Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse. Befreiung der nicht angeschlossenen Erzeuger von für die Verarbeitung bestimmten Erzeugnissen

 

Beteiligte

Unilet

Union nationale interprofessionnelle des légumes transformés (Unilet)

Gilles Le Bars

Association Comité économique régional agricole fruits et légumes de Bretagne (Cerafel)

 

Verfahrensgang

Cour de Cassation (Frankreich)

 

Gründe

1.

Die Cour de cassation hat mit Urteil vom 6. April 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 9. April 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 15b Absatz 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (ABl. L 118, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3284/83 des Rates vom 14. November 1983 (ABl. L 325, S. 1) (im folgenden: Verordnung Nr. 1035/72) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Union nationale interprofessionnelle des légumes transformés (im folgenden: Unilet) und Gilles Le Bars (Beklagter) einerseits und der Association Comité économique régional agricole fruits et légumes de Bretagne (im folgenden: Cerafel) andererseits über Beiträge, die diese vom Beklagten für 1994 wegen der Erzeugung von Blumenkohl für die verarbeitende Industrie geltend macht.

Gemeinschaftsrecht

3.

Im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse können nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 1035/72 für Erzeugnisse, die in frischem Zustand an den Verbraucher abgegeben werden sollen, Qualitätsnormen festgesetzt werden. Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a dieser Verordnung sieht jedoch vor, daß die Erzeugnisse, die an die Be- oder Verarbeitungsbetriebe versandt werden, diese Qualitätsnormen nicht einzuhalten brauchen.

4.

Artikel 13 der Verordnung Nr. 1035/72 definiert den Begriff der Erzeugerorganisationen. Nach Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b sehen diese Organisationen für die den Organisationen beigetretenen Erzeuger die Verpflichtung vor,

  • die gesamte Produktion des Erzeugnisses oder der Erzeugnisse, die ihren Beitritt begründet haben, über die Erzeugerorganisation abzusetzen, wobei die Erzeugerorganisation jedoch die Erzeuger ermächtigen kann, bei bestimmten Mengen von dieser Verpflichtung abzuweichen,
  • bei der Erzeugung und Vermarktung die Vorschriften anzuwenden, die die Erzeugerorganisation im Hinblick auf die qualitative Verbesserung derErzeugnisse und die Anpassung der Angebotsmenge an die Markterfordernisse festgelegt hat,
  • die von der Organisation angeforderten Auskünfte über Ernten und Bestände zu erteilen.

5.

Artikel 15b Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 bestimmt:

Wird

  • eine Erzeugerorganisation oder
  • eine Vereinigung von Erzeugerorganisationen mit einheitlichen Vorschriften,

die in einem bestimmten Wirtschaftsbezirk tätig ist, bei einem Erzeugnis als repräsentativ für die Erzeugung und die Erzeuger dieses Bezirks angesehen, so kann der betreffende Mitgliedstaat auf Antrag dieser Organisation oder Vereinigung und – während der ersten drei Anwendungsjahre – der Erzeuger dieses Bezirks für die in dem Bezirk niedergelassenen und keiner der vorgenannten Organisationen angeschlossenen Erzeuger folgende Vorschriften verbindlich machen:

  1. die in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b) dritter Gedankenstrich genannten Vorschriften zur Information über die Produktion,
  2. die in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b) zweiter Gedankenstrich genannten Produktionsvorschriften,
  3. die in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b) zweiter Gedankenstrich genannten Vermarktungsvorschriften,
  4. bezüglich der Erzeugnisse des Anhangs II die von der Organisation oder Vereinigung festgelegten Vorschriften über die Rücknahme aus dem Markt …,

sofern diese Vorschriften seit mindestens einem Jahr in Kraft sind.

6.

Artikel 15b Absatz 8 der Verordnung Nr. 1035/72 lautet:

Bei Anwendung von Absatz 1 kann der betreffende Mitgliedstaat beschließen, daß die nicht angeschlossenen Erzeuger der Organisation oder gegebenenfalls der Vereinigung zur Gänze oder teilweise die Beträge schulden, die von den angeschlossenen Erzeugern entrichtet wurden, sofern sie zur Deckung nachstehender Kosten dienen:

  • der Verwaltungskosten, die sich aus der Anwendung der in Absatz 1 genannten Regelung ergeben;
  • der Kosten, die sich aus den von der Organisation oder der Vereinigung betriebenen und der gesamten Erzeugung des Wirtschaftsbezirks zugute kommenden Forschungsaufgaben, Marktstudien und Maßnahmen zur Verkaufswerbung ergeben.

Französisches Recht

7.

Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse wurden u. a. durch den interministeriellen Erlaß vom 18. Juni 1992 über die Allgemeinverbindlicherklärung der Vorschriften der Cerafel in französisches Recht umgesetzt (JORF vom 28. Juni 1992, S. 8469).

8.

Artikel 1 dieses Erlasses erstreckt die Vorschriften der Cerafel zur Information über die Produktion, die Produktions- und Vermarktungsvorschriften sowie die Verpflicht...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?