Entscheidungsstichwort (Thema)
Beamtenbesoldungsrecht. Ortszuschlag. Aufnahme nichtehelicher Kinder des Lebenspartners in die Wohnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Anspruch auf die Ortszuschlagsstufe 2 wegen Aufnahme einer Person in die Wohnung (§ 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG) setzt voraus, daß die Wohnung dem Beamten in einer auf längere Dauer angelegten Weise wirtschaftlich zumindest mit zuzurechnen ist.
2. Dieser Anspruch setzt ferner eine gesetzliche oder sittliche Pflicht zur Unterhaltsgewährung, nicht aber auch zur Aufnahme in die Wohnung voraus.
3. Geht ein verwitweter Elternteil eine eheähnliche Gemeinschaft ein, bei der seine Kinder in den neuen gemeinsamen Haushalt einbezogen sind, so führt dies nicht ohne weiteres zur Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne des Kindergeld- und Besoldungsrechts zwischen den Kindern und dem neuen Lebenspartner.
Normenkette
BBesG § 40 Abs. 3, 2 Nr. 4; BKGG § 2 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2, 6
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Entscheidung vom 02.08.1988; Aktenzeichen 2 A 15/86) |
VG Oldenburg (Entscheidung vom 21.11.1985; Aktenzeichen 6 A 156/84) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechnung des Ortszuschlages des Klägers.
Der Kläger ist Polizeibeamter in D. Im April 1982 zog er zu seiner Lebensgefährtin, der seit einigen Jahren verwitweten Frau Z., in das von ihr mit ihren ehelichen Töchtern K. (geb. 1970) und R. (geb. 1971) bewohnte Haus in G. Das Haus gehört einer aus Frau Z. und ihren beiden Töchtern bestehenden Erbengemeinschaft. Am 2. Juli 1982 wurde der Sohn M. Z. geboren, dessen Vaterschaft der Kläger anerkannte. Am 14. Juli 1982 zeigte der Kläger der Besoldungsstelle der Beklagten eine Veränderung beim Ortszuschlag an, indem er unter Angabe der Kinder K., R. und M. eine "Veränderung durch Geburt" und "durch Aufnahme in meinen Haushalt" ankreuzte und darauf hinwies, daß Kindergeld von Frau Z. beantragt werde. Am 29. Juli 1982 erklärte er ergänzend hierzu, daß seine Lebensgefährtin nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt sei, sondern bei einem privaten Arbeitgeber. Der leibliche Vater der Kinder sei freischaffender Architekt gewesen.
Nach längerem Schriftwechsel wurde der Kläger mit Bescheid vom 22. März 1983 rückwirkend ab 1. Juli 1982 der Ortszuschlag der Stufe 2 wegen Aufnahme des Sohnes in seine Wohnung und Gewährung von Unterhalt aus gesetzlicher oder sittlicher Verpflichtung gewährt. Ferner wurde ihm mit Bescheid vom 29. April 1983 für die Kinder K. und R. als Pflegekinder der erhöhte Ortszuschlag rückwirkend ab 1. April 1982 bewilligt.
Wegen der durch ein sozialgerichtliches Verfahren entstandenen rechtlichen Zweifel stellte die Beklagte die Zahlung der über die Stufe 1 hinausgehenden Ortszuschlagsteile mit Schreiben vom 7. Oktober 1983 unter den Vorbehalt der späteren Rückforderung.
