Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei der Änderung von Entlohnungsgrundsätzen. Streichung von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung des Innensenators von Berlin, den ab 1. März 2005 eingestellten Lehrkräften im Angestelltenverhältnis keine Jahreszuwendung und kein Urlaubsgeld zu gewähren, unterlag als Änderung von Entlohnungsgrundsätzen der Mitbestimmung des Hauptpersonalrats.
Normenkette
BlnPersVG § 85 Abs. 1 S. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 22.02.2007; Aktenzeichen 60 PV 20.05) |
VG Berlin (Entscheidung vom 16.08.2005; Aktenzeichen 62 A 7.05) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin – vom 22. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I
Unter dem 18. November 2004 übersandte der Beteiligte dem Antragsteller nachrichtlich den Entwurf eines Rundschreibens zur “Gestaltung der Arbeitsverträge mit Lehrkräften im Angestelltenverhältnis, die nicht unter den Geltungsbereich des Anwendungs-TV Land Berlin fallen”. Der Antragsteller erwiderte mit Schreiben vom 29. November 2004, worin er “hinsichtlich der Streichung von Urlaubsgeld und Zuwendung” ein Mitbestimmungsrecht geltend machte. Dem trat der Beteiligte im Schreiben vom 18. Februar 2005 mit der Begründung entgegen, die Entscheidung des Landes Berlin über die Festsetzung der absoluten Höhe der Vergütung, wie sie durch die Streichung der Zuwendung und des Urlaubsgeldes bewirkt werde, sei mitbestimmungsfrei. Zugleich erklärte er das Beteiligungsverfahren für abgeschlossen und gab unter demselben Datum das Rundschreiben I Nr. 10/2005 bekannt. Dieses lautet auszugsweise wie folgt:
“…
Mit Lehrkräften, mit denen nach dem 28. Februar 2005 ein Arbeitsverhältnis begründet wird, wird künftig vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nach dem BAT/BAT-O und den diesen ergänzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bis zum 8. Januar 2003 geltenden Fassung sowie den Regelungen, die bis zum 8. Januar 2003 für den Arbeitgeber Land Berlin gegolten haben, und zwar auch solchen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) befanden, bestimmt, abweichend davon, dass
…
die Tarifverträge über ein Urlaubsgeld für Angestellte und über eine Zuwendung für Angestellte nicht gelten, ein Urlaubsgeld oder eine Zuwendung also vertraglich nicht zustehen.
…”
Dem Rundschreiben waren als Anlage zwei Arbeitsvertragsmuster beigefügt. Das “Muster Inn II 42 (02/05)” lautet auszugsweise wie folgt:
“…
§ 3
Anzuwendendes Tarifrecht
…
(2) …
c) Der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 und der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 gelten nicht.
…
§ 5
Vergütung, eingruppierungsmäßige Behandlung
Für das Arbeitsverhältnis gelten neben dem in § 3 genannten Tarifrecht die Richtlinien des Landes Berlin über die Vergütung der unter den BAT fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis und der unter den BAT-O fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis, deren Eingruppierung nicht tarifvertraglich geregelt ist (LehrerRL) in der jeweiligen Fassung sowie die an die Stelle dieser Richtlinien tretenden Bestimmungen oder tarifvertraglichen Vorschriften.
…”
Das “Muster Inn II 53 (02/05)” lautet auszugsweise wie folgt:
“…
§ 3
Anzuwendendes Tarifrecht
…
(2) …
c) Der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte (TV Urlaubsgeld Ang-O) vom 10. Dezember 1990 und der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV Zuwendung Ang-O) vom 10. Dezember 1990 gelten nicht.
…
§ 5
Vergütung, eingruppierungsmäßige Behandlung
Für das Arbeitsverhältnis gelten neben dem in § 3 genannten Tarifrecht die Richtlinien des Landes Berlin über die Vergütung der unter den BAT fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis und der unter den BAT-O fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis, deren Eingruppierung nicht tarifvertraglich geregelt ist (LehrerRL) in der jeweiligen Fassung sowie die an die Stelle dieser Richtlinien tretenden Bestimmungen oder tarifvertraglichen Vorschriften, sofern die Eingruppierung nicht abschließend durch § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in der jeweiligen Fassung geregelt ist.
…”
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Beteiligte durch die Veröffentlichung seines Rundschreibens I Nr. 10/2005 vom 18. Februar 2005 zur Gestaltung der Arbeitsverträge mit Lehrkräften im Angestelltenverhältnis, die nicht unter den Geltungsbereich des Anwendungstarifvertrages Land Berlin fallen, das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG verletzt hat. Die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Die im Rundschreiben vom 18. Februar 2005 getroffene Entscheidung des Beteiligten, für nach dem 28. Februar 2005 einzustellende Lehrkräfte kein Urlaubsgeld und keine Zuwendung auszukehren, betreffe nicht lediglich die Lohnhöhe. Es gehe hier nicht um den Dotierungsrahmen, sondern um eine Änderung der Verteilungsgrundsätze. Bis zum 28. Februar 2005 sei Verteilungsgrundsatz gewesen, dass alle Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis zusätzlich zu der bisherigen Grundvergütung in den Genuss von Urlaubsgeld und Zuwendung gekommen seien. Nunmehr sollten zwei neue Verteilungsgrundsätze gelten, dahin nämlich, dass nur die bis zum 28. Februar 2005 eingestellten Lehrkräfte zusätzlich Urlaubsgeld und Zuwendung erhalten sollten, nicht jedoch die nach dem 28. Februar 2005 eingestellten Lehrkräfte. Der Beteiligte sei nicht infolge haushaltsrechtlicher Vorgaben an einer anderweitigen Verteilung gehindert gewesen.
