1987 den Antrag des Antragstellers insgesamt abzulehnen.

Mit Beschluß vom 27. Januar 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag des Beteiligten entsprochen und die Anschlußbeschwerde des Antragstellers zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

Die Grenze, von der an der Bezug einer Fachzeitschrift normalerweise zum erforderlichen Geschäftsbedarf des Personalrats im Sinne des § 44 Abs. 2 BPersVG gehöre, liege bei der Dienststellengröße, von der an nach § 46 Abs. 4 BPersVG Mitglieder des Personalrats von ihrer dienstlichen Tätigkeit ganz freizustellen seien (300 Beschäftigte). Von dieser Dienststellengröße an sei es nach der gesetzlichen Regelung normalerweise nötig, daß wenigstens ein Personalratsmitglied diese Aufgaben vollberuflich wahrnehme. Dazu müsse es eine umfassende und stets auf dem neuesten Stand befindliche Informationsquelle haben. Bei kleineren Dienststellen bestehe jedoch in aller Regel kein Bedarf für eine über einen Kommentar, zum Bundespersonalvertretungsgesetz hinausgehende allgemeine Information zum Bundespersonalvertretungsgesetz. Für den Antragsteller sei über den in verhältnismäßig kurzen Zeitabständen auf den neuesten Stand gebrachten, außerordentlich gründlichen und informativen Loseblattkommentar hinaus, den ihm der Beteiligte zur Verfügung gestellt habe, eine wissenschaftliche Fachzeitschrift zum Personalvertretungsrecht nicht erforderlich. Eine solche Zeitschrift, deren Bezug im übrigen eine Teilfreistellung oder Dienstbefreiung wenigstens eines Personalratsmitgliedes zur Lektüre notwendig machen würde, könnte von Personalräten in Dienststellen dieser Größe nicht in dem Maße genutzt werden, daß es bei rechter Beachtung des Sparsamkeitsgrundsatzes geboten sein könnte, die Zeitschrift für den Personalrat zu abonnieren. Da es sich hier um öffentliche Mittel handele, für die der Grundsatz der Sparsamkeit gelte, könnten die Grundsätze des Betriebsverfassungsgesetzes nicht hierher übertragen werden. Da die Dienststelle des Beteiligten weniger als 300 Beschäftigte umfasse und auch keines der Personalratsmitglieder freigestellt sei, bestünden die Voraussetzungen für den Bezug einer Fachzeitschrift nicht. Die Anschlußbeschwerde des Antragstellers, die eine Verpflichtung des Dienststellenleiters zum Bezug einer bestimmten Fachzeitschrift zum Ziel habe, sei schon deshalb unbegründet, weil überhaupt kein Anspruch auf den Bezug einer solchen Zeitschrift bestehe.

Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er beantragt,

unter Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 1988 die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des. Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten Bund – vom 21. September 1987 zurückzuweisen und auf seine Anschlußbeschwerde den Beteiligten für verpflichtet zu erklären, ihm die Fachzeitschrift „Der Personalrat” kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Auslegung des § 44 Abs. 2 BPersVG durch das Beschwerdegericht und macht geltend, der Beteiligte müsse ihm unter Berücksichtigung der dem Personalrat gesetzlich übertragenen Aufgaben und der Größe der Dienststelle die Fachzeitschrift „Der Personalrat” zum ständigen Gebrauch zur Verfügung stellen, über den erstinstanzlichen Beschluß hinaus habe er Anspruch auf Bezug der von ihm selbst ausgewählten Fachzeitschrift. Ein Ermessensspielraum des Dienststellenleiters bestehe insoweit nicht.

Der Beteiligte stellt den Antrag, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Er hält die angefochtene Entscheidung für rechtsfehlerfrei.

Der Oberbundesanwalt hat sich in der Sache geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die – zulässige – Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Beschwerdegericht hat den Feststellungsantrag des Antragstellers zu Unrecht abgelehnt. Der Beteiligte ist verpflichtet, dem Antragsteller die Fachzeitschrift „Der Personalrat” zum ständigen Gebrauch zur Verfügung zu stellen.

Wie der Senat in seinem Beschluß vom 29. Juni 1988 – BVerwG 6 P 18.86 – (BVerwGE 79, 361 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 13 = PersV 1988, 394 r PersR 1988, 242 = DVBl. 1988, 1069) ausgeführt hat, gehört zu dem erforderlichen Geschäftsbedarf, den die Dienststelle gemäß § 44 Abs. 2 BPersVG dem Personalrat zur Verfügung zu stellen hat, grundsätzlich auch eine für seine Arbeit einschlägige Fachzeitschrift zum Personalvertretungsrecht. Hierfür ist weder die Größe der Dienststelle noch die Zahl der von der Personalvertretung zu vertretenden Beschäftigten entscheidend. Auch in Dienststellen mit weniger als 300 oder auch nur 200 Beschäftigten wird regelmäßig ein Bedürfnis des Personalrats bestehen, sich nicht nur anhand eines Kommentars zu dem für seine Arbeit maßgebenden Personalvertretungsgesetz, sondern sich daneben auch durch aktuelle Veröffentlichungen über die Entwicklung des Personalvertretungsrechts auf dem laufenden zu halten. Angesichts des mit dem Einsatz neuer Datenverarbeitungs- und Überwachungstechniken sowie sich ständig wandelnder Problemstellungen im personellen und sozialen Bereich verbundenen Auftretens immer neuer personalvertretungsrechtlicher Fragen auf den Gebieten des Beamten-, Arbeits- und Sozialrechts sowie der Auswirkungen moderner Technik auf den arbeitenden Menschen muß ein Personalrat, der seine Aufgabe sachgerecht wahrnehmen will, von diesen Entscheidungen und den erörterten Lösungsmöglichkeiten zeitgerecht Kenntnis nehmen können. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für Gesamtpersonalräte und Stufenvertretungen.

