Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhung;. Mietwohnungen. Mitbestimmung. Nutzungsbedingungen. Personalrat. Sozialeinrichtung
Leitsatz (amtlich)
Die Erhöhung von Mieten für Wohnungen der Dienststelle unterliegt nach hamburgischem Personalvertretungsrecht auch dann nicht der Mitbestimmung des Personalrats, wenn die Wohnungen eine Sozialeinrichtung bilden.
Normenkette
HmbPersVG § 86 Abs. 1 Nrn. 12, 14
Verfahrensgang
Tenor
Der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz – vom 14. Dezember 1999 wird geändert.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg – Fachkammer 1 nach dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz – vom 6. März 1998 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte ist Eigentümerin von Mietwohnungen in Großhansdorf, die in der Nähe eines von der Beteiligten – seit 1. Januar 1998 in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung – betriebenen Krankenhauses liegen und im Wesentlichen an aktive und ehemalige Mitarbeiter der Beteiligten vermietet sind. Für einen Teil dieser Wohnungen erhöhte die Beteiligte die Mieten zum 1. November 1996 nach dem Gesetz zur Regelung der Miethöhe. Der Ansicht des Antragstellers, die Mieterhöhung unterliege seiner Mitbestimmung, trat die Beteiligte entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers abgewiesen, festzustellen, dass sein Mitbestimmungsrecht dadurch verletzt werde, dass die Beteiligte für die meisten ihrer in Großhansdorf gelegenen Mietwohnungen ohne seine Zustimmung zum 1. November 1996 die Miete erhöht habe. Das Oberverwaltungsgericht hat dem Antrag entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar habe der Antragsteller kein Mitbestimmungsrecht gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 12 HmbPersVG, weil dieser Tatbestand nur die Zuweisung von Wohnungen, nicht aber die allgemeine Festsetzung der Nutzungsbedingungen umfasse. Das Mitbestimmungsrecht folge jedoch aus § 86 Abs. 1 Nr. 14 HmbPersVG. Diese Vorschrift, die nicht von § 86 Abs. 1 Nr. 12 HmbPersVG verdrängt werde, sehe die Mitbestimmung bei der Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform vor. Die Wohnungen der Anlage Großhansdorf bildeten eine Sozialeinrichtung im Sinne dieser Vorschrift. Die Mieterhöhung sei eine Maßnahme ihrer Verwaltung jedenfalls deshalb, weil sie die grundlegende Entscheidung enthalte, für den gesamten Wohnungsbestand nunmehr die ortsübliche und nicht, wie früher, eine deutlich geringere Miete zu fordern.
Die Beteiligte begehrt mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde die Wiederherstellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Der Mitbestimmungstatbestand des § 86 Abs. 1 Nr. 14 HmbPersVG werde von der Bestimmung des § 86 Abs. 1 Nr. 12 HmbPersVG verdrängt, weil dieser die Beteiligung des Personalrates bei der Wohnungsfürsorge des Dienstherrn abschließend regele und – anders als die entsprechenden Vorschriften des Bundes und anderer Länder – eine Mitbestimmung in Bezug auf die allgemeine Festsetzung der Nutzungsbedingungen nicht vorsehe. Die Wohnungen in Großhansdorf seien auch keine Sozialeinrichtung. Zweifelhaft sei bereits, ob dem Antragsteller als dem bei der Landesversicherungsanstalt Hamburg gebildeten Personalrat ein Mitbestimmungsrecht an Wohnungen zustehen könne, die allenfalls Vorteile für die im Krankenhaus Beschäftigten böten, dessen Träger seit 1. Januar 1998 eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit eigenem Betriebsrat sei. Ferner erfüllten die Wohnungen nicht die Vorausssetzungen einer Sozialeinrichtung. Die Erhöhung von Mieten sei keine Maßnahme der Verwaltung einer Sozialeinrichtung und im Übrigen rechtlich geboten sowie als Ausübung von Staatsgewalt der Mitbestimmung entzogen.
Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen.