Der Beteiligte trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Das Rundschreiben vom 18. Februar 2005 enthalte in Bezug auf das streitige Mitbestimmungsrecht keine abstrakt-generelle Regelung. Denn darin werde lediglich mitgeteilt, dass eine Regelung, die ohnehin nicht mehr gelte, auch nicht vereinbart werden solle. Die Tarifverträge über Urlaubsgeld und Zuwendung an Angestellte hätten sich zum 28. Februar 2005 bereits in der Nachwirkung befunden und sich damit nicht auf die nach diesem Zeitpunkt erst begründeten Arbeitsverhältnisse erstreckt. Der Hinweis darauf, dass diese Tarifverträge für die nach dem 28. Februar 2005 eingestellten Lehrkräfte nicht gelten würden, habe daher lediglich beschreibenden und klarstellenden Charakter. Jedenfalls enthalte das Rundschreiben keine Änderung der Verteilungsgrundsätze im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes, sondern lediglich eine Entscheidung über die Lohnhöhe von einem bestimmten Stichtag an. Für die vor dem 1. März 2005 eingestellten Lehrkräfte habe sich nichts geändert. Für die nach dem 28. Februar 2005 eingestellten Lehrkräfte gebe es nichts zu verteilen, weil für sie über den Dotierungsrahmen hinaus, der nach den Grundsätzen der Lehrerrichtlinien verteilt werde, keine Mittel zur Verfügung gestellt würden. Für die Beantwortung der Frage, ob bei einer Änderung von abgrenzbaren Teilen der Vergütung die Verteilungsgrundsätze geändert würden, sei allein auf das diesen Teilen der Vergütung jeweils zugrundeliegende Verteilungssystem abzustellen. Es gebe nach Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei der Lohngestaltung keine Veranlassung, solche Teile der Vergütung in die Betrachtung mit einzubeziehen, deren Verteilung nach dem hier zugrundeliegenden System durch die Maßnahme nicht berührt würden. Im Übrigen bestehe für eine anderweitige Verteilung kein Regelungsspielraum. Den bis zum 28. Februar 2005 eingestellten Lehrkräften hätten Zuwendung und Urlaubsgeld nach den entsprechenden Tarifverträgen aufgrund tariflicher Nachwirkung und entsprechender arbeitsvertraglicher Regelungen zugestanden. Zwischen dem tarifgebundenen Arbeitgeber einerseits und dem nichttarifgebundenen Arbeitgeber andererseits könne jedenfalls dann nicht unterschieden werden, wenn der nichttarifgebundene Arbeitgeber freiwillig und uneingeschränkt den gleichen Tarifvertrag anwende wie der tarifgebundene Arbeitgeber. Hier sei das nach Streichung der Sonderleistungen verbleibende Vergütungsvolumen nach den Grundsätzen der Lehrerrichtlinien verteilt. Damit liege nach zwar keine eine anderweitige Verteilung ausschließende tarifliche Vergütungsordnung zugrunde; jedoch könne sich der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres aus seinen vertraglichen Bindungen lösen. Wenn die Jahreszuwendung vollständig entfalle, sei es nicht nachvollziehbar, warum der Arbeitgeber aus der festgefügten Vergütung nach den Lehrer-Richtlinien imaginäre Teile auszusondern hätte, um sie dann an dem Tag auszuzahlen, an dem die nicht mehr zu zahlende Jahreszuwendung gezahlt worden wäre. Schließlich habe es aufgrund der haushaltsrechtlichen Vorgaben keinen Regelungsspielraum für eine anderweitige Verteilung gegeben. Denn bei einer Zahlung von Urlaubsgeld und Zuwendung an die nach dem 28. Februar 2005 eingestellten Lehrkräfte würde es sich, da die entsprechenden Tarifverträge gekündigt seien, um Personalausgaben handeln, die nicht auf Gesetz oder Tarifvertrag beruhten, so dass diese gemäß § 51 LHO nicht geleistet werden dürften.
