Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdebefugnis des erfolglos gebliebenen Antragstellers unabhängig von seinem Beteiligungsrecht. Beteiligungsrecht des örtlichen Personalrats im Nichteinigungsverfahren nur zur Geltendmachung der „Nichtigkeit” einer Zustimmung der Stufenvertretung. Nichtigkeit von Beschlüssen einer Personalvertretung
Leitsatz (amtlich)
Wird im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren der Antrag zurückgewiesen, so ist der Antragsteller ohne Rücksicht auf sein Beteiligungsrecht beschwerdeberechtigt. Der Dienststellenpersonalrat kann Mängel des Beschlußverfahrens der Stufenvertretung nur mit dem Ziel geltend machen, daß die „Nichtigkeit” eines Zustimmungsbeschlusses festgestellt werden soll. Für die Beurteilung, ob der Beschluß einer Personalvertretung nichtig ist, sind die in § 44 VwVfG zum Ausdruck gekommenen Rechtsgrundsätze heranzuziehen.
Normenkette
VwVfG § 44; Nds. PersVG § 75 Abs. 1 Nr. 6, § 85 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Beschluss vom 29.02.1984; Aktenzeichen 18 OVG L 15/82 (Nds)) |
VG Hannover (Entscheidung vom 14.07.1982; Aktenzeichen PL VG 27/81) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen – vom 29. Februar 1984 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte zu 1), der Rektor einer Medizinischen Hochschule, beantragte im Mai 1981 bei dem Antragsteller, dem Personalrat der Hochschule, die Zustimmung zur Neufestsetzung der Preise in der Kantine der Hochschule. Der Antragsteller verweigerte am 3. Juni 1981 seine Zustimmung und teilte dies dem Beteiligten zu 1) mit. Dieser leitete daraufhin das Nichteinigungsverfahren ein. Mit Schreiben vom 17. August 1981 teilte der Beteiligte zu 2), der Hauptpersonalrat beim Minister für Wissenschaft und Kunst, seine Ablehnung des Antrages auf Erhöhung der Preise mit. Noch bevor die von dem Beteiligten zu 3), dem Minister für Wissenschaft und Kunst, angerufene Einigungsstelle eine Entscheidung getroffen hatte, überprüfte der Hauptpersonalrat seine Haltung. Er benachrichtigte den Antragsteller mit Schreiben vom 9. Oktober 1981 darüber, daß er nunmehr der Neufestsetzung der Preise zugestimmt habe. Die Zustimmung hatte der Hauptpersonalrat aufgrund eines Beschlusses vom 1. Oktober 1981 erteilt, der bei zwei Stimmenthaltungen ohne Gegenstimmen gefaßt worden war. Zuvor war die Tagesordnung um den auf der Einladung zu der Sitzung nicht vermerkten Tagesordnungspunkt „Neufestsetzung der Essensabgabepreise …” ergänzt worden. Der Sitzung vom 1. Oktober 1981 waren ein ordentliches Mitglied, das sich am Sitzungstage krank gemeldet hatte, sowie ein geladenes Ersatzmitglied, das ohne Angabe von Gründen nicht erschienen war, ferngeblieben. In einer späteren Sitzung, die sich nochmals mit dem Gegenstand dieses Verfahrens beschäftigte, billigten beide Mitglieder nachträglich die Ergänzung der Tagesordnung um den erwähnten Tagesordnungspunkt.
Der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht, der Beschluß des Hauptpersonalrats vom 1. Oktober 1981 sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Die Ergänzung der Tagesordnung sei unwirksam gewesen, weil zwei ordentliche Mitglieder gefehlt hätten. Außerdem hätte der zunächst in dem Nichteinigungsverfahren ergangene Beschluß nicht geändert werden dürfen.
Der Antragsteller hat beantragt festzustellen, daß der Beteiligte zu 1) eine Essenspreiserhöhung ohne eine rechtmäßige Zustimmung der Personalvertretung vorgenommen habe.
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt, den Antrag abzulehnen.
Der Beteiligte zu 2) hat geltend gemacht, er habe seine Zustimmung auch noch nach Anrufung der Einigungsstelle erklären können. Diese Entscheidung sei auch sachlich gerechtfertigt gewesen.