Mit Bescheid vom 8. März 1984 nahm die Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 22. März 1983 und 29. April 1983 zurück, und zwar "gemäß § 48 VwVfG vollständig - also auch rückwirkend für die Vergangenheit vom Bewilligungszeitpunkt ab". Zugleich forderte sie die für die Zeit vom 1. April 1982 bis 29. Februar 1984 gezahlten Anteile in Höhe von insgesamt 6 655,18 DM brutto vom Kläger zurück und forderte von ihm Schadensersatz wegen Zinsverlusts seit dem 1. April 1982. Sie vertrat die Ansicht, ein Besoldungsempfänger habe ein Kind nur dann in "seine Wohnung" (§ 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG) aufgenommen, wenn er alleiniger Wohnungsinhaber sei. Hier sei offenkundig, daß er und die Wohnungseigentümerin die Kosten zumindest gemeinsam trügen. Hinsichtlich der Annahme von Pflegekinderverhältnissen ergebe sich aus den Weisungen zum Bundeskindergeldgesetz, daß der Beitrag des im Haushalt lebenden leiblichen Elternteils zu den Kosten des Gesamthaushalts nur dann als unwesentlich anzunehmen sei, wenn er 20 v.H. der Gesamtkosten nicht übersteige.
Der Klage mit dem Antrag,
die Bescheide der Beklagten vom 8. März und 4. Mai 1984 aufzuheben und die
Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären,
hat das Verwaltungsgericht stattgegeben.
Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht insoweit zurückgewiesen, als die Bewilligung der Stufe 2 des Ortszuschlags und die Berücksichtigung der Kinder K. und R. für die zurückliegende Zeit vom 1. April 1982 bis 31. Oktober 1983 betroffen ist, sowie soweit überzahlte Beträge zurückgefordert und Zinsen auferlegt wurden. Es hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage hinsichtlich der Berücksichtigung der Kinder K. und R. für die Zeit nach dem 31. Oktober 1983 abgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht insbesondere ausgeführt:
(1) Dem Kläger stehe der Ortszuschlag der Stufe 2 nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG (Fassung vom 13. November 1980 ≪BGBl. I S. 2081≫ sowie vom 1. Oktober 1986 ≪BGBl. I S. 1553≫) zu. Er habe im Sinne dieser Vorschrift seinen nichtehelichen Sohn in seine Wohnung aufgenommen. Zwar gehöre das Haus, in dem sich die Wohnung befinde, seiner Lebensgefährtin sowie deren beiden Töchtern. In diese Wohnung sei aber der Kläger eingezogen, um dort einen gemeinsamen Haushalt mit seiner Lebensgefährtin, deren beiden Töchtern und dem gemeinsamen nichtehelichen Kind zu führen. Er trage durch erhebliche Beiträge zur laufenden Unterhaltung und Bewirtschaftung dieser Wohnung bei. Dadurch sowie als Gegenleistung für seine sonstigen Aufwendungen für die gemeinsame Haushaltsführung erlange er eine Berechtigung zur Mitbenutzung.
Die in § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG außerdem geforderte gesetzliche oder sittliche Verpflichtung beziehe sich allerdings nicht nur auf die Unterhaltsgewährung, sondern ihr sei auch in bezug auf die Aufnahme in die Wohnung nicht jede Bedeutung abzusprechen. Mache jedoch der Vater eines nichtehelichen Kindes mit Zustimmung der Mutter von der ihm gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, das Kind in seinen Haushalt aufzunehmen und dadurch die Verpflichtung zur Zahlung mindestens des Regelunterhalts zu ersetzen, so müsse er seine Wohnverhältnisse für längere Dauer so einrichten, daß das Kind dort nicht nur eine vorübergehende Bleibe habe, sondern seinen Lebensmittelpunkt finde. Er erfülle dann mit der Aufnahme des Kindes eine über seine gesetzliche Unterhaltspflicht hinausgehende, zwar durch seine eigene Entscheidung und die Zustimmung des Sorgeberechtigten bedingte, aber im Gesetz angelegte rechtliche Verpflichtung. Dies genüge den Erfordernissen des § 40 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BBesG.