Der Oberbundesanwalt trägt vor, zwar liege eine Sozialeinrichtung vor und stelle die Grundsatzentscheidung, künftig marktkonforme Mieten zu verlangen, eine Maßnahme ihrer Verwaltung dar, jedoch schließe die besondere Ausgestaltung des Hamburgischen Personalvertretungsrechts eine Mitbestimmung der Personalvertretung aus.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ist nicht dadurch verletzt worden, dass die Beteiligte Mieten für Wohnungen in Großhansdorf zum 1. November 1996 ohne seine Zustimmung erhöht hat.
Gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 12 des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes (HmbPersVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Januar 1979 (GVBl S. 17) hat der Personalrat mitzubestimmen bei der Zuweisung von Wohnungen, über die die Dienststelle verfügt. In § 86 Abs. 1 Nr. 13 HmbPersVG ist die Mitbestimmung bei der Zuweisung von Dienst- und Pachtland sowie der Festsetzung der Nutzungsbedingungen vorgesehen. Die Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform ist nach § 86 Abs. 1 Nr. 14 HmbPersVG mitbestimmungspflichtig. Aus dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck dieser Vorschriften folgt, dass die hier strittigen Mieterhöhungen selbst dann nicht der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegen, wenn, was unentschieden bleiben kann, sie allgemeine Festsetzungen des Mietzinses enthalten und die betroffenen Wohnungen eine Sozialeinrichtung bilden sollten.
Nach § 86 Abs. 1 Nr. 12 HmbPersVG erstreckt sich die Mitbestimmung des Personalrates in Bezug auf Wohnungen, über die die Dienststelle verfügt, nur auf deren Zuweisung. Im Gegensatz zur Mitbestimmung bei der Zuweisung von Dienst- und Pachtland (§ 86 Abs. 1 Nr. 13 HmbPersVG) wird die Festsetzung der Nutzungsbedingungen nicht erwähnt. Daraus muss geschlossen werden, dass der Landesgesetzgeber sich gegen einen entsprechenden Mitbestimmmungstatbestand bei Wohnungen entschieden hat. Da Mieterhöhungen nicht die Zuweisung von Wohnungen, sondern allenfalls die Festsetzung der Nutzungsbedingungen betreffen (vgl. Beschluss vom 15. März 1995 – BVerwG 6 P 23.93 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 91 = PersR 1995, 334), hat der Personalrat kein Mitbestimmungsrecht bei Mieterhöhungen.
Dies gilt auch, wenn Wohnungen, über die die Dienststelle verfügt, eine Sozialeinrichtung im Sinne des § 86 Abs. 1 Nr. 14 HmbPersVG bilden oder zu einer Sozialeinrichtung gehören. Die Vorschrift enthält gegenüber § 86 Abs. 1 Nr. 12 HmbPersVG keine speziellere Regelung, welche aufgrund ihres Vorrangs die in dieser enthaltene Beschränkung der Mitbestimmung in Wohnungsangelegenheiten für ihren Anwendungsbereich aufhöbe. Daher sind Mieterhöhungen auch dann nicht gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 14 HmbPersVG mitbestimmungspflichtig, wenn und soweit sie als Maßnahme der Verwaltung der Sozialeinrichtung anzusehen sein sollten (vgl. zu diesem Begriff Beschluss vom 24. April 1992 – BVerwG 6 P 33.90 – Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 12 S. 18, 23 = PersR 1992, 308).
Die Tatbestände des § 86 Abs. 1 Nr. 12 und 14 HmbPersVG verfolgen unterschiedliche Zwecke und überschneiden sich nicht. Während die Mitbestimmung bei der Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen in erster Linie die Einrichtung als die einem bestimmten Zweck dienende Einheit im Blick hat, steht bei der Mitbestimmung in Wohnungsangelegenheiten die soziale Gerechtigkeit für die Beschäftigten und zwischen ihnen, also eine personenbezogene Sichtweise im Vordergrund. Der beschließende Senat hat zur insoweit grundsätzlich vergleichbaren Rechtslage in Baden-Württemberg (§ 78 Abs. 1 Nr. 2, § 79 Abs. 1 Nr. 6 BaWüPersVG) ausgeführt, die Mitbestimmung in Bezug auf Sozialeinrichtungen sei geschaffen worden, um die sozialen Interessen der Beschäftigten an Maßnahmen zur Geltung zu bringen, die die Dienststelle an der Sozialeinrichtung selbst vornehme; dies seien entweder die Errichtung und Auflösung oder die Verwaltung der Sozialeinrichtung; bestehe die Sozialeinrichtung aus Mietwohnungen, sei der Personalrat an der Zuweisung der einzelnen Wohnungen sodann gesondert nach dem Wohnungen der Dienststelle betreffenden Mitbestimmungstatbestand zu beteiligen; damit solle sicher gestellt werden, dass der künftige Wohnungsinhaber aus dem Kreis der als Mieter in Betracht kommenden und interessierten Beschäftigten unter Berücksichtigung sozialer Belange und ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz ausgewählt werde (vgl. Beschluss vom 24. April 1992, a.a.O. S. 20 f.).