Der Beteiligte zu 3) hat die Beteiligungsbefugnis des Antragstellers bestritten.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 14. Juli 1982 abgelehnt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Selbst wenn man die Befugnis des Antragstellers bejahe, das Beschlußverfahren mit dem genannten Antrag einzuleiten, könne er damit keinen Erfolg haben, denn der Beschluß des Beteiligten zu 2) sei gegenüber dem Antragsteller nicht rechtswidrig.
Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, mit dem er seinen in erster Instanz gestellten Antrag weiterverfolgt hat.
Die Beteiligten haben die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde am 29. Februar 1984 im wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen: Die Rechtsverfolgung des Antragstellers scheitere nicht schon am Fehlen einer Antragsbefugnis. Seine sich aus dem materiellen Recht ergebende Position werde durch die begehrte Entscheidung unmittelbar berührt. Wenn seinem Antrag entsprochen und festgestellt würde, daß der Beteiligte zu 1) eine Essenspreiserhöhung ohne rechtmäßige Zustimmung der Personalvertretung vorgenommen habe, würde dies bedeuten, daß die Maßnahme dieses Beteiligten das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletze. Der Antrag habe jedoch in der Sache deshalb keinen Erfolg, weil die Beteiligten sich über die Preiserhöhung rechtswirksam mit der Folge geeinigt hätten, daß dadurch die Zustimmung des Antragstellers ersetzt und das Mitbestimmungsverfahren rechtswirksam beendet worden sei. Der Einigung habe nicht entgegengestanden, daß der Beteiligte zu 2) die Preiserhöhung zunächst abgelehnt gehabt habe. § 73 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes – Nds. PersVG – sehe an mehreren Stellen vor, daß sich die Personalvertretung und die Stufenvertretung auf der einen Seite und die entsprechenden Dienststellen auf der anderen Seite „einigen” könnten. Die Vorschrift enthalte für eine solche Einigung keine zeitlichen oder sonstigen Beschränkungen. Für eine Einigung sei deshalb auch noch dann Raum, wenn sich eine Personalvertretung zunächst ablehnend geäußert habe. Es liege auch eine rechtswirksame Einigung vor, denn es sei unbestritten, daß der Vorsitzende des Hauptpersonalrats dem Minister die Zustimmung der Stufenvertretung zur Essenspreiserhöhung ordnungsgemäß mitgeteilt habe. Ob dem eine in jeder Hinsicht rechtmäßige Beschlußfassung des Hauptpersonalrats zugrunde gelegen habe, sei für das Zustandekommen der Einigung nicht von entscheidender Bedeutung. Für die Rechtsbeziehungen zwischen Personalvertretung und Dienststelle komme es weniger auf die interne Willensbildung der Personalvertretung als auf die Verlautbarung des Willens der Personalvertretung durch ihren Vorsitzenden nach außen an. Mängel der Willensbildung der Personalvertretung berührten in aller Regel die Wirksamkeit einer nach außen ordnungsgemäß erteilten Zustimmung nicht. Die Zustimmung der Personalvertretung sei stets dann als ordnungsgemäß anzusehen, wenn die Dienststelle aus ihrer Sicht davon ausgehen könne, daß der Erklärung der Personalvertretung eine wirksame Beschlußfassung zugrunde läge. Das sei hier bei der Zustimmung des Hauptpersonalrats zu der Preiserhöhung der Fall. Für die beteiligten Dienststellen habe keine Veranlassung bestanden, am Vorliegen einer ordnungsgemäßen Beschlußfassung des Hauptpersonalrats zu zweifeln. Der Minister habe demgemäß vom Vorliegen einer wirksamen Einigung ausgehen und der Rektor habe auf dieser Grundlage die beabsichtigte Maßnahme durchführen können.
Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er beantragt,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 29. Februar 1984 aufzuheben und auf seine Beschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover vom 14. Juli 1982 diesen abzuändern und festzustellen, daß der Beteiligte zu 1) eine Essenspreiserhöhung ohne eine rechtmäßige Zustimmung der Personalvertretung vorgenommen habe.
