Entscheidungsstichwort (Thema)

Ortszuschlag. sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung. Pflegekindschaftsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Beamter ist im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG sittlich nicht verpflichtet, dem Kind seiner Lebensgefährtin Unterhalt zu gewähren.

2. Zwischen dem Beamten und dem Kind seiner Lebensgefährtin konnte bis zu der am 30. Juni 1989 erfolgten Neuregelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG ein Pflegekindschaftsverhältnis auch dann begründet werden, wenn ein Pflege- und Obhutsverhältnis des Kindes zu seiner Mutter fortbestanden hat.

 

Normenkette

BBesG § 40 Abs. 4, 3, 2 Nr. 4 S. 1; BKGG § 2 Abs. 1 Nr. 2 Fassung 1986-01-21, Nr. 2 Fassung 1989-06-30, Nr. 6 Fassung 1982-01-21

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Entscheidung vom 27.10.1987; Aktenzeichen 4 S 1195/87; ZBR 1988, 200)

VG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 18.03.1987; Aktenzeichen 1 K 291/85)

 

Tatbestand

Der 1951 geborene ledige Kläger steht als Amtsrat beim Universitätsklinikum Freiburg im Dienst des beklagten Landes und erhält neben seinem Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 12 den Ortszuschlag der Stufe 1.

Seit 1. Juni 1984 lebt er mit Frau U. und deren am 28. September 1975 geborenen Sohn Michael in einer Wohn-, Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft zusammen. Die Ehe der Frau U., aus der das Kind hervorgegangen ist, wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Freiburg i.Br. mit Wirkung vom 31. Juli 1986 rechtskräftig geschieden. Das Sorgerecht wurde Frau U. übertragen, die als Hotelkauffrau außerhalb des öffentlichen Dienstes tätig ist. Der leibliche Vater des Kindes zahlt für dessen Unterhalt entsprechend einer mündlichen Vereinbarung monatlich 300 DM.

In einer "Erklärung zum Ortszuschlag und Sozialzuschlag" vom 23. September 1984 zeigte der Kläger durch Ankreuzen der entsprechenden Textstelle des Formblatts an, daß er das Kind Michael seit 1. Juni 1984 in die von ihm gemeinsam mit Frau U. bewohnte Wohnung aufgenommen habe und ihm Unterhalt gewähre, weil er sittlich dazu verpflichtet sei.

Mit Bescheid vom 24. April 1985 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung den Antrag des Klägers ab, das Kind Michael bei der Berechnung des Ortszuschlags zu berücksichtigen.

Der nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobenen Klage mit dem Antrag,

die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 24. April

1985 und 3. Dezember 1985 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten,

dem Kläger ab 1. Juni 1984 den Ortszuschlag der Stufe 3, hilfsweise,

zusätzlich zum Ortszuschlag der Stufe 1 den Unterschiedsbetrag zwischen

Stufe 2 und Stufe 3 zu gewähren,

hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich des Hilfsantrags entsprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Die Berufung des Beklagten (mit der er die vollständige Abweisung der Klage erstrebte) und die Anschlußberufung des Klägers (mit der er seinen Antrag auf Gewährung des Ortszuschlags der Stufe 3 weiterverfolgte) hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Ortszuschlag der Stufe 3 gemäß § 40 Abs. 3 BBesG, da er nicht zum Kreis der Beamten der Stufe 2 gehöre. Er sei dem Kind Michael gegenüber im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG weder gesetzlich noch sittlich zur Unterhaltsgewährung verpflichtet. Gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet seien vielmehr allein die Eltern des Kindes, die sich diese Verpflichtung in der Weise teilten, daß der Vater Barunterhalt leiste und die Mutter ihrer Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung nachkomme.

Der Kläger sei dem Kind gegenüber aber auch nicht sittlich zur Unterhaltsgewährung verpflichtet. Die in § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG bezeichnete sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung bedeute ein ethisches Gebot zum Helfenmüssen, wie es in Anbetracht einer persönlichen Bindung zwischen dem Beamten und der aufgenommenen Person bestehen könne. Hierzu reiche es nicht aus, daß eine Unterstützung der aufgenommenen Person durch den Beamten nach der jeweiligen Sachlage als üblich erachtet werde oder bestehenden Gepflogenheiten entspreche.

