Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Sozialpolitik. Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer. Richtlinie 93/104/EG. Arbeitszeitgestaltung. Artikel 17 Absatz 1. Abweichung. Artikel 3 und 5. Recht auf tägliche und wöchentliche Mindestruhezeiten

 

Beteiligte

Kommission / Vereinigtes Königreich

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

 

Tenor

1. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 17 Absatz 1, 3 und 5 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in der durch die Richtlinie 2000/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 2000 geänderten Fassung verstoßen, dass es die in der genannten Bestimmung vorgesehene Abweichung auf Arbeitnehmer anwendet, deren Arbeitszeit teilweise nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von dem Arbeitnehmer selbst festgelegt werden kann, und nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Rechts der Arbeitnehmer auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten erlassen hat.

2. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-484/04

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 23. November 2004,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet und N. Yerrell als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten zunächst durch M. Bethell, dann durch E. O'Neill als Bevollmächtigte im Beistand von K. Smith, Barrister,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter S. von Bahr, A. Borg Barthet, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2006,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 9. März 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 17 Absatz 1 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 307, S. 18) in der durch die Richtlinie 2000/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 2000 (ABl. L 195, S. 41) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/104) und aus Artikel 249 EG verstoßen hat, dass es die in Artikel 17 Absatz 1 der Richtlinie 93/104 vorgesehene Abweichung auf Arbeitnehmer anwendet, deren Arbeitszeit teilweise nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von dem Arbeitnehmer selbst festgelegt werden kann, und nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Rechts der Arbeitnehmer auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten erlassen hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2 Nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 93/104 enthält diese Richtlinie Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung.

3 Die Artikel 3 und 5 dieser Richtlinie, die in deren Abschnitt II stehen, regeln die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten der Arbeitnehmer. Danach müssen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit jedem Arbeitnehmer pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden (Artikel 3) und pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden gemäß Artikel 3 gewährt wird (Artikel 5 Absatz 1).

4 Artikel 17 Absatz 1 der Richtlinie 93/104 sieht vor:

„Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer können die Mitgliedstaaten von den Artikeln 3, 4, 5, 6, 8 und 16 abweichen, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann …”

5 Nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie mussten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, um dieser Richtlinie spätestens am 23. November 1996 nachzukommen.

6 Die Richtlinie 93/104 wurde ab dem 2. August 2004 durch die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9) ersetzt. Die von der Kommission geltend gemachte Vertragsverletzung bezieht sich jedoch auf die erstgenannte Richtlinie, die bei Ablauf der Frist galt, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden war.

Nationales Recht

7 Die Arbeitszeitverordnung von 1998 (Working Time Regul...

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