Hiernach hat der Antragsteller gemäß §§ 56, 54 Abs. 1 i.V.m. § 44 Abs. 2 BPersVG Anspruch auf den Bezug einer Fachzeitschrift für das Personalvertretungsrecht, da ihm in der Dienststelle seit 1986 sonst keine derartige Fachzeitschrift zur Verfügung steht. Der Auffassung des Beschwerdegerichts, für den Antragsteller bestehe über einen Kommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetz hinaus kein Bedarf an einer stets auf dem neuesten Stand befindlichen Informationsquelle über aktuelle Entwicklungen im Personalvertretungsrecht, weil in der Dienststelle nicht ganz 300 Beschäftigte tätig sind und damit keines der Personalratsmitglieder gemäß § 46 BPersVG von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt ist, kann nicht beigepflichtet werden. Unter Berücksichtigung der Nutzungsmöglichkeiten der Fachzeitschrift und der dem Beteiligten durch die Personalratstätigkeit des Antragstellers insgesamt entstehenden Kosten, ist der finanzielle Aufwand für die von dem Antragsteller begehrte Zeitschrift „Der Personalrat” (derzeit 98 DM im Jahr) durchaus mit dem Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel zu vereinbaren.

Auch ist die Zeitschrift „Der Personalrat” geeignet, dem Antragsteller die für die Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben erforderlichen Informationen zu vermitteln. Als eine „Zeitschrift für das Personalrecht im öffentlichen Dienst” unterrichtet sie im wesentlichen durch Aufsätze und den Abdruck gerichtlicher Entscheidungen über aktuelle Entwicklungen im Personalvertretungsrecht, die für Personalvertretungen und Dienststellen von Interesse sein können. Daß diese Zeitschrift von einem gewerkschaftseigenen Verlag herausgegeben wird und – insbesondere in den Aufsätzen – die personalvertretungsrechtlich relevanten Interessen der Beschäftigten in der Dienststelle stark betont werden, steht dem nicht entgegen. Der Senat hat insoweit in dem oben angeführten Beschluß vom 29. Juni 1988 die Anerkennung einer Zeitschrift als eine zum Geschäftsbedarf einer Personalvertretung gehörende Fachzeitschrift lediglich davon abhängig gemacht, daß sich der Inhalt der Zeitschrift nicht auf die Wiedergabe der Auffassungen eines Verbandes beschränken darf, sondern daß sie um eine sachlich möglichst vollständige Unterrichtung über die aktuelle Entwicklung bemüht ist und – im Hinblick auf das Gebot vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Personalrat und Dienststellenleiter – unnötige Konflikte in der Dienststelle zu vermeiden hilft. Diesen Anforderungen genügt die Zeitschrift „Der Personalrat”.

Im Hinblick auf die erstinstanzliche Entscheidung ist besonders darauf hinzuweisen, daß dem Personalrat – soweit in der Dienststelle nicht bereits eine Fachzeitschrift zum Personalvertretungsrecht vorhanden ist – unter mehreren zu seiner Information geeigneten Fachzeitschriften ein Auswahlrecht zusteht und er von dem Dienststellenleiter den Bezug der von ihm ausgewählten Fachzeitschrift verlangen kann. Da der Personalrat für die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben selbst verantwortlich ist, muß es ihm überlassen bleiben, für welche Fachzeitschrift er sich im Einzelfall entscheidet. Auch wenn die Kosten des Bezugs der Fachzeitschrift von der Dienststelle zu tragen sind und die Fachzeitschrift in ihrem Eigentum verbleibt, kann der Dienststellenleiter wegen der Unabhängigkeit des Personalrats diesem nicht eine bestimmte Fachzeitschrift zur Benutzung zuweisen. Das Verwaltungsgericht hätte demnach den Beteiligten nicht nur zum Bezug „einer” Fachzeitschrift für das Personalvertretungsrecht verpflichten dürfen, sondern diese Verpflichtung konkret auf die von dem Antragsteller begehrte Fachzeitschrift beziehen müssen.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Nettesheim, Ernst, Albers, Dr. Vogelgesang

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1214376

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge