Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Soziale Sicherheit. Von einem Mitgliedstaat erhobene Krankenversicherungsbeiträge. Tarifvertragliche Zusatzrenten, die in einem anderen Mitgliedstaat gezahlt werden. Berechnungsgrundlage der Beiträge. Berücksichtigung der in dem anderen Mitgliedstaat bereits einbehaltenen Beiträge
Normenkette
EWGV 1408/71/EWG
Beteiligte
Landesversicherungsanstalt für das Saarland |
Verfahrensgang
Gründe
1.
Das Bundessozialgericht hat mit Beschluß vom 13. Mai 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 3. August 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung der Artikel 6, 48 und 49 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG, 39 EG und 40 EG), 50 EG-Vertrag (jetzt Artikel 41 EG) und 51 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 42 EG) sowie des Artikels 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6; im folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Sehrer (im folgenden: Kläger) und der Bundesknappschaft (im folgenden: Beklagte), die die Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen auf die vom Kläger bezogene französische Zusatzrente verlangt.
3.
Der Kläger ist ein ehemaliger Bergarbeiter deutscher Staatsangehörigkeit, der in Deutschland wohnt. Seit seinem sechzigsten Lebensjahr bezieht er eine Altersrente der Bundesknappschaft sowie eine Zusatzrente aus der deutschen hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung.
4.
Da er auch in Frankreich berufstätig gewesen war, bezieht der Kläger außerdem eine französische Zusatzrente, die von der Caisse des retraites complémentaires des ouvriers mineurs (Zusatzrentenkasse der Bergarbeiter; im folgenden: Carcom) gezahlt wird. Vom Bruttobetrag dieser Altersrente, der im Streitzeitraum zwischen 2 384,19 FRF und 2 538,45 FRF schwankte, wird ein Beitrag von 2,4 %, d. h. zwischen 57,22 FRF und 60,92 FRF je Quartal, für die französische Krankenversicherung einbehalten. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Solidarbeitrag, der für sich keinen Leistungsanspruch begründet.
5.
Der Kläger ist über die Bundesknappschaft bei der Krankenversicherung der Rentner (im folgenden: KVdR) versichert. Nachdem die Bundesknappschaft von der französischen Zusatzrente des Klägers erfahren hatte, forderte sie mit Bescheiden vom 7. und 13. September 1993 die Zahlung rückständiger Krankenversicherungsbeiträge, die auf der Grundlage des Bruttobetrags der Zusatzrente berechnet waren. Der Betrag dieser Rückstände beläuft sich für den Zeitraum vom 1. Dezember 1988 bis 30. September 1993 auf 1 005,67 DM.
6.
Die Widersprüche des Klägers gegen diese Zahlungsaufforderung wies die Bundesknappschaft zurück. Der Kläger erhob daraufhin Klage beim Sozialgericht für das Saarland. Dieses gab der Klage durch Urteil vom 8. Februar 1995 teilweise statt. Es entschied, daß die Bundesknappschaft nicht berechtigt gewesen sei, den Anteil der französischen Altersrente, der als Beitrag zur französischen Krankenversicherung einbehalten werde, in die Berechnungsgrundlage für die in Deutschland zu zahlenden Beiträge einzubeziehen. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil wurde vomLandessozialgericht für das Saarland durch Urteil vom 23. Mai 1996 mit der Begründung zurückgewiesen, das Solidaritätsprinzip schließe es aus, daß ein Versicherter Beiträge auf Beitragszahlungen zu entrichten habe und auf diese Weise doppelt belastet werde.
7.
Die Beklagte legte beim Bundessozialgericht Revision ein. Sie machte geltend, das Berufungsgericht habe gegen die §§ 237 und 239 des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (im folgenden: SGB V) sowie gegen die entsprechenden Bestimmungen der zuvor geltenden Reichsversicherungsordnung verstoßen, indem es bestätigt habe, daß die in Frankreich gezahlten Krankenversicherungsbeiträge nicht in den Betrag der französischen Zusatzrente einzubeziehen seien, der als Berechnungsgrundlage für die deutschen Beiträge diene.
8.
Das Bundessozialgericht stellt in seinem Vorlagebeschluß fest, daß nach deutschem Recht die in Deutschland an die KVdR zu zahlenden Beiträge tatsächlich auf der Grundlage des Bruttobetrags der französischen Zusatzrente des Klägers zu berechnen seien. Nach § 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V würden nämlich die Beiträge der Rentner zur deutschen Krankenversicherung auf der Grundlage des Zahlbetrags der der Rente vergleichbaren Einnahmen berechnet. Außerdem sind Zusatzrenten nach § 229 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 SGB V, auf den § 237 verweist, auch dann Bestandteil dieser Einnahmen, wenn sie aus dem Ausland bezogen werden.
9.
Insbesondere in Anbetracht des Urteils vom 7. März 1991 in der Rechtssache C-10/90 (Masgio, Slg. 1991, I-1...