Der Beteiligte beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 91 Abs. 2 BlnPersVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994, GVBl S. 337, zuletzt geändert durch das 7. Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes vom 17. Juli 2008, GVBl S. 206). Die mit Rundschreiben I Nr. 10/2005 vom 18. Februar 2005 veröffentlichte Entscheidung des Beteiligten, Lehrkräften, mit denen nach dem 28. Februar 2005 ein Arbeitsverhältnis begründet wurde, ein Urlaubsgeld und eine Zuwendung nicht zu gewähren, unterlag als Änderung von Entlohnungsgrundsätzen der Mitbestimmung des Antragstellers.
1. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht entfallen. Das Begehren des Antragstellers auf Feststellung, dass sein Mitbestimmungsrecht verletzt wurde, hat sich nicht dadurch erledigt, dass auf der Grundlage des genannten Rundschreibens in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Buchst. c der als Anlage beigefügten Arbeitsvertragsmuster in der Zeit ab 1. März 2005 alle mit Lehrkräften abgeschlossenen Arbeitsverträge die Gewährung eines Urlaubsgeldes sowie einer Zuwendung ausdrücklich ausschließen (so aber in einem vergleichbaren Fall VGH Kassel, Beschluss vom 7. September 2005 – 22 TL 403/05 – juris Rn. 36). Wird nämlich gerichtlich festgestellt, dass der fragliche Leistungsausschluss als Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze der Zustimmung des Antragstellers bedurft hätte, so steht damit zugleich fest, dass die betroffenen Lehrkräfte dem Grunde nach unter Beachtung der in der Dienststelle geltenden Entlohnungsgrundsätze einen vertraglichen Anspruch auf Gewährung der fraglichen Sonderleistungen haben (vgl. BAG, Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 38 ff.).
2. Das streitige Mitbestimmungsrecht ergibt sich aus § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG. Danach bestimmt die Personalvertretung, soweit keine Regelung durch Rechtsvorschrift oder Tarifvertrag besteht, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen über Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle mit, insbesondere über die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist die angemessene und durchsichtige Gestaltung des Lohngefüges und die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. Gegenstand sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, d.h. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1998 – BVerwG 6 P 6.97 – BVerwGE 108, 135 ≪146≫ = Buchholz 251.5 § 74 HePersVG Nr. 2 S. 13; BAG, Urteil vom 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369 ≪375 f.≫; Beschluss vom 28. Februar 2006 – 1 ABR 4/05 – BAGE 117, 130 Rn. 15; Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 22).
a) Dem Mitbestimmungsrecht steht zunächst nicht entgegen, dass die genannte Vorschrift von Lohngestaltung “innerhalb der Dienststelle” spricht. Die Formulierung im Singular bedeutet nicht, dass die Mitbestimmung bei der dienststellenübergreifenden Lohngestaltung entfällt (so schon BAG, Urteil vom 28. Juli 1998 – 3 AZR 357/97 – BAGE 89, 279 ≪284≫; OVG Berlin, Beschluss vom 21. Januar 2003 – 60 PV 10.02 – PersR 2003, 320; VGH Kassel a.a.O. Rn. 41 ff.). Die sprachliche Fassung des Mitbestimmungstatbestandes geht ersichtlich vom Regelfall aus, wonach die Mitbestimmung in einer bestimmten Dienststelle von der dort gebildeten Personalvertretung, dem “örtlichen Personalrat”, wahrgenommen wird. Für die Personalvertretungen mit dienststellenübergreifender Kompetenz, nämlich die Gesamtpersonalräte und den Hauptpersonalrat (§§ 50, 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1, § 59 Satz 1 BlnPersVG), gilt § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG entsprechend (vgl. die ausdrückliche Regelung in § 82 Abs. 4 BPersVG). Sie bestimmen daher bei der Lohngestaltung in allen Dienststellen oder in einer Mehrzahl betroffener Dienststellen des ihnen zugeordneten Geschäftsbereichs mit. Davon gehen die Beteiligten – ebenso wie das Bundesarbeitsgericht im zitierten Urteil vom 15. April 2008 – als selbstverständlich aus.
b) Der Beteiligte hat in allen Dienststellen, in denen angestellte Lehrkräfte beschäftigt werden (Nr. 12 der Anlage zu § 5 Abs. 1 BlnPersVG), die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze zum 1. März 2005 geändert.
