Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Österreichisches System der Ausgleichszulage für Alterspensionen. Einstufung der Leistungen und Zulässigkeit des Wohnorterfordernisses nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71
Beteiligte
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft |
Tenor
Artikel 10a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung in Verbindung mit deren Anhang IIa ist dahin auszulegen, dass die Ausgleichszulage nach dem Bundesgesetz über die Sozialversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen in den Geltungsbereich der Verordnung fällt und folglich eine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne von Artikel 4 Absatz 2a der Verordnung darstellt, so dass auf den Fall einer Person, die nach dem 1. Juni 1992 die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Leistung erfüllt, ab dem 1. Januar 1995 – dem Tag, an dem Österreich der Europäischen Union beigetreten ist – ausschließlich die durch Artikel 10a der Verordnung geschaffene Koordinierungsregelung anzuwenden ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Obersten Gerichtshof (Österreich) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Friedrich Skalka
gegen
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 4 Absatz 2a, Artikel 10a und Anhang IIa der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter J.-P. Puissochet (Berichterstatter) und der Richterin F. Macken,
Generalanwältin: J. Kokott, Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen:
- der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, vertreten durch P. Bachmann, Rechtsanwalt,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing als Bevollmächtigten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
- der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. E. Collins als Bevollmächtigten im Beistand von E. Sharpston, QC,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Braun und H. Michard als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von E. Sharpston, und der Kommission, vertreten durch G. Braun, in der Sitzung vom 23. Oktober 2003,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 25. November 2003,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1
Mit Beschluss vom 26. März 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 30. April 2002, hat der Oberste Gerichtshof gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 4 Absatz 2a, Artikel 10a und Anhang IIa der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Skalka und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: Sozialversicherungsanstalt) in Bezug auf deren Weigerung, ihm die nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz – GSVG (Bundesgesetz vom 11. Oktober 1978) vorgesehene „Ausgleichszulage” für seine Pension zu gewähren.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsregelung
3
Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:
„Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:
…
c) Leistungen bei Alter,
…”
4
Gemäß Artikel 4 Absatz 2a der Verordnung gilt diese für beitragsunabhängige Sonderleistungen, die unter andere als die in Absatz 1 erfassten Rechtsvorschriften oder Systeme fallen oder die gemäß Absatz 4 ausgeschlossen sind, sofern diese Leistungen in Versicherungsfällen, die ...