Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit. Wechselschichtdienst. Personalratstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Anrechnung von Personalratstätigkeit als Arbeitszeit gemäß § 46 Abs. 2 BPersVG nur entsprechend ihrer tatsächlichen Dauer.
Normenkette
BBG § 72; BPersVG § 46 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Freiburg i. Br. (Urteil vom 09.12.1982; Aktenzeichen 5 K 118/82) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 1982 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger steht als Hauptlokomotivführer im Dienst der Beklagten und gehört dem Personalrat bei einem Bundesbahnbetriebswerk an.
Der Kläger, der im Wechselschichtdienst arbeitet, nahm am 11., am 17. und am 25. Februar 1982 an Sitzungen des Personalrats teil, die jeweils um 8.30 Uhr begannen und – mit einer Pause von 45 Minuten – 5 Stunden 55 Minuten, 5 Stunden 25 Minuten bzw. 7 Stunden dauerten, zusammen also 18 Stunden 20 Minuten. Der ursprünglich für den Kläger vorgesehene Dienstplan sah an diesen Tagen sowie am 12. und 26. Februar insgesamt 36 Stunden 55 Minuten Dienst vor (bei „auswärtiger Ruhe” vom 11. zum 12. und vom 25. zum 26. Februar). Wegen der Teilnahme an den Personalratssitzungen änderte die Beklagte ausdrücklich jeweils die Diensteinteilung so, daß der Kläger an vier der genannten Tage dienstfrei hatte; lediglich am 12. Februar wurden 2 Stunden 30 Minuten Dienstunterricht vorgesehen. Für die Personalratssitzungen wurde dem Kläger deren tatsächliche Dauer von 18 Stunden 20 Minuten als Freizeitausgleich gutgeschrieben.
Den Antrag des Klägers, ihm für die Teilnahme an den Personalratsitzungen weiteren Freizeitausgleich bis zur vollen Höhe der jeweils im Dienstplan vorgesehenen Soll-Arbeitszeit zu gewähren, also noch 16 Stunden und 5 Minuten, lehnte die Bundesbahndirektion unter Hinweis auf § 46 Abs. 2 Satz 2 BPersVG ab. Dem Bescheid war eine als „Anlage zum Widerspruchsbescheid …” bezeichnete Rechtsbehelfsbelehrung über die Möglichkeit der Klage beigefügt.
Die Klage mit dem Antrag,
dem Kläger wegen der Teilnahme an den Personalratssitzungen vom 11., 17. und 25. Februar 1982 eine weitere Dienstbefreiung von 16 Stunden und 5 Minuten zu gewähren,
hat das Verwaltungsgericht abgewiesen:
Die Klage sei zulässig, insbesondere sei angesichts der Erklärungen der Beklagten das Vorverfahren als durchgeführt oder anderenfalls als entbehrlich anzusehen. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Beklagte habe zu Recht lediglich die tatsächlich für die Teilnahme an Personalratssitzungen aufgewendete Zeit auf die Soll-Arbeitszeit des Klägers angerechnet. § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, weil nach der Änderung der Diensteinteilung die Personalratstätigkeit in der dienstfreien Zeit des Klägers erfolgt sei. Diesen Fall regele § 46 Abs. 2 Satz 2 BPersVG. Der hiernach dem Kläger unbestritten zustehende Anspruch auf Freizeitausgleich richte sich nicht nach dem Ausfallprinzip, sondern entspreche der für Personalratsaufgaben aufgewendeten Freizeit. – Auch der Abzug der im Rahmen der Personalratssitzungen angefallenen Pausen mit ihrer tatsächlichen Dauer sei nicht zu beanstanden.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Zustimmung der Beklagten die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt, mit der er sein ursprüngliches Klagebegehren weiterverfolgt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Sprungrevision ist unbegründet. Das Streitverfahren ist zu Recht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung und nicht im Beschlußverfahren nach § 83 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BPersVG durchgeführt worden (vgl. Urteil des Senats vom 23. Oktober 1980 – BVerwG 2 C 43.78 – ≪Buchholz 232 § 72 Nr. 18 = ZBR 1981, 288≫). Die zulässige Klage ist mit Recht abgewiesen worden, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf weitere Dienstbefreiung nicht zusteht.
Ein Anspruch auf Dienstbefreiung über die tatsächliche Dauer der (unmittelbaren) Personalratstätigkeit hinaus ergibt sich aus § 46 Abs. 2 BPersVG nicht. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist bei Beanspruchung durch Personalratstätigkeit über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienstbefreiung in entsprechendem Umfang, also in gleicher Dauer wie die Beanspruchung durch Personalratstätigkeit, zu gewähren; die Personalratstätigkeit wird arbeitszeitrechtlich wie Dienst behandelt. Findet die Personalratstätigkeit während der Arbeitszeit statt, so ergibt sich die gleiche Behandlung als Folgerung aus dem in Satz 1 der Vorschrift ausgesprochenen Verbot einer Minderung der Dienstbezüge (vgl. insoweit entsprechend zu § 46 Abs. 7 BPersVG das angeführte Urteil des Senats vom 23. Oktober 1980, a.a.O.) sowie aus der in Satz 2 ausgesprochenen Entscheidung des Gesetzgebers. Auch in diesem Fall schließt die Behandlung der Personalratstätigkeit wie Dienst eine Anrechnung nach dem Ausfallprinzip aus. Insbesondere kann nicht etwa die Behandlung wie Dienst angewandt werden, wenn sie – wie vor allem bei Beanspruchung außerhalb der Arbeitszeit – dem Beschäftigten günstiger ist, dagegen das Ausfallprinzip, wenn dieses günstiger ist. Anders als z.B. bei Schulungs- und Bildungsveranstaltungen läßt sich die Dauer der unmittelbaren Personalratstätigkeit im allgemeinen auch, wie hier, zeitlich deutlich abgrenzen. Auf diese Unterschiede zwischen den Fällen des § 46 Abs. 2 und Abs. 7 BPersVG hat der Senat in dem Urteil vom 23. Oktober 1980 (a.a.O.) ausdrücklich hingewiesen.
Hiernach hat die Beklagte zu Recht die tatsächliche Dauer der Personalratssitzungen, und nur diese, auf die Arbeitszeit des Klägers angerechnet, ohne daß es hierfür auf die von der Beklagten ausgesprochene ausdrückliche Änderung der Diensteinteilung ankommt.
Durch die dargelegte Berechnungsweise wird der Kläger nicht gegenüber anderen Beamten benachteiligt, da ihm die ausgefallene Arbeitszeit, soweit sie über die Dauer der Personalratstätigkeit hinausging, als Freizeit zur Verfügung stand.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die von ihm festgestellten Pausen zwischen der Personalratstätigkeit nicht mit angerechnet. Die arbeitszeitrechtliche Behandlung wie Dienst gleicher Dauer bedeutet auch, daß Pausen ebensowenig angerechnet werden wie Pausen zwischen der Arbeitszeit (§ 8 Abs. 3 der Arbeitszeitverordnung – AZV – in der Fassung vom 24. September 1974 ≪BGBl. I S. 2356≫ mit insoweit nicht einschlägiger Änderung vom 6. September 1985 ≪BGBl. I S. 1903≫). Soweit die Revision bezweifelt, daß Pausen stattgefunden haben, wendet sie sich unzulässig gegen die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2, § 134 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Fischer, Dr. Franke, Dr. Lemhöfer, Sommer, Dr. Müller
Fundstellen