aa) Bis zum 31. Juli 2003 wandte das Land Berlin auf die Arbeitsverhältnisse seiner Angestellten, sei es aufgrund Tarifbindung, sei es aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung sämtliche für den Bereich der Länder geltenden Tarifverträge an. Es waren dies – neben dem BAT und dem BAT-O – der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV Zuwendung) vom 12. Oktober 1973 in der Fassung vom 30. Juni 2000, der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte (TV Urlaubsgeld) vom 16. März 1977 in der Fassung vom 26. Mai 1992, der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV Zuwendung Ang-O) vom 10. Dezember 1990 in der Fassung vom 30. Juni 2000 und der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte (TV Urlaubsgeld Ang-O) vom 10. Dezember 1990 in der Fassung vom 1. Februar 1996. Für die angestellten Lehrkräfte traten an die Stelle der Anlage 1a zum BAT/BAT-O mit Rücksicht auf Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen sowie § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 die Richtlinien des Landes Berlin über die Vergütung der unter den BAT fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis und der unter den BAT-O fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis, deren Eingruppierung nicht tarifvertraglich geregelt ist (Lehrerrichtlinien). Die durch die genannten Tarifverträge in Verbindung mit den Lehrerrichtlinien vorgegebene Vergütungsordnung zeichnete sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus, die gemäß §§ 1, 2 Abs. 1, § 4 TV Zuwendung/TV Zuwendung Ang-O durch eine am 1. Dezember eines Jahres zu zahlende Zuwendung in Höhe der 100- bzw. 75 %igen Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT/BAT-O und ein gemäß §§ 1, 2 Abs. 1, § 4 TV Urlaubsgeld/TV Urlaubsgeld Ang-O jeweils mit den Bezügen für den Monat Juli auszuzahlendes Urlaubsgeld von 255,65 € ergänzt wurde. In den Beschäftigungsdienststellen der angestellten Lehrkräfte des Landes Berlin galt folglich der Entlohnungsgrundsatz, dass zusätzlich zu den 12 regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen jeweils am 1. Dezember eine Zuwendung in Höhe der 100- bzw. 75 %igen Urlaubsvergütung und jeweils mit dem Juligehalt ein Urlaubsgeld in Höhe von 255,65 € gezahlt wurden. Die Gesamtjahresvergütung sollte in 13 Teilbeträgen vergleichbarer Größenordnung und einem weiteren Teilbetrag von 255,65 € ausgezahlt werden (vgl. BAG, Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 24).
bb) Diese Vergütungsgrundsätze hat das Land Berlin bereits zum 1. August 2003 geändert. Die Änderung ist jedoch unwirksam, weil sie ohne Zustimmung der zuständigen Personalvertretung vorgenommen wurde. Die genannten Vergütungsgrundsätze gelten daher über den 31. Juli 2003 hinaus fort (vgl. BAG, Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 36).
cc) Diese Vergütungsgrundsätze hat der Beteiligte nach Maßgabe seines Rundschreibens vom 18. Februar 2005 – erneut – geändert. Demnach vergütet das Land Berlin seine angestellten Lehrkräfte seit 1. März 2005 in Form von monatlich stets gleichen Teilbeträgen anstelle von bis dahin zweimal unterschiedlichen. Dies stellt eine Änderung von Entlohnungsgrundsätzen dar. Der Beteiligte hat auf diese Weise nicht lediglich, was er mitbestimmungsfrei hätte tun können, die absolute Höhe der Vergütung für die ab dem 1. März 2005 eingestellten Lehrkräfte unter Beibehaltung des bisherigen Vergütungsschemas um einen bestimmten Prozentsatz verringert. Er hat durch die Streichung der Einmalleistungen einseitig in die bestehende Vergütungsstruktur eingegriffen. Durch die Streichung einer jährlichen Zuwendung, die für alle Angestellten dem Betrag ihrer 100- bzw. 75 %igen Urlaubsvergütung entsprach, ändert sich zwar nicht der relative Abstand der jeweiligen Jahresgesamtvergütungen zueinander. Es ändert sich aber der Entlohnungsgrundsatz, dass ein Teil der Gesamtvergütung als zusätzliche Einmalzahlung erst im Dezember geleistet wird. Durch die Streichung eines für die unterschiedlichen Gehaltsgruppen gleich hohen Urlaubsgelds ändert sich darüber hinaus nicht nur der bisherige Grundsatz zur Stückelung der Jahresgesamtvergütungen, sondern auch der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander (vgl. BAG, Beschluss vom 28. Februar 2006 a.a.O. Rn. 18; Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 25).
c) Die Änderung der bestehenden Entlohnungsgrundsätze unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Antragstellers.
aa) Diese war aufgrund der Tarifbindung des Landes und der Geltung einschlägiger Tarifverträge wegen § 85 Abs. 1 Satz 1 Einleitungssatz BlnPersVG nur bis zum 31. Juli 2003 ausgeschlossen.
(1) Die Tarifbindung des Landes Berlin blieb wegen § 3 Abs. 3 TVG trotz seines zum 8. Januar 2003 erfolgten Austritts aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über diesen Zeitpunkt hinaus bestehen. Die Bindung an den BAT/BAT-O entfiel mit dem 78. Tarifvertrag zur Änderung des BAT bzw. mit dem 13. Tarifvertrag zur Änderung des BAT-O am 31. Januar 2003 und diejenige an den TV Zuwendung/TV Zuwendung Ang-O sowie an den TV Urlaubsgeld/TV Urlaubsgeld Ang-O am 30. Juni bzw. 31. Juli 2003 mit deren Kündigung durch die Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Die Bindung wurde nicht dadurch wieder hergestellt, dass das Land Berlin am 31. Juli 2003 einen Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes geschlossen hat. Dieser Tarifvertrag gilt nicht für angestellte Lehrkräfte (vgl. BAG, Urteile vom 7. November 2001 – 4 AZR 703/00 – BAGE 99, 283 ≪286 ff.≫ und vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 3, 14 und 26).
