Entscheidungsstichwort (Thema)

Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Fremdsprachenlektoren. Zugang zu Lehraufträgen und Vertretungen an Hochschulen

 

Beteiligte

Petrie

David Petrie u. a

Università degli studi di Verona

Camilla Bettoni

 

Tenor

Die Artikel 5 und 48 Absatz 2 EG-Vertrag stehen einer Regelung nicht entgegen, nach der nur beamtete Professoren und bestätigte wissenschaftliche Mitarbeiter, nicht aber Fremdsprachenlektoren mit der vertretungsweisen Abhaltung von akademischen Lehrveranstaltungen betraut werden können, es sei denn, andere Berufsgruppen, die Zugang zur Hochschullehre auf anderem Wege als durch öffentliche Auswahlverfahren erhalten und deren didaktische und wissenschaftliche Fähigkeiten nicht einer ähnlichen Beurteilung unterliegen, wie sie für wissenschaftliche Mitarbeiter vorgeschrieben ist, hätten Zugang zu solchen Vertretungen, während Fremdsprachenlektoren, die nach dem nationalen Recht dieselbe Rechtsstellung besitzen und gleichwertige Tätigkeiten ausüben, davon ausgeschlossen wären.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-90/96

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Tribunale amministrativo regionale per il Veneto (Italien) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

David Petrie u. a.

gegen

Università degli studi di Verona,

Camilla Bettoni

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 5 und 48 EG-Vertrag und der Artikel 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2)

erläßt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter J. C. Moitinho de Almeida (Berichterstatter), D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet und L. Sevón,

Generalanwalt: N. Fennelly

Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • • von Herrn Petrie u. a., vertreten durch Rechtsanwalt Lorenzo Picotti, Verona,
  • • der italienischen Regierung, vertreten durch Professor Umberto Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso diplomatico des Außenministeriums, als Bevollmächtigten, Beistand: Avvocato dello Stato Pier Giorgio Ferri,
  • • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Pieter van Nuffel, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, und Enrico Altieri, zum Juristischen Dienst der Kommission abgeordneter nationaler Beamter,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Herrn Petrie u. a., der italienischen Regierung und der Kommission in der Sitzung vom 6. Februar 1997,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. März 1997,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1. Das Tribunale amministrativo regionale per il Veneto hat mit Beschluß vom 14. Dezember 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 21. März 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 5 und 48 EG-Vertrag und der Artikel 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen den Klägern Petrie, Hill und Newbold (im folgenden: Kläger) und der Università degli studi di Verona (im folgenden: Beklagte).

3. Die Kläger sind britische Staatsangehörige und seit mehreren Jahren bei der Fakultät für Fremdsprachen und fremdsprachige Literatur der Beklagten als Fremdsprachenlektoren beschäftigt.

4. Die Kläger, die einen unbefristeten Vertrag haben und deren Bezüge denen eines Assistenzprofessors mit beschränkter Arbeitszeit entsprechen, bewarben sich aufgrund der Ausschreibung des Fakultätsrats der Beklagten vom 15. März 1995 gemäß Artikel 12 des Gesetzes Nr. 341 vom 19. November 1990 (im folgenden: Gesetz Nr. 341) um die vertretungsweise Abhaltung der Lehrveranstaltung „Neusprachliche Didaktik” für das akademische Jahr 1995/96.

5. Artikel 12 des Gesetzes Nr. 341 sieht folgendes vor:

„5. Der bereits durch Artikel 3 des Gesetzes Nr. 477 vom 13. August 1984 ersetzte Artikel 114 Absatz 1 des Dekrets Nr. 382 des Präsidenten der Republik vom 11. Juli 1980 wird durch folgenden Absatz 1 ersetzt:

Lehraufträge und Vertretungen können nur an beamtete Professoren und bestätigte wissenschaftliche Mitarbeiter desselben oder eines verwandten Wissenschafts- und Fachgebiets, die derselben Fakultät angehören, vergeben werden; liegen keine solchen Bewerbungen vor, so können die Lehraufträge und Vertretungen durch begründeten Beschluß an beamtete Professoren und bestätigte wissenschaftliche Mitarbeiter einer anderen Fakultät derselben Universität oder anderer Universitäten vergeben werden. Haben sich sowohl beamtete Professoren als auch bestätigte wissenschaftliche Mitarbeiter desselben Wissenschafts- und Fachgebiets beworben, so hat der Fakultätsrat bei der Vergabe der Vertretungen den Bewerbungen der Professoren den Vorzug zu geben.”

6. Mit Entscheidungen vom 14. April 1995 lehnte der Rektor der ...

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