Vor der Begründung eines Arbeitsverhältnisses werden im allgemeinen Einstellungsverhandlungen geführt, bei denen beiden Parteien Mitteilungs- und Aufklärungspflichten obliegen. Der Arbeitgeber hat ein Interesse daran, sich einen umfassenden Eindruck von der persönlichen und fachlichen Eignung des Bewerbers zu verschaffen. Sein Fragerecht ist jedoch nicht unbegrenzt. Zulässig sind nur Fragen, die arbeitsplatzbezogen sind und den Bewerber nicht in seiner engeren Individualsphäre verletzen.

Nur zulässige Fragen müssen wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden. Wird eine zulässige und für die Einstellung nicht nur nebensächliche Frage bewusst falsch beantwortet, hat der Arbeitgeber ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB). Die Anfechtung hat binnen eines Jahres nach Kenntniserlangung von der arglistigen Täuschung zu erfolgen. Sie bedarf keiner Form und führt zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der große Vorteil der Anfechtung gegenüber einer Kündigung ist, dass keinerlei Kündigungsschutzvorschriften, insbesondere nicht die Kündigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz und § 85 SGB IX greifen, die Personalvertretung keinerlei Mitwirkungsrechte hat und keine Kündigungsfristen greifen.

Ist die Frage unzulässig, darf der Bewerber konsequenzlos lügen.

 
Praxis-Tipp

Bei unwahrer Beantwortung einer zulässigen Frage statt zu kündigen unverzüglich das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung anfechten. Wichtig ist hierbei die Beweissicherung. Sehr gut geeignet ist hierzu ein Personalfragebogen.

Beachten Sie, dass Sie die für das Arbeitsverhältnis wesentlichen Umstände hinsichtlich persönlicher und fachlicher Eignung sowie Verfügbarkeit erfragen. Den Bewerber trifft nämlich grundsätzlich keine Offenbarungspflicht für ihn ungünstiger Umstände, wenn er nicht ausdrücklich danach gefragt wird. Etwas anderes gilt nur, wenn der Bewerber erkennen kann, dass die von ihm verschwiegenen Umstände die Erfüllung angemessener Leistungserwartungen des Arbeitgebers unmöglich machen oder sonst für den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind.

Eine Offenbarungspflicht besteht sonach in folgenden Fällen:

  • Bei Erkrankungen ausnahmsweise dann, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Dienstantritts arbeitsunfähig sein wird oder mit ansteckenden Krankheiten behaftet ist oder auf Dauer nicht in der Lage ist, seinen Arbeitsvertragsverpflichtungen nachzukommen (z.B. Aids-Erkrankung).
  • Heilverfahren während eines befristeten Arbeitsverhältnisses
  • Alkoholabhängigkeit eines Berufskraftfahrers
  • demnächst zu verbüßende Haftstrafe

Beim Einsatz eines Personalfragebogens gelten die gleichen Grenzen wie beim Fragerecht. Hinzu kommt das formelle Erfordernis der Zustimmung der Personalvertretung. Wird eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Personalvertretung über den Inhalt des Fragebogens nicht erzielt, so entscheidet die Einigungsstelle. Durch die Einschaltung der Personalvertretung soll sichergestellt werden, dass das Informationserfordernis auf den Umfang beschränkt bleibt, für den ein berechtigtes Auskunftsbedürfnis des Arbeitgebers gegeben ist. Die Mitbestimmung der Personalvertretung ist demnach eine Schutzbestimmung für den Bewerber. Deshalb ist es von entscheidender Wichtigkeit, bei etwaigen Streitigkeiten über die Aufnahme bestimmter Fragen in den Personalfragebogen das Problem mit der Personalvertretung voll auszudiskutieren. Die Diskussion ist konkret und nicht abstrakt zu führen. Stellt man der Personalvertretung z.B. vor Augen, zu welchen Verdächtigungen und Hysterisierung es führen kann, wenn jemand aus der Belegschaft stiehlt, wird sich viel eher eine Verständigung über die Fragen nach Vorstrafen finden lassen. Ebenso weiß jede erfahrene Personalvertretung, dass die Einstellung eines Mitarbeiters, der entweder sehr oft oder sehr lange wegen Krankheit ausfällt, in erster Linie die Kollegen und den Betrieb belastet.

Beachten Sie, dass die Zustimmung der Personalvertretung nichts an den inhaltlichen Grenzen des Fragerechts ändert. Eine unzulässige Frage bleibt also unzulässig, auch wenn die Personalvertretung zustimmt.

Einzelfragen

Familienstand

Zulässig ist die Frage, ob ledig, verheiratet oder verwitwet. Auch nach dem Namen und Geburtstag des Ehegatten und der Kinder darf gefragt werden.

Unzulässig dagegen ist, ob eine Heirat beabsichtigt ist, ob der Arbeitnehmer getrennt lebt, welche Einkünfte der Ehegatte erzielt. Eine unrichtige Beantwortung führt zu keinen Rechtsfolgen.

Berufsweg

Fragen nach dem schulischen und beruflichen Werdegang, nach Zeugnis und Prüfungsnoten, Diplomen und Studienschwerpunkten müssen korrekt beantwortet werden. Ebenso besteht eine wahrheitsgemäße Auskunftspflicht über Wehrdienstzeiten oder darüber, ob eine Einberufung alsbald ansteht. Eine Pflicht, darauf hinzuweisen, besteht dagegen grundsätzlich nicht (Ausnahme: z.B. bei Krankheits-, Urlaubsvertretung, Projekteinsätzen u.ä.).

Folgende Fragen können Sie unbedenklich stellen:

Aus welchen Gründen wollen Sie I...

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