(2) Die genannten Tarifverträge wirken im Arbeitsverhältnis der nach dem 31. Juli 2003 eingestellten Lehrkräfte nicht nach. Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten zwar nach dem Ablauf eines Tarifvertrages dessen Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Nachwirkung erstreckt sich jedoch nicht auf im Nachwirkungszeitraum neu begründete Arbeitsverhältnisse (vgl. BAG, Urteile vom 22. Juli 1998 – 4 AZR 403/97 – BAGE 89, 241 ≪243 ff.≫, vom 7. November 2001 a.a.O. S. 288 f., vom 2. März 2004 a.a.O. S. 373 und vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 15).
bb) Mit dem Wegfall der Bindung des Landes an die genannten Tarifverträge bestanden seit dem 1. August 2003 keine das Mitbestimmungsrecht ausschließenden zwingenden tariflichen Regelungen mehr. Demgemäß stellen die bis zum 31. Juli 2003 kraft Tarifbindung anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze nach dem Wegfall dieser Bindung die in der Dienststelle geltenden Grundsätze dar (vgl. BAG, Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 27 f.).
d) Die Streichung von Zuwendung und Urlaubsgeld war nicht wegen Fehlens eines Regelungsspielraums mitbestimmungsfrei.
aa) Allerdings kann der nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG an eine tarifliche Vergütungsordnung gebundene Dienststellenleiter mitbestimmungsfrei sowohl darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang er Mittel für übertarifliche Leistungen zur Verfügung stellt, als auch darüber, ob und in welchem Umfang er dafür bislang zur Verfügung gestellte Mittel künftig weiterhin aufbringen will. Er kann von der Personalvertretung nicht gezwungen werden, ein bestimmtes absolutes Gehaltsniveau beizubehalten. Entscheidet sich der normativ tarifgebundene Dienststellenleiter dafür, bisher erbrachte übertarifliche Leistungen gänzlich einzustellen, bedarf er demnach keiner Zustimmung der Personalvertretung. Zwar können sich dadurch die relativen Abstände der einzelnen Gesamtvergütungen zueinander und damit die bisherigen Entlohnungsgrundsätze ändern. Für eine Mitbestimmung der Personalvertretung ist gleichwohl kein Raum. Die ehemals übertariflichen Leistungen sind vollständig entfallen und bilden keine Verteilungsmasse mehr, die Verteilung des verbleibenden Vergütungsvolumens ist tariflich zwingend vorgegeben. Die tariflichen Vorgaben schließen ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Einleitungssatz BlnPersVG aus (vgl. BAG, Beschluss vom 28. Februar 2006 a.a.O. Rn. 20 f.; Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 31).
Für den nicht normativ tarifgebundenen Arbeitgeber gilt dies nicht. Dieser unterliegt hinsichtlich keines Vergütungsbestandteils einer tariflich zwingenden Vorgabe. Er gewährt nicht nur Teile der Gesamtvergütung seiner Beschäftigten als über- oder außertarifliche Leistungen. Er leistet deren gesamte Vergütung, ohne dazu tariflich verpflichtet und zwingend gebunden zu sein. Will der nicht tarifgebundene Dienststellenleiter bestimmte Entgeltbestandteile an neu einzustellende Arbeitnehmer nicht mehr leisten und ändern sich dadurch die bisherigen Entlohnungsgrundsätze, so ist das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG folglich nicht deshalb ausgeschlossen, weil kein Spielraum für andere Regelungen bliebe. Der Dienststellenleiter ist mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das verbleibende Vergütungsvolumen mit Zustimmung der Personalvertretung für die neu einzustellenden Mitarbeiter anders zu verteilen als bisher (vgl. BAG, Beschluss vom 28. Februar 2006 a.a.O. Rn. 22; Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 32).
bb) Hier war das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers bei der Streichung von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld nicht mangels anderweitiger Regelungsmöglichkeiten ausgeschlossen.
(1) Die Lehrerrichtlinien schließen eine andere Verteilung nicht aus. Durch sie wird das verbleibende Vergütungsvolumen nicht bindend verteilt. Zum einen legen die Richtlinien nicht die absolute Höhe der Lehrergehälter fest, sondern ordnen lediglich bestimmte Tätigkeitsmerkmale der Lehrkräfte bestimmten Vergütungsgruppen des BAT/BAT-O zu. Zum anderen sind sie ihrerseits einer Änderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugänglich (vgl. BAG, Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 34).