(2) Die Rücknahme der Bewilligung kinderbezogener Ortszuschlagsteile für die beiden Töchter der Lebensgefährtin, K. und R., sei insoweit rechtmäßig (§ 48 VwVfG), als sie sich auf die Besoldungszeiträume seit dem 1. November 1983 beziehe. Diese Kinder könnten nicht als Pflegekinder des Klägers im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 BKGG bzw. des § 2 Abs. 1 Nr. 6 BKGG a.F. bezeichnet werden. Allerdings habe der Kläger sie im Sinne der gesetzlichen Definition in seinen Haushalt aufgenommen. Es fehle aber an dem weiteren Erfordernis eines "familienähnlichen, auf längere Dauer berechneten Bandes"; durch ein solches sei der Kläger mit den Kindern K. und R. seiner Lebensgefährtin nicht verbunden.
Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligten die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Die Beklagte erstrebt die Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und Abweisung der Klage auch hinsichtlich der Bewilligung des Ortszuschlags der Stufe 2. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Der Kläger erstrebt die vollständige Wiederherstellung des der Klage insgesamt stattgebenden Urteils erster Instanz. Auch er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Beide Beteiligten treten wechselseitig der Revision der anderen Partei entgegen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen beider Beteiligten sind unbegründet. Ohne revisionsrechtliche Beanstandung hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen der Ortszuschlagsstufe 2 durch Aufnahme des leiblichen Sohnes des Klägers in dessen Wohnung als erfüllt angesehen, dagegen die Berücksichtigung der beiden Töchter der Lebensgefährtin des Klägers als Pflegekinder für den Ortszuschlag abgelehnt.
1. Rechtlich zutreffend hat das Berufungsgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin gewürdigt, daß der Kläger im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 4 des Bundesbesoldungsgesetzes - BBesG - (hier anzuwenden teils in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1980 ≪BGBl. I S. 2081≫, teils in der Fassung des Art. 1 Nr. 4 Buchst. a des Vierten Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Dezember 1985 ≪BGBl. I S. 2466≫ und der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1986 ≪BGBl. I S. 1553≫) seinen leiblichen Sohn nicht nur vorübergehend in seine Wohnung aufgenommen hat und ihm Unterhalt gewährt, weil er gesetzlich dazu verpflichtet ist.
Es handelt sich im Sinne der Vorschrift um die Wohnung (auch) des Klägers. Daß er Alleininhaber der Wohnung ist, ist nicht erforderlich, denn die mit dem erhöhten Ortszuschlag abzugeltende erhöhte Belastung durch erhöhten Wohnbedarf ist im Grundsatz nicht davon abhängig, ob der Beamte die Wohnung allein oder gemeinsam mit anderen innehat. Diese Auslegung wird durch den 1985 eingefügten Satz 4 der Vorschrift, der nunmehr die Möglichkeit der Aufnahme in eine von mehreren Berechtigten gemeinsam bewohnte Wohnung ausdrücklich erwähnt, lediglich bestätigt. Erforderlich ist somit, daß dem Beamten die Wohnung in einer auf längere Dauer angelegten Weise wirtschaftlich zumindest mit zuzuordnen ist. Das ergibt sich hier hinreichend aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Kläger in den mit der Lebensgefährtin und den Kindern begründeten gemeinsamen Haushalt den wesentlichen Teil seiner Dienstbezüge einbringt und von den gemeinsamen Einkünften außer den Lebenshaltungskosten der fünf Personen die Belastungen durch das Hausgrundstück zu bestreiten sind. - Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich ferner hinreichend, daß der Kläger seinen leiblichen Sohn in seine Wohnung a u f g e n o m m e n hat. Dafür genügt es, daß der Sohn mit dem Willen des Klägers in der von diesem mit innegehabten Wohnung wohnt. Auf die zeitliche Reihenfolge - ob der Beamte, wie hier, in die u.a. von dem Aufzunehmenden bereits bewohnte Wohnung eingezogen ist, ob dieser umgekehrt in eine bereits von dem Beamten bewohnte Wohnung eingezogen ist oder beide gemeinsam in eine neue Wohnung eingezogen sind -, kommt es nicht an, da auch die typische wirtschaftliche Mehrbelastung durch erhöhten Wohnraumbedarf von dieser Reihenfolge nicht abhängt.