Diese Erwägungen treffen auch für die Mitbestimmungstatbestände nach § 86 Abs. 1 Nr. 12 und 14 HmbPersVG zu. Der Umstand, dass § 86 Abs. 1 Nr. 12 HmbPersVG anders als der entsprechende Tatbestand des baden-württembergischen Personalvertretungsrechts die Festsetzung der Nutzungsbedingungen nicht erfasst, rechtfertigt nicht die Annahme, das Hamburgische Personalvertretungsgesetz verfolge in den genannten Vorschriften grundlegend andere Zwecke. Die Regelungen entsprechen sich in Aufbau und Regelungsgegenstand. Sonstige Hinweise auf ein abweichendes Verständnis, namentlich eine andere Zielrichtung der genannten Mitbestimmungstatbestände liegen nicht vor. Daher muss § 86 Abs. 1 Nr. 12 HmbPersVG als Ausdruck „beredten Schweigens” des Landesgesetzgebers dahin aufgefasst werden, dass die Festsetzung der Nutzungsbedingungen von Wohnungen nicht der Mitbestimmung des Personalrates unterliegen soll. Die Erwägung, für eine derartige – auch im Vergleich zu anderen personalvertretungsrechtlichen Regelungen (vgl. etwa § 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BPersVG, § 72 Abs. 2 Nr. 2 NWPersVG) und vor dem Hintergrund einer grundsätzlich mitbestimmungsfreundlichen Gesetzgebung (vgl. Beschluss vom 17. Juli 1987 – BVerwG 6 P 6.85 – BVerwGE 78, 47, 50 = PersV 89, 312 m.w.N.) auffallende – „Mitbestimmungslücke” sei keine sachliche Rechtfertigung erkennbar, greift gegenüber der auf den Wortlaut, den systematischen Zusammenhang und den Zweck der erörterten Mitbestimmungstatbestände gestützten Auslegung nicht durch.
Die Änderung der Nutzungsbedingungen an Mietwohnungen kann allerdings dazu führen, dass die eine Sozialeinrichtung kennzeichnenden Vorteile für die Beschäftigten wegfallen (vgl. dazu zuletzt Beschluss vom 28. Juni 2000 – BVerwG 6 P 1.00 – NZA 2000, 1123). Wann dadurch der Mitbestimmungstatbestand der Auflösung einer Sozialeinrichtung erfüllt sein könnte, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts sind die Beschäftigten nicht nur – jedenfalls in der Vergangenheit – in den Genuss vergleichsweise niedriger Mieten gekommen, sondern haben auch den weiter bestehenden Vorteil arbeitsplatznaher und weitgehend kündigungssicherer Wohnungen. Auch vom Rechtsstandpunkt des Beschwerdegerichts aus, dass die Wohnungen eine Sozialeinrichtung bilden, folgt aus den Mieterhöhungen daher kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 14 HmbPersVG.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 10 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Eckertz-Höfer, Gerhardt, Büge, Graulich
Fundstellen
Haufe-Index 642561 |
ZBR 2001, 218 |
ZTR 2001, 238 |
NZA-RR 2001, 391 |
PersR 2001, 153 |
PersV 2001, 329 |
ZfPR 2001, 137 |
DVBl. 2001, 1083 |
DVBl. 2001, 754 |