(2) Zu Unrecht meint der Beteiligte, das Mitbestimmungsrecht knüpfe nicht an eine Änderung der Struktur der Gesamtvergütung, sondern der einzelnen “rechtlich und nach der Berechnung abgrenzbaren” Vergütungsbestandteile an, was hier wegen des gänzlichen Wegfalls von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld ins Leere gehe. Das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG betrifft die Aufstellung und Änderung von “Entlohnungsgrundsätzen”. Entlohnung ist alles, was der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhält. Die Mitbestimmung betrifft die Frage, nach welchen Grundsätzen diese Entlohnung in ihrer Gesamtheit zu leisten ist. Einzelne Entlohnungsbestandteile sind dabei nicht isoliert, sondern in Abhängigkeit zu anderen zu betrachten (vgl. BAG, Beschluss vom 28. Februar 2006 a.a.O. Rn. 18; Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 35).
cc) Eine das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ausschließende Bindung des Beteiligten ergibt sich schließlich nicht aus dem Haushaltsrecht.
(1) Eine solche Bindung folgt nicht aus § 51 LHO. Danach dürfen Personalausgaben, die nicht auf Gesetz oder Tarifvertrag beruhen, nur geleistet werden, wenn dafür Ausgabemittel besonders zur Verfügung gestellt sind. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich derjenigen Lehrkräfte erfüllt, mit denen ab 1. März 2005 Arbeitsverhältnisse begründet wurden. Deren Entgelt unterliegt – wie ausgeführt – im Lande Berlin keinerlei tarifvertraglicher Bindung. Die Ausgabemittel dafür hat der Haushaltsgesetzgeber dadurch zur Verfügung gestellt, dass er im Haushaltsplan in hinreichender Anzahl Stellen für Angestellte in den für Lehrkräfte in Betracht kommenden Entgeltgruppen ausgebracht hat, ohne zugleich hinsichtlich der Entgeltbestandteile zu differenzieren. Der Beteiligte war daher – unbeschadet der Höhe der Gesamtvergütung – nicht gehindert, den betreffenden Lehrkräften neben dem regulären Entgelt eine Zuwendung und ein Urlaubsgeld zu gewähren.
(2) Abweichendes ergibt sich nicht aus § 17 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 LHO. Danach sind Stellen für Angestellte nach Entgeltgruppen im Haushaltsplan auszubringen. Diese Festlegungen sind zwar für den Beteiligten verbindlich. Insbesondere ist er grundsätzlich gehindert, diese Vorgaben durch Beschäftigung zu vieler Angestellter in höherwertigen Tätigkeiten zu überschreiten. Eine bindende Aussage zur Vergütungsstruktur hat der Haushaltsgesetzgeber damit jedoch nicht getroffen.
(3) Die vorstehenden Erwägungen stehen mit der haushaltsrechtlichen Praxis im Einklang. Wie der Antragsteller im Schriftsatz vom 11. Juli 2005 sowie in der Rechtsbeschwerdeerwiderung für die Haushaltsjahre 2005 bis 2007 aufgezeigt hat, pflegt der Berliner Haushaltsgesetzgeber für die Angestellten in den jeweiligen Vergütungsgruppen lediglich Durchschnittssätze festzulegen, ohne dabei hinsichtlich der Vergütungsstruktur zu differenzieren. Dem Beteiligten war damit die Möglichkeit eröffnet, mitbestimmungsfrei die bis 31. Juli 2003 geltenden Entlohnungsgrundsätze beizubehalten und zugleich – erforderlichenfalls durch Absenkung des Gesamtgehalts um einen bestimmten Prozentsatz – die Obergrenzen des Haushalts zu beachten (vgl. BAG, Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 43).
(4) Angesichts dessen bedarf es zur Herleitung des für die Mitbestimmung erforderlichen Entscheidungsspielraums des Beteiligten nicht des Rückgriffs auf besondere haushaltsrechtliche Instrumente, wie sie die Vorinstanzen erwogen haben (Nachtragshaushalt, über- und außerplanmäßige Ausgaben, über- und außertarifliche Leistungen nach § 40 LHO).
e) Der zuletzt im Schriftsatz vom 29. August 2008 formulierten Kritik des Beteiligten an der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt der Senat nicht.
aa) Zu Unrecht beanstandet der Beteiligte insbesondere das “Zusammenziehen” selbstständiger Vergütungsbestandteile bei der Beurteilung der Frage, ob eine Änderung der Entlohnungsgrundsätze vorliegt. Die Gesamtbetrachtung ist vielmehr nach Wortlaut, systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes geboten. Dies wird deutlich, wenn man sich folgende von allen Besonderheiten befreite Grundkonstellation vor Augen führt: In einer Dienststelle ohne Tarifbindung, die neu errichtet und in der das gesamte Personal neu eingestellt wird, soll das vorgegebene Vergütungsvolumen (“Dotierungsrahmen”) in der Weise verteilt werden, dass sich das reguläre Monatsgehalt nach einer nach Tätigkeitsmerkmalen differenzierenden Entgeltordnung bemisst und zusätzlich jeweils einmal jährlich ein 13. Monatsgehalt (“Weihnachtsgeld”) und ein Festbetrag (“Urlaubsgeld”) gewährt wird. Die Vergütungsstruktur und damit die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung werden durch alle drei Vergütungsbestandteile determiniert. Die Mitbestimmung bei der Aufstellung der Entlohnungsgrundsätze bezieht sich dabei auch darauf, dass zusätzlich zu den regulären Monatsgehältern ein 13. Monatsgehalt sowie ein weiterer Festbetrag als Urlaubsgeld gezahlt wird. Die darin zum Ausdruck kommenden Verteilungsregeln lassen sich zwanglos als Grundsätze im Sinne der vom Beteiligten zitierten sprachwissenschaftlichen Definitionen begreifen. Diese Regeln werden geändert, wenn Weihnachts- und Urlaubsgeld abgeschafft werden; dazu bedarf es folglich der Mitbestimmung des Personalrats bei der Änderung der Entlohnungsgrundsätze. Letzteres gilt auch, wenn von der Streichung nur ab einem bestimmten Stichtag eingestellte Mitarbeiter betroffen sein sollen; denn dadurch ist die Lohngerechtigkeit in der Dienststelle auch und erst recht betroffen (vgl. Engels, Anmerkung zu BAG, Beschluss vom 28. Februar 2006 – 1 ABR 4/05 – AP Nr. 127 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung Bl. 584).