Der Kläger ist ferner zu der festgestellten Unterhaltsgewährung an seinen leiblichen Sohn rechtlich verpflichtet. Daß er darüber hinaus auch gesetzlich oder sittlich verpflichtet ist, den Sohn in seine Wohnung aufzunehmen, ist nicht erforderlich. Das Erfordernis der gesetzlichen oder sittlichen Verpflichtung bezieht sich insoweit allein auf die Unterhaltsgewährung (vgl. Schwegmann/Summer, BBesG, § 40 Rz. 8 a). Denn es knüpft ersichtlich an die im bürgerlichen Recht eingehend und ausdrücklich getroffene Regelung der Unterhaltspflicht an. Eine vergleichbar klare und ausdrückliche Regelung einer Verpflichtung, Kinder in die eigene Wohnung aufzunehmen, enthält dagegen das bürgerliche Recht nicht. Mittelbar mag sich je nach den näheren Umständen eine solche Verpflichtung aus der elterlichen Sorge ergeben (§§ 1626 ff. BGB), wie vom Berufungsgericht und insbesondere der Revision der Beklagten näher erörtert. Eine der gesetzlichen Unterhaltsregelung vergleichbare, in der Praxis anwendbare Anknüpfungsmöglichkeit bietet dies jedoch nicht. Im Zweifel kann nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber die ohnehin nicht einfache Anwendung des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG durch die Anknüpfung an eine so wenig scharfe Voraussetzung zusätzlich hat wesentlich erschweren wollen.
Anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß der Wortlaut früherer entsprechender Besoldungsregelungen, so noch des § 15 Abs. 2 Nr. 4 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1971 (BGBl. I S. 1281), den Bezug der gesetzlichen oder sittlichen Verpflichtung auch auf die Unterkunftsgewährung nähergelegen haben mag. Nach der genannten Fassung stand der Ortszuschlag der Stufe 2 anderen ledigen Beamten zu, "die in ihrer Wohnung einer anderen Person nicht nur vorübergehend Unterkunft und Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind ...". Selbst wenn man diese und gleichlautende frühere landesrechtliche Vorschriften in dem Sinne auslegen wollte, daß auch eine Pflicht zur Unterkunftsgewährung erforderlich war, so dürfte es dafür doch jedenfalls genügt haben, daß der Beamte mit der Unterkunftsgewährung einen Teil seiner Unterhaltspflicht erfüllte. Da dies regelmäßig zutreffen wird, war der Unterschied zu den hier anzuwendenden Fassungen jedenfalls ohne größere praktische Bedeutung. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG ist im Hinblick auf die maßgebende Anknüpfung an die Wohnungsaufnahme nicht ersichtlich, ebensowenig ein Verstoß gegen Art. 6 GG.
2. Auf der anderen Seite hält das angefochtene Urteil auch insoweit der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand, als es die Berücksichtigung der beiden Töchter der Lebensgefährtin des Klägers als Pflegekinder für die Berechnung des Ortszuschlags abgelehnt hat (§ 40 Abs. 3 BBesG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 des Bundeskindergeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1982 ≪BGBl. I S. 13≫ - BKGG a.F. - bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Bundeskindergeldgesetzes in der durch Art. 1 Nr. 2 des Adoptionsanpassungsgesetzes vom 24. Juni 1985 ≪BGBl. I S. 1144≫ geänderten Fassung, jetzt gleichlautend in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1986 ≪BGBl. I S. 222≫ - BKGG n.F. -).