Dagegen habe der Kläger Anspruch darauf, daß ihm für die Zeit ab 1. Juni 1984 zusätzlich zum Ortszuschlag der Stufe 1 der Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 2 und der Stufe 3 gewährt werde. Die kinderbezogenen Teile des Ortszuschlags in den Stufen 3 und höher folgten den Voraussetzungen, die für die Gewährung des Kindergeldes nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) maßgebend seien. Dabei stelle das Gesetz in § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG typisierend auf die grundsätzliche Kindergeldberechtigung ab. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger, da zwischen ihm und dem Kind Michael im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BKGG F. 1982 bzw. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG F. 1986 ein Pflegekindschaftsverhältnis im Sinne eines "familienähnlichen, auf längere Dauer berechneten Bandes" bestehe. Der Kläger nehme seit 1. Juni 1984 zusammen mit seiner Lebensgefährtin die Obhut und Pflege des Kindes wahr. Dadurch sei auch eine innere Bindung des Klägers zu dem Kind entstanden. Insgesamt rechtfertigten die tatsächlichen Umstände die Annahme, daß zwischen dem Kläger und dem Kind ein kindergeldrechtliches Pflegekindschaftsverhältnis im Sinne einer engen familienhaften Beziehung bestehe. Die Annahme eines kindergeldrechtlichen Pflegekindschaftsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Kind werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß daneben noch eine enge familienrechtliche Beziehung zwischen dem Kind und seiner Mutter bestehe. Erfüllt sei schließlich auch das weitere Erfordernis, daß der Beamte das Kind "in seinen Haushalt aufgenommen" haben müsse. Der Haushalt eines Ehepaares sei dabei grundsätzlich beiden Ehegatten zuzurechnen. Bei einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft im Rahmen eines eheähnlichen Zusammenlebens könne nichts anderes gelten.

Gegen dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch der Beklagte die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 1987 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden- Württemberg sowie des Urteils des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18. März 1987 den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 24. April 1985 sowie dessen Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 1985 zu verpflichten, ihm für die Zeit ab 1. Juni 1984 Ortszuschlag der Stufe 3 zu gewähren.

Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Der Beklagte beantragt,

die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Auch er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Beide Beteiligten treten darüber hinaus der Revision der jeweils anderen Seite entgegen.

Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen des Klägers und des Beklagten sind unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