Von dieser “einfachen” Fallgestaltung ist der vorliegende Fall nicht weit entfernt. Auch hier ist kennzeichnend, dass in dem für die Mitbestimmung maßgeblichen Zeitpunkt die Dienststelle weder ganz noch teilweise normativ tarifgebunden ist. In einem solchen Fall erfasst die Mitbestimmung des Personalrats nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG das gesamte Entgeltsystem (vgl. Engels, a.a.O.). Dass die Entlohnungsgrundsätze vor der Änderung sich ganz oder teilweise aus Elementen zusammensetzten, die ihre Rechtswirksamkeit noch der Tarifbindung des Arbeitgebers verdanken, ist unerheblich. Denn für das Mitbestimmungsrecht des Personalrats kommt es nicht darauf an, auf welche rechtlichen Grundlagen die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgte – etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Dienstvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Dienststellenleiter einseitig praktizierten Vergütungsordnung (vgl. BAG, Urteil vom 2. März 2004 a.a.O. S. 377; Beschluss vom 28. Februar 2006 a.a.O. Rn. 16; Urteil vom 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – Rn. 29).
bb) Entgegen der Auffassung des Beteiligten liegt in der unterschiedlichen Reichweite der Mitbestimmung je nachdem, ob der öffentliche Arbeitgeber normativ tarifgebunden ist oder nicht, keine sachwidrige Ungleichbehandlung. Dass der tarifgebundene Dienststellenleiter eine übertarifliche Zusatzleistung mitbestimmungsfrei abbauen kann, der tariflich nicht gebundene Dienststellenleiter hingegen dafür der Zustimmung der Personalvertretung bedarf, findet seine Rechtfertigung im Tarifvorrang nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BlnPersVG. In dem Maße, in dem eine im Mitbestimmungskatalog aufgeführte Angelegenheit tarifvertraglich geregelt ist, bedürfen die Arbeitnehmer in der Dienststelle nicht des personalvertretungsrechtlichen Schutzes, weil beim Zustandekommen der tarifvertraglichen Regelung ihre übertarifliche Interessenvertretung in Gestalt der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes beteiligt waren und dem Arbeitnehmerschutz auf diese Weise Rechnung getragen wurde. Fehlt es an jeglicher den Dienststellenleiter normativ bindenden tarifvertraglichen Regelung der Entgelte, so entfaltet die Mitbestimmung bei der Lohngestaltung ihre größtmögliche Wirkung. Umgekehrt entfällt sie vollständig, wenn der in der Dienststelle anzuwendende Tarifvertrag alle Entgeltfragen vollständig und erschöpfend regelt und übertarifliche Leistungen nicht vorgesehen sind. Gleiches gilt, wenn der tarifgebundene Arbeitgeber die übertariflichen Leistungen vollständig abbaut. In diesem Fall verbleibt es bei den Verteilungsgrundsätzen des Tarifvertrages. Der Einfluss des übertariflichen Leistungsabbaus auf die Verteilungsgrundsätze des Gesamtentgelts ist personalvertretungsrechtlich unbeachtlich, weil das Mitbestimmungsrecht nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG durch den Tarifvorrang eingeschränkt wird und sich nicht auf eine Minderung der Entgelthöhe erstreckt. Es vermag daher die Aufrechterhaltung übertariflicher Leistungen nicht zu garantieren.