§ 40 Abs. 3 BBesG verweist hinsichtlich der Berücksichtigung von Kindern für die Stufen des Ortszuschlags auf die Regelungen des Bundeskindergeldgesetzes, von denen hier nur diejenige über Pflegekinder (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BKGG a.F. = § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG n.F.) in Betracht kommt. Diese Vorschriften definieren im Klammerzusatz Pflegekinder als "Personen, mit denen der Berechtigte durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinen Haushalt aufgenommen hat". Durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. a des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 30. Juni 1989 (BGBl. I S. 1294) sind mit Wirkung vom 8. Juli 1989 der Vorschrift die Worte hinzugefügt worden "und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zwischen diesen Personen und ihren Eltern nicht mehr besteht". Für die hier zu treffende Entscheidung bedarf es keiner Erörterung, ob die vorgenannte Einfügung es auch ausschließt, daß bei Wegfall des Obhuts- und Pflegeverhältnisses nur zu einem Elternteil ein Pflege-Elternteil an dessen Stelle treten kann (vgl. insoweit zum früheren Recht Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. September 1963 - 4 RJ 151/62 - ≪BSGE 20, 26 f.≫), und welche Bedeutung der Einfügung für die frühere Zeit beizumessen ist. Denn das Berufungsgericht hat schon im Sinne der bisherigen Definition das Vorliegen eines familienähnlichen, auf längere Dauer berechneten Bandes mit Erwägungen verneint, die revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden sind.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Eingehung eines eheähnlichen Verhältnisses zwischen dem verbliebenen Elternteil und einem neuen Lebenspartner, also die Erweiterung der zwischen dem verbliebenen Elternteil und den Kindern bisher bestehenden "Halbfamilie" um den neuen Lebenspartner, nicht ohne weiteres schon gleichbedeutend mit der Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses zwischen diesem und den Kindern ist, daß vielmehr eine individualisierende Bewertung des Verhältnisses zwischen dem neuen Lebenspartner und den Kindern erforderlich ist. Hierzu hat das Berufungsgericht insbesondere ausgeführt:
Ließen sich der verbliebene Elternteil und sein neuer Partner schwerpunktmäßig von dem Bestreben leiten, eine eheähnliche Beziehung einzugehen, um damit u.a. den Verlust des versorgungsrechtlichen Status der Witwe zu vermeiden, so stünden die Kinder des verwitweten Partners nicht im Zentrum der neuen Verbindung, sondern würden von dem hinzutretenden neuen Partner nur am Rande der für ihn wesentlichen persönlichen Beziehung toleriert. Die Eheähnlichkeit der Bindung zwischen den neuen Partnern bewirke dann noch nicht, daß eine familienähnliche Beziehung auch zu ihren wechselseitigen leiblichen Kindern entstehe. Insbesondere dann, wenn diese Kinder bereits, wie hier, das 10. Lebensjahr überschritten hätten und zuvor allein von der Mutter betreut worden seien, habe sich regelmäßig eine feste Familienbindung entwickelt, die durch das Hinzutreten eines neuen Partners des verwitweten Elternteils eher beeinträchtigt als vervollkommnet werde. Ein typisches Pflegekindverhältnis sei hier mit der Begründung des gemeinsamen Haushalts des Klägers, seiner Lebensgefährtin und ihrer beiden Töchter zu diesen nicht entstanden. Hierfür reiche weder die festgestellte Aufnahme der beiden Kinder in den Haushalt (auch) des Klägers aus, noch genüge es, daß den Töchtern der erhöhte Lebensstandard infolge des gesicherten Einkommens des Klägers und der von ihm zur Haushaltsgemeinschaft beigesteuerten Barbeträge zustatten komme. Weitere Anzeichen für eine familienähnliche Bindung zu den Töchtern der Lebensgefährtin ergäben sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht. Das Berufungsgericht unterstelle dabei, daß der Kläger die Bereitschaft zeige und bestätige, seine Lebensgefährtin auch von bestimmten Erziehungspflichten gegenüber ihren beiden Töchtern zu entlasten. Solche Hilfeleistungen kämen aber auch sonst bei Wohngemeinschaften oder im Freundeskreis vor und seien noch keine Anzeichen für ein Pflegebedürfnis, so daß die Rolle seiner Lebensgefährtin als alleinerziehender Mutter nicht wesentlich eingeengt sei. Beim Kläger habe, wie in einem Schreiben an die Beklagte deutlich ausgedrückt, offensichtlich das Bestreben im Vordergrund gestanden, mit der (werdenden) Mutter des eigenen Kindes eine Gemeinschaft aufzubauen, an der die vorhandenen Kinder der Lebensgefährtin zwar beteiligt, ihre familiären Bindungen zu ihrer Mutter aber nicht verändert werden sollten. Dies erscheine auch mit Rücksicht auf das Selbständigkeitsstreben der heranwachsenden Töchter angemessen und sachgerecht.