Der Antragsteller macht geltend, er sei aus seiner personalvertretungsrechtlichen Position heraus berechtigt, Fehler im Stufenverfahren geltend zu machen. Im vorliegenden Falle sei bereits ein Nichteinigungsverfahren eingeleitet gewesen und habe die Stufenvertretung die Tagesordnung für die Sitzung am 1. Oktober 1981 ergänzt, ohne daß – wie erforderlich – alle Personalratsmitglieder anwesend gewesen seien. Die Dienststelle sei an diesem Tage darüber unterrichtet gewesen, daß der Personalrat nicht vollständig vertreten gewesen sei; sie habe also den Fehler in der Beschlußfassung erkennen müssen. Deshalb könne sie sich nicht auf eine angeblich wirksame Bekanntmachung eines nichtigen Beschlusses stützen. Ein nichtiger Beschluß könne auch nicht rechtswirksam nach außen hin bekanntgemacht werden. Die Einhaltung der Vorschrift des § 42 Abs. 2 Satz 3 Nds. PersVG sei zwingend notwendig vorgeschrieben; die Vorschriften über die Rechtzeitigkeit der Bekanntmachung der Tagesordnungspunkte seien elementar für die personalvertretungsrechtliche Beschlußfassung. Ihre Nichtbeachtung und die sich daraus ergebende Nichtigkeit geltend zu machen, sei seine, des Antragstellers, Sache.
Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 1) macht geltend, durch die Einleitung des Nichteinigungsverfahrens sei die Mitbestimmungskompetenz des Antragstellers bei der Erhöhung der Essenspreise auf den Hauptpersonalrat übergegangen. Dieser und der Minister hätten sich bis zur Entscheidung der Einigungsstelle einigen können, und dies auch getan. Etwa vorhandene Mängel in der Willensbildung des Hauptpersonalrats könnten auf eine sonst ordnungsgemäß erteilte Zustimmung nach außen hin keinen Einfluß haben. Die Vermutung, daß die Dienststelle am 1. Oktober 1981 davon unterrichtet gewesen sei, daß der Hauptpersonalrat nicht vollständig versammelt gewesen sei, sei falsch. Der Minister habe erst nach der erteilten Zustimmung davon erfahren, daß nicht alle Mitglieder des Hauptpersonalrats bei der Beschlußfassung zugegen gewesen seien. Selbst wenn der Standpunkt des Antragstellers richtig sei, dürfte der Beschluß des Hauptpersonalrats auch nicht nichtig, sondern lediglich rechtswidrig sein. Nach Erteilung einer rechtswidrigen Zustimmung angeordnete Maßnahmen seien nicht unwirksam. Eine Ausnahme gelte nur für die ohne Anhörung des Personalrats ausgesprochene außerordentliche Kündigung. Wäre die Zustimmung wirklich nichtig, müßte der Streit über die Essenspreiserhöhung zwischen dem betroffenen Essensteilnehmer und ihm, dem Beteiligten zu 1), ausgetragen werden.
Der Beteiligte zu 2) macht sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu eigen, soweit die Beschlußfassung als rechtmäßig angesehen worden ist. Er ist weiterhin der Meinung, dem Antragsteller komme keine Antragsbefugnis zu.
Der Beteiligte zu 3) ist ebenfalls weiterhin der Auffassung, daß der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Er macht ferner geltend, er habe keine Umstände gekannt, die den Mangel bei der Willensbildung des Hauptpersonalrats begründen könnten. Ihm seien weder die Tagesordnung noch die Zahl der an einem Sitzungstage des Hauptpersonalrats anwesenden Mitglieder noch die Zahl der einen Beschluß fassenden Mitglieder bekannt.
Entscheidungsgründe
II.
Die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil der Antragsteller durch die angegriffene Entscheidung jedenfalls formell beschwert ist. Anders als im Falle eines (sonstigen) am Verfahren Beteiligten (vgl. dazu Beschluß vom 15. Dezember 1978 – BVerwG 6 P 13.78 – ≪Buchholz 238.3 A § 76 BPersVG Nr. 1 = PersV 1980, 145 = ZBR 1980, 59≫) kommt es für die Rechtsmittelbefugnis des bisher erfolglos gebliebenen Antragstellers nicht darauf an, ob er durch den mit seinem Antrag festgelegten Verfahrensgegenstand unmittelbar in einer ihm personalvertretungsrechtlich eingeräumten Stellung berührt wird. Die mit dem Antrag zum Verfahrensgegenstand gemachte Frage der Wirksamkeit der Zustimmung des Hauptpersonalrats, des Beteiligten zu 2), zu der von dem Beteiligten zu 1) beabsichtigten und aufgrund der Zustimmung durchgeführten Neufestsetzung der Essensverkaufspreise in der Kantine der Hochschule betrifft eine Frage der Geschäftsführung der Personalvertretungen; für die daraus entstandene Streitigkeit ist deshalb nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 Nds. PersVG das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren gegeben (vgl. dazu Fürst, GKÖD V, K § 83 Rz 21).