Rechtlich zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung des Ortszuschlags der Stufe 3 zusteht. Voraussetzung hierfür wäre, daß er im Sinne des § 40 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes - BBesG -, hier anzuwenden teils in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1980 (BGBl. I S. 2081), teils in der Fassung des Art. 1 Nr. 4 Buchst. a des Vierten Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2466) und der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1986 (BGBl. I S. 1553), zu den Beamten der Stufe 2 gehört. Dazu zählen gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG Beamte, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind. Eine gesetzliche Pflicht zur Unterhaltsgewährung scheidet hier schon deshalb aus, weil diese Verpflichtung, die sich mangels eigenständiger Regelung im Bundesbesoldungsrecht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts richtet (vgl. dazu BVerwGE 70, 264 ≪265 ff.≫; Urteil vom 29. Januar 1987 - BVerwG 2 C 6.85 - ≪Buchholz 239.1 § 50 Nr. 2 = NJW 1987, 1567 = ZBR 1987, 282≫), die leiblichen Eltern des Kindes Michael U. trifft (§§ 1606 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 1606 Abs. 3 Satz 2 und § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Mit rechtlich zutreffenden Erwägungen hat der Verwaltungsgerichtshof aber auch eine sittliche Verpflichtung des Klägers zur Unterhaltsgewährung gegenüber dem Kind seiner Lebensgefährtin verneint. Das Berufungsgericht hat hierbei in Übereinstimmung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz (BBesGVwV vom 23. November 1979 ≪GMBl. 1980, 3≫ Nr. 40.2.10) die Auffassung vertreten, daß eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG eine persönliche Bindung zwischen dem Beamten und der aufgenommenen Person voraussetzt, aus der sich nach der allgemeinen Verkehrsauffassung eine Pflicht zum Helfenmüssen ergibt. Dagegen entspreche es nicht dem Zweck dieser Vorschrift, jedes anständige Verhalten eines Beamten im Zusammenhang mit der Aufnahme einer Person in seine Wohnung als Rechtsgrund für die Gewährung des Ortszuschlags der Stufe 2 zu werten. Vielmehr gehe § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG davon aus, daß eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung nur dann bestehe, wenn im Unterlassensfall dem Beamten der Vorwurf eines sittlichen Fehlverhaltens gemacht werden könne. Eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung scheide deshalb regelmäßig in den Fällen aus, in denen - wie hier - ein Dritter kraft Gesetzes unterhaltspflichtig sei und der geschuldete Unterhalt auch verwirklicht werden könne. Diese Auslegung des Begriffs "sittliche Verpflichtung" entspricht der Deutung, die das Bundesverwaltungsgericht diesem Begriff gegeben hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Rahmen des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 a WPflG entschieden, daß eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung nur dann angenommen werden kann, wenn jemand zwar nicht aufgrund gesetzlicher Regelungen zur Unterhaltsleistung verpflichtet werden kann, sich aber wegen der gegenseitigen besonderen persönlichen Beziehungen der Unterstützung des Hilfsbedürftigen nicht entziehen könnte, ohne nach dem Urteil aller billig und gerecht Denkenden gegen ein Gebot des Anstandes zu verstoßen (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 30.67 - ≪Buchholz 448.0 § 12 Nr. 36≫). Der erkennende Senat hat dies für das Besoldungsrecht dahingehend präzisiert, daß es bei der Frage der sittlichen Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung zwischen den Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht um die rechtliche Einordnung dieser Form des menschlichen Zusammenlebens geht, sondern darum, ob der E n t z u g der Leistungen (Unterkunft und Unterhalt) nach dem Urteil aller billig und gerecht Denkenden gegen ein Gebot des Anstandes verstoßen würde, und dies für Fallgestaltungen der vorliegenden Art mit der Begründung verneint, daß es gerade dem augenfälligen Sinn eines solchen Zusammenlebens entspricht, dessen Fortbestand vom freien Entschluß der Beteiligten abhängig zu machen. Keiner der Partner ist deshalb sittlich verpflichtet, das Zusammenleben und die damit etwa verbundene Unterkunfts- und Unterhaltsgewährung - und sei es auch nur vorübergehend - aufrechtzuerhalten (Beschluß vom 4. August 1982 - BVerwG 2 B 101.81 - ≪Buchholz 235 § 62 Nr. 1≫). In noch verstärktem Maß gilt das für das Verhältnis eines Partners zu dem Kind des anderen Partners. Ob der Kläger sich selbst für verpflichtet hält, dem Kind seiner Lebensgefährtin Unterhalt zu gewähren, ist dabei rechtlich ohne Belang. Dem Begriff der sittlichen Verpflichtung im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG im Hinblick darauf eine andere Deutung zu geben, daß nach Auffassung des Klägers aufgrund der "sexuellen Befreiung" das eheähnliche Zusammenleben von der Gesellschaft heute in stärkerem Maße als früher toleriert werde, sieht der Senat keine Veranlassung. Der Umstand, daß das eheähnliche Zusammenleben von der Gesellschaft heute möglicherweise anders beurteilt wird als in früheren Zeiten, hat keinesfalls zwingend zur Folge, daß damit gegenüber den Kindern des Lebensgefährten eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung begründet würde.

Das angefochtene Urteil hält aber auch insoweit der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand, als es - in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil - dem Kläger für die Zeit ab 1. Juni 1984 gemäß § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG einen Anspruch auf Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen Stufe 2 und Stufe 3 zum Ortszuschlag der Stufe 1 zugesprochen hat.