Anders als der Beteiligte meint, wird mit der vorbezeichneten Auslegung von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG die Mitbestimmung bei der Lohngestaltung nicht zur Zustimmungsvoraussetzung für das Außerkrafttreten von Tarifverträgen erhoben. Der öffentliche Arbeitgeber wird durch die Mitbestimmung nicht daran gehindert, seine Tarifbindung auf dem rechtlich vorgesehenen Wege zu beenden. Dass die tarifvertraglich begründeten Verteilungsgrundsätze nach Wegfall der Tarifbindung in der Weise weiterwirken, dass sie nur mit Zustimmung der Personalvertretung geändert werden können, ist Folge der Auffang- und Ersatzfunktion der Mitbestimmung, die sich bei Wegfall der Tarifbindung aktualisiert. Insofern ist die Rechtslage nicht wesentlich anders als bei derjenigen Konstellation, in welcher die Entgeltfragen tariflich gänzlich ungeregelt sind; dass in diesem Fall jegliche Änderung der Verteilungsgrundsätze mitbestimmungspflichtig ist, ergibt sich unmissverständlich aus dem Gesetz. Daran zeigt sich, dass das Eintreten der Mitbestimmung bei Wegfall der Tarifbindung nicht Folge einer Auslegung des Mitbestimmungstatbestandes ist, der den Grundsätzen des Art. 9 Abs. 3 GG widerstreitet, sondern Folge der gesetzlich vorgesehenen Mitbestimmung bei der Lohngestaltung als solcher.
cc) Dass der Beteiligte der Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, er könne das Gesamtentgelt unter Beibehaltung der bisherigen Verteilungsgrundsätze mitbestimmungsfrei um einen bestimmten Prozentsatz absenken, unter dem Gesichtspunkt praktischer Umsetzung wenig abzugewinnen vermag, kann der Senat nachvollziehen. Die Richtigkeit der rechtlichen Argumentation, wonach die für die Mitbestimmung maßgeblichen Verteilungsgrundsätze sich auf das Gesamtentgelt erstrecken, wird damit freilich nicht in Frage gestellt. Der Hinweis des Bundesarbeitsgerichts zielte im Kern darauf ab, die Entscheidungsfreiheit des Beteiligten zu verdeutlichen, wozu sogar eine mitbestimmungsfreie Option zählt. Alle übrigen Optionen reichen bis zu dem vom Beteiligten favorisierten vollständigen Abbau von Zuwendung und Urlaubsgeld, erfassen aber auch alle “mittleren” Varianten, die ohne vollständigen Abbau der Sonderleistungen mit einer Veränderung der Gehaltsproportionen in den verschiedenen Entgeltgruppen einhergehen. Dabei zeigt sich zugleich, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG strikt zwischen der mitbestimmungsfreien Entscheidung über die Gehaltshöhe und der mitbestimmungspflichtigen Entscheidung über die Verteilungsregeln zu unterscheiden ist. Der Antragsteller kann daher einem Vorschlag des Beteiligten, die Zuwendung und das Urlaubsgeld unter Beibehaltung der Gehaltsstruktur im Übrigen zu streichen, die Zustimmung nicht mit einer Begründung verweigern, die unvermeidlich mit einer Erhöhung des vorgesehenen Gehaltsvolumens für die neu einzustellenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis verbunden ist (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1998 a.a.O. S. 151 f. bzw. S. 16 f.).
Der Einwand des Beteiligten, es sei ihm arbeitsvertraglich nicht möglich, die auf die verschiedenen Entgeltgruppen entfallenden Vergütungen abzusenken, ist personalvertretungsrechtlich unbeachtlich. Der Beteiligte hätte, bevor er sich gegenüber den neu einzustellenden Lehrkräften im Angestelltenverhältnis endgültig vertraglich band, den Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens abwarten müssen, wenn er die bisherigen Verteilungsgrundsätze nicht individualrechtlich fortschreiben wollte.
f) Ist demnach die mit Rundschreiben vom 18. Februar 2005 veröffentlichte Entscheidung des Beteiligten als Änderung von Entlohnungsgrundsätzen im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG zu verstehen, so kann nicht zweifelhaft sein, dass damit zugleich der Maßnahmebegriff nach § 79 Abs. 1 BlnPersVG erfüllt wird. Eine Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (vgl. Beschluss vom 18. Mai 2004 – BVerwG 6 P 13.03 – BVerwGE 121, 38 ≪43≫ = Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 17 S. 3 m.w.N.). Wenn den Lehrkräften, mit denen bis 28. Februar 2005 ein Arbeitsverhältnis begründet wurde, neben dem regulären Gehalt eine Zuwendung sowie ein Urlaubsgeld gewährt wird und die Lehrkräfte, mit denen ab 1. März 2005 ein Arbeitsverhältnis begründet wird, von den genannten Sonderleistungen ausgenommen sind, so liegt in diesem Umbau der Gehaltsstruktur eine Veränderung der Arbeitsbedingungen. Zu Recht hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang von einer “Streichung” der fraglichen Leistungen gesprochen. Denn diese waren auch nach dem Wegfall der Tarifbindung in den betroffenen Dienststellen Teil der Vergütungsstruktur. In diese hat der Beteiligte mit seiner Anordnung vom 18. Februar 2005 einseitig eingegriffen.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Büge, Vormeier, Dr. Bier, Dr. Möller
Fundstellen
Haufe-Index 2090753 |
ZTR 2009, 100 |
AP 2015 |
PersV 2009, 221 |
VR 2009, 178 |
ZfPR 2009, 34 |