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Oberverwaltungsgericht und das Verwaltungsgericht im Ergebnis mit Recht den Antrag abgelehnt haben. Die von den Beteiligten bezweifelte Antragsbefugnis des Antragstellers ist nur insoweit gegeben, als mit dem Antrag sinngemäß die „Nichtigkeit” der vom Hauptpersonalrat erteilten Zustimmung geltend gemacht wird. Soweit das Oberverwaltungsgericht darauf abgestellt hat, ob der Beteiligte zu 1) eine Essenspreiserhöhung „ohne rechtmäßige Zustimmung der Personalvertretung vorgenommen hat”, kann dies jedenfalls nicht zur Rechtfertigung der Annahme dienen, der Antragsteller als Dienststellenpersonalrat sei befugt, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens des Hauptpersonalrats in jeder Hinsicht gerichtlich überprüfen zu lassen. Sein Recht, gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 6 Nds. PersVG bei der Verwaltung der Kantine als Sozialeinrichtung mitzubestimmen, ist durch die ordnungsmäßige Beteiligung seitens des Beteiligten zu 1), die zur Versagung der Zustimmung des Antragstellers geführt hat, verbraucht (vgl. dazu Sabottig, Der Personalrat 1985, 28). An dem daraufhin von dem Beteiligten zu 1) eingeleiteten Nichteinigungsverfahren waren nur der Beteiligte zu 3) als übergeordnete Dienststelle und der Beteiligte zu 2) als Stufenvertretung beteiligt. Mängel des Verfahrens zur Erzielung einer Einigung über die beabsichtigte Maßnahme hätten grundsätzlich nur von diesen beiden Beteiligten oder von Mitgliedern des Beteiligten zu 2) geltend gemacht werden können. Eine Befugnis auch des Dienststellenpersonalrats zur Geltendmachung von Mängeln des Verfahrens der Stufenvertretung kann nur insoweit bejaht werden, als diese Mängel nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen zur „Nichtigkeit” der von der Stufenvertretung erteilten Zustimmung geführt haben. Da das Personalvertretungsrecht keine Regelung der Folgen von Verfahrensmängeln der vom Antragsteller geltend gemachten Art enthält und die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder auf die Rechtsstellung und Tätigkeit der Personalvertretungsorgane jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar sind (vgl. dazu Beschluß vom 21. Juni 1982 – BVerwG 6 P 13.79 – ≪BVerwGE 66, 15≫; Urteil vom 1. Dezember 1982 – BVerwG 2 C 59.81 – ≪BVerwGE 66, 291≫; Laubinger, Verwaltungsarchiv 1985, 449 m.w. Nachw.), muß insoweit auf allgemeine verfahrensrechtliche Grundsätze zurückgegriffen werden. Diese lassen sich der in § 44 VwVfG getroffenen Regelung der Nichtigkeit von Verwaltungsakten entnehmen, da diese Bestimmung Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze ist, wie sie auch schon vor ihrem Erlaß von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelt worden sind (vgl. Kopp, VwVfG, 3. Aufl., § 44 Rn. 74). Ebenso wie bei Verwaltungsakten kann auch bei Beschlüssen von Personalvertretungen eine Nichtigkeit nur bei besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehlern angenommen werden. „Offenkundig” ist die schwere Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung nur dann, wenn sie für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich ist (vgl. dazu Kopp, a.a.O., § 44 Rn. 9). Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage, ob die Entscheidung eines Gremiums in diesem Sinne nichtig ist, ergeben sich aus den Aufzählungen in § 44 Abs. 2 und 3 VwVfG. Nach § 44 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 ist ein Verwaltungsakt nicht etwa schon deshalb nichtig, weil an ihm eine wegen möglicher Befangenheit ausgeschlossene Person mitgewirkt oder weil ein zur Mitwirkung berufener Ausschuß den für den Erlaß des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluß nicht gefaßt hat oder nicht beschlußfähig war. Auch wenn der Personalrat weder eine Behörde noch ein Ausschuß im Sinne der Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze ist (vgl. dazu Urteil vom 24. November 1983 – BVerwG 2 C 9.82 – ≪BVerwGE 68, 189 = Buchholz 238.390 § 67 SHPersVG Nr. 1≫), kann die in § 44 VwVfG für Fehler bei Entscheidungen von Behörden und der zur Mitwirkung an Verwaltungsakten berufenen Ausschüsse enthaltene Regelung als Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze auf das hier zu beurteilende Verfahren des Hauptpersonalrats angewandt werden. Die vom Antragsteller geltend gemachte unzulängliche Mitteilung der vollständigen Tagesordnung an alle Mitglieder des Hauptpersonalrats kann nicht als ein so schwerwiegender und überdies offenkundiger Mangel der vom Hauptpersonalrat beschlossenen und von seinem Vorsitzenden dem Beteiligten zu 3) mitgeteilten Zustimmung zu der beabsichtigten Neufestsetzung der Essensabgabepreise angesehen werden.
