Die rechtlichen Voraussetzungen des wichtigen Grundes i. S. v. § 4 Abs. 3 Buchst. a) entsprechen denen des § 626 Abs. 1 BGB, sodass die in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze auch für die Auslegung der Tarifnorm heranzuziehen sind.
Oberster Grundsatz bei der Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen Grundes wegen Fehlverhaltens oder Pflichtverletzung im Betrieb ist, dass einmalige oder seltene Vorkommnisse in der Regel nicht zur fristlosen Kündigung ausreichen. Auch geringer ins Gewicht fallende Verfehlungen und Schwierigkeiten des Studierenden wie Unsauberkeit, Unaufmerksamkeit, Vergesslichkeit, schlechtes und störrisches Benehmen stellen grundsätzlich keinen wichtigen Grund zur vorzeitigen Beendigung des Studienverhältnisses dar.
Mit der pauschalen Behauptung, der Studierende werde wegen seiner schlechten Leistungen mit hoher Wahrscheinlichkeit die staatliche Prüfung nicht erfolgreich bestehen, kann die verantwortliche Praxiseinrichtung das Studienverhältnis nicht fristlos beenden. Vorherige schlechte Leistungen kommen als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses nur in Betracht, wenn feststeht, dass aufgrund von Ausbildungslücken, die in den Verantwortungsbereich des Studierenden fallen, das Bestehen der Studienprüfung ausgeschlossen ist. Für die hierfür maßgebenden Tatsachen ist die verantwortliche Praxiseinrichtung in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig.
Zum Nachweis sollte die verantwortliche Praxiseinrichtung den (schlechten) Leistungsstand des Studierenden sowie ihre Bemühungen, dem Studierenden die Möglichkeit zu eröffnen, in der vorgesehenen Zeit das Studienziel zu erreichen, in geeigneter Weise dokumentieren; so sind insbesondere ggf. vorausgegangene Ermahnungen und förmliche Abmahnungen aktenkundig zu machen.
Eine Kündigung aus wichtigem Grund kann insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn der Studierende seine vertraglichen Hauptleistungspflichten und/oder vertraglichen Nebenpflichten erheblich verletzt hat oder sein pflichtwidriges Verhalten (z. B. unentschuldigtes Fehlen entgegen den Vorgaben der vereinbarten Studienordnung) ungeachtet strenger Abmahnungen und ungeachtet der Anwendung stärkerer Erziehungsmittel fortsetzt und darüber hinaus die Pflichtwidrigkeiten graduell schwerer werden. Außerdem muss es unwahrscheinlich erscheinen, dass auf den Studierenden noch so eingewirkt werden kann, dass er sich in die im Betrieb der verantwortlichen Praxiseinrichtung gegebene Ordnung einfügt.
Liegt eine erhebliche Pflichtverletzung vor, ist in Anlehnung an § 626 Abs. 1 BGB in einer Gesamtwürdigung das Interesse der verantwortlichen Praxiseinrichtung an der sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gegen das Interesse des Studierenden an dessen Fortbestand bis zum Ablauf der Studienzeit abzuwägen. Dabei hat eine Bewertung des konkreten Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen.
Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn der verantwortlichen Praxiseinrichtung angesichts der Gesamtumstände sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzt deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der verantwortlichen Praxiseinrichtung nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Studierenden erkennbar – ausgeschlossen ist (z. B. bei besonders schwerem Fehlverhalten).
Die Kündigung aus wichtigem Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrundeliegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als 2 Wochen bekannt sind (vgl. § 39 Abs. 4 Satz 1 HebG). Ist ein vorgesehenes Güteverfahren vor einer außergerichtlichen Stelle eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf der 2-Wochen-Frist gehemmt (vgl. § 39 Abs. 4 Satz 2 HebG).