Nach dieser Vorschrift erhalten Beamte der Stufe 1, denen Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht, zusätzlich zum Ortszuschlag der Stufe 1 den Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 2 und der Stufe, die der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entspricht. § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG verweist mithin hinsichtlich der Berücksichtigung von Kindern für die Stufen des Ortszuschlags auf die Regelungen des Bundeskindergeldgesetzes, von denen hier nur diejenige über Pflegekinder gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 des Bundeskindergeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1982 (BGBl. I S. 13) - BKGG a.F. - bzw. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bundeskindergeldgesetzes in der durch Art. 1 Nr. 2 des Adoptionsanpassungsgesetzes vom 24. Juni 1985 (BGBl. I S. 1144) geänderten Fassung, jetzt gleichlautend in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1986 (BGBl. I S. 222) - BKGG n.F. -, in Betracht kommt. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BKGG a.F. bzw. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG n.F. definiert den Begriff Pflegekinder im Klammerzusatz als "Personen, mit denen der Berechtigte durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinen Haushalt aufgenommen hat". Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzung im Fall des Klägers aufgrund der seit dem 1. Juni 1984 entstandenen inneren Bindung zwischen ihm und dem mit im gemeinsamen Haushalt lebenden Kind seiner Lebensgefährtin als gegeben angesehen. Hiergegen ist aus der Sicht des Revisionsgerichts nichts einzuwenden.

Nach Erlaß des angefochtenen Urteils ist der Begriff des Pflegekindes in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG n.F. durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. a des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 30. Juni 1989 (BGBl. I S. 1294) mit Wirkung vom 8. Juli 1989 dahingehend eingeschränkt worden, daß ein Pflegekindschaftsverhältnis im Sinne des Kindergeldrechts nur dann angenommen werden kann, wenn "ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zwischen diesen Personen und ihren Eltern nicht mehr besteht".

Der Senat geht mit dem Bundessozialgericht davon aus, daß der mit Wirkung vom 8. Juli 1989 in Kraft getretenen Neufassung des Pflegekindbegriffs mangels Übergangsregelung keine rückwirkende Kraft zukommt (vgl. Urteile vom 18. Januar 1990 - 10 RKg 24/88 - und - 10 RKg 25/88 -), so daß der Entscheidung § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BKGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1982 (BGBl. I S. 13) bzw. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1986 (BGBl. I S. 222) zugrunde zu legen ist. Einen ähnlichen Rechtsstandpunkt hat der Bundesfinanzhof zu § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1986 vertreten, in den die einengende Bestimmung des Pflegekindbegriffs bereits 1985 durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur leistungsfördernden Steuersenkung und zur Entlastung der Familie (Steuersenkungsgesetz 1986/1988 - StSenkG 1986/1988) vom 26. Juni 1985 (BGBl. I S. 1153) eingefügt worden ist, indem er dieser Einschränkung erst ab dem Veranlagungszeitraum 1986 Geltungskraft beigemessen hat (BFHE 157, 66 ≪68 f.≫).

Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 20, 26 ≪27≫) in tatrichterlicher Würdigung der Umstände des Einzelfalls festgestellt, daß zwischen dem Kläger und dem Kind seiner Lebensgefährtin im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BKGG a.F. bzw. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG n.F. eine Vater-Kind-Beziehung und damit ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band entstanden ist und der Kläger das Kind auch in seinen Haushalt aufgenommen hat, wofür nach der Rechtsprechung des Senats genügt, daß das Kind mit Willen des Beamten in die gemeinsam von ihm und Frau U. bewohnte Wohnung aufgenommen worden ist (vgl. Urteil vom 31. Mai 1990 - BVerwG 2 C 43.88 -). Diese gemäß § 137 Abs. 2 VwGO der revisionsgerichtlichen Überprüfung weitgehend entzogenen Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Mit Inkrafttreten der Neuregelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG n.F. am 8. Juli 1989 sind die von den Vorinstanzen zu Recht bejahten Voraussetzungen für die Gewährung des Unterschiedsbetrags zwischen der Stufe 2 und der Stufe 3 zum Ortszuschlag der Stufe 1 gemäß § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG jedoch entfallen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 543775

Buchholz 240 § 40 BBesG, Nr 21 (LT)

DokBer B 1990, 323-326 (LT)

FamRZ 1991, 430-432 (LT)

NVwZ-RR 1991, 309-310 (LT)

Quelle 1991, Nr 5, 26 (S)

USK, 9082 (LT)

WzS 1992, 29 (K)

ZBR 1991, 87

ZBR 1991, 87-88 (LT)

ZTR 1991, 135 (L)

DÖD 1991, 240-242 (LT)

DVBl 1991, 110-112 (LT)

EzBAT § 29 BAT, Nr 14 (LT)

PersV 1991, 326-327 (K)

Schütz BeamtR ES/C I 1.1, Nr 46 (L)

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