3.1 Überblick
Bereits bei der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses treffen den Arbeitgeber besondere Sorgfaltspflichten gegenüber den potenziellen Bewerbern. Insbesondere durch das Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes am 18.8.2006 wurden die inhaltlichen Anforderungen an Stellenanzeigen verschärft. § 11 AGG bestimmt, dass ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden darf, d. h. es darf weder unmittelbar noch mittelbar an ein Benachteiligungsmerkmal des § 1 AGG angeknüpft werden. Hierbei werden öffentliche und betriebliche Ausschreibungen gleichermaßen erfasst.
Es besteht folglich schon im Stadium der Stellenausschreibung die Gefahr, eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 1 bzw. 2 AGG zu begehen und sich hierdurch entschädigungspflichtig zu machen.
Eine unmittelbare Benachteiligung liegt z. B. vor bei Stellenausschreibungen, in denen eine Altersbeschränkung angegeben ist, obwohl auch ältere oder jüngere Personen die Tätigkeit ausführen könnten oder wenn der Beruf nicht geschlechtsneutral bezeichnet wurde, ohne dass eine zulässige Differenzierung gemäß §§ 5, 8 ff. AGG vorliegt.
Eine mittelbare Benachteiligung kommt in Betracht bei vordergründig neutral formulierten Stellenausschreibungen, die jedoch Anforderungen an die Bewerber aufstellt, die von einem Teil aus Gründen des § 1 AGG regelmäßig nicht oder nur unzureichend erfüllt werden können. Eine mittelbare Benachteiligung ist auch dann gegeben, wenn vorgesehen ist, dass Teilzeitkräfte eine vergleichsweise geringere Vergütung erhalten sollen, da in den meisten Fällen Frauen Teilzeit arbeiten und somit eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegt.
Wird eine Stelle unter Missachtung des Diskriminierungsverbots ausgeschrieben, liegt darin bereits ein Indiz i. S. v. § 22 AGG für eine Benachteiligung.
Die Bestimmungen des AGG sind auch in dem Fall zu beachten, wenn die Personalauswahl einem Headhunter oder Personalberater übertragen wird bzw. sich der Arbeitgeber eines Stellenvermittlers, wie z. B. die Bundesagentur für Arbeit, bedient. Verletzt ein so eingeschalteter Dritter die Pflicht zur diskriminierungsfreien Stellenausschreibung, ist diese Pflichtverletzung dem Arbeitgeber zuzurechnen. Den Arbeitgeber trifft im Falle der Fremdausschreibung die Sorgfaltspflicht, die Ordnungsmäßigkeit der Ausschreibung zu überwachen.
3.2 Inhaltliche Anforderungen an Stellenausschreibungen
Um eine Stellenanzeige diskriminierungsfrei zu formulieren, sind insbesondere einige Gesichtspunkte zu beachten:
Der Text ist geschlechtsneutral zu formulieren. Die Stellenausschreibung sollte sich gleichermaßen an Frauen, Männer und Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, richten (z. B. "Sekretär/Sekretärin (m/w/d)"). Es kann auch die männliche Form verwandt werden, sofern durch einen deutlichen Zusatz klargestellt ist, dass die Stelle ebenso für weibliche Bewerber und das 3. Geschlecht in Betracht kommt ("Abteilungsleiter m/w/d"). Auch geschlechtsunabhängige Bezeichnungen sind möglich ("Pflegekraft").
Mit der Änderung des Personenstandsgesetzes (PStG) im Jahr 2018 wurde das 3. Geschlecht ("inter/divers") gesetzlich anerkannt, d. h. Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Hintergrund war eine Entscheidung des BVerfG, wonach die bisherige Regelung des PStG (gem. § 22 Abs. 3, § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG konnte bislang bei einer Person, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht angehörte, im Geburtenregister kein Geschlecht eingetragen werden) für verfassungswidrig erklärt wurde. Diese rechtliche Änderung hat nun weitreichende Auswirkungen auf einige Bereiche des Arbeitsrechts, z. B. auf Stellenausschreibungen, Kleiderordnung oder auch die Frage hinsichtlich separater sanitärer Räume. Darüber hinaus ist zudem die Benachteiligung von Hermaphroditen oder Transsexuellen verboten, unabhängig von der gesetzlichen Anerkennung bspw. in § 8 TranssexuellenG.
In Ausnahmefällen, wenn das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit ist, kann hiervon abgewichen werden. Dies ist z. B. anzunehmen bei einer männlichen Schauspielrolle, Aufsicht über weibliche Strafgefangene, medizinisch-technische Assistentin für eine Frauenarztpraxis, Frauenreferentin einer politischen Partei. Eine Geschlechtsdiskriminierung abgelehnt hat das LAG Köln auch im Fall eines Verkäufers, der sich vergeblich auf die ausgeschriebene Stelle einer Verkäuferin für Damenoberbekleidung beworben hatte. Auch darf der Träger eines Gymnasiums bei der Besetzung einer Betreuerstelle für das von ihm betriebene Mädcheninternat die Bewerberauswahl auf Frauen beschränken, wenn die Tätigkeit auch Nachtdienste im Internat beinhalten soll.
Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts wurde hingegen bejaht in folgenden Beispielsfällen...