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts, die sich teils allgemein auf eine derartige Situation wie die hier vorliegende, teils konkret auf die Umstände des vorliegenden Falles beziehen, liegen im wesentlichen auf dem Gebiet der tatrichterlichen Würdigung, die der Nachprüfung durch das Revisionsgericht weitgehend verschlossen ist (§ 137 Abs. 2 VwGO). Sie ist vom Revisionsgericht im Rahmen der hier erhobenen Sachrüge nur darauf zu überprüfen, ob anerkannte Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (vgl. BVerwGE 47, 330 ≪361≫; Urteil des Senats vom 18. September 1985 - BVerwG 2 C 30.84 - ≪Buchholz 237.5 § 14 Nr. 2 S. 6 = ZBR 1986, 52/53≫). Ein derartiger Verstoß ist nicht ersichtlich. Insbesondere läge ein Verstoß gegen die Denkgesetze nur vor, wenn das Berufungsgericht einen tatsächlichen Schluß gezogen hätte, der aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann. Dagegen kommt es nicht darauf an und ist daher vom Revisionsgericht nicht zu prüfen, ob die vom Berufungsgericht bei seiner tatsächlichen Würdigung angestellten Erwägungen und gezogenen Schlüsse zwingend oder auch nur naheliegend erscheinen. Vielmehr verstößt selbst ein fernliegender, aber logisch nicht unmöglicher Schluß noch nicht gegen die Denkgesetze (vgl. BVerwG a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Die Erwägungen, die das Berufungsgericht zu dem Schluß geführt haben, daß es sich vom Vorliegen des erforderlichen familienähnlichen Bandes zwischen dem Kläger und den Töchtern seiner Lebensgefährtin nicht habe überzeugen können, sind jedenfalls logisch nicht unmöglich und halten sich somit in einem revisionsgerichtlich nicht zu beanstandenden Rahmen.
Das gilt auch für die von der Revision des Klägers beanstandeten Erwägungen des Berufungsgerichts, für die Verbindung zwischen dem Kläger und seiner Lebensgefährtin sei ein Pflegebedürfnis oder eine beabsichtigte Erziehungshilfe für die Kinder nicht ausschlaggebend und bestimmend gewesen. Das Berufungsgericht hat damit nicht einen von der Rechtsprechung abweichenden rechtlichen Maßstab, wonach das P f l e g e k i n d v e r h ä l t n i s durch ein Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis auf der Grundlage einer familienähnlichen ideellen Dauerverbindung g e k e n n z e i c h n e t sein muß, für dieses Verhältnis aufgestellt, sondern es hat diese Erwägungen neben anderen dafür herangezogen, daß es sich tatsächlich nicht vom Vorliegen des erforderlichen familienähnlichen Bandes überzeugen konnte.
Fundstellen
Haufe-Index 543774 |
Buchholz 240 § 40 BBesG, Nr 19 (LT) |
DokBer B 1990, 270 (L) |
NVwZ-RR 1991, 310-312 (LT) |
DOK 1991, 778-778 (K) |
USK, 9047 (LT) |
WzS 1991, 282-283 (L) |
ZBR 1990, 350-352 (LT) |
ZTR 1991, 135 (L) |
DVBl 1990, 1230-1232 (LT) |
EzBAT § 29 BAT, Nr 13 (LT) |
FEVS 41, 97-104 (LT) |
PersV 1990, 500 (K) |
Schütz BeamtR ES/C I 1.1, Nr 47 (L) |