Das bei sinngemäßer Anwendung des § 44 Abs. 5 VwVfG zu bejahende berechtigte Interesse des Antragstellers an der Feststellung der von ihm angenommenen Nichtigkeit der Zustimmung des Hauptpersonalrats rechtfertigt keine weitergehende Nachprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens des Hauptpersonalrats aufgrund des vorliegenden Antrages. Nur zur Klarstellung sei bemerkt, daß aus den vom Oberverwaltungsgericht und vom Verwaltungsgericht genannten Gründen insoweit auch keine durchgreifenden Bedenken an der Ordnungsmäßigkeit der vom Hauptpersonalrat mit dem Beteiligten zu 3) erzielten Einigung bestehen. Selbst wenn die Beschlußfassung des Beteiligten zu 2) in der Sitzung vom 1. Oktober 1981 deshalb fehlerhaft sein sollte, weil der hier umstrittene Tagesordnungspunkt in der Ladung zu dieser Sitzung nicht enthalten war und nicht alle Mitglieder des Hauptpersonalrats bei der Beschlußfassung über die Ergänzung der Tagesordnung mitgewirkt haben (vgl. dazu Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, 4. Aufl., § 37 Rn. 7 und 20), ist die Zustimmung jedenfalls deshalb unbedenklich, weil nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die in der Sitzung vom 1. Oktober 1981 fehlenden Mitglieder des Hauptpersonalrats in einer späteren Sitzung, die sich nochmals mit dem Gegenstand dieses Verfahrens beschäftigt hat, nachträglich die Ergänzung der Tagesordnung gebilligt haben. Daran, daß eine Einigung des Hauptpersonalrats mit dem Beteiligten zu 3) auch ohne Anrufung der Einigungsstelle noch möglich war, obwohl der Hauptpersonalrat zunächst der beabsichtigten Maßnahme widersprochen hatte, ist nicht zu zweifeln. Im übrigen hat das Oberverwaltungsgericht mit zutreffender Begründung unter Hinweis insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Trennung der Verantwortungsbereiche des Arbeitgebers und des Betriebsrats bei der Beurteilung von Mängeln der Beteiligung des Betriebsrats (vgl. insbesondere Urteil vom 4. August 1975 – 2 AZR 266/74 – ≪BAG 27, 209 = AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972 = DB 1975, 2184≫) darauf hingewiesen, daß sich auf die Ordnungsmäßigkeit der Anhörung eines Personalrats in aller Regel solche Mängel nicht auswirken, die in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Personalrats fallen. Wie der beschließende Senat u.a. in seinem Beschluß vom 10. Mai 1984 – BVerwG 6 P 33.83 – (BVerwGE 69, 222 = Buchholz 238.3 A § 46 BPersVG Nr. 15) ausgeführt hat, unterliegt eine Personalvertretung nicht den Weisungen oder der Rechtsaufsicht des Dienststellenleiters. Dieser ist daher auch nicht befugt, deren Entscheidungen darauf zu überprüfen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind. Darauf, ob im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) etwas anderes gelten muß, wenn dem Dienststellenleiter ein offenkundiger Rechtsverstoß bei dem Beschluß der Personalvertretung bekannt ist (vgl. dazu Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., § 69 Rn. 61), kommt es hier deshalb nicht an, weil der vermeintliche Mangel des Verfahrens des Hauptpersonalrats den Beteiligten zu 1) und 3) nach dem festgestellten Sachverhalt entgegen dem Vortrag des Antragstellers, „die Dienststelle” sei am 1. Oktober 1981 darüber unterrichtet gewesen, daß der Personalrat nicht vollständig vertreten gewesen sei, nicht erwiesenermaßen bekannt war.
Unterschriften
Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst
Fundstellen
Haufe-Index 1212415 |
BVerwGE, 62 |