Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Richtlinien 86/457/EWG und 93/16/EWG. Erfordernis, im Rahmen einer Teilzeitausbildung in der Allgemeinmedizin einige Abschnitte einer Vollzeitausbildung zu absolvieren
Beteiligte
Tenor
1. Die Beachtung des Verbotes mittelbarer Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts ist eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit jeder Handlung der Gemeinschaftsorgane.
2. Die Prüfung der ersten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Bestimmung in den Artikeln 5 Absatz 1 der Richtlinie 86/457/EWG des Rates vom 15. September 1986 über eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin und 34 Absatz 1 der Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, wonach die Teilzeitausbildung in der Allgemeinmedizin einige Abschnitte in Vollzeit umfassen muss, beeinträchtigen könnte.
Tatbestand
In der Rechtssache C-25/02
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Katharina Rinke
gegen
Ärztekammer Hamburg
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 5 der Richtlinie 86/457/EWG des Rates vom 15. September 1986 über eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (ABl. L 267, S. 26) und Artikel 34 der Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABl. L 165, S. 1) und deren Vereinbarkeit mit dem in der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) verankerten Verbot der mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, M. Wathelet, R. Schintgen und C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann, D. A. O. Edward, A. La Pergola, P. Jann (Berichterstatter) und V. Skouris, der Richterinnen F. Macken und N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr, J. N. Cunha Rodrigues und A. Rosas,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von Frau Rinke, vertreten durch Rechtsanwältin D. Goergens,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse als Bevollmächtigten,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch A. Lo Monaco und J.-P. Hix als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia, N. Yerrell und B. Martenczuk als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Frau Rinke, des Rates und der Kommission in der Sitzung vom 12. November 2002,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Februar 2003
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 8. November 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Januar 2002, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 5 der Richtlinie 86/457/EWG des Rates vom 15. September 1986 über eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (ABL. L 267, S. 26) und Artikel 34 der Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABL. L 165, S. 1) und deren Vereinbarkeit mit dem in der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABL. L 39, S. 40) verankerten Verbot der mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Rinke und der Ärztekammer Hamburg über deren Weigerung, Frau Rinke ein Zeugnis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin auszustellen und ihr die Berechtigung zu verleihen, die Bezeichnung praktische Ärztin zu führen.
Rechtlicher Rahmen
3.
Die Richtlinie 76/207 hat nach ihrem Artikel 1 Absatz 1 zum Ziel, dass in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich des Aufstiegs, und des Zugangs zur Berufsbildung sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und in Bezug auf die soziale Sicherheit verwirklicht wird.
4.